oder: Little brown jug, don't I love thee!
"Frue*er"™ bin ich - so wie viele Deutsche - mindestens zweimal im Jahr in Urlaub gewesen. Manchmal sogar drei Mal, das aber eher selten. Mit Familie, so lange, bis die Kinder jeweils entschieden haben sie wären jetzt alt genug um alleine zu reisen und wohin sie wollen. Auf jeden Fall nicht mehr mit den Eltern urlauben ....
Das war für uns OK, unter der Voraussetzung, dass es bezahlbar und sicher war. Die Tatsache, dass nie etwas ernsthaftes passiert ist scheint mindestens darauf hinzuweisen, dass das gelungen ist.
In all den Urlauben sind wir immer wieder anderen deutschen Touristen begegnet, einer breit gestreuten Typologie von Menschen, manchmal ohne zu verstehen, warum jemand ausgerechnet auf eine Insel fliegt um sich dann dort zu beschweren wie eingeschränkt man doch sei ....
Was ich immer sehr schwierig fand waren Gespräche mit Menschen, die aus der Tatsache, dass wir 'auch' Deutsche waren falsche Schlüsse zogen. Oder sagen wir: Erstmal angenommen haben wir müssten wegen gleicher Nationalität auch gleich denken.
Da wurde eine Vertraulichkeit vorausgesetzt, eine Komplizenschaft, und Einigkeit in der Beurteilung dessen, was man so im Urlaubsland vorfand. Wie bitter dann allerdings für die Meisten die Enttäuschung war wenn sie merkten, dass diese Annahme falsch war.
Ich erinnere besonders einen solchen Miturlauber, der mich angesichts einer Gruppe eintreffender Engländer beiseite zog und mir klar machte es sei nun mit der Ruhe hier vorbei weil wenn erst die Engländer einfielen, dann sei es laut und unverständliches Kauderwelsch.
Es stellte sich heraus:
Die Angereisten waren Schotten, alle aus einem Sportverein, die jedes Jahr in ein anderes Land reisten um 'mal unter der Sonne zu schwimmen, anstatt wie zu Hause bei Nebel, Regen und kälteren Temperaturen. Ein lustiges und geselliges Trüppchen. Sie lagen nach dem Frühstück am Pool, und wenn einer ins Wasser ging folgten die anderen meist nach - und dann wurde es für andere Urlauber eng.
Eines Abends saßen wir (meine Frau und ich, die Kinder waren in der Wohnung geblieben und wir dachten sie schliefen) an der Bar, die lag gleich neben dem Pool und der war ab Dunkelheit geschlossen - nicht so richtig, es war nur vor dem Pool eine Kette gespannt an der ein Schild in mehreren Sprachen verkündete geöffnet sei nur von Sonnenauf- bis -untergang.
Mit einem der Schotten kam ich ins Gespräch weil er von der Bar her, sechs Getränke auf einem Tablett balancierend, an uns vorbei kam und ich gesehen hatte, dass er nur mit seiner Frau an einem der benachbarten Tische saß. Auf meine Nachfrage erklärte er mir, die Getränke seien für Bewohner heute heruntergesetzt, 3:1, drei Getränke für den Preis von einem. Wärend er das erklärte winkte er meiner Frau zu herüber zu kommen, schob einstweilen mir ein Glas über den Tisch und dann meiner Frau ebenso, als sie gekommen war.
Der weitere Verlauf des Abends war, na, sagen wir: feucht-fröhlich.
Woran ich mich noch erinnere sind zwei Sachen: Dass der Schotte mir erklärte es sei ihm sehr peinlich, dass er und seine Landsleute mich tagsüber vom Wasser fern hielten und mir anbot Wache zu stehen, damit ich gleich einmal ganz alleine ins Wasser gehen könnte - aber erst wenn wir noch zusammen das Lied "My wife and I lived all alone in a little ...." ¹ gesungen hätten.
Wir konnten beide nicht gut singen, und unsere Frauen hatten vergeblich darauf hingewiesen, dass die anderen Gäste es möglicherweise gar nicht schätzen würde unseren *Gesang* zu ertragen. Wir sangen trotzdem, und zwar laut und voll Inbrunst .... und ich zog Hemd und Schuhe aus, sprang dann mit langer Hose (!) in den Pool während mein neuer schottischer Freund darüber wachte, dass mir niemand zu nahe kam.
Meine Frau erzählte mir am nächsten Nachmittag, als ich, nach dem vielen Gin mit Eis und Limettensaft, wieder einigermaßen aufnahmefähig war, dass ich erst aus dem Wasser kommen wollte als meine beiden Kinder am Rand standen und mir erklärten das Schwimmen sei doch bei Dunkelheit verboten.
Und dann erinnere ich mich noch an den deutschen Landsmann, der mich vor den Engländern gewarnt hatte: Er tat fortan so, als ob ich *Luft* für ihn sei. War auch besser, wir hätten uns nicht so recht verstanden, er und ich ....
¹ Der Text lautet korrekt so wie folgt, allerdings gibt es mehrere, abweichende Fassungen:
Me and my wife live all alone
In a little log hut we're all our own;
She loves gin and I love rum
And don't we have a lot of fun!
Chorus:
Ha, ha, ha, you and me
Little brown jug, don't I love thee!
Der Song bei youtube ist zwar nicht der gesangstechnisch Allerbeste, aber wohl recht nah an unserer nächtlichen Darbietung am Pool in Spanien, auf Menorca
Diese Fassung hat den Vorteil lustig zu sein:
Ähm... und was war jetzt peinlich? Ich hoffe jetzt nicht, dass Sie Ihr Verhalten meinen und auch nicht das des/der Schotten. Und was das Fremdschämen betrifft, also in Bezug auf die eigenen Landsleute – auch da sollte einem nichts peinlich sein (zugegebenermaßen fällt das manchmal schwer), denn das Urteil von anderen, die so pauschal urteilen, ist meiner Meinung nicht weiter beachtenswert.
Es bezog sich zunächst darauf, dass ich an diesem Abend für meine Kinder ein schlechtes Beispiel war. Auch deswegen, weil ich nicht genau erinnere ab wann sie mich in diesem *Zustand* gesehen haben - ich habe danach meinen Alkoholkonsum nahezu auf 'Null' zurück geschraubt.
Zweitens das, was Sie als "Fremdschämen" bezeichneten. Ich habe das später, vor allem bei meinen mehrmonatigen Überwinterungen in Spanien, noch häufiger erlebt:
Menschen, die nichts anderes als ein paar Brocken Spanisch oder Englisch konnten und sich beschwerten, wenn die Spanier sie nicht verstanden obwohl sie diese doch *sehr laut* angesprochen haben.
Oder sich beschwerten, wenn ein 5,-€ Menü keine Vorsuppe sondern nur Hauptgang und Dessert, plus eine Flasche Wein pro Paar beinhaltete (weitere Beispiele schenke ich mir, Sie werden schon ahnen in welche Richtung das führt).
Mein Vater - Atheist - sagte immer
"O Herr, wie ist dein Tierreich groß!"
Mittlerweile wird das von Vielen ja nicht mehr als religiöse Äußerung angesehen.
Diese Jammerer findet man zu Hause zwar auch, man kann ihnen dort aber geschickter entfliehen. Das wird schwierig, wenn man mit ihnen im gleichen Haus wohnt ....
Zu dem genannten Vier-Buchstaben-Blatt kommt nächstens noch ein gesonderter Artikel aus meiner Werkstudentenzeit.
Gut, dass sie die Schotten nicht als ‚Engländer‘ angesprochen haben, dass mögen die nämlich gar nicht, behaupte ich mal aus eigenen Erfahrungswerten heraus.
Das erste -und einzige Mal-, dass ich mich geschämt habe für meine Nationalität als ich im Ausland war, war am Vorabend meines ersten "West-Highland-Way-Wanderns, als ich zechend in Glasgow(da startet der West-Highland-Way...drei Meter neben der Kneipe) im Pub saß und mein Begleiter und ich eine Runde nach der anderen von dort zechenden locals ausgegeben bekommen haben, weil...*tadddaaa* Hitler England bombardiert hat und auch der Willy 2 angeblich für den Osteraufstand in Irland ein U-Boot mit Waffen geschickt hat um den Engländern in den Arsch zu treten.. Autsch!
Aber hey, wer braucht ein Rückgrat wenn er kostenlosen Alkohol bekommen kann…eben! ;-)
Ansonsten halte ich es mit Frau Araxe...not my business...und die üblichen 98% Idioten auf diesem Planeten müssen ja irgendwo sein....und im Zweifelsfall sind sie dort, wo ich gerade urlaube um mir auf den Keks zu gehen. m(
Weitere Hypothese: Je schlechter der Gesang, desto mehr Spaß bei der Sache...denn: Wenn man sich blamiert(und selbst im Suff ist einem das klar...zumindest bis zu 2 Promille Blutalkoholspiegel) und es dennoch macht, ist das purer Spaß und die Quintessenz des Lebens...
Nebenbei...gut, dass sie die Buchse anhatten, Kindern reagieren vermutlich auf betrunkene und nackte Elternteile(sic!) noch intensiver als nur auf Trunkenheit, vermuten ich mal. :-D
Der bewusste Schotte war ein Bär von einem Mann, der größte aus der Truppe - allerdings hat er nichts davon erwähnt wie er zu den Engländern stand.
Irgendwie hatte ich - trotz erheblichem Alkoholgenuss - im Hinterkopf, dass es die Spanier überhaupt nicht schätzen Nackerte herumspringen zu haben. Sie sind auch äußerst empört wenn jemand im Freien pieselt, das ist dort ein *No-No*, wahrscheinlich deswegen kann man ja in jedem Café oder Restaurant auch als nicht-Kunde die *servicios* (kostenlos) benutzen, ein kleines Trinkgeld wird allerdings immer gern genommen.
Es gibt nur wenige Ereignisse der geschilderten Art, meist war ich noch vor der Grenze ins Koma zu sinken in der Lage Schluss zu machen.