(K)ein Wort zum Sonntag

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Aus­gangs­punkt war ein Zitat in einer Sen­dung im Fern­se­hen das etwa lautete:

.. Zwi­schen uns und dem Tod steht nur die Eltern­ge­nera­ti­on - und wenn die weg ist wird uns bewußt, dass wir die Näch­sten sein wer­den! ..

Danach hat­te ich gesucht, denn es war aus dem Zusam­men­hang deut­lich gewor­den, dass es sich hier­bei um ein Zitat gehan­delt haben muß­te. Zwar ist das Zitat nicht wört­lich im Text von Caro­li­ne Y. Robert­son-von Tro­tha * zu fin­den, aber doch annä­hernd ähn­lich for­mu­liert. Die Autorin legt eine umfas­sen­de, akri­bisch aus­ge­ar­bei­te­te und aus­ge­feil­te Dar­stel­lung zur heu­ti­gen gesell­schaft­li­chen Sicht des Todes vor. Schlüs­sig, logisch, empfehlenswert!

Nun will ich es nicht allei­ne bei der - sehr per­sön­li­chen - Bewer­tung des Tex­tes belas­sen, son­dern eini­ge Gedan­ken hinzufügen.

Schon die Beschäf­ti­gung mit Tod und Ster­ben wird von der älte­sten Gene­ra­ti­on viel stär­ker ver­drängt als dies je zuvor der Fall war.

Das steht in unmit­tel­ba­rem Zusam­men­hang mit den ver­bes­ser­ten medi­zi­ni­schen und sozia­len Bedin­gun­gen, deren posi­ti­ve Sei­ten die­se Gene­ra­ti­on - teil­wei­se auf Kosten der nach­fol­gen­den Alters­grup­pen - heu­te noch genießt. Wer sich um sei­ne 'festen Kosten' kei­ne Sor­gen zu machen braucht und dar­über hin­aus über 'flüs­si­ges Geld' ver­fügt wird leicht ver­ges­sen, öfters auch ver­drän­gen (!) wie es um die steht, die als "jün­ge­re Gene­ra­ti­on" die Ein­künf­te die­ser 'Nutz­nie­ßer' erwirtschaften. 

Erst vor kur­zer Zeit konn­te ich beob­ach­ten wie mit dem Tod in die­ser älte­sten Bevöl­ke­rungs­grup­pe - zugleich sozi­al inso­weit pri­vi­le­gier­ten Grup­pe, als sie sich meh­re­re Auf­ent­hal­te im Aus­land und auf pau­schal ange­bo­te­nen Rei­sen zugleich inner­halb eines Jah­res lei­sten kann - umge­gan­gen wird:

Einer aus der "Gemein­schaft" ver­starb inner­halb weni­ger Mona­te nach Krebs­dia­gno­se. Schon ein hal­bes Jahr danach wird kaum noch ein Gedan­ke dar­an 'ver­schwen­det'. Man geht sei­nen übli­chen Zer­streu­un­gen nach. Der Ver­stor­be­ne wur­de bei der Beer­di­gung beglei­tet. Pflicht laut gesell­schaft­li­cher Kon­ven­ti­on erfüllt!
Das war aber zugleich ein Abschluß, das Geden­ken redu­ziert sich fort­an auf Neben­sät­ze in der Alltagskonversation.

Die oft zitier­te "Ver­gäng­lich­keit" ist offen­bar. Nicht nur der Leib zer­fällt in sei­ne ato­ma­ren Bestand­tei­le und fließt so wie­der in den natür­li­chen Kreis­lauf ein, son­dern auch die Erin­ne­rung zer­fließt wie Nebel­schwa­den im Wind und man geht zur All­tags­ge­schäf­tig­keit über ....

Das, was wir uns als Indi­vi­du­um wün­schen, wür­dig zu ster­ben und lan­ge erin­nert zu wer­den, hat in der schnellebi­gen Gesell­schaft kei­nen Bestand mehr. Die Jün­ge­ren müs­sen 'schaf­fen', da bleibt kei­ne Zeit mehr Tra­di­ti­on und Erin­ne­rung zu pflegen. 

Was nicht bei 'face­book' und 'twit­ter' the­ma­ti­siert wird exi­stiert nicht - "up,up, and away" - das war's dann ....

Der Tod ist nichts als der Tod.
[Phil­ip Roth]

* Ist der Tod bloß der Tod? Tod und Ster­ben in der Gegen­warts­ge­sell­schaft – ein the­ma­ti­scher Umriss

Sie­he hier­zu noch:
1.
Der Tod ist gewiss, die Stun­de ungewiss ....
2.
Wenn der Tag gekom­men ist 
3.
Kein 'Ent­kom­men' ....

Kommentare

  1. Ich den­ke, wenn man sich sel­ber mal mit dem Tod ernst­haft aus­ein­an­der­ge­setzt hat, dann kommt man schon allei­ne auf sol­che Sät­ze. Vor eini­ger Zeit hat­te ich bezüg­lich eines recht dra­ma­ti­schen Kran­ken­haus­auf­ent­hal­tes mei­nes Vaters eine Dis­kus­si­on mit Kol­le­gen und dabei fiel ein sehr ähn­li­cher Satz wie der von Ihnen zitier­te. Und der Text von Caro­line Y. Robert­son-von Tro­tha war nicht bekannt.
    Letzt­lich the­ma­ti­siert der bekann­te Satz "Die Ein­schlä­ge kom­men näher" ja das glei­che The­ma, wenn­gleich ein wenig kras­ser formuliert.

    Zum Rest: frü­her war der Tod viel prä­sen­ter im Leben unse­res Kul­tur­krei­ses ver­an­kert als heu­te. Es gab mehr Krank­hei­ten und Seu­chen, die Ernäh­rung war schlech­ter, es gab mehr Krie­ge in unse­ren Brei­ten­gra­den. Man war also schon allein im Freun­des- und Fami­li­en­kreis viel eher mit dem Tod kon­fron­tiert. Und zwar mit einem rea­len Tod, nicht einem auf der Lein­wand, der nur Teil eines Unter­hal­tungs­pro­gramms ist. Dazu kam, dass man den Tod in Form von zer­stückel­ten Tie­ren beim Metz­ger oder der Hof­schlach­tung eher zu Gesicht bekam als heu­te, wo das Fleisch fein säu­ber­lich von Blut gerei­nigt unter Folie ver­schweißt in der The­ke liegt. Vie­le Kin­der wis­sen ja nicht mal, dass das Fleisch eigent­lich von Tie­ren stammt, weil es ihnen nie­mand sagt. Das wol­len dann auch sofort Vege­ta­ri­er wer­den, wenn sie jemand mal aufklärt. 

    Jeden­falls gehör­te frü­her der Tod als Bestand­teil des Lebens dazu, im Gegen­teil zu heu­te, wo man die­ses The­ma mög­lichst lan­ge aus­blen­den möch­te. Man trö­ste­te sich frü­her aber auch eher damit, dass der Tote nun ein bes­se­res Leben habe, die Erlö­sung der schlech­ten Zustän­de im Diesseits.
    Heu­te ver­ste­hen vie­le Men­schen den Tod als Ende des Daseins und Bestehens in jeder Form und somit wird der Tod höch­stens als Erlö­sung bei star­ker Krank­heit und Schmer­zen akzep­tiert, aber nicht mehr als Stu­fe in eine ande­re Form der Exi­stenz. Viel­leicht ist die­se End­gül­tig­keit auch der Grund für den einen oder ande­ren jun­gen Men­schen, sich wie­der in die Arme von Reli­gio­nen zu flüch­ten. Dort, wo der Tod eben nicht ein­fach nur "tot" bedeutet.
    Zu den Geden­ken an die Toten: wie gesagt, frü­her war der Tod all­ge­gen­wär­ti­ger und vie­le kamen in den klei­ne­ren Orten auto­ma­tisch beim Kirch­gang an den Fried­hö­fen vor­bei. Dazu kamen sicher­lich, dass die Ablen­kun­gen der Men­schen in ihrem All­tags­le­ben viel gerin­ger waren als heu­te, d.h. man kam auto­ma­tisch immer mal wie­der auf bestimm­te The­men zu spre­chen, weil es eben nicht so viel Abwechs­lung gab. Außer­dem wohn­ten die Fami­li­en häu­fi­ger in einem Ort, was heu­te bei vie­len auch nicht mehr der Fall ist, man ist über das gan­ze Bun­des­ge­biet oder sogar ins Aus­land ver­streut und spricht ins­ge­samt weni­ger mit­ein­an­der. Wen wun­dert es da, wenn Fami­li­en­ban­den locke­rer wer­den und Tra­di­tio­nen schon allei­ne auf­grund von Ent­fer­nun­gen nicht auf­recht erhal­ten wer­den können? 

    Zum Abschluss dazu eine pas­sen­de Sze­ne, die für mich zu einer der besten über­haupt im Bereich des Films gehört: https://www.youtube.com/watch?v=IVhhMjNWowA

  2. "Die Ein­schläge kom­men näher"
    So ken­ne ich das auch, es sagt in Kür­ze dass unser Leben end­lich ist - und wir haben doch soviel Erfolg damit die­se Tat­sa­che den über­wie­gen­den Teil unse­res lebens zu verdrängen ....

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    Das Stre­ben nach Gewiß­heit was jen­seits des Todes pas­siert treibt manch­mal skur­ri­le Blü­ten, ja, das kann man auch im Inter­net häu­fig nach­le­sen. Heils­ver­spre­chen jeder Art, Wie­der­ge­burt, Geist­we­sen, und alle Übergänge ....
    Egal wel­che Les­art, allen gemein­sam ist, dass sie kei­ner­lei Nach­weis füh­ren kön­nen und des­we­gen (auch die christ­li­chen Glau­bens­rich­tun­gen) von den poten­ti­el­len Mit­glie­dern ver­lan­gen "zu glau­ben" - ver­bun­den mit der The­se wer nicht "glau­ben" kön­nen wer­de der "Wahr­heit" nicht teil­haf­tig. Ein tol­les Bei­spiel für retro­gra­de Beweisführung.

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    Was den Zusam­men­halt angeht habe ich eine etwas ande­re Ansicht:
    In unse­rer Fami­lie gab es vie­le Jah­re in denen - berufs­be­dingt - gro­ße Ent­fer­nun­gen zwi­schen den Fami­li­en­mit­glie­dern vor­han­den waren. Es hat aber nie dazu geführt, dass Ent­frem­dung oder Unver­ständ­nis für die Situa­ti­on auf­ge­tre­ten wären.
    Mit der Ver­bes­se­rung der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mög­lich­kei­ten ist ein zusätz­lich sta­bi­li­sie­ren­der Fak­tor dazu gekom­men - Ent­fer­nun­gen spie­len da kaum noch eine Rolle.
    Aller­dings ist es sicher kor­rekt, dass es ab und zu nötig ist Alle zu ver­sam­meln und gemein­sam Zeit zu ver­brin­gen um die zwi­schen­zeit­lich auf­ge­lau­fe­nen Erfah­run­gen und Ein­drücke auszutauschen.

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    Zum ver­link­ten Clip:
    So aus dem Zusam­men­hang geris­sen erschließt sich mir nicht der Gedan­ke der der Sze­ne zugrun­de liegt - und bit­te sind Sie mir nicht böse wenn ich anfü­ge, dass ich den Schau­spie­ler Rut­ger Hau­er noch nie gemocht habe.

  3. Es ging ja in mei­ner Aus­füh­rung dar­um, dass man eben durch dich­tes Zusam­men­le­ben eher mal die alten Din­ge hoch­bringt, weil sich ja nicht soviel Neu­es ereig­net. Sind die Ent­fer­nun­gen grö­ßer und der Aus­tausch dadurch nicht so häu­fig, kom­men eher die neu­en Din­ge auf den Tisch als die alten Geschich­ten, die dadurch auch schnel­ler in Ver­ges­sen­heit gera­ten. Wir waren frü­her häu­fig bei mei­nen Groß­el­tern und dadurch habe ich auch alte Geschich­ten aus der Fami­lie mit­be­kom­men. Wenn ich sehe, wie wenig mei­ne Kin­der ihre Groß­el­tern sehen und wie wenig sie dadurch neben­bei mit­be­kom­men... gera­de von der Fami­lie mei­ner Frau wis­sen die Kin­der fast gar nichts und den Teil der Fami­lie sehen sie auf­grund der wei­ten Ent­fer­nung auch nur alle paar Jahre. 

    Rut­ger Hau­er ist mir als Schau­spie­ler auch völ­lig egal, es geht mir um den Film und die Sequenz. Erin­nern Sie sich an Ihren Absatz: 

    Die oft zitier­te "Ver­gäng­lich­keit" ist offen­bar. Nicht nur der Leib zer­fällt in sei­ne ato­ma­ren Bestand­teile und fließt so wie­der in den natür­li­chen Kreis­lauf ein, son­dern auch die Erin­ne­rung zer­fließt wie Nebel­schwa­den im Wind und man geht zur All­tags­ge­schäf­tig­keit über ....

    Und dann hören Sie sich den Text von Hau­er noch­mals an. Es geht dar­in genau um die Ver­gäng­lich­keit, die Erin­ne­run­gen, die zer­flie­ßen wie Trä­nen im Regen.
    Sie schei­nen den Film nicht zu kennen?

  4. Jetzt wird mir klar, wie Sie das mit der Erin­ne­rung gemeint haben - natür­lich fin­det der Aus­tausch zwi­schen den Gene­ra­tio­nen umso sel­te­ner statt je weni­ger Kon­tak­te da sind .... da sehe ich aber schon bei mei­ner Gene­ra­ti­on ein Defi­zit, denn als z.B. mei­ne Groß­mutter (müt­ter­li­cher­seits) gestor­ben war wur­den kei­ne 'gro­ßen' Fami­li­en­fei­ern mehr aus­ge­rich­tet und man sah sich nur noch bei Jubi­lä­ums­fei­ern und Beerdigungen.

    Ich bin noch nie ein Kino­fan gewe­sen, Fern­se­hen spielt in mei­nem Leben fast kei­ne Rol­le, ein­mal abge­se­hen von ganz weni­gen Sci­Fi Seri­en, und wenn ich las waren es meist Fach­bü­cher. Erst nach Ende mei­nes 'akti­ven' Arbeits­le­ben habe ich ange­fan­gen hie und da Schön­gei­sti­ges zu lesen - mich mit Fik­ti­on zu befas­sen schien mir immer Zeitverschwendung.
    Ich habe mich mehr mit der Rea­li­tät befaßt.

  5. Es gibt ver­schie­de­ne Sci­ence Fic­tion Bücher, aber auch Fil­me, die teil­wei­se sehr inter­es­san­te Ansät­ze verfolgen.
    Natür­lich ist das alles eine Form von Fik­ti­on, aber dadurch ist es ihnen auch mög­lich, über das "Nor­ma­le", was uns umgibt, hin­aus zu denken.
    Zwei klei­ne Buch­emp­feh­lun­gen von mir zum The­ma Sci­ence Fic­tion, die sich letzt­lich aber doch wie­der mit uns beschäftigen.

    - Der Unbe­sieg­ba­re, Sta­nis­law Lew
    - Die Stim­me des Herrn, Sta­nis­law Lem

  6. Ich fin­de Du hast einen wich­ti­gen Aspekt beim The­ma Tod noch nicht wirk­lich rich­tig beleuch­tet. Denn der Tod selbst ist schnell abge­han­delt und alles was Du hier beschreibst - nicht ver­ges­sen wer­den, glau­ben, usw. - sind per­sön­li­che Befind­lich­kei­ten derer, die noch am Leben sind. Mir ist es bspw. voll­kom­men egal ob mich die Welt ver­gisst, wenn ich der­einst von ihr gegan­gen sein wer­de. Bei ein paar weni­gen Men­schen fän­de ich es schön, wenn sie sich mei­ner erin­nern, aber spä­te­sten nach ihrem Tod war es das. Und ich fin­de das so auch in Ord­nung. Man kann nicht jedem Ver­stor­be­nen auf ewig gedenken.

    Was unse­ren Gesell­schaf­ten viel mehr fehlt als ein sinn­be­frei­ter Toten­kult, ist eine ver­nünf­ti­ge Ster­be­kul­tur. Es ist doch das Ster­ben, was der Ster­ben­de noch erlebt. Aber da sind die mei­sten auf gan­zer Linie allein, da bekom­men sie nur wenig Unter­stüt­zung, bzw. Begleitung.

    Die mei­sten Men­schen wol­len doch gar nicht wis­sen, wenn ein ande­rer Mensch sei­ne letz­te Rei­se antritt. Sie ver­drän­gen die Tat­sa­chen so lan­ge, bis die Tat­sa­che sie drängt, sich mit ihr und dem Tod des Ver­stor­be­nen aus­ein­an­der zu set­zen. Nur ist es dann mei­stens zu spät. Da kann man nichts mehr ändern, nichts mehr auf­räu­men in der Bezie­hung, nicht mehr für den ande­ren da sein. 

    Das fin­de ich viel tra­gi­scher als die Ver­drän­gung des Todes als solchem.

  7. @Olaf: dem stim­me ich voll zu. Aller­dings gebe ich zu beden­ken, dass eine Ster­be­be­glei­tung in der Regel nur funk­tio­niert, wenn der Mensch wirk­lich im Ster­ben liegt. Man die Tage und Stun­den also zäh­len kann. Es gibt ja Men­schen, bei denen zieht sich über einen viel län­ge­ren Zeit­raum hin und wer kann und will sich schon über Wochen, Mona­te und gar Jah­re mit dem lang­sa­men Ster­ben beschäf­ti­gen? Das hät­te frü­her viel­leicht geklappt, wo meh­re­re Gene­ra­tio­nen in einem Haus oder ziem­lich dicht beein­an­der gelebt haben. Aber heu­te? Mei­ne Eltern woh­nen 420 Kilo­me­ter ent­fernt, mei­ne Schwie­ger­el­tern gar 11.000 Kilo­me­ter. Da wäre eine dau­er­haf­te Beglei­tung eines Ster­ben­den über einen län­ge­ren Zeit­raum gar nicht mög­lich. Nicht nur, weil es beruf­lich nicht geht, son­dern weil wir Kin­der haben, die auch ihre Betreu­ung in ihrem gewohn­ten Umfeld benötigen.

  8. @ Doc­tor Snug­gles: Ja, das Leben und sei­ne Umstän­de machen den Men­schen all­zu oft einen Strich durch die Rech­nung. Schaut man aber ande­rer­seits auf die Pfle­ge und den gan­zen Rest der medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung (zumin­dest und wei­test­ge­hend in der west­li­chen Welt), dann braucht man sich kei­ne Gedan­ken dar­über zu machen, dass die Ange­hö­ri­gen nicht ver­sorgt sein könnten. 

    War­um gilt das, was in der Medi­zin Usus ist, nicht auch für Ster­be­be­glei­tung? Zumal ja nicht jeder Ange­hö­ri­ge auch für die­se so hoch­not­wen­di­ge Arbeit, bzw. Tätig­keit, geeig­net oder gewillt ist. Aber es gibt Men­schen, die das könn­ten und auch woll­ten. Das Pro­blem ist nur, dass sie damit kein Ein­kom­men erzie­len kön­nen. Aber von irgend­was müs­sen die­se Leu­te ja auch leben.

    Auch die von Ihnen ange­spro­che­ne Dau­er - Ster­be­pro­zes­se kön­nen sich im schlimm­sten Fall über Jahr­zehn­te hin­strecken - ist ein Pro­blem, was mei­ner Mei­nung nach lös­bar wäre. Und zwar indem man die Ster­be­be­glei­ter nicht in ein paar weni­gen Hos­pi­zen unter­bringt, son­dern dort, wo am mei­sten gestor­ben wird. In Kran­ken­häu­sern, Pfle­ge­hei­men und den Lebens­um­fel­dern der Sterbenden.

    Das Pro­blem ist also nicht nur eine Ver­drän­gungs­kul­tur, son­dern auch ein Wirt­schafts­sy­stem, das sich nur dann bemüht, wenn es etwas zu ver­die­nen gibt. Der nor­ma­le Ster­ben­de ver­ur­sacht aber nur Kosten, es sei denn, er liegt im Kran­ken­haus und wird künst­lich am Leben gehalten.

    Ich wür­de sofort als Ster­be­hel­fer arbei­ten, wenn ich damit mein Leben unter­hal­ten könn­te (was so teu­er nicht ist). Ich wäre mit gan­zem Her­zen und rund um die Uhr für die­se Men­schen da und hiel­te ihre Hän­de. Ich wür­de sofort alles hin­schmei­ßen, könn­te ich eine Aus­bil­dung zum Ster­be­hel­fer machen. Aber so etwas gibt es nicht. Weil die Kul­tur dafür nicht vor­han­den ist. Und weil sich damit kein Geld "machen" lässt.

  9. " .. Und zwar indem man die Ster­be­be­glei­ter nicht in ein paar weni­gen Hos­pi­zen unter­bringt, son­dern dort, wo am meis­ten gestor­ben wird. In Kran­ken­häu­sern, Pfle­ge­hei­men und den Lebens­um­fel­dern der Sterbenden .. "

    Genau da - und natür­lich bei der fina­zi­el­len Aus­stat­tung einer sol­chen Beglei­tung - liegt der Hase im Pfeffer!

    Den jun­gen Men­schen ist das noch egal, sie den­ken nicht an die Situa­ti­on, die auch auf sie ein­mal zukommt. Die Poli­tik schau­felt lie­ber ihren Geld­ge­bern direkt oder indi­rekt Gewin­ne zu (Stich­wort: Zuneh­men­de Pri­va­ti­sie­rung der Kran­ken­häu­ser) und den 'gesun­den' Rent­nern, denn das sind ihre Unter­stüt­zer / Wähler.

    Auf der Strecke blei­ben die Ster­ben­den (nicht nur die ohne Fami­lie, denn oft hat selbst die 'Fami­lie' weder zeit­lich noch räum­lich die Mög­lich­keit zu hel­fen!) in der Situa­ti­on, in der sie die Ange­hö­ri­gen am mei­sten brau­chen würden.

    Eine - wie von dir vor­ge­schla­ge­ne - Lösung mit enga­gier­ten Hel­fern, die selbst­ver­ständ­lich ange­mes­sen ver­gü­tet wer­den müß­te, scheint mir da ein guter Ansatz.

    Was nun?
    Offe­ner Brief ans Parlament?
    Demo?
    Eine Par­tei dafür inter­es­sie­ren und so durchsetzen?

  10. Ich mei­ne, dass jun­ge Men­schen gut dar­an tun, den Tod und das Ster­ben zu igno­rie­ren. Sie könn­ten unter Umstän­den die Lust am Leben und am Tun ver­lie­ren, wenn sie sich bewusst wür­den, dass ihr Leben end­lich ist. ;o)

    Ich wür­de von Her­zen ger­ne in irgend­ei­ner Form etwas ansto­ssen, um Ster­be­hel­fern eine Lob­by zu geben. Auch weil ich mas­siv mit dem The­ma Ster­be­hil­fe zu tun habe, weil mei­ne Mut­ter (Ent­fer­nung 850 km) schwerst­be­hin­dert ist und u. U. Ster­be­hil­fe in Anspruch neh­men will. Sie hat da und ihrem Wunsch ent­spre­chend mei­ne vol­le Unterstützung.

    Per­sön­lich ken­ne ich den Ster­be­hel­fer Dr. Uwe-Chri­sti­an Arnold aus Ber­lin, der seit eini­gen Jah­ren mit mei­ner Mut­ter und mir in Kon­takt steht. Daher weiß ich lei­der nur zu gut, gegen was für Mau­ern es anzu­ren­nen gilt, wenn man bei die­sem The­ma etwas errei­chen will.

    Ein offe­ner Brief ans Par­la­ment wür­de wahr­schein­lich nicht gele­sen wer­den, vor allem nicht von den Par­la­men­ta­ri­ern. Eine Demo dürf­te auch schwie­rig wer­den. Du bist in Spa­ni­en, ich in Däne­mark. Wie soll­ten wir das bewerk­stel­li­gen? Und eine Par­tei dafür inter­es­sie­ren? Ger­ne, aber welche?

    Viel­leicht soll­ten wir ver­su­chen eine Peti­ti­on ein­zu­rei­chen, uns aber vor­her einen Plan machen, wie wir genü­gend Unter­zeich­ner fin­den kön­nen - damit die Par­la­men­ta­ri­er gezwun­gen sind, zu lesen. Aber auch da habe ich wenig Hoffnung.

    Bleibt nur noch, die Zeit für uns arbei­ten zu las­sen. In einer immer älter wer­den­den Gesell­schaft, wird das Pro­blem irgend­wann über­mäch­tig. Und wahlentscheidend.

    Ich möch­te Dir ger­ne und wärm­stens das Buch von Dr. Arnold an Herz legen. 

    http://letzte-hilfe.de

    http://letzte-hilfe.de/buch/

  11. Nach­trag:

    Die Ster­be­hil­fe, wie sie Dr. Arnold lei­stet, hat nur bedingt mit dem eigent­li­chen The­ma, der Ster­be­kul­tur, zu tun. Sie gehört aber mei­ner Mei­nung nach mit in den The­men­kom­plex hin­ein. Des­halb hier noch mal kurz die Unter­schei­dung zwi­schen Ster­be­hel­fer und Ster­be­be­glei­ter. Wir soll­ten uns, soll­ten wir hier aktiv wer­den wol­len, auf die Ster­be­be­glei­ter kon­zen­trie­ren. Eine gute Ster­be­hil­fe könn­te ich als medi­zi­ni­scher Laie selbst­ver­ständ­lich nicht lei­sten. Eine mensch­li­che Ster­be­be­glei­tung dage­gen schon.

  12. @ Olaf

    Ster­be­hilfe - Ster­be­kul­tur - Sterbebegleitung
    " .. Was unse­ren Gesell­schaf­ten viel mehr fehlt als ein sinn­be­frei­ter Toten­kult, ist eine ver­nünf­tige Sterbekultur. .. "

    Ich stim­me zu, die­se The­men gehö­ren zusam­men, wobei ich erwäh­nen muß, dass ich mir hier - absicht­lich - nur einen Aus­schnitt her­aus­ge­nom­men hat­te um dar­auf hin­zu­wei­sen wie wenig über das The­ma gespro­chen wird und wie sehr gera­de die­se "jun­gen Alten" ver­su­chen sich vor dem Tod abzu­schot­ten indem sie unend­lich vie­le Akti­vi­tä­ten ent­wickeln um nicht an das Ende den­ken zu müssen.

    Was die Ster­be­hil­fe angeht kann ich nicht 'infor­miert' mit­re­den - da ver­fü­ge ich nicht über aus­rei­chen­de Infor­ma­ti­on. Grund­sätz­lich den­ke ich da recht einfach:
    Jeder soll­te selbst ent­schei­den dür­fen, denn gera­de da ist zuviel 'Staat' kei­ne glück­li­che Lösung.

    Mei­ne Fra­gen am Ende des vori­gen Kom­men­ta­res waren eher rhe­to­ri­scher Natur. Ich bin auch über­zeugt, dass das in den näch­sten Jah­ren irgend­wie gere­gelt wer­den wird, denn so wie es gera­de läuft kann es - da sind wir einig - nicht weitergehen.

  13. @WVS: Das The­ma "Ster­be­hil­fe" war ja vie­le Jah­re kein The­ma und bekommt jetzt erst wie­der so ein wenig Fahrt. Kennt jemand den Film "Soy­lent Green - Jahr 2022... die über­le­gen wol­len" mit Charl­ton Heston? Auch ein Film, der zum Nach­den­ken anre­gen kann. Dort kom­men auch Cen­ter vor, wo man zum Ster­ben hin­ge­hen kann. Nur was dann spä­ter dar­aus gemacht wird, ist ein wenig... nun ja. Das Buch als Vor­la­ge des Films heißt übri­gens "New York 1999". Ich habe es noch nicht gele­sen. Dort geht es aller­dings mehr um Über­be­völ­ke­rung und das Pro­blem der Ernährung.

  14. @ Olaf
    Es dau­ert immer eine Wei­le bis man die Fein­hei­ten erkennt - ging mir so als ich zuerst anfing beim Herrn bloed­bab­b­ler zu lesen & zu kom­men­tie­ren .... im Zwei­fels­fall könn­test du mich per Mail 'im Hin­ter­grund' zu einer Klarstellung/Erläuterung auffordern.

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