Viele Briten sind Rassisten, mindestens unterschwellig, weil sie wissen, dass eine öffentliche Darlegung ihnen zum Nachteil gereichen könnte. Nicht nur gegen Menschen mit anderer Hautfarbe, gleichsinnig ebenso gegen Menschen anderer Nationalität. Sie lieben es allerdings ebenso bestimmte Vorurteile als verdeckte Äußerung glatt heraus zu sagen, wobei sie Umschreibungen nutzen, die auf den ersten Blick völlig harmlos klingen. Der Umgang mit Nicht-Briten hingegen entlarvt das, was tatsächlich in tiefster Volksseele der Briten brodelt.
Vor Jahren hatten wir ein Ferienhaus in St. Ives angemietet und der Schlüssel dazu sollte im Nachbarhaus abgeholt werden. Die Nachbarin war eine ältere Dame, ein wenig erinnerte sie an an *Madame MIM* aus dem Disney Studio, die auf meine Frage wo denn die Dusche im Haus zu finden sei antwortete
"I'm terribly sorry to disappoint you, Sir,
but we don't have a shower in your cottage.
We Brits are all little piggies, aren't we?"
Es stellte sich heraus, dass das nicht die ganze Wahrheit war, denn es gab sehr wohl ein Bad - allerdings nur mit einer Wanne und Wandauslauf. Wir haben es geschafft während unseres Aufenthaltes trotzdem nach der langen Fahrt sauber zu werden und sauber zu bleiben.
An diese Geschichte, Stichwort "Schmutz", wurde ich erinnert als ich las ein bekannter Kolumnist der "SUN" [TV personality Jeremy Clarkson] habe eine von ekliger Phantasie geprägte Glosse geschrieben, in der er sich Meghan Markle nackt durch die Straßen getrieben vorstellte, öffentlich gedemütigt von höhnischen Massen von Briten. Eine Geschmacksverirrung, sehr abwegig und abstoßend, selbst für einen Journalisten der für die "SUN" arbeitet, die nicht gerade als seriöses Blatt bekannt ist.
Das Ganze hat sich mittlerweile zum handfesten Skandal entwickelt und bestätigt die Auffassung von Harry und seiner Frau es gäbe Aufstachelung zu Hass und Rassismus gegen das Paar wie in der sechsteiligen Netflix-Dokumentarserie „Harry & Meghan“ zu erkennen war.
Bei allem Verständnis für differenzierte Sicht auf das britische Königshaus scheint mir eine solche Entgleisung nicht mehr durch britische Skurrilität entschuldigt zu sein. Blanker, dazu noch sexualisierter Hass gegen diese junge Frau ist schlicht unangemessen und in der Art des Vortrags verwerflich. Hier wurde eine Grenze überschritten, die durch eine Entschuldigung des Täters nicht wieder aus der Welt zu schaffen ist.
Auf der Meta-Ebene:
Solche Entgleisungen sind nicht Zufall. Sie sind Versuchsballone die ausloten wie weit man in solchen Skandalblättern ungestraft und ohne Konsequenzen gehen kann. Pars pro toto, auch unserer Medienlandschaft durchaus nicht fremd.
Hm... So was macht "Mr. Top Gear" also neben den Autos... (Den Namen wusste ich nicht zuzuordnen, aber beim Bild dachte mein Hirn sofort "Warte mal - ist das nicht der von Top Gear?".)
...Man halte es so: Wenn man die Dame nicht mag wegen ihres Auftretens, weil man sie etwa für eine amerikanische Drama Queen hält, wo mehr Schein als Sein der Fall ist, dann kann und sollte man das sagen können - sich allerdings explizit in einer solchen Art ausdrücken, sodass das unmissverständlich hervorgeht und da nicht andere Eindrücke aufkommen (gerade weil diese eine berechtigte Kritik im Nachhinein immer ungültig machen).
Natürlich ist es im Hinblick auf Meinungsfreiheit gestattet Kritik zu üben. Allerdings hat sich der Autor endgültig ins Aus manövriert. Solche 'feuchten Träume' kann er haben, das ist sicher auch sein Recht, aber sowas öffentlich zu machen und eine Person - völlig unabhängig von der gesellschaftlichen Stellung - in dieser Art zu schmähen ist ein nicht zu entschuldigendes Fehlverhalten.
Dass es möglich gemacht wurde zeigt dieses Blatt als menschenverachtende Institution an, ähnlich BILD bei uns.
Die SUN sieht doch rein optisch schon der BILD sehr ähnlich.
Da hätte man sich stark vorstellen können, dass die kaum anders sind...
Nein, aber das ist so ein Problem daran - irgendwelchen, vielleicht sogar nur flapsig gemeinten, Müll mit einer Kritik zusammenzuwerfen. Es sind gerade nun mal Zeiten, wo alles auf die Goldwaage gelegt wird - also, wenn man ernst genommen werden will, und will, dass die Kritik gehört und sich nur damit beschäftigt wird, dann muss man das weglassen. Die Zeiten sind leider so.
- Oder eben man nutzt es ganz bewusst, um zu provozieren, um Aufmerksamkeit zu kriegen.
Zum Beispiel - Begriffe wie "Tunte" oder "Tucke" kann man heute auch nicht mehr einfach so "nebenbei" irgendwo mit hineinwerfen; entweder macht man das ganz kalkuliert und sitzt nicht im Glashaus (heißt: am besten selbst irgendwas aus dem Blumenstrauß "nicht hetero", "nicht Cis" sein), damit keiner die übliche Leier betreiben kann von wegen "schwulen-/transfeindlich", oder man sollte es lieber lassen, weil es nur zu dem bekannten Gekreische führen wird, dass jedes Mal daraus resultiert, wodurch das, was man eigentlich angeprangert hat, völlig untergeht.
Kann man dir das nicht bedingt vorwerfen und sieht der Gesamtkontext anders aus, entfällt das Argument und muss man sich vielleicht eher doch mit dem Inhalt dessen auseinandersetzen, wo du diese Begriffe um dich geworfen hast...
Es mag daran liegen, das Viele nicht einfach ausdrücken können wa sie denn nun monieren, deshalb packen sie noch 'was drauf und hoffen die Fülle möge ihren Standpunkt wichtiger und bedeutungsvoller machen. Ich habe da ein anekdotisches Beispiel aus der Zeit als unsere Kinder klein waren. Da ärgerte sich unsere Tochter über ihren Bruder und betitelte ihn als "Du-Arsch-mit-Sau-Schwein!" So ähnlich - nur mir anderen Worten - versuchen manche Kolumnisten heute ihren Ergüssen mehr Substanz zu geben.
'Dazu zu gehören', also einer der Gebeutelten, der angegriffenen Gruppe zu sein, ist manchmal nützlich weil man da aussprechen kann was nicht zugehörige Personen nie sagen sollten wenn sie nicht die (neue) Zielscheibe des Angriffs werden wollen.
Ja, das ist auch so ein Faktor...
Um etwas kompliziertes und/oder auch komplexes auszudrücken, und gleichzeitig Aufmerksamkeit zu kriegen, sodass man gehört wird, dafür muss man zunächst einmal mit Worten geschickt umgehen können.
Was aber viele - selbst sogar solche, die Geld dafür bekommen -, nicht mehr beherschen.
Dadurch wird daraus eher die ungünstige Kombination "we say wrong, but mean right" - sagen also etwas richtiges, aber lassen es nach etwas klingen, was moralisch aber absolut verwerflich ist.
Und die, die "we say right, but mean wrong" betreiben, stehen mit ihrer unzutreffenden Version der Geschichte as strahlende Helden da. Nur weil sie nicht mit Dreck um sich werfen, um ihren Standpunkt auszubreiten und erläutert zu kriegen.
Wie schwer es ist etwas genau so auszudrücken wie man es denkt, also den Prozeß der Überlegungen die voneinander abhängig sind niederzuschreiben, ist zeitaufwändig und erfordert viel Disziplin: Wer ein Blog schreibt das auf lange Sicht bestehen soll weiß das.
Da haben es die Schreiber, denen es nur darauf ankommt viel Aufmerksamkeit (clicks?) zu bekommen leichter, sie scheren sich nicht um ihren Ruf und die Wahrheit ist ihnen so was von egal .... Hauptsache die Kohle stimmt. Das begegnet uns doch immer wieder bspw. bei den Anpeisungen von Pseudo-Medizin-Produkten die nie dem Nutzer helfen aber dem Anpreisenden und dem Verkäufer fette *profits* bescheren.
Sehr zu bedauern ist dabei die mangelhafte Sanktion durch eine kritische Öffentlichkeit:
Es wird konsumiert was da ist, völlig undifferenziert. Wenn es geschrieben wurde ist es wie von Zauberhand ein Faktum geworden - und es kostet sehr viel Zeit hier Aufklärung betreiben zu wollen.