Liebes Tagebuch!
In dem eben vergehenden Jahr hat es sich plötzlich so ergeben, dass wir gleich mehrere Orchideen geschenkt bekamen. Bei einer der ersten Pflanzen waren sogar Pflegetipps auf so einem kleinen Plastikeinstecker als Punktaufzählung, ja, liebes Tagebuch, das war eine Kurzfassung für Anfänger in der Orchideenpflege. Wenigstens hat es bisher geholfen die Pflanzen gesund zu halten .... gefehlt hat ein Hinweis zur Düngung.
Keine Pflanze kommt ohne Nährstoffe aus. Auf dem Plastikstecker stand nichts davon, da war nur von Wasser die Rede. Deswegen habe ich jetzt im Internet gesucht und festgestellt: So viel wie über Orchideen gibt es bei fast keiner Pflanzenart, sonst nur bei der besonderen Wuchsform der Bonsai-Bäumchen.
Wie ich also nach Pflegetipps suche, liebes Tagebuch, fällt mir eine Überschrift auf einer Seite ins Auge:
"Ein spezieller Orchideendünger ist unabkömmlich" steht da.
"Oh, oh, oh", denke ich, "da stimmt doch 'was nicht, was macht denn den Dünger "unabkömmlich"? Womit ist er so beschäftigt, dass er seiner Aufgabe - wie sein Name doch andeutet "zu düngen" - nicht nachkommen kann?"
Als ich weiter lese fällt es mir wie Schuppen von den Augen:
Es geht gar nicht darum, dass der Dünger etwa durch anderweitige Aufgaben festgehalten wird, dass man ihn möglicherweise eingesperrt oder mindestens festgebunden hat, nein, er ist stattdessen "unverzichtbar"! Ohne Dünger ist es nur ein Frage der Zeit wann die Orchideen sterben, denn in natürlicher Umgebung bekommen sie mit dem Niederschlagswasser die nötigen Mineralien für ihr Wachstum geliefert.
Was mag bloß die Autorin getrieben haben als sie anstatt "unverzichtbar" das Wort "unabkömmlich" benutzte?
Weißt du was, liebes Tagebuch, ich denke sie hat gerade mehrere Dinge gleichzeitig in ihren Gedanken gewälzt und da ist einfach etwas durcheinander gekommen .... oder vielleicht wollte sie auch nur das Wort "unabkömmlich" wieder einmal ins Bewußtsein der Menschen bringen?
Es wird heutzutage weniger benutzt, liebes Tagebuch, denn seine besten Zeiten sind Kriegszeiten - da werden dann bestimmte Menschen nicht zum Kriegsdienst herangezogen weil sie "unabkömmlich" sind, man also wegen ihrer besonderen Kenntnisse und Tätigkeiten *in der Heimat* nicht auf sie verzichten will.
Pffff ..! das war jetzt aber recht umständlich, liebes Tagebuch, und ich bin völlig von meiner ursprünglichen Absicht weg, nämlich mich über die richtige Düngung der Orchideen zu informieren. Dann will ich hier 'mal aufhören und weiter suchen .... tschüss, Tagebuch, bis demnächst!
Hinweise zur Orchideendüngung:
- Die 5 goldenen Regeln der Orchideenpflege
- Orchideen: Die Lieblinge auf der Fensterbank
- Orchideendünger: Mit diesen Tricks bleibt die Orchidee gesund
Vielleicht meinte sie auch "unbekömmlich", weil sie ihn aus Versehen getrunken hat.
Hallo Herr Neon,
freut mich von Ihnen zu hören .... ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches Jahr 2019, ruhigen Verlauf und wenig Hektik.
Wenigstens wäre die Dame in diesem Fall nicht in Gefahr, denn im Orchideendünger [dessen genaue Zusammensetzung man nie wirklich erfährt, offenbar ist das ein Betriebsgeheimnis] sind unter den deklarierten Stoffen keine wesentlich gesundheitsgefährdenden.
Schlecht werden könnte empfindlichen Personen natürlich schon von Natrium- und Kaliumverbindungen.
Solcherlei Sprachschnitzer kann man heute allüberall lesen, z.B. auch und gerade in journalistischen Texten im Internet. Ich frage mich manchmal, wer diesen Leuten eigentlich Deutsch beigebracht hat. Haben die nie gute Texte zu lesen bekommen?
Ach, Frau iGing, Sie sind wieder einmal bei mir, das freut mich. Ich wünsche Ihnen ein schönes neues Jahr mit ausreichend Zeit und Muße - damit Sie mir weiter *treu* bleiben.
Was die Sprache angeht sind wir - das wird Sie als wiederholt herkommende Leserin nicht wundern - einer Meinung. Der Mangel rührt meines Erachtens daher, dass es immer seltener Lektoren und Endredaktionen gibt, die Artikel durchsehen - und ein weiterer Faktor ist bestimmt die Tatsache, dass wir uns immer mehr von der - im Grundsatz sehr komplexen Sprache der Mitte des letzten Jahrhunderts - wegbewegen und die nachfolgenden Generationen manche Begriffe nicht mehr korrekt zuordnen können.
Beigebracht hat man es ihnen ja möglicherweise - nur haben sie es wohl vergessen, oder gerade von einem Jüngling geträumt, der sie wie Aschenputtel zum großen Ball mit der Kutsche abholen wird ....
Auch Ihnen alles Gute zum neuen Jahr und darüber hinaus!
PS
Ich hatte da noch ein Beispiel das ich erst in meinem Fundus suchen mußte