Manchmal, wenn es so aussieht als ob es niemals zu einer Lösung kommen könnte sobald ein schwieriges Problem aufgetaucht ist, lohnt es sich (geistig) ein paar Schritte Abstand zu nehmen und mit neuer Perspektive auf das Problem zu schauen.
Wir sind es gewohnt, dass uns bestimmte Kürzel, Bewertungen enthaltend, zu Eigennamen geliefert werden. Meist sollen diese Adjektive ein bestimmtes Bild erzeugen, uns also daran hindern die Einordnung, die als 'offizielle' Lesart bezeichnet werden kann, zu hinterfragen. Wenn man das tut, wird man manchmal auf ganz andere Gedanken und Einschätzungen kommen. Das ist für Politiker und ihre Absichten höchst unbequem, und doch muss es stattfinden, denn eine geringfügige Änderung der Perspektive ist in vielen Fällen schon geeignet der Lösung von Problemen näher zu kommen.
Merke:
Wer stets nur in gewohnten Bahnen denkt
wird neue Ziele nicht erreichen.
Die Welt hat seit Jahren ein Problem mit Nordkorea - das allerdings basiert nicht darauf, dass die Schuldigen alleine dort zu finden wären! Einen großen Teil an Verantwortung für die Schwierigkeiten in dieser Region basiert auf der Haltung der Vereinigten Staaten, die es nie verwunden haben, dort knapp an einem ähnlichen Debakel wie in Vietnam vorbeigeschlittert zu sein. Sie konnten bisher, weil ja kein Friedensvertrag geschlossen wurde, darauf verweisen, dass die Situation noch Klärungsbedarf habe und man werde sehen .... so wurde stets die wahre Absicht unausgesprochen gelassen: Ein Fuß in der Tür zu haben, um die Präsenz und die Militärbasen zu rechtfertigen.
So, wie die Interessen der Bank nicht die Interessen von Lina Braake sind, ist es nicht ¹im Interesse der USA einen Frieden mit Nordkorea zu schließen - weil sie dann abziehen müssten. Das in einer Zeit, in der China schon in den Startlöchern steht jede der Lücken zu füllen, die ein schwaches Amerika irgendwo auf der Welt öffnet.
Die Alternative:
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[Bildquelle]
Die Schwäche der USA könnte nun - betrachtet man die Entwicklung als neue Chance für die EU und die deutsche Außenpolitik - ausgenutzt werden um von dieser Seite aus den Friedensprozess erneut zu beleben zu versuchen. Die Aussicht wäre aus mehrerlei Gründen nicht schlecht, und die Welt könnte insgesamt davon profitieren eine nukleare Gefahr weniger zu haben.
Insbesondere, wenn sich etwa entgegen der Prognosen, der Präsidentendarsteller Trump erneut gewählt sähe, käme eine solche Initiative genau richtig um ihm zu zeigen, dass sowohl die EU wie auch Berlin auf seine Meinung, Eitelkeiten und Provokationen einen Dreck geben.
→ Nord- und Südkorea wollen Frieden und atomare Abrüstung
→ Korea: Desinteresse an der Wiedervereinigung?
→ Wie die USA versuchen, die Wiedervereinigung Koreas zu verhindern
→ 70 Jahre Koreakrieg: Kein Friedensvertrag in Sicht
→ The EU can become a player in North Korea [Feb 12, 2020]
→ It’s Time for the European Union to Talk to North Korea [March 02, 2020]¹
→ What’s wrong with the EU policy towards North Korea and how to fix it [Mar 06, 2020]
¹Übersetzung des Bildtextes:
Drittens, sollte Brüssel - zusammen mit Berlin - einen unabhängigen Entwurf für die koreanische Halbinsel vorlegen, der von Pjöngjang als neutral und objektiv angesehen wird, besteht kein Zweifel daran, dass die Verhandlungsführer der DVRK begeistert sein würden. Sie mögen es vorziehen, direkt mit Washington zu sprechen, aber wenn die Amerikaner nicht bereit sind zuzuhören, ist es sinnlos, an einen Verhandlungstisch zurückzukehren. Wenn dieser Tisch nach Brüssel verlegt wird, wären die nordkoreanischen Diplomaten sicherlich bereit, hin zu fliegen.
Oh, das würde ich als ganz schlechte Idee sehen... Warum? Dann bekommt Nordkorea wohlmöglich dasselbe Szenario, was die DDR und der restliche Ostblock bekommen haben - sie und ihre Art, Staat und Wirtschaft zu machen, werden vernichtet, der Kapitalismus von ein paar Pappnasen im Ausland beschlossen, die nur das Ziel haben, sich darauf wie die Geier zu stürzen, um ihre nicht mehr anschwellenden Profite eben wieder zu dieser Form zurückzugeleiten, und nach einigen Jahren wacht der Norden auf mit der selben Frustration wie hier, dass man wie ein Käfer zerquetscht, marginalisiert und die eigene Geschichte sowie Position aus dem kollektiven Gedächtnis fast gelöscht wurde.
Also, von daher: Das beste Szenario wäre noch, wenn Nord- und Südkorea für sich allein dazu kämen, ihren Friedensprozess zu gestalten. Ohne irgendwelche Schirmherren und Großmächte, die ein bestimmtes Ergebnis haben wollen!
Mhhh ... das hätte ich jetzt nicht so kategorisch erwartet, allerdings steckt darin eine Aussage, die zuvor ja schon einmal von den beiden 'Bruderstaaten' versucht wurde - bis die USA sich da (wenig hilfreich im Ergebnis) - eingemischt haben. Die Rolle der EU bzw. Deutschlands sehe ich da eher als 'Moderation', um eventuelle Brüche bei schwierigen Rgelungen zu vermeiden oder möglichst vorausschauend abzuwenden.
Sie gehen zudem offenbar davon aus, dass es sich nur um eine Fassade handelt, hinter der üble Geschäfte, böse Absichten, und Mechanismen des Frühkapitalismus angebahnt bzw. etabliert werden sollen.
Selbstverständlich hofft man auf Fortschritt für die Menschen - und da sind doch schon kleine Schritte in Richtung mehr Freiheit, Zugang zu besserer Nahrung und allgemeiner Versorgung hilfreich. Ich kenne keine Beispiele, wo die EU in rein ausbeuterischer Art tätig geworden wäre.
Da der derzeitige oberste Mann im Staate lange in Europa war und die Gegebenheiten gesehn hat wird er bestimmt eigene Vorstellungen haben welche Bereiche geöffnet und welche in eigener Regie gehalten werden sollten. Einen radikalen Umbruch kann ich mir nicht vorstellen, schon deswegen nicht, weil es der Bevölkerung langsam und schonend beigebracht werden müsste warum bestimmte Regelungen die früher galten nun aufgeweicht werden und vor allem - was sie davon als positive Ergebnisse erwarten können.
Wenn das verträglich geregelt werden soll müssen sich beide Seiten etwas davon versprechen: Darin sehe ich die Chancen.
Die EU ist mir mittlerweile zu "Deutschland gibt den Ton an, die anderen sollen marschieren" - und "Deutschland" ist in dem Zusammenhang gleichzusetzen mit "dem geistigen Erbe des Bonner Wasserwerks".
Ich würde daher eine ganz bestimmte Vorgehensweise und ein ganz bestimmtes Endergebnis erwarten - welche ich nicht zielführend dafür sehe, dass beide Koreas langfristig das aus der Sache das herausbekommen, was sie eigentlich wollen würden.
Die EU ist deshalb keinesfalls neutral.
Das heutige Deutschland noch am allerwenigsten.
(Vor allen Dingen, bedenke man: Zu verlockend die Tatsache, dass man einen Eintrag ins Geschichtsbuch bekommt, wenn man die Situation auf der koreanischen Halbinsel "klärt" bzw. sogar eine Wiedervereinigung von beiden erzielt.)
Wenn man mal in die Details schaut, macht es sich eigentlich schon etwas bemerkbar, dass Kim Jong-Un andere Wege als sein Vater einschlagen will. Einerseits, dass in den vergangenen Jahren auch mehr Berichte in der hiesigen Presse auftauchen, wie es in Nordkorea aussieht (dazu muss man ein paar ausländische Reporter mal ins Land lassen, sonst glaubt das einem keiner, was die berichten), zum anderen gab es auch schon leichte politische Umstrukturierungen, hinweg von dem Alleinstellungsmerkmal des "Führers".
Um es etwas aufgelockert auszudrücken: Kim Jong-Un ist nicht im Westen inkognito studieren gewesen, nur um am Ende schon als Mensch in mittlerem Alter ein ähnlich abgeschirmtes Leben wie sein Vater zu führen bis zum Ende seiner Tage, bei dem sich ständig ein ganzes Land bzw. ihm unterstehende höhere Repräsentanten auf sein Wort verlassen und nur sein Wort und nicht auch mal selbstständig denken und etwas erledigen.
Noch muss er sich gewissen alten Strukturen beugen, weil er nicht einfach so da heraus kann. Allerdings, es ist zu bemerken, dass er sich den goldenen Käfig, zu dem er durch Geburt verdonnert wurde, allmählich abschaffen will - evtl. weil da auch das Wissen im Hinterkopf sitzt, dass diese frühere Ordnung nicht ewig so weiter gehen kann. Ein Land, bei dem sich alle auf eine Person verlassen - da weiß man eigentlich sehr einfach, wo man zuschlagen muss, damit man erreicht, dass alle plötzlich wie ein Haufen aufgescheuchter Hühner durcheinander laufen.
Über die Motivation und die Absichten von Kim Jong-Un kann ich nicht spekulieren, allerdings ist aus seinem Verhalten dem Herrn Trump gegenüber heraus zu lesen, dass er dessen psychische Beschaffenheit erkannt und ihn erfolgreich an der Nase herum geführt hat. Das spricht schon einmal eine positive Sprache, den 'spielen' ist ein Zeichen von Intelligenz.
Wenn es - da wiederhole ich mich - gelingen sollte beide Koreas wieder zu Verhandlungen miteinander zu bewegen, hielte ich es unwichtig, von wessen Seite das kommt. Die EU ist bestimmt nicht ohne Fehler, ich habe auch das schon häufiger angesprochen, doch scheint es mir mindestens positiv zu sein, wenn man dort über eine solche Initiative nachdenkt und nicht Russland und China alleine das Feld überlässt. Auch diese beiden Player handeln bestimmt nicht aus altruistischen Motiven.
Tja, und ich bleibe dabei, es wäre mehr als suboptimal, wenn die EU irgendwelche Verhandlungen anstoßen, geschweigedenn ihr Schirmherr werden könnte.
Da hängen zu viele politischen Eigeninteressen dran - welche China und Russland auch haben, aber bei denen sehe ich schon mal einen pragmatischen Grund, was evtl. dadurch zu einer gewissen Ergebnisoffenheit führen könnte: Keiner von beiden will einen weiteren potentiellen Kriegsherd unmittelbar vor der Haustür haben.
Der EU kann dieser Punkt egal sein; die sind weit weg situiert. Ähnlich wie die USA.
Oh, es ging mir nicht darum etwa Druck zu machen um eine gegenteilige Auffassung zu erreichen - wir diskutieren hier doch Standpunkte um sie gegeneinander abzuwägen und uns zu informieren wie andere Personen darüber denken.
So kann ich mir gut vorstellen, dass ihre Einschätzung hinsichtlich der Russen und Chinesen ein wesentlicher Teil in deren Engagement ausmacht. Was für die USA bestimmt nicht zutrifft, sondern im Gegenteil (siehe verlinkter Artikel) für die bedeuten würde einen Grund für eine Stationierung zu verlieren.
Letzteres trifft für die EU nicht zu, daher meine Einschätzung, dass da weniger wirtschaftliche Gründe dahinter stecken könnten.
Mit den "wirtschaftlichen Gründen" wäre ich es vorsichtig...
Wer weiß, wie viele Produkte, bei denen "Made in China" draufsteht, eventuell eigentlich aus Nordkorea stammen?
Offiziell dürfen die zwar nichts nach außen verkaufen, weil keiner da ist, der es ihnen abnehmen würde, aber, mal ganz offen gestanden: So ein Etikett der Herkunft ganz man ganz leicht fälschen und in etwas umändern, was nicht der Wahrheit entspricht.
In der westlichen Welt ist die Herkunftskette dem konsumwütigen Durchschnittsverbraucher in der Regel doch egal. Umgekehrt sind die wahren Herkunftsketten auch sehr schwer nachvollziehbar wegen der ganzen Zwischenhändler und -dienstleister.
Mit ein bisschen Erfahrung aus der Vergangenheit wie die DDR das China für Westeuropa war, hat man eine ungefähre Ahnung wie es in dem Punkt bei NK auch aussehen könnte. Nur allein mit Unterdrückung kriegt man keinen Staat jahrzehntelang zusammengehalten, geschweigedenn ihn auf dem internationalen Parkett am Leben erhalten... Irgendwoher müssen zwischendurch in einer kapitalistischen Welt auch ein paar Moneten her.