'68er, ziviler Ungehorsam und RAF
- eine etwas umfassendere Erörterung

Vor­ab die Infor­ma­ti­on, die wich­tig ist:
Ich bin Jahr­gang '45 und habe die­se Zeit (1968 ff.) sehr bewusst mit­er­lebt, als "Zeit­zeu­ge", wie es so schön heißt. Die Ver­su­che, die Jah­re von '68 an im Rück­blick zu ver­fäl­schen sind für mich offen­sicht­lich - wer da jün­ger oder noch nicht gebo­ren war bekommt von den Medi­en oft ein Zerr­bild gezeich­net über das man nur den Kopf schüt­teln kann. 

So vie­le Lügen um die staats­tra­gen­den Par­tei­en davor zu bewah­ren dar­auf geprüft zu wer­den, ob sie seit '68 etwas gelernt hät­ten. Haben sie nicht. Eher im Gegen­teil. Sie sind dem Kapi­tal hörig, bekom­men von den Wirt­schafts­bos­sen Hand­lungs­an­wei­sun­gen und weil sie sich finan­zi­ell davon abhän­gig gemacht haben (Par­tei­spen­den = Kor­rup­ti­on!) stecken sie bis zum Hals im Sumpf und müs­sen kuschen. Poli­tik wird für eine schma­le Ober­schicht und deren Nut­zen gemacht, die Mas­se der Bevöl­ke­rung darf der­wei­len die Gür­tel immer enger schnallen ....

"Flower Power" und bemal­te VW-Bus­se - das war wohl eher das Lebens­ge­fühl der Hip­pies in Kali­for­ni­en. Die­se 'Revo­lu­ti­on' in USA hat­te ganz ande­re Grün­de und völ­lig ande­re Zie­le als die Bewe­gung in Euro­pa ins­be­son­de­re in Deutschland.

Ich war als Aus­tausch­schü­ler 1963-64 in USA. Dort habe ich erster Hand erlebt, wie jun­ge Men­schen bis 21 für *unmün­dig* gehal­ten und dem­entspre­chend *recht­los* behan­delt wur­den. Dort rich­te­te sich der Kampf des­we­gen gegen die­se Ent­rech­tung und als Neben­schau­platz gleich noch gegen die Unter­drückung der Frau­en (die bis heu­te wegen der ultra­or­tho­do­xen Chri­sten­sek­ten in eini­gen Staa­ten immer noch anhält).

Hier in Deutsch­land spiel­te sich ein ganz ande­rer Kampf ab. Das war der Kern der '68er Bewegung:
Durch­bre­chen des Schwei­gens der Eltern­ge­nera­ti­on, die sich für ihr Mit­läu­fer­ver­hal­ten (zu recht) schäm­te, Bloß­stel­lung der in den Insti­tu­tio­nen des Staa­tes und den Par­la­men­ten immer noch vor­han­de­nen und ange­stell­ten Nazi­ver­bre­cher und ihrer Seil­schaf­ten, und Auf­lö­sung der vor­herr­schen­den Prü­de­rie und Kör­per­feind­lich­keit, die als Rest der "deut­schen Wer­te" aus dem Nazi­re­gime übrig waren.

Die pla­ka­ti­ve Bezeich­nung der Pro­te­stie­ren­den als "Lin­ke Kra­wall­ma­cher" oder spä­ter "Ter­ro­ri­sten", waren doch von BILD und ande­ren Sprin­ger­blät­tern, sowie den regie­rungs­hö­ri­gen Fern­seh­an­stal­ten benutz­te Stem­pel um die berech­tig­ten For­de­run­gen der Stu­den­ten­be­we­gung zu dis­kre­di­tie­ren. Ich habe von 1970 bis 1976 stu­diert (mit 1,5 Jah­ren Unter­bre­chung und Urlaubs­se­me­ster in denen ich als Leh­rer an einem Gym­na­si­um unter­rich­tet habe) und son­der­ba­rer­wei­se habe ich eine ganz ande­re Stu­den­ten­schaft erlebt als sie von den Medi­en gezeich­net, nein, kari­kiert wurde. 

Weil die Argu­men­te nicht wider­legt wer­den konn­ten hat man zu den bewähr­ten Tricks gegriffen:
Ver­ächt­lich­ma­chung der Prot­ago­ni­sten und Ver­schär­fung der Gesetz­ge­bung um an sich harm­lo­se Aktio­nen als "Geset­zes­über­tre­tun­gen" ver­fol­gen zu kön­nen - und da schließt sich der Kreis. Die Rich­ter aus der Nazi­zeit hat­ten nach Grund­ge­setz und BGB über jene "Kra­wall­ma­cher" zu urtei­len, die sie einer rech­ten Gesin­nung und rech­ter Vor­ur­tei­le beschul­digt hat­ten - da war der Aus­gang vie­ler Ver­fah­ren schon vorprogrammiert!

Man hat die Bür­ger­schreck-Kom­mu­nen (Teu­fel), eine win­zi­ge Min­der­heit wäh­rend die­ser Zeit, als Bei­spiel für die brei­te Mas­se der Stu­den­ten­schaft dar­ge­stellt und sich medi­al dar­an abge­ar­bei­tet. Damals gab es noch kein Inter­net in dem die­se Kari­ka­tur hät­te ent­larvt wer­den kön­nen. Und das ist der Grund war­um heu­te die Poli­tik nach 'Ein­schrän­kun­gen' im Inter­net trach­tet - das ist das Medi­um, das ihnen die Mei­nungs­ho­heit ent­ris­sen hat, das sie des­we­gen fürch­ten wie der Teu­fel das Weihwasser.

Da schließt sich der Kreis:
Die weni­gen Zuge­ständ­nis­se, die seit '68 gemacht wur­den sind alle­samt wie­der 'kas­siert', auf­ge­ho­ben und platt gemacht. Das Muster ist offen­sicht­lich und wirk­sam. Man macht klein­ste Zuge­ständ­nis­se gegen­über denen die arbei­ten und gro­ße Gesten gegen­über denen die Arbeit aus­beu­ten und Kapi­tal­ge­winn machen statt Wer­te zu produzieren.

Unse­ren Staat "Demo­kra­tie" zu nen­nen ist der blan­ke Hohn.

Zum ergän­zen­den Ver­ständ­nis der Ereignisse
28.11.2004
Bemer­kun­gen zu den 68'ern (2)
Aus­zug: Die Mit­tel­mä­ßi­gen bestim­men das Mit­tel­maß unse­rer heu­ti­gen Gesell­schaft - doch plötz­lich besin­nen sich sogar die, die Éli­te abge­schafft haben woll­ten, daß eben jene ihnen ein Aus­kom­men sichern - weil sie ent­ge­gen dem Zeit­geist gelei­stet und auf­ge­baut haben.
Ohne Quer­den­ker und Über­flie­ger geht es eben nicht, das ist die Bot­schaft, und die 68'er haben sich inso­weit selbst geschädigt. 

16.02.2008
«Unter den Tala­ren der Muff von 1000 Jahren»
Aus­zug: Etwa 10 000 Demon­stran­ten zogen mit rhyth­mi­schen «Ho-Ho-Tschi-Minh»-Rufen durch West-Ber­lin. Mit rot-blau­en Fah­nen des kom­mu­ni­sti­schen Viet­kong, Mao- und Che-Gue­va­ra-Pla­ka­ten pro­te­stier­ten sie am 18. Febru­ar 1968 gegen den Viet­nam-Krieg der USA. Und Rudi Dutsch­ke, Chef-Ideo­lo­ge des Sozia­li­sti­schen Deut­schen Stu­den­ten­bun­des (SDS), rief bei einer «Inter­na­tio­na­len Viet­nam-Kon­fe­renz» im Febru­ar vor 40 Jah­ren in der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät: «Es lebe die Weltrevolution.»

19.02.2008
Auf eine kur­ze For­mel gebracht .... (3)
Aus­zug: « Bür­ger lasst das Glot­zen sein, 
kommt her­un­ter, reiht Euch ein »

05.08.2014
Eli­tär ....
Aus­zug: Die Iro­nie liegt dar­in, dass es genau die­se Kin­der der sich eman­zi­pie­ren­den 68er Gene­ra­ti­on sind, die nun die dama­li­gen Idea­le ins Gegen­teil ver­kehrt haben. Eine Gene­ra­ti­on von Ego­isten, die sich ob der Abwen­dung von dem, wor­an ihre Eltern glaub­ten, zu eli­tä­ren Tyran­nen ent­wickelt haben die dem Geld nach­lau­fen und sich dar­über definieren.

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Kommentare

  1. Als einen der Schlimm­sten emp­fand ich ja Josch­ko Fischer. Wirft pfla­ster­stei­ne und ist dann der erste deut­sche Mini­ster, der eine Kriegs­er­klä­rung unter­zeich­net. Das nen­ne ich einen Verbrecher.

    1. Da stim­me ich zu, denn wenn ich einen "Wen­de­hals" als Bei­spiel nen­nen soll käme mir der Herr Fischer als Erster in den Sinn!
      Aber das ist ja noch nicht Alles: Er hat auch mit­ge­hol­fen das deut­sche Ren­ten­sy­stem und die sozia­le Siche­rung kom­plett zu schlei­fen .... das sind die Nach­wir­ku­gen, unter denen heu­te vie­le Tau­sen­de Rent­ner lei­den - wäh­rend der Herr Fischer, mit nichts rich­ti­gem gelernt zu haben, eine mehr als aus­kömm­li­che Ver­sor­gung und Kran­kn­ver­si­che­rung hat. Ein Lump wie er im Buche steht.

  2. Ich will es mir trotz­dem nicht aus­re­den las­sen, dass genug von den heu­ti­gen Pro­blem­per­so­nen in den hohen Chef­eta­gen eigent­lich mal in jun­gen Jah­ren 68er gewe­sen waren.
    Was qua­si wirkt wie ein Ein­ge­ständ­nis "uns ging es damals doch um nichts ernst­haf­tes" oder "man kann den Kapi­ta­lis­mus nicht auf­hal­ten, man kann in ihm nur wie in einem Strom mitschwimmen".

    Dasss die Ent­wick­lung in den USA und hier­zu­lan­de aber zu unter­schei­den sind, weil es da um ver­schie­de­ne Din­ge ging, das ist mir vage bekannt.

    1. Wenn man das Lebens­al­ter derer zugrun­de legt die zu den '68ern gezählt wer­den kön­nen (also in 1968 zwi­schen 20 und 30 Jare alt waren), so sind die­se Per­so­nen nun unge­fähr zwi­schen 70 und 80 Jah­re alt .... da braucht es kei­ne Über­re­dungs­kunst um fest­zu­stel­len: Die wer­den wohl nur noch in den sel­ten­sten Fäl­len, wahr­schein­lich ledig­lich in Fami­li­en­un­ter­neh­men in Füh­rungs­po­si­tio­nen sein.

      Es ging schon um etwas "Ernst­haf­tes" - aller­dings fan­den sich für einen gerech­te Staat kei­ne Mehr­hei­ten. Men­schen glau­ben eben lie­ber eine beque­me Lüge als eine unbe­que­me Wahrheit.

    2. Oder in der Poli­tik oder "gemein­nüt­zi­gen Ver­ei­nen"... Sol­che Din­ge, wo Ren­ten­al­ter egal sind und man nicht von der Macht las­sen muss, wenn man kei­ne Lust zu dazu hat.

      Ich wür­de den­ken, so wie's jeder Bewe­gung mal zum Ver­häng­nis wird: Irgend­wann hast du gekauf­te Pro­vo­ka­teu­re dazwi­schen und genü­gend Leu­te, die bloß dabei sind wegen dem Auf­ruhr - weil es span­nend klingt und nach einem "the place to be" aussieht.
      Inklu­si­ve: Wenn sich der Erfolg nicht ein­stellt, geben die Kämp­fen­den irgend­wann geschlagen.
      Oder eini­ge geben sich schon mit Krü­mel­chen an Erfolg zufrie­den statt wei­ter­hin nach dem gan­zen Kuchen zu stre­ben und zu fordern.

  3. "Unse­ren Staat "Demo­kra­tie" zu nen­nen ist der blan­ke Hohn." - Zitat Ende. 

    Zu wel­cher Zeit gab es mehr demo­kra­ti­sche Prin­zi­pen, als wir das der­zeit ken­nen? Gab es schon mal eine Zeit, in der der Staat zu recht Demo­kra­tie genannt wer­den konn­te, aus Ihrer Sicht? 

    Ein Prin­zip von Demo­kra­tie betrifft das Mehr­heits­prin­zip. Doch die Mehr­heit hat nicht immer recht. Da stellt sich die Fra­ge, wie kom­men Mehr­hei­ten zustan­de? Wie wer­den Mei­nun­gen gemacht, nach denen das Volk abstimmt? Wel­che Lob­bys beein­flus­sen Poli­ti­ker? Wel­che Lob­bys beein­flus­sen die öffent­li­che Mei­nungs­bil­dung? Auf wel­che Weise? 

    Allei­ne wenn wir uns anschau­en, wie die Beein­flus­sung vor Wah­len funk­tio­niert: Die finanz­stärk­sten Wahl­wer­ber kön­nen sich vie­le Wer­be­pl­ak­te und Wer­be­ein­schal­tun­gen lei­sten, wäh­rend die weni­ger finanz­kräf­ti­gen Wahl­wer­ber da aus Kosten­grün­den nicht mit­hal­ten kön­nen. Schon da ent­steht eine Ungleich­heit, die sich in der Regie­rungs­ar­beit fortsetzt. 

    Mehr Demo­kra­tie und sozia­ler Frie­de bedeu­tet mehr Gleich­eit im Staat: Die Sche­re zwi­schen Arm und Reich ver­klei­nern, statt sie noch wei­ter ver­grö­ßern. Sie­he Gini-Index und Gap­min­der-Tools: http://www.gapminder.org

    1. Da sehe ich zunächst ein feh­len­des Ele­ment "Trans­pa­renz" - Ver­ant­wor­tung für Ent­schei­dun­gen der Poli­ti­ker soll­te immer erklär­bar sein.
      Wann hat­ten wir je eine Demo­kra­tie= Kurz nach dem Krieg (II. WK), als die Ver­fas­sung der BRD gera­de in Kraft getre­ten war und die Mani­pu­la­tio­nen zur Festi­gung ein­zel­ner Positionen/Parteien noch nicht in Kraft waren. Nach und nach hat man Maß­nah­men ein­ge­führt um klei­ne Grup­pie­run­gen aus­zu­schal­ten und den gro­ßen Par­tei­en die Mehr­hei­ten zuzuschanzen.

      Sie sagen es selbst: "Allei­ne wenn ... ff." wor­an unser System krankt: Es ist kor­rupt, käuf­lich und gegen die Wäh­len­den gerichtet.

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