Diesen Satz las ich kürzlich, und es ging dabei um Partnerschaft und Sexualität, um Poly- und Monogamie. Ein toller, sehr lesenswerter Artikel zu diesem Thema, das Beste, was ich seit langem dazu gelesen habe.
Hier verlege ich mich auf eine andere Variante des 'ungezügelten Genusses': Kaufen!
Nicht nur 'ungezügelt', sondern zugleich 'sofort', also *instant reward*, das ist es, was uns Werbung (= Marketing) suggeriert, wozu sie uns verleiten will. Was wir täglich vielhundertfach über Auge und Ohr, und, wenn wir an Bäckereien vorbeigehen, auch über den Geruch, eingetrichtert bekommen. Was schließlich selbst den eisernen Vorsatz - sich nicht vereinnahmen zu lassen - irgendwann in sich zusammenstürzen lässt.
"Haben, haben - wie die Raben!" Das 'Besitzen' von materiellen Dingen wird zum Ersatz für tatsächliche Lebensqualität, Ersatz für Bindung mit Personen, zum Vorzeigeelement für (vermeintlichen) Lebenserfolg. Wie schnell verpufft jedoch der *Kick* - spätestens wenn das Objekt der Begierde gekauft ist verfliegt sein Wert im Nichts .... und schon wird das Augenmerk auf die nächste Sache gelenkt. Konsum. Ungezügelter Genuss. Ersatz für Sinn in einer auf sinnlose Attribute ausgerichteten Gesellschaft.
So, wie "Steter Tropfen" den Stein höhlt, so werden wir durch die beständige Berieselung 'sturmreif' geschossen, werden überwältigt und greifen schließlich zu, obwohl wir grundsätzlich mit Allem ausgestattet sind was wir zum Überleben brauchen. Mindestens wenn wir uns in Europa bewegen.
Was hilft uns aus diesem Dilemma, was hilft Besonnenheit zu bewahren, was hilft sein Budget nicht zu überschreiten - kurz: Nur das zu konsumieren was wir tatsächlich benötigen um zu leben?
Ich schreibe 'mal ein paar Möglichkeiten auf die ich hilfreich finde - würde mich sehr freuen, wenn noch ein paar Ideen von Lesenden dazu kommen ....:
- ① Ich habe stets maximal 20,-€ an Bargeld bei mir
Warum sollte ich mehr dabei haben? Heutzutage findet man an jeder Ecke Geldautomaten wenn es wirklich einmal dringend sein sollte mehr Bargeld zu haben.
- ② Ich kaufe bestimmte Artikel nur mit Geld von einem dafür vorgehaltenen Konto
Für bestimmte Zwecke habe ich zugeordnete Konten: Tanken und alles was das Auto betrifft von einem Konto, Einkäufe für den Haushalt von einem anderen Konto, usw. - und wenn kein Geld mehr auf dem Konto ist wird nichts mehr gekauft!
[Wiederkehrende Zahlungen, monatlich, quartalsweise oder jährlich werden von einem weiteren Konto bezahlt, auf das ein fester monatlicher Betrag überwiesen wird - so erspart man sich die Überlegung von was solche Zahlungen jeweils getätigt werden sollen.] - ③ Eine Kreditkarte benutze ich wenn eine andere Zahlungsmethode weniger sicher wäre
Das kommt bei solchen Käufen vor, die im Ausland getätigt werden. Da will ich nicht, dass meine Kontodaten von Girokonten über Ländergrenzen gehen (Ausnahme ist da nur Überweisung an mir persönlich bekannte Menschen)
- ④ Ich kaufe nicht von *Grabbeltischen* auf die Ware unsortiert geschüttet wird
Es ist eine besonders abscheuliche Zumutung den Kunden in Warenbergen wühlen zu lassen anstatt die Ware übersichtlich sortiert anzubieten. Jede 'Ordnung' erfordert Personal, daher gilt im Umkehrschluss: wer nicht sortieren läßt will nur den Profit erhöhen, zu Lasten der Kunden.
- ⑤ Ich kaufe keine *Sonderangebote*
Sonderangebote sind meist Artikel 'die weg müssen', also Platz schaffen sollen für neue Ware oder sie sind minderwertig produziert, was den niedrigen Preis rechtfertigt, sehen aber - beispielsweise durch die Verpackung - wertvoll aus.
- ⑥ Wenn ich etwas kaufen will überlege ich was ich dafür entsorgen will*
Die meisten Menschen klagen über zu viel Klinkerkram der bei ihnen herumsteht. Dabei ist doch ganz einfach das zu verhindern indem man nicht immerzu etwas kauft, was das Problem verschlimmert.
* Beispiel:
Zwar ist es eine schöne neue Tasse mit einem tollen Spruch
- aber welche der zwanzig(?) anderen Kaffepötte werfe ich dafür weg?
Bei 4 und 5 könnte ich zustimmen. 1 wäre super, wenn ich dafür die Disziplin aufbringen könnte. Aber jedenfalls geht es sich jetzt noch immer aus.
Allerdings kaufe ich kaum mehr etwas. Das Teuerste sind Jahreskarten und Konzertabonnements.
Bei Kleidung bin ich zwar durchaus zum Impulskauf fähig, aber bis ich einmal in das Geschäft für "große Größen" komme, braucht es eine echte Entscheidung. Ich trage nur zwei verschiedene Schuhe. Von den schwarzen habe ich zwei identische Paare, wobei das eine nur Reserve ist. Und dann habe ich noch Sneakers. Wenn die kaputt sind (nach 2-4 Jahren) kaufe ich nach. Dann schaue ich nicht auf das Geld sondern nur auf die Qualität.
Naja, wenn man Kapitalismus will, dann muss man auch mit den Werbemethoden leben. Und die sind mittlerweile sehr ausgeklügelt.
Nun, Sie brauchen ja für Auftritte und gesellschaftliche Verpflichtungen danach noch höherwertige Garderobe. Ich komme da mit 'casual look' hin:
Hose, T-Shirt, Menorca-Sandalen - das reicht für 3⁄4 des Jahres und für den Rest habe ich zwei Paar Halbschuhe (hushpuppyartige) und ein paar feine reinlederne Treterchen für Anlässe wie Hochzeiten und Beerdigungen. Leider hat die Schuhmanufaktur Galizio Torresi mein bevorzugtes Modell eingestellt - und sie verkaufen jetzt den gleichen Schrott wie den, der in Asien hergestellt wird: Gummi- und Plastiklatschen. Die letzten Lederschuhe habe ich aus USA bestellt, die Form gibt es hier ja nirgendwo. Wahrscheinlich kommen die aus Indien .... :c(
Naja, einen Smoking kaufe ich alle acht Jahre. Das ist eine vertretbare Ausgabe.
Frack überlege ich noch. Habe mich aber immer wieder gegen die Kosten entschieden.
Und sonst: Hemd, Hose und Unterwäsche
Den letzten Smoking hatte ich vor fast 20 Jahren - es gab allerdings auch davor kaum Gelegenheiten ihn anzuziehen. Schließlich sprach ich mit einem Arbeitskollegen der mir dazu die Augen öffnete: "Warum mietest du nicht einfach einen vom Verleih?" Ich muss zugeben, das war ein guter Rat, denn mein eigener Smoking war mir zu eng geworden, er war auf sonderbare Weise so um die Hüfte nicht mehr 'passend' .... ;c)