Von 'schmückenden' Titeln

Authen­ti­zi­tät

»» .. Authen­ti­zi­tät ist nicht
danach zu streben
wie man glaubt sein zu müssen,
son­dern zu akzeptieren
wer man ist ..
««
[R.Donovan]

Auf einer lan­gen Auto­fahrt - so unge­fähr neun Stun­den mit Unterbrechung(-en) und ca. 740 Kilo­me­tern kommt ja so eini­ges an Gesprä­chen zusam­men. Die Gedan­ken schwei­fen und ab und zu haken sie sich an einem The­ma fest. Bei die­ser Fahrt ging es unter ande­rem um Tra­di­ti­on, Grund­be­sitz, Ver­pflich­tung aus Eigen­tum laut Grund­ge­setz und von der Umschich­tung in den Gesell­schaf­ten der ver­schie­de­nen Län­der im Lau­fe der Jahrhunderte.

In Deutsch­land war der Adel nicht nur Land­be­sit­zer, son­dern hat­te auch Ver­ant­wor­tung für alle Men­schen, die auf ihren Gütern leb­ten und arbei­te­ten, und zwar von der Wie­ge bis zur Bah­re und dar­über Hin­aus durch Unter­halt an Wit­wen und Wai­sen. Die­ser Land­be­sitz war sehr viel gerin­ger in Umfang und flä­chen­mä­ßi­ger Aus­deh­nung als die Kir­chen­be­sitz­tü­mer mit ihren Län­de­rei­en, Klö­stern und Wohn­raum in Städ­ten, zusam­men­ge­rafft unter ande­rem durch Hin­rich­tung von Men­schen mit Besitz, die man der Ket­ze­rei anklag­te und deren Hab und Gut man dann als 'Süh­ne' an die Kir­che einzog.

".. Der Pro­zess einer Nivel­lie­rung ade­li­ger Vor­rech­te setz­te bereits mit der Säku­la­ri­sa­ti­on von 18021803 in den frü­her geist­li­chen Staa­ten in West­fa­len ein, mit der Auf­he­bung der Land­ta­ge und land­stän­di­schen Ver­fas­sun­gen – und damit auch der Mit­be­stim­mungs­rech­te der Rit­ter­schaf­ten .." ist zu lesen, und das betrifft zwar zunächst West­fa­len, darf aber als gleich­sin­ni­ge Ent­wick­lung in den deut­schen Gebie­ten ange­se­hen werden.

Die Stim­mung gegen Kai­ser, König und Adel schlug zu Beginn des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts um:
Wo man sie noch bis Kriegs­be­ginn unter den mon­ar­chi­sti­schen Bür­gern hul­dig­te mach­te sich ins­be­son­de­re unter den ver­schie­de­nen Links­par­tei­en eine End­zeit­stim­mung breit, die als Sün­den­böcke bei­spiels­wei­se die schlech­te­sten, ver­rot­te­ten­sten und ver­ab­scheu­ungs­wür­dig­sten "Jun­cker" an den (vir­tu­el­len) Pran­ger stell­ten und dann - pars pro toto - die Abschaf­fung aller Pri­vi­le­gi­en, ja des Adels ins­ge­samt anstreb­te. Bis schließ­lich ".. die Wei­ma­rer Repu­blik .. 1919 den Adel kur­zer­hand (abschaff­te) .. Die deut­schen Län­der muss­ten ihre Geset­ze auf die neue Ver­fas­sung ein­stel­len; den Anfang mach­te Preu­ßen am 23. Juni 1920 .."

Soweit die Geschich­te in Kurzfassung
und war­um nun das Alles hier und jetzt?

Sie ken­nen sicher die Redens­art "Graf Koks von der Gas­an­stalt" womit man in der Umgangs­spra­che aus­drücken möch­te, dass sich eine Per­son auf­plu­stert und sich einen Titel aneig­net, der ihr nicht zusteht. Die­ser Titel ist aller­dings authen­tisch, weil er schon vor 1920 bestand.


Der Adel wur­de, wie wei­ter oben auf­ge­zeigt, mit Gesetz von 1920 der Wei­ma­rer Ver­fas­sung abge­schafft. Fort­an wur­den kei­ne neu­en Adels­ti­tel mehr ver­ge­ben .... des­we­gen rieb ich mir ver­wun­dert die Augen, als ich kürz­lich durch die Blogs zapp­te und mein Auge auf die fol­gen­de Unter­schrift unter meh­re­ren Arti­keln [Quel­le] stieß:
 


 Wer - so fra­ge ich, ver­gibt im Jah­re 2020 noch neue Adels­ti­tel? Und wo liegt - geo­gra­fisch - die­ses omi­nö­se "Koh­len­spott"? Für wel­che beson­de­re Lei­stung und von wem wur­de die­ser Titel ver­lie­hen?
 

 
Ver­wirr­te Grü­ße an alle hier Lesenden,
Ihr
WvS

Kommentare

  1. Also ehr­lich, so inter­es­siert ich den histo­ri­schen Teil Ihrer Aus­füh­run­gen gele­sen habe, so sehr muss ich mal wie­der den Kopf schüt­teln über Ihre nach­tra­gen­de Art. Noch dazu wegen so einem Quatsch wie einem spa­ßes­hal­ber kre­ierten "Adels­ti­tel", den man sich noch dazu, wenn man es tat­säch­lich ernst mei­nen soll­te, heu­te kau­fen kann ... tztztz

    1. Hal­lo Frau iGing,

      gera­de bei einem so auf "Spaß" und "Lustig­keit" aus­ge­rich­te­ten Blog / Blo­g­in­ha­ber müss­te doch mei­ne nicht so ganz bier­ernst gemein­te Empö­rungsphili­pi­ka gera­de­zu Begei­ste­rungs­stür­me aus­lö­sen .... und wenn nicht, müss­te es höch­stens als Replik auf das vor eini­ger Zeit statt­ge­hab­te Kom­plott gegen mich mit einer Frau (die mit männ­li­chem Pseud­onym auf­tritt) gewer­tet werden.

      Sie wür­den die­se Sache sicher anders betrach­ten, wenn Sie in mei­ner Haut steckten: 

      Der Neid und die Miss­gunst, die mir von eini­gen Leu­ten wegen mei­nes Namens ein Leben lang ent­ge­gen­schlu­gen (und mei­nem Geschwi­stern und Kin­dern und deren Kin­der) - und das obwohl ich dar­aus nie Pri­vi­le­gi­en son­dern höch­stens Ver­pflich­tung her­ge­lei­tet habe - ist manch­mal schwer zu ertragen.

      Aber, zum unaus­ge­spro­che­nen Teil:
      Wenn sich jemand der­art selbst 'schmückt' steckt nach all­ge­mei­ner Lebens­er­fah­rung stets der Wunsch nach 'Höhe­rem', nach der ulti­ma­ti­ven Errei­chung des Pode­stes, auf dem sich die­se Per­son selbst sieht, dahinter.

      Das wird dann mit­tels der Namens­ge­bung wenig­stens vir­tu­ell erreicht.

      PS
      Sie­he auch "Resi­li­enz" - irgend­wann reißt selbst dem gedul­dig­sten Men­schen die Hutschnur!

    1. In jedem "Spaß" steckt ein Kern von "Ernst" - wenig­stens soweit ich das als Lebens­er­fah­rung gewon­nen habe.

      [Man­che Autoren machen es sich zunut­ze, indem sie Unver­schämt­hei­ten als "lau­ni­sche Spie­le­rei­en" ver­klei­den und bei gerech­ter Empö­rung der Belei­dig­ten auf die­se mit Fin­ger zei­gen und rufen: Miesepeter!]

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