- und vor allem: Wie tarnt man diese Absicht so geschickt, daß der Eindruck von 'Ausweitung' und 'Fortschritt' entsteht?
Ganz einfach. Man 'erfindet' ein neues Schulfach mit dem tollen Namen "Naturwissenschaften und Technik" und packt da die 'alten' Fächer Biologie, Chemie, Physik hinein - wo früher pro Fach mindestens drei Wochenstunden unterrichtet wurden werden jetzt nur noch fünf Wochenstunden für das 'neue' Fach gegeben - die aber sind ja angeblich so sehr viel 'inhaltsreicher' und 'moderner' und 'der Zeit angepaßt' als zuvor ....
Nun leuchtet es dem - nicht nur oberflächlichen - Betrachter natürlich ein, daß das Schulsystem sich der veränderten Lebens- und Arbeitssituation anpassen muß. Aber muß das unbedingt und ausschließlich auf Kosten der Breite/Tiefe der bisherigen Fächer gehen?
Wenn Menschen weniger in Zusammenhängen denken sind sie leichter zu manipulieren - da ist es ein probates Mittel schon in den Schulen mit der Desinformation anzufangen:
Was dort nicht gelernt wird wird später auch nicht mehr 'aufgeholt' ....
Zu verhindern wären solche - nur vermeintlich fortschrittlichen - Änderungen durch ein ausgeweitetes Schulsystem: Ganztagsunterricht mit ausreichend Pausenzeit. Bedauerlicherweise sind da die Ansätze nur zögerlich - und wo es gemacht wird mangelt es an Ausstattung, Geld und Anreizen ....
Mit Ganztagesschulen kann man sowas nicht verhindern. Die bisherige Unterrichtszeit wäre schon ausreichend. Wenn man nicht tausend andere Sachen auch noch machen müsste, die mit Schule gar nix zu tun haben und wofür die Eltern zuständig wären. Diese Ganztagesschulen sind nur deswegen in aller Munde, weil das für die Eltern eine tolle Möglichkeit wäre, sich vollends ihrer Aufgaben und Pflichten als Eltern zu entledigen.
Da sind wir wohl unterschiedlicher Meinung - nicht, daß ich Dir nicht zustimmte, daß manche Eltern der Schule gern die Erziehung ihrer Kinder aufhalsen möchten, aber hinsichtlich des Effektes einer Ganztagseinrichtung.
Ich habe gesehen, wie in U.S.A. - trotz aller hinreichend bekannten und diskutierten Mängel der Ausbildung der Lehrer und finanziellen Ungleichausstattung einzelner Schulen - die Möglichkeiten sich bei entsprechender Begabung breit auszubilden besser gegeben sind als hier .... das fängt mit der eigenen Auswahl von Kursen an - die natürlich bestimmte Kernbereiche umfassen müssen! - und hört mit dem gemeischaftlichen Schulbetrieb für alle Schüler - egal welcher Leistungsfähigkeit - auf.
Das Geld ist in unserem Land vorhanden. Was fehlt sind Ideen und die Umsetzung - wir könnten das U.S.-Modell verbessern, wenn nur der Wille dazu vorhanden wäre ....
Ganztagesschule ist doch aber nicht ich nenns jetzt mal "Gesamtschule".
Das Ziel der Ganztagesschule ist es, das Kind den ganzen Tag über zu betreuen. Normalerweise mit dem normalen Unterricht am Vormittag, dann Mittagessen und danach Hausaufgaben und Zusatzangebote wie Instrumentalunterricht oder Basteln, etc. Die Gesamtschule dagegen hat, wie du es beschreibst, mehrere Kurse in gleichen Fächern, die auf unterschiedlichen Niveaustufen arbeiten. Das geht aber auch in der uns normalen Schulzeit von 8- 13 Uhr.
Gesamtschule macht erst Sinn als Ganztagesschule:
Nur so haben die Lehrer ausreichend Zeit sich um die Schüler zu kümmern bzw. die Schüler zu fördern die es nötig haben.
Wofür ich also plädiere ist Beides. Gesamtschule weil dann die Durchlässigkeit da ist und die Schüler zuerst als Mensch und dann erst als - mehr oder weniger leistungsfähige - Menschen gesehen werden. Denn es ist doch bestimmt nicht zu leugnen, daß es solche Unterschiede in der Leistungsfähigkeit gibt. Wenn man aber von "Chancengleichheit" spricht muß man auch die Voraussetzungen dafür schaffen und nicht zu einem Zeitpunkt trennen, an dem sich manche Kinder noch nicht ausreichend entwickelt haben.
Keine Unterschiede hinsichtlich der nicht-schulischen Aktivitäten machen dagegen die Gesamtschule attraktiv:
Jede/-r Schüler/-in kann auf irgendeinem Gebiet Stärken entwickeln, da fallen die Schwächen nicht so sehr auf, dienen aber nicht dazu, den 'Wert'eines Menschen zu definieren .... Weiter sind die Verwaltungskosten so zu reduzieren, denn drei verschiedene Schulen zu verwalten kostet mehr als das für eine Schule zu tun - das gesparte Geld kann man besser in Ausstattung der Schulen stecken .... und zuletzt ist alleine die Tatsache, daß ein Schüler (heute!) von einem bestimmten Schultyp (heutzutage) kommt schon ein Abwertungsgrund - das könnte auf diesem Wege auch reduziert werden. Die Personaler müßten sich also eher mit dem Schüler als Person und weniger mit dem Papier (Zeugnis) befassen ....
Ganztagsschule ist dahingehend zu befürworten, da es vielen Eltern (auch denen in meinem Umfeld) weniger am Zeit haben "wollen" denn am Zeit haben "haben" mangelt.
Das Dilemma erlebe ich gerade bei einer Freundin - alleinerziehend - mit fast 6-jähriger Tochter.
Man muss ja arbeiten um Geld zu verdienen und sich und Kind durchzufüttern.
Nun, mit Kindergarten funktioniert das recht anständig (wobei diese Gärten ja auch meist um 18 Uhr dichtmachen - für Handelsangestelle die nächste Katastrophe)
Was tun mit dem Kind, wenn es in die Schule kommt und täglich zwischen 12 und 13h heimkommt?
Einer 6-jährigen drückt man wohl kaum eigene Wohnungsschlüssel und die Anleitung für die Mikrowelle in die Hand...
Und die Oma? Die ist selbst noch berufstätig und kann das Kind nicht abholen...
Solang sich nicht grundlegend was am eigentlichen Kinderzeithabenerziehungssystem ändert (mit den dafür benötigten, aber für das System kaum leistbaren Unterstützungen), ist die Ganztagsbetreuung der Kinder für viele Leute, die einzige Möglichkeit, nicht von der Sozialhilfe leben zu müssen.
Bzgl. Gesamtschule: Blödsinn, Schwachsinn und endlos kontraproduktiv.
Schon jetzt, wo es (bei uns) 3 Grundlegend verschieden Schulsysteme (Sonderschule, Hauptschule, Gymnasien) gibt, wird kaum auf die Bedürfnisse einzelner Schüler Rücksicht genommen. Förderung passiert....nicht.
Gesamtschule? Wirklich entgültig alle auf einen Haufen werfen und nach der "Friss oder Stirb" bzw. "wir warten auf das Schwächste Glied der Kette" Mentalität unterrichten?
Zur Ganztagesschule: Aber du glaubst doch nicht ernsthaft, dass da den ganzen Tag ausgebildete Lehrer sich um die Kinder kümmern und bemühen? Das wäre definitiv zu teuer (auch wenn ein Lehrer im Vergleich zu anderen Akademikern wenig Geld verdient)- schon gar für simple Hausaufgabenbetreung. Ob man die Kinder also in den Hort schickt oder gleich heim- es kommt aufs selbe raus.
Zur Verwaltung und deren Kosten: auch diese wird gleich bleiben. Weil ja trotzdem die gleiche Anzahl an Schülern in einer Schule ist, nur halt nicht nur Gymnasiasten, sondern Gymnasiasten, Realschüler und Hauptschüler. Es muss also die gleiche Menge an Schülern verwaltet werden, und weniger Gebäude bedeutet die Zusammenlegung schließlich auch nicht, weil pro Schule nur begrenzter Platz zur Verfügung steht- außer man baut solche Massenkomplexe mit 2000 Schülern Minimum, in denen dann keiner unterrichten will...
Und trotz allem, der Mensch wird irgendwie bewertet werden. Dann sagt vielleicht nicht mehr der Abschluss etwas aus, aber die Gegend wo die Schule liegt (soziale Struktur, etc) oder weiß der Geier was. Es wird immer irgendwie abgewertet, und die jetzt Betroffenen würde es dann wohl leider auch erwischen.
@ kepkezkem
Gut, da sind wir also was die Dauer des Schultages angeht gleicher Meinung. Was allerdings besser für das Kind wäre ist eine längere "Elternzeit" die aus Steuern finanziert wird - denn nur so kann sich eine Eltern-Kind-Beziehung aufbauen die den Namen verdiente ....
Die Tatsache, daß das bestehende Schulsystem nicht das leistet, was es leisten sollte kann doch nicht herangezogen werden um einen 'neuen' Schultyp von vornherein zu verdammen ...?
Wenn nicht genügend auf die Bedürfnisse eingegangen wird ist das eine Folge der schlechten Relation Lehrer:Schüler - meine Folgerung wäre daher erstmal die Klassenstärken zu reduzieren und die Voraussetzungen zu schaffen, daß sich die (schon jetzt, trotz widriger Umstände!) wirklich engagiert arbeitenden Lehrer besser um die Kinder kümmern können ....
“Friss oder Stirb” - so ist es doch heute und zwar bedauerlicherweise! Das könnte sich nur durch eine mutige REFORM ändern - und der sollte man erst eine Chance geben anstatt sie von vornherein zu verdammen ....
@ Nachtblau von Lehrerstunden ...!
Natürlich braucht man nicht Lehrer den ganzen Tag über - es sollten aber immer genügend zur Verfügung stehen wenn die Notwendigkeit festgestellt wird - das ist ja gerade das Neue an der Gesamtschule: Schülerbedarfsorientierung - nicht reines
Bevor Verwaltungskosten sinken können muß natürlich die Bürokratie auf ein vernünftiges Maß geschrumpft werden:
Du beklagst doch selbst, daß Büro- und Verwaltungsaufgaben die Lehrer von ihrer eigentlichen Aufgabe abhalten .... da wäre der Einsatz von 'Hilfskräften', z.B. zur Übernahme solche Nebenarbeiten durchaus sinnvoll und die Mehrkosten hielten sich auch in Grenzen ....
Auf die Zahlen an Schülern bezogen:
Wer sagt denn, daß die Sekretariate und Verwaltungen so organisiert sein sollten wie bisher? Die regionale Zusammenfassung hat da ein erhebliches Sparpotential - nur werden heute solche Verwaltungsaufgaben bei den Schulen gehalten weil die Schulleiter (und andere 'Fach'leiter) weniger Stunden ableisten eben weil sie sich um Verwaltung kümmern müssen.
Zudem werden diese Stellen nach den zu führenden Kopfzahlen besoldet:
Da ist es doch im Interesse der Stelleninhaber sich einen Verwaltungswasserkopf zu schaffen, damit ihre Bezahlung höher ist ....
Bewertung:
Ich bn ja der Letzte, der dagegen etwas hätte. Bewertung muß sein, aber bitte eine objektive Bewertung - unabhängig von der Willkür einzelner Amtsträger oder einer Gruppe derselben ....
Zentrale Aufgabenstellungen haben sicher auch Mängel, aber sie sind mindestens objektiver als in den Einzelschulen verwaltete Bewertungsmodelle ....
Solange wir nicht wegkommen von einer 'regionalen' Betrachtung stimmt es sicher, daß Schulen in sozialen Brennpunkten schlechter gestellt sind - aber darin liegt auch die Chance einer Reform:
Wenn nämlich ALLE mit den gleichen Mitteln ausgestattet wären würden sich solche Unterschiede nivellieren - es könnte also ein Wettbewerb hinsichtlich der 'Erzeugung' von Qualität abspielen ....
Für all das braucht man Geld. Solange aber - wie in meinem Ausgangsbeitrag festgehalten - der Trend der Kultusbürokratie dahin geht eher weniger breit angelegtes Wissen, sogenannte "Allgemeinbildung" zuzulassen, stattdessen Klippschule zu betreiben, solange werden die Veränderungen nur zu schlechteren Ergebnissen als bisher führen ....
Das ist offensichtlich politisch so gewollt - und es sollte uns zu denken geben:
Wer Halbbildung fördert macht Menschen manipulierbar.
Das ist die eigentliche Schande unseres Bildungssystems!
Natürlich ist das so gewollt, je schlechter die Leute ausgebildet sind, desto billigere Arbeitskräfte sind sie später- siehe auch Bachelorstudiengänge...
Prinzipiell wäre ja nichts dagegen einzuwenden, wenn man eine Art 'verwertbares' Zwischenexamen mit dem 'bachelor' geschaffen hätte - was verschwiegen wird ist, daß wir früher ja ein FH-Studium hatten, das etwa dem entspricht was den 'bachelor' ausmacht .... über einen Umweg sind wir jetzt beim gleichen Ergebnis angekommen - nur ist (Du sagst es deutlich) auf diesem Wege die Bezahlung auf wundersame Weise um einiges gesunken.
Der "Akademiker" alter Art ist durch ein akademisches Proletariat ersetzt, "Manövriermasse" der Unternehmen, ausgelaugt Mitte 40 und dann nicht mehr gebraucht .... wozu gibt es denn sogenannte "Soziale Sicherungssysteme"?
Zwei Punkte: Anstatt von Ganztagsschulen gibt es ja auch noch die Moeglichkeit, eine Haushaltshilfe zu beschaeftigen. In Entwicklungslaendern eine gaengige Methode, da dort die Einkommensstrukturen noch anders aufgebaut sind als in Industrielaendern. Diese Haushaltshilfe kuemmert sich dann um das Kind. Und die Eltern gehen arbeiten. Keine schoene Loesung, da das Kind dadurch "verdorben" wird, sich eben als Prinzessin/Prinz gegenueber der Haushaltshilfe aufspielt (die Eltern machen das ja vor) und so den Respekt vor anderen Menschen nicht lernt. Beispiel erlebe ich gerade am eigenen Leibe, gegen alle meine Einwaende, die vernuenftig argumentiert waren. Allerdings birgt das Konstrukt auch das Potential fuer Beschaeftigung und gegen Arbeitslosigkeit, eben nur, wie es gerade in Deutschland versucht wird, auf dem Niedriglohnsektor. Alternative: die Grossfamilie, in der sich Tanten, Onkels, Grosseltern kuemmern. Auch die ist in den Industrielaaendern dem Kapitalismus geopfert worden.
Punkt zwei: Wissensreduktion. Ich denke, hier wird versucht, die Luecke zwischen Grundwissen und dem Wissen, das in (Fach-)Hochschulen vermittelt wird, kuenstlich zu vergroessern, um so die Durchfallquote zu erhoehen. Auch wenn man pro Forma jedem Schueler einen Studienplatz bietet, hat man doch zuvor schon den Acker bereitet, auf dem ein gewisser Prozentsatz der jungen Pflaenzlein einfach verdorren muss. Ein geschicktes (Achtung, Provokation!) Euthanasieprogramm. Die Faehigkeit zu lernen in der Basis nicht beigebracht und nur die Staerksten ueberleben lassen. Potential nicht gefoerdert. Und sich spaeter gewundert, woher der Fachkraeftemangel kommt. Und die hohe Zahl an minderqualifizierten Arbeitslosen. Aber bei uns wird die Politik ja nicht in Berlin, sondern in den Konzernzentralen gemacht.
@ Pathologe
Betreuung:
Ja, es gibt verschiedene Modelle die denkbar wären - nur geht man bei uns ja daran Jedem zu erklären ALLES sei möglich. Dein 'Nanny'-Modell hat 'was, aber ob man bei unseren Besteuerungsverhältnissen dahin kommen könnte? Dementsprechend sind ja gemeinhin die finanziellen Ansprüche .... viele Jobs für weniger Qualifizierte sind auch besser manipulierbar, die Rücklagen sind gering, dementsprechend groß ist die Angst die Arbeit zu verlieren und 'willfährig' zu sein .... das leitet über zu
Wissensreduktion:
In diesem Fall ist das Versprechen mehr Bildung herstellen zu wollen deutlich durch die Wirklichkeit widerlegt! Sind genügend zweitklassige Arbeitsplätze da, sinkt auch der Kostenblock "Arbeit" - es bleibt mehr für die übrig, die sowieso schon viel haben ....
In diesem Zusammenhang ist interessant, was ich heute in der Zeitung fand:
Die 'Reichen' in unserer Republik haben 30 Mrd. Euro Verluste durch das Platzen der Finanzblase erlitten - mein Beileid hält sich sehr in Grenzen ...!