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Mal ganz abgesehen von einer allgemeinen Stimmung in unserem Lande nach der solche Menschen die keiner 'regelmäßigen' Arbeit nachgehen entweder Faulpelze, Schmarotzer oder Dummköpfe sind, gibt es noch die älteren Mitbürger, die ihr Arbeitsleben schon hinter sich haben.
Bei denen wird das Urteil der Arbeitenden schon milder, sie sind aber dennoch mißtrauisch beäugt, gelten sie doch als die Maden, die in dem Speck leben, den jene zur Verfügung stellen, die Arbeit haben.
Die Lebensumstände dieser Gruppe sind vordergründig paradiesisch. In Wahrheit jedoch oft trist und eintönig. Nur will das so recht niemand wissen:
Der wohl bestallte, gut situierte und finanzkräftige Rentner macht sich - vor allem beschworen durch die Politik - natürlich sehr viel besser. Das nur zur Einstimmung, denn ich will auf die Randbereiche hinaus, jene Zeit also, wenn die Menschen als "ältere Arbeitnehmer" bzw. "junge Rentner" gelten.
Es geht um Leistung, besser noch, um Leistungszwang - und der hört keineswegs auf wenn das Arbeitsleben abgeschlossen ist. Weil in der heutigen Gesellschaft die Aktivität zählt. Nur der Rentner ist ein guter Rentner der sich fit hält, für Kinder und Enkel mit kleinen oder großen Hilfeleistungen verfügbar ist, Freizeitzerstreuungen kultureller und karitativer Natur nachgeht und ansonsten 'pflegeleicht' im Umgang mit der Umgebung lebt.
Schon ein Blick in die Welt der Haustiere - und fast jeder Haushalt hat heutzutage einen Hund oder eine Katze als Hausgenossen - müßte doch den Leuten ein Licht aufgehen lassen. Es gibt Phasen im Tierleben, die sehr deutlich zu erkennen und zu unterscheiden sind. Nicht immer von gleicher zeitlicher Dauer, aber doch ähnlich. Im Vergleich gibt es hier Ähnlichkeit mit dem menschlichen Lebenszyklus.
Wenn man den Erkenntnissen der Medizin und Humanbiologie vertraut verläuft das Leben jedes Individuums - in leichter Variation, versteht sich - etwa so (3 Abbildungen; Quelle; "click!" vergrößert.):

Es ist demnach eine differenzierte Betrachtung angezeigt:
Zwar nimmt die Geschwindigkeit der Verarbeitung ab, wird jedoch teilweise durch breitere Erinnerung & Erfahrung kompensiert.
Dies konnte zuvor schon nachgewiesen werden, wobei die Erkenntnis lautet "Die Suche in einer größeren Fülle an abgespeicherter Information erhöht die Zeit die gebraucht wird eine Einzelinformation abzurufen."
Allerdings darf das nicht über die Grundtatsache hinwegtäuschen:
Die Leistung sinkt mit steigendem Lebensalter nicht tatsächlich, sondern nur dem Anschein nach
- die gesellschaftliche Erwartung trägt dem nicht ausreichend Rechnung, weil davon wenig bis gar nichts bekannt ist.
Muskelkraft und die Sensorik sind gemindert - proportional zum steigenden Lebensalter. Daran ist kein Zweifel, insoweit gibt es tatsächlich eine Leistungsminderung. Dies betrifft - außer in Krankheitsfällen - jedoch nicht die geistige Leistung.
Fazit:
Für Ältere ist es nicht leicht sich der Prämisse ewig gleicher geistiger, physischer und sensorischer Leistungsfähigkeit zu entziehen, die die natürliche Abnahme verleugnet. Das paßt nicht zur "lifestyle"-Erwartung vieler jüngerer Leute. Alternde versuchen sich dieser Erwartung zu stellen. Sie verausgaben sich mehr als ihrer Gesundheit zuträglich ist. Der so entstehende Streß verstärkt zusätzlich die Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit und führt zu unerwünschtem, vorzeitigen Verschleiß.
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Es ist also im wohlverstandenen Eigeninteresse älterer Menschen sich von den Forderungen nach Aktivität zu entkoppeln und einen eigenen Rhythmus zu finden der ihrer tatsächlichen physischen und psychischen Situation Rechnung trägt.
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Das läßt sich mit dem bekannten Slogan
"Weniger kann oft mehr sein!"
beschreiben.
Zur Veränderung der geistigen Kapazität:
" .. Die Beeinträchtigungen in der Lern- und Gedächtnisleistung sind also hauptsächlich auf das schlechtere Ablaufen der Arbeitsprozesse (flüssige Intelligenz), nicht aber auf die Kapazität der verschiedenen Speicher zurückzuführen .. " [Kruse/Lehr/Rott S.357] [Quelle]
Zur Veränderung der körperlichen Aktivität:
" .. Ohne Zweifel ist das Altern ein unausweichlicher biologischer Vorgang, der früher oder später zu objektivierbaren Leistungsverlusten führt. Wie aber der Vergleich zwischen Altersleistungssportlern und gleichaltrigen Seniorenheimbewohnern zeigt, verläuft der Alterungsprozess individuell sehr unterschiedlich und unterliegt zudem einer Vielzahl von Einflussfaktoren. Die Ermittlung der tatsächlich altersbedingten Leistungsänderungen ist jedoch nicht trivial und gelingt auch mit Hilfe von Längsschnittuntersuchungen nicht ohne Weiteres. Ein generelles Problem ist die Abgrenzung altersbedingter Einflüsse gegenüber Effekten, die primär durch veränderte Lebensgewohnheiten oder Erkrankungen bedingt sind .. " [Quelle]
Überarbeitete Neufassung; Erstveröffentlichung: 20. Jun 2015 um 00:09h.
Dieses Posting kann ich gut nachvollziehen. Die Unterscheidung zwischen fluider und "kristalliner" Intelligenz ist mir seit langem bewusst. Einmal war sie allerdings besonders stark ausgeprägt, als ich nach einer schweren Operation von den Nachwirkungen der Narkose so bedient war, dass ich mir buchstäblich zwei Monate lang beim Denken "zudenken" (quasi zuschauen) konnte. Gott sei Dank war das dann irgendwann vorbei.
Mit den Tabellen, die unterschiedliche Fähigkeiten in Relation zum Alter setzen, kann ich nur sagen, dass es sich um statistische Erhebungen handelt, die individuell ganz anders aussehen können. Das ist aber kein Widerspruch zum Gesagten.
Was die Leistungsfähigkeit angeht, kann ich auf meinen heutigen Artikel auf twoday verweisen. Möglicherweise war ich nur deswegen so müde, weil ich so früh aufstehen musste. Wenn ich erst um zehn Uhr anfange, stehe ich durchaus den ganzen Tag durch.
Aber heute habe ich wirklich gedacht, dass ich so etwas wie Altersschwäche zeige :) (Allerdings war es ein schwieriger Workshop.)
Hallo Herr steppenhund,
dürfen wir `Alten`nicht auch einmal Schwächen zeigen? Wenn um uns herum die Jungen über ihr schweres Los klagen?
Sie haben natürlich Recht - manche der gewählten Darstellungen könnten besser sein und ich hätte mir gewünscht mehr dazu gefunden zu haben - doch bedauerlicherweise ist es da mit den aussagefähigen (wissenschaftlich haltbaren) Studien dünn gesät. Was hinter Bezahlschranken bei den große Verlegern steht ist wahrscheinlich umfangreicher, aber da weigere ich mich zu zahlen. Wissen, das aus universitären Quellen stammt und schon mit Steuern gefördert wurde, sollte nicht nochmal bezahlt werden müssen.
Zudem ist es klar, dass es sehr große individuelle Schwankungen gibt - wie wir Alle ja sehr verschieden sind. Biologische / medizinische Forschung behauptet ja nicht jede Variante erklären zu können, sondern nur das, was gerade Gegenstand der jeweiligen Untersuchung war. Dort allerdings wird man die Ergebnisse als Tatsachen hinnehmen müssen die nicht weiter zu diskutieren sind.
Eine Gratulation, dass Sie sich sozusagen selbst am Schopfe aus den Denkstörungen herausziehen konnten - und ein "Bravo!", dass Sie das unbeschadet überstanden haben.
Sie hätten gern unbescheiden auf ihren aktuellen Post bei twoday hinweisen können, denn wir schreiben doch alle um gelesen zu werden.
Nun verrate ich Ihnen noch:
Ich stehe meist erst gegen 09:30h auf!
Da habe ich allerdings nur ca. vier bis sechs Stunden geschlafen, weil ich oft erst nach 03:00 h zu Bett gehe. Durchhalten kann ich das nur mit einem ca. 2-stündigen Schlaf am Nachmittag.
PS
Da fällt mir noch ein:
Ich richte morgen den "Freitagstexter" aus - hätten Sie nicht Lust wieder einmal mitzumachen?
1) Die Denkstörungen bzw. Verzögerungen wurden auf ungeplante und unerwartete Weise bekämpft. Es waren offensichtlich noch Rückstände der Anästhetika in meinem Körper. Bei einem geselligen Zusammensein nach einer Firmensitzung tranken im Lokal alle anderen Bier, aber ich wollte alkoholfrei bleiben und bestellte Tee. Dann allerdings wollte ich doch ein bisschen Verbesserung und bestellte Wodka für den Tee. Nach der sechsten Teetasse war die Flasche Wodka leer und ich sehr, sehr besoffen. 0,75l Stolichnaya war ich zwar von meiner Arbeit in Russland gewohnt, aber so viel hatte ich schon 20 Jahre nicht mehr.
Am nächsten Tag wachte ich auf und meine Denkleistungsfähigkeit war wieder auf Normalstand. Offensichtlich hatte der Alkohol etwas von den Restbeständen entweder umgewandelt oder halt einfach vernichtet :)
2) Was die Schlafzeiten angeht, sehe ich eine große Übereinstimmung.
3) Beim Freitagstexter muss ich leider passen.
zu 1
Denkbar ist das schon, denn die Anästhetika sind (chemisch) mit zwei verschieden geladenen Endgruppen ausgestattet die ihnen erlauben Membranen zu durchdringen.
Solche plötzlich & unerwarte auftretenden Ereignisse gibt es manchmal - meine Großmutter hatte über viele Jahre erhebliche Migräneanfälle, die ausgelöst wurden wenn sie lachte. Eines Tages stieß sie ein Mopedfahrer auf einem Zebrastreifen hin - und durch diesen Sturz waren die Migräneanfälle weg (wenigstens war das die naheliegende Vermutung, es ist kein wissenschaftlicher Beweis).
zu 2
.... uns drängt ja nichts, von wenigen Ereignissen abgesehen.
zu 3
Schade, ich hoffe Sie überlegen es sich nochmal.