Nachgefasst: air fresheners (Luftverbesserer?)

Vor zehn Jah­ren habe ich eini­ge Fra­gen an das Bun­des­um­welt­mi­ni­ste­ri­um gestellt:

air fres­he­ners [Ver­öf­fent­licht am 27-11-2013 11:37]; die Ant­wor­ten waren wenig ergie­big, aller­dings wur­de ich auf eine 'dem­nächst erschei­nen­de Bro­schü­re zum The­ma' hin­ge­wie­sen. Das 'dem­nächst' dau­er­te dann etwa zwei Jah­re, bis Sep­tem­ber 2016. Aber "Bes­ser spät als nie!" wie der klei­ne Lord Faunt­leroy sich ausdrückte.

Was ist denn in der Bro­schü­re von 2016 zu lesen?

Unter dem Titel "Duft­stof­fe – che­mi­sche Beglei­ter im All­tag" gibt es eine Pres­se­mit­tei­lung dazu. Die Bro­schü­re selbst ist unter dem Titel "Duft­stof­fe – che­mi­sche Beglei­ter des All­tags; Rat­ge­ber (PDF Datei)" zum down­load bereitgestellt.

Es lohnt sich die paar Sei­ten zu lesen (16 S.). Für ganz Eili­ge hier eine Zusammenfassung:
Wozu Duft­stof­fe in Pro­duk­ten ein­ge­setzt wer­den und wie sie Men­schen beein­flus­sen kön­nen wird in meh­re­ren ein­lei­ten­den Kapi­teln erklärt.
Sodann wird auf das Regel­werk "REACH" [EU-Che­mi­ka­li­en­ver­ord­nung REACH bei der Euro­päi­schen Chemikalien­agentur (ECHA)] ver­wie­sen, nach der Pro­duk­tei­gen­schaf­ten ver­schie­de­ner Art fest­ge­stellt und beson­de­re Maß­nah­men ergrif­fen wer­den deren Ein­luss zu minimieren.
Im Wei­te­ren geht es um die che­mi­schen Sub­stan­zen selbst, und zwar jene, die All­er­gien aus­zu­lö­sen in der Lage sind und dahin­ge­hend auf­fie­len - sie wer­den beschrie­ben und in che­mi­schen For­meln dargestellt.
Das letz­te Kapi­tel stellt schließ­lich dar was das Umwelt­bun­des­amt als Emp­feh­lung gibt. Die aus mei­ner Sicht wich­tig­ste The­se ist 

Zitat: ".. Für eine gute Luft­qua­li­tät in Innen­räumen ist regel­mä­ßi­ges Lüf­ten wichtig.
Unan­ge­neh­me Gerü­che sind ein Indi­ka­tor für unhy­gie­ni­sche und damit unge­sun­de Raumluftbedingungen
und soll­ten nicht mit Duft­stof­fen über­deckt werden .."


Die Unsit­te 'schlech­te' Gerü­che mit Duft­sprays zu ver­decken dient wohl nur denen, die sol­che Pro­duk­te her­stel­len. Alle ande­ren Men­schen lau­fen Gefahr All­er­gien zu ent­wickeln, gesund­heit­li­chen Scha­den zu neh­men. Weil die tat­säch­li­che Bedro­hung durch übel­rie­chen­de Stof­fe die eine Ursa­che hat, so über­deckt wird, dass sie erst wahr­ge­nom­men und besei­tigt wird wenn sie schon Scha­den anrich­ten konn­te.
 

 
Wie es auf EU Ebe­ne wei­ter­ging und weitergeht

Da um uns her­um mehr schlech­te als gute Din­ge pas­sie­ren gibt es meist weni­ge posi­ti­ve Erschei­nun­gen zu berich­ten. Das ist hier glück­li­cher­wei­se anders, denn es wer­den wesent­li­che Schrit­te auf EU-Ebe­ne zur Har­mo­ni­sie­rung im Umgang mit 'die mensch­li­che Gesund­heit gefähr­den­den' Sub­stan­zen getrof­fen. Das Pro­jekt wird mit "Human-Bio­mo­ni­to­ring" bezeich­net, dazu ein Zitat:

"Human-Bio­mo­ni­to­ring erklärt
Als ein Werk­zeug der gesund­heits­be­zo­ge­nen Umwelt­be­ob­ach­tung wer­den beim Human-Bio­mo­ni­to­ring mensch­li­che Kör­per­flüs­sig­kei­ten oder -gewe­be auf ihre Bela­stung mit Schad­stof­fen untersucht."

Deutsch­land ist füh­rend in der Unter­su­chung und Beur­tei­lung der Schad­stof­fe und ihrer Wech­sel­wi­kung mit dem mensch­li­chen Organismus:
".. In Deutsch­land legt die „Kom­mis­si­on Human-Bio­mo­ni­to­ring“ beim ⁠UBA⁠ schon seit vie­len Jah­ren toxi­ko­lo­gisch begrün­de­te Beur­tei­lungs­wer­te für aus­ge­wähl­te Schad­stof­fe in Deutsch­land fest .." [Quel­le].
Die deut­sche Posi­ti­on feder­füh­rend ver­ant­wort­lich zu sein wird vom Umwelt­bun­des­amt (UBA) wahr­ge­nom­men. Der auf EU Ebe­ne als "Euro­päi­sche Human-Bio­mo­ni­to­ring Initia­ti­ve [HBM4EU]" bezeich­ne­te Vor­gang soll Daten lie­fern, die die Zulas­sung von Sub­stan­zen für den gesam­ten EU Raum auf einer gesun­den Basis ver­läss­li­cher Daten fest­le­gen und so Scha­den von allen EU Bür­gern abwen­den. Mitt­le­rei­le sind schon umfang­rei­che Zusam­men­füh­run­gen von ver­schie­de­ner Sei­te ein­ge­hen­der Infor­ma­tio­nen erar­bei­tet wor­den. Die Lauf­zeit war von 2017 bis 2021 geplant. Eine Ver­laut­ba­rung ob das so ein­ge­hal­ten wer­den konn­te war nicht zu finden.

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Kommentare

  1. Selt­sa­mer­wei­se ist mir vor nicht all­zu lan­ger Zeit ein ähn­li­cher Gedan­ke durch den Kopf gegangen.
    Das moder­ne "Gerü­che über­decken" - eigent­lich ist es eine Dumm­heit des Men­schen. Denn die "üblen Gerü­che" sind ja eigent­lich aus kon­kre­ten Grün­den da - wel­che natür­lich kei­ner mehr zu behe­ben ver­sucht, wenn er den ursprüng­li­chen schlech­ten Geruch nicht mehr wahrnimmt...

    1. .... und so neben­bei han­deln sich Men­schen mit einer All­er­gie­nei­gung noch viel schlim­me­re Fol­gen ein!
      Ich has­se Duft­stei­ne, Duft­bäu­me und Raum­spray jeg­li­cher Art. Mei­ne Frau hat­te mal die Ange­wohn­heit Deo im Raum zu ver­sprü­hen .... jetzt macht sie das nicht mehr. Des­we­gen sind wir noch verheiratet.

      Es ist wie mit Schmer­zen: Die 'sagen' uns etwas was wir nicht igno­rie­ren soll­ten, wes­we­gen man spar­sam mit Schmerz­mit­tel umge­hen soll­te. Und mög­lichst kein Duft­spray benut­zen - lie­ber nach der Ursa­che des 'unpas­sen­den' oder 'üblen' Geru­ches suchen und sie abstellen.

      1. Kei­ne Ahnung, was das eher weib­li­che Geschlecht damit hat, oder? ;-) :D

        Wür­de mich jetzt wahr­schein­lich nicht als "Fana­ti­ker" in die­sem Punkt bezeich­nen, aber die­se typi­schen Raum­ge­rü­che sind mir da auch nicht wirk­lich was.
        Irgend­wo, weil das Gehirn sagt "das ist hier falsch/stimmt hier nicht", also es passt nicht mit dem Kon­text der rest­li­chen Situa­ti­on zusammen.

        Ein­zig, wo mir das nicht unan­ge­nehm ist, das ist, wenn es um alle Din­ge geht, die ganz bewusst mit "Ver­gnü­gen" zu tun haben. Dass man nach dem Duschen noch ein biss­chen nach was riecht (nicht zu sehr; aber da hat sich mit Badu­san was gutes fin­den las­sen, was es damit nicht über­treibt) - oder wenn es gene­rell dar­um geht, sich ein biss­chen "auf­zu­bre­zeln". Wenn das Ego gestrei­chelt wer­den muss (soll­te man ab und zu mal tun, das ist ein äußerst lie­bes­be­dürf­ti­ges Kätz­chen...) oder wenn es dar­um geht, die eige­nen Vor­zü­ge ein wenig hervorzuheben.
        (Aller­dings bin ich da auch nur für die Sachen zu haben, die für Her­ren gedacht sind. - Frau­en­par­fums über­trei­ben es oft­mals sehr; oder zumin­dest ihre Nutzerinnen.)

        1. Du wirst es wahr­schein­lich mit Stau­nen zur Kennt­nis neh­men: Ich habe einen sel­te­nen, nicht ganz bil­li­gen Her­ren­duft, den ich seit 30 Jah­ren (aller­dings wirk­lich spar­sam!) benut­ze. Weil es das Ori­gi­nal nicht mehr direkt zu kau­fen gibt bestel­le ich mir immer zwei Fla­schen aus den USA, da gibt es einen Ver­sand­han­del für aus dem Ver­kehr gezo­ge­ne Düf­te. Das Beste dar­an ist, sie sind im Ver­gleich nicht sehr viel teu­rer gewor­den. Na ja, der Ver­sand schlägt natür­lich schon zu Buche.

          So ist es mit dem Sham­poo auch, da schwö­re ich seit fast 60 Jah­ren auf "PERT". Auch dafür gibt es immer noch Quel­len in USA, das hat sich, anders als zum Eau de Toi­let­te berich­tet, nun doch ver­teu­ert. Da ich es mir nicht kilo­wei­se auf den schüt­te­ren Haar­be­stand auf­tra­ge hal­ten sich die Kosten dafür in erträg­li­chen Grenzen.

          Beim Dusch­gel ver­traue ich auf eine Haus­mar­ke von REWE, Han­dels­na­me "today MED", davon hat­te ich noch in Bad Hers­feld eine Palet­te gekauft weil es hier kei­nen REWE gibt, und was davon übrig ist wird wohl bis an mein Lebens­en­de rei­chen 😎 - es sei denn ich über­schrei­te die 100.

          Mei­ne The­se ist bei alledem:
          Wenn der Geruch län­ger als ein paar Stun­den anhält ist es nicht gesund. Das gilt wenig­stens für Wäsche­duft ganz anders, viel kür­zer! Denn wenn Wäsche nach irgend­et­was *duf­tet* dann sind Reste von Che­mi­ka­li­en im Gewe­be - und da reagie­re ich so, dass ich das Zeug nur noch für die Vor­wä­sche neh­me und der Rest wird dann im wasch­mit­te­frei­en Haupt­gang ausgewaschen.

  2. Es gibt sicher auch einen gewis­sen Anteil von Kon­su­men­ten, die Luft­er­fri­scher nicht dazu ein­set­zen, um ande­re Gerü­che zu über­decken und hier­bei zudem auch noch einen Anteil, der nur natür­li­che Duft­quel­len bevor­zugt, weil gewis­se Düf­te zu ihrem Wohl­be­fin­den bei­tra­gen oder die­se bewusst bei Erkran­kun­gen ein­set­zen. Stich­wort Aro­ma­the­ra­pie. Ich wür­de hier­bei also schon noch etwas dif­fe­ren­zie­ren, außer es geht expli­zit um che­mi­sche Duft­keu­len, die nur ande­re Gerü­che über­decken sol­len. Jeden­falls habe ich gera­de einen sehr star­ken Luft­er­fri­scher im Ein­satz: https://dasgruselkabinett.de/olfaktorischer-rauschzustand. Düf­te sind auf jeden Fall sehr kom­plex in ihrer Wir­kung. Und neben dem Geschmacksinn ist (bis­her?) der Geruchs­sinn nicht so ein­fach digi­ta­li­sier­bar wie z. B. Audio­vi­su­el­les. Düf­te sind also noch die sel­te­nen Gebie­te des Ana­lo­gen. Natür­lich am besten, wenn sie selbst natür­lich sind.

    1. 1. Stich­wort Aromatherapie:
      ".. Laven­del­öl soll zum Bei­spiel beru­hi­gend wir­ken, Thy­mi­an akti­vie­rend, Jas­min­öl stark spasmo­ly­tisch, seda­tiv, anti­de­pres­siv, Oran­gen- und Zitro­nen­öl sol­len die Stim­mung auf­hel­len .. Immor­tel­le soll auf Wun­den auf­ge­tra­gen eine wund­rei­ni­gen­de, hei­lungs­för­dern­de und -beschleu­ni­gen­de Wir­kung haben .." [Quel­le]
      Das sind mir ein­fach zu vie­le Kon­junk­ti­ve (".. Konjunktiv(-e) ver­wen­den wir in unse­rer Spra­che für Bedin­gun­gen, die nicht real, son­dern nur mög­lich sind!)
      Sol­che Begrif­fe wie ".. hei­lungs­för­dern­de und -beschleu­ni­gen­de Wir­kung .." sind lee­re Wort­hül­sen, die oft von soge­nann­ten "alter­na­ti­ven Hei­lern" ein­ge­setzt wer­den um zu ver­schlei­ern, dass in mehr als 200 Jah­ren eine tat­säch­lich Wir­kung nicht nach­ge­wie­sen wer­den konn­te. 'För­dernd' und 'beschleu­ni­gend' - im Ver­gleich wozu? Das ist wie Horo­skop oder Kartenlegen ....

      2. Natur­stof­fe:
      Sie schrie­ben: ".. Natür­lich am besten, wenn sie selbst natür­lich sind ..". Ein­ver­stan­den, doch gera­de das sind sie über­wie­gend nicht mehr. Selbst sol­che Pro­duk­te die als natür­li­che Inhalts­stof­fe vor­kom­men wer­den heu­te che­misch pro­du­ziert. Das ist jetzt nichts Schlech­tes, denn einem iden­ti­schen Mole­kül ist es egal wie es zustan­de kam. Was dabei ver­nach­läs­sigt wird ist die Sum­me der Begleit­stof­fe in natür­li­chen Aro­men, die erst in ihrer Gesamt­heit die Wir­kun­gen ent­fal­ten die man für the­ra­peu­ti­schen Ein­satz frü­her her­aus­ge­fun­den hat.

      3. Luft­fri­scher:
      Zu wel­chem Zweck auch immer "Luft­fri­scher" ein­ge­setzt wer­den ist unwich­tig: Sie stel­len eine zusätz­li­che che­mi­sche Beein­träch­ti­gung dar, die kei­nem wirk­li­chen Zweck dient son­dern ledig­lich einen der beson­ders per­fi­den Mar­ke­ting­ein­flüs­se dar­stellt. Es wird sug­ge­riert man müs­se den natür­li­chen Geruch irgend­wie 'ver­bes­sern' - um den Preis von vie­ler­lei Gefah­ren deren Aus­wir­kung nicht über­schau­bar ist.
      Wir wer­den bom­bar­diert mit che­mi­schen Sub­stan­zen des All­tags - wozu also noch mehr drauf­packen wenn man nicht ein­mal die Wech­sel­wir­kun­gen des abso­lut not­wen­di­gen erforscht hat?

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