" .. Von der 68er-Rebellion
zum linksliberalen Establishment .. "

*update* [26.03.2020]

[Bezug → https://hpd.de/artikel/neuen-biedermenschen-linken-17864]

Wo soll ich nach die­sem Satz im Titel zuerst anfangen?

Die 68er Bewe­gung war kei­ne 'Rebel­li­on', denn das hät­te erfor­dert, dass sie den Umsturz als Ziel hat­te. Was so nicht stimmt, denn es ging dar­um, zunächst die rechts­kon­ser­va­ti­ven Reste in Poli­tik und Gesell­schaft dar­zu­stel­len und zu eli­mi­nie­ren. Ver­bun­den mit der Absicht die 'schuld­be­la­de­ne' Kriegs­ge­nera­ti­on dazu zu brin­gen die­se Schuld nicht zu ver­leug­nen, son­dern anzu­er­ken­nen und aufzuarbeiten. 

Das war bestimmt nicht das, was bei WIKIPEDIA als Beschrei­bung für "Auf­stand bzw. Rebel­li­on" vorliegt:
»» .. Der Begriff wird heu­te in der poli­ti­schen Debat­te häu­fig im über­tra­ge­nen Sin­ne für gera­de nicht gewalt­sa­me Vor­gän­ge gebraucht. Er bezeich­net dann eine zeit­lich begrenz­te, von einer höhe­ren Zahl von Stim­men oder Teil­neh­mern ver­folg­te Kri­tik oder poli­ti­sche Bewe­gung gegen eine vor­her eta­blier­te Sicht .. ««

Was danach folg­te - die Hexen­jagd der Über­gangs­zeit habe ich andern­orts schon beschrie­ben und will es hier nicht wie­der­ho­len - war eine all­mäh­li­che Assi­mi­la­ti­on der äußer­sten lin­ken Den­ker und Mit­läu­fer in die damals noch lin­ke SPD (Wil­ly Brandt), die sich spä­te­stens seit dem Rück­zug von Her­bert Weh­ner aus der akti­ven Poli­tik und der Domi­nanz des weit über­schätz­ten Hel­mut Schmidt auflöste.

Was blieb von den 68ern?
" .. die grö­ße­re indi­vi­du­el­le Frei­heit, über die jun­ge Men­schen heu­te wie selbst­ver­ständ­lich ver­füg­ten, aber auch ver­än­der­te Geschlech­ter­rol­len .. ", sie sei­en " .. ver­ant­wort­lich für eine Zer­stö­rung der bür­ger­li­chen Fami­lie, Kin­der­man­gel und Wer­te­ver­fall .. " - es kommt immer auf die Per­spek­ti­ve an, aus der etwas betrach­tet wird - der zwei­te Teil der Aus­sa­ge stammt von einem rechts-kon­ser­va­ti­ven Bun­des­rich­ter von CDU/CSU's Gnaden. 

Gibt es über­haupt ein "links­li­be­ra­les Estab­lish­ment"? Nein. Es gibt Men­schen, die die Idea­le ihrer Jugend ver­ges­sen haben und das vor sich selbst zu ent­schul­di­gen ver­su­chen durch Sät­ze wie ' wir haben es immer­hin geschafft, dass es heu­te Kin­der­geld gibt' oder 'Bafög ist so eine Errun­gen­schaft die aus der Bewe­gung her­rührt'. Das sind die Fei­gen­blät­ter für den Ver­rat, für das Abschwen­ken in die bür­ger­li­che Mitte. 

Eine "Lin­ke", die den Namen ver­dient hät­te, gibt es in Deutsch­land nicht mehr. Nach­dem sich die Par­tei "Die Lin­ke" dazu ent­schlos­sen hat sich bür­ger­li­chen Wer­ten anzu­nä­hern und ihren revo­lu­tio­nä­ren Kern zu ver­leug­nen. Spä­te­stens seit der Akzep­tanz von und sogar Kampf für reli­giö­se Äußer­lich­kei­ten (Kopf­tuch) und Kuschel­kurs hin zu den Staats­kir­chen(!) in Sachen Zah­lun­gen an die­se, ist die Lin­ke end­gül­tig unwähl­bar geworden.

Was der Autor als "links­li­be­ra­les Estab­lish­ment" anspricht ist in Wahr­heit ledig­lich der lin­ke Rand der bür­ger­li­chen Rech­ten von SPD/CDU/FDP/CSU [in die­ser Rei­hen­fol­ge von links] und ganz rechts der AfD. Ich wie­der­ho­le es noch­mal, weil es nicht oft genug gesagt wer­den kann:


Die deut­sche Poli­tik rich­tet sich an den Bedürf­nis­sen von Kapi­tal­eig­nern und Kapi­tal­ver­wal­tern aus - der angeb­li­che Sou­ve­rän, das Staats­volk, die Mas­se der Bevöl­ke­rung - erle­ben ledig­lich Almo­sen­ver­tei­lung und Beru­hi­gungs­pil­len, die nie ihre eigent­li­chen Inter­es­sen berücksichtigen.
 

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*update* [26.03.2020]
Ganz aktu­ell [26.03.2020] gibt es einen Bei­trag beim hpd "Die Gren­zen des Mach­ba­ren haben sich nach rechts ver­scho­ben". Dar­in wird u.a. eine gleich­ar­ti­ge Ten­denz, der "Rechts­ruck" des Gedan­ken- und Parteienspektrums,dargestellt und nach Ursa­che und Aus­prä­gung hinterfragt.

Kommentare

  1. Links­li­be­ra­les Establishment...
    Ich wür­de sagen, es ist eine Fra­ge wie man die­sen Begriff definiert.
    Ein gewis­ses Estab­lish­ment - etwas geho­be­ner von "Main­stream" - inner­halb des Spek­trums gibt es schon; eine gewis­se Grund­strö­mung, die ver­sucht, den Ton anzu­ge­ben (und es lei­der auch erfolg­reich tut).
    Wobei man hier in einem klar dif­fe­ren­zie­ren muss: Die­ser Gedan­ken­strom, der sich mit "links­li­be­ral" bezeich­nen lässt, ist ideo­lo­gisch eine rein west­li­che Filterblase.
    Sie hat weder etwas mit poli­tisch lin­kem Den­ken aus der öst­li­chen Hemi­sphä­re zu tun, noch fußt sie auf deren Inter­pre­ta­ti­on, deren Les­art, des­sen oder des­sen Denk- und Betrach­tungs­wei­se der Welt.

    In Fol­ge des­sen ist es also eine sehr vor sich allein hin­düm­peln­de Mas­se, die im eige­nen Saft schmort - was so ziem­lich schon ein Kenn­zei­chen eines "Estab­lish­ments" ist. Eben eine ver­schwo­re­ne Klas­se, die nie­man­den in ihre Rei­gen hin­ein­lässt, der nicht ihren Glau­bens- und Ehren­ko­dex annimmt und sich, neben einer gewis­sen Geheim­hal­tung, zu ideo­lo­gi­scher Homo­ge­ni­tät verpflichtet.
    Gleich­zei­tig besitzt die­se Klas­se einen gewis­sen Sno­bis­mus, eine gewis­se Ver­ach­tung und eine Ein­stel­lung von "Wir wis­sen es bes­ser als alle ande­ren!" gegen­über Anders­den­ken­den und gegen­über Leu­ten, die gene­rell auch ihre selbst­be­schrei­ben­den Attri­bu­te "links" und "libe­ral" anders inter­pre­tie­ren als sie.

    In die­sem Sin­ne han­delt es sich schon um ein gewis­ses Estab­lish­ment - bild­lich gspro­chen: Um einen eli­tä­ren Club, der sich regel­mä­ßig trifft, plau­dert und sich gegen­sei­tig in sei­nen Idea­len hoch­lobt und dabei den edel­sten Wein ver­tilgt, den man auf der Welt bekom­men kann.
    Nobel geht die Welt zu Grun­de - und so nobel wie die­se Leu­te nach außen hin tun, dass es ihre Idea­le sind, so ist doch ihr Ver­hal­ten am näch­sten an dem eines ganz gewöhn­li­chen eli­tä­ren Clubs, der nicht in Armut, son­dern im besten geho­be­nen Mit­tel­stand existiert.

    1. Die­se 'geho­be­ne Mit­tel­schicht' ist weit­ge­hend ein Ergeb­nis von Klün­gel­wirt­schaft und Pöst­chen­schie­be­rei derer, die geho­be­ne Posi­tio­nen haben und damit über die Mög­lich­keit ver­fü­gen jeman­dem 'einen Gefal­len zu tun' - und dann natür­lich erwar­ten, dass ihnen zu gege­be­ner Zeit auch ein Gefal­len getan wird .... dafür gibt es das böse Wort "Filz" (kommt aus Bay­ern, weil da beson­ders ausgeprägt).
      Man braucht sich nur ein­mal umzu­se­hen wel­che Namen in eini­gen Insti­tu­tio­nen vor - sagen wir - 30-40 Jah­ren 'ange­sagt' waren, und wie die Leu­te hei­ßen, die nun so all­mäh­lich in Par­la­men­ten, Ver­wal­tun­gen, Groß­kli­ni­ken, Ver­si­che­run­gen, staat­li­chen Diensten/Einrichtungen (Job Center/Arbeitsverwaltung etc.), Ban­ken, Wohl­fahrts­ver­bän­den, auf­tau­chen - also dort, wo die sta­bi­len und bes­ser bezahl­ten Tätig­kei­ten zu fin­den sind.
      Dazu noch die Ver­bin­dun­gen die in "Eli­te­schu­len" geknüpft wer­den, dazu hat­te ich schon 'mal etwas geschrie­ben.

    2. "Geho­be­ne Mit­tel­schicht" ist hier im Sin­ne der Ein­kom­mens­schicht zu ver­ste­hen - defac­to also: Sol­che, die schon ein eigent­lich wohl­ha­ben­des Leben füh­ren und nicht den Euro zwei Mal umdre­hen müs­sen. Für die Armut weit weg von ihrem eigent­li­chen Lebens­kos­mos ist und die davon ledig­lich eine Vor­stel­lung ent­wickeln kön­nen basie­rend auf Medi­en, die sie konsumieren.
      - Ähn­lich wie die Armen, die sich anhand von "Reich und Schön" stets ein (idea­li­sier­tes) Bild davon machen dur­fen wie es ist, reich zu sein.

      ____________________________

      Ein deut­sches Bei­spiel für die Art von Filz schwebt mir in dem Punkt gera­de nicht vor Augen, aber eines von der Insel: Die berühm­te Anek­do­te von Ex-PM Came­ron und dem Schwei­ne­kopf. Aus­ge­plau­dert haben soll das irgend­ein Ein­fluss­rei­cher aus sei­nem alten Stu­di­en­zir­kel - anzu­neh­men ist, weil er irgend­ei­nen Gefal­len nicht erfüllt bekom­men hat.
      Bis heu­te wur­de kei­ne Leug­nung publik oder die Sache ent­kräf­tet, dass es nur Schwach­sinn war...

      Eine ande­re Ver­bin­dung, die damals beim Wulff-Skan­dal zu Tage kam: Dass ihn was mit Roland Koch, damals Mini­ster­prä­si­dent von Hes­sen, verband.
      Heu­te muss man mal unter dem Begriff "Anden­pakt" nach­schla­gen, da wird man fün­dig zu dem Sach­ver­halt - aller­dings mit noch mehr mehr oder min­der bekann­ten Namen der CDU.

      1. JA, damit ist die Ein­kom­mens­si­tua­ti­on gemeint - aller­dings hängt dar­an natür­lich auch die sozia­le Schicht. Es gibt Men­schen mit viel Geld, die trotz­dem nicht 'dazu' gehö­ren und nie in 'höhe­re Krei­se' auf­stei­gen wer­den. Dazu ist ihr Geld zu 'neu' und ihr Beneh­men zu 'unge­wöhn­lich' .... man kann kei­nen Brat­wurst­ver­käu­fer (will­kür­li­ches Bei­spiel, ich habe nichts gegen Brat­wür­ste) in einen Frack stecken und zum Pres­se­ball des Bun­des­prä­si­den­ten schicken.
        -------------------------
        Aus mei­ner Sicht ist es den Men­schen mit viel Geld völ­lig egal wie die 'Armen' leben - Haupt­sa­che es kom­men wel­che und machen Haus, Pool und Garten ....
        -------------------------
        Die­se ange­spro­chen Sache (mit dem Schwei­ne­kopf) ken­ne ich nicht - wo kann man dazu etwas lesen?
        'Anden­pakt' suche ich gleich 'mal .... hab' ich gele­sen. Es klingt plau­si­bel, aber wo nichts nach­ge­wie­sen wer­den kann bleibt immer der Ver­dacht der Mani­pu­la­ti­on mit 'schein­ba­ren' Gege­ben­hei­ten. Sie­he ande­re Bün­de wie *Bil­der­berg* - da ist sooo viel Spe­ku­la­ti­on weil die Teil­neh­mer nichts aus­plap­pern - wenn es denn etwas gäbe ....

    3. Die gibt es auch, die nicht "hin­ein gelas­sen werden".
      Als Bei­spiel für die son­sti­gen Super­rei­chen fällt mir dort Kim Dot­com ein. In die Ein­kom­mens­klas­se hat­te er's zwar mal geschafft, aber die Rei­chen, die sich als etwas bes­se­res als der Rest der Welt vor­kom­men, haben ihn nie in ihren Rei­hen akzep­tiert oder auf­ge­nom­men, weil er dafür zu viel von dem Geld aus­ge­ge­ben hat und das auch in einer Art und Wei­se, die ihnen zu offen­sicht­lich prot­zig war. (Neben­bei, er hat die Fal­schen um ihre Mil­lio­nen gebracht - eine Men­ge Kon­zer­ne, die viel Geld mit dem Mono­pol der Ver­wer­tung von Medi­en­rech­ten einnehmen.)
      Genau­so z. B. Trump. Trump ist zwar reich, reich durch geerb­tes Ver­mö­gen, aber als Per­son hat er eine zu gro­ße Klap­pe und sucht zu sehr die öffent­li­che Insze­nie­rung, was wie­der­um jemand wie War­ren Buf­fet oder Geor­ge Sor­os nicht tun. Sie blie­ben still im Hin­ter­grund und ver­meh­ren ihre Mil­lio­nen unbemerkt.
      Die letz­te­re Art ist das, was als die mora­lisch "bes­se­re" in gewis­sen Schich­ten gilt. ("Bes­ser" viel­leicht, weil sie kei­nen sozia­len Unmut pro­du­ziert und still und heim­lich wie geschmiert vor sich gehen kann.)

      Es sind aller­dings genug Auf­stre­ben­de oder sol­che, die es geschafft haben, die sich den AGBs die­ser Krei­se unter­wer­fen oder die gar nicht erst vie­le Pro­ble­me damit haben, sich anzu­pas­sen, weil sie deren Ansich­ten per­sön­lich sowie­so teilen.

      ___________________________________

      Als Slang­be­griff wird für die Sache "pig­gate" benutzt, soweit ich das sehen kann.
      Das war doch damals, als es in die Schlag­zei­len geriet, jemand behaup­te­te, Came­ron hät­te zu Uni-Zei­ten mal einen toten Schwei­ne­kopf gefickt.
      Wirk­lich bestäg­tigt wur­de es im Nach­hin­ein nicht, aller­dings auch nicht vehe­ment ent­kräf­tet - es wur­de im Raum ste­hen gelas­sen und sanft in den Hin­ter­grund ver­schwin­den gelas­sen... Bis es irgend­wann nicht mehr rele­vant war, weil Came­ron kein Prime Mini­ster mehr war.

      Beim Fall Wulff und Koch war es nur eine Art Gerücht, dass Wulff Koch wohl gegen sich auf­ge­bracht bzw. ver­prellt hat­te mit irgend­wel­chen Hand­lun­gen sei­ner­seits. (Koch war in sei­ner Posi­ti­on damals nicht unbe­liebt, auch nicht unbe­liebt in der Par­tei - nun ja, und es wird wohl ein kom­ple­xes Geflecht von Grün­den gewe­sen sein, war­um man sei­tens der CDU den öffent­li­chen Abschuss von Wulff damals gebil­ligt hat­te, wäh­rend sie das sonst bei ihren Mit­glie­dern nicht so ein­fach zulassen.)

      Ich wür­de es aber anneh­men, etwas ist an sol­chen Unter­grup­pie­run­gen inner­halb der Par­tei­en schon dran. Letzt­end­lich gibt es nur eine begrenz­te Zahl grö­ße­rer Unis, das heißt also, frü­her oder spä­ter lau­fen sich gleich­alt­ri­ge spä­te­re Par­tei­kol­le­gen dort über den Weg. Und gera­de im Stu­di­um bil­den sich ver­rück­te Grup­pie­run­gen oder Seilschaften...
      Manch­mal ist es noch schlim­mer, da führt die Geschich­te sogar bis zur Schul­zeit in der sel­ben Ein­rich­tung zurück.

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