Woran, liebe Lesende, denken Sie wenn Sie das Wort "Religionsfreiheit" lesen?
Wahrscheinlich daran, dass es jedem Menschen belassen sein sollte, ob er glauben will - und wenn an wen. Freiheit bedeutet doch, das tun und lassen zu können, was man selbst will und nur in einer Hinsicht begrenzt zu sein:
Wenn es zwischen dem eigenen Wollen und dem der Anderen einen Konflikt gibt.
Nun gibt es allerdings Menschen, die diese "Religionsfreiheit" völlig anders auslegen. Sie glauben(!) Sie müssten völlig frei sein ihre Sicht der Welt - gefärbt durch die Religionsbrille - auszuleben und niemand dürfe daran Anstoß nehmen. Alle Gesetze und Verordnungen hätten sich daran auszurichten was Religion für die Gläubigen bedeutet und zugleich müssten sich Alle daran halten, sich also diesen Regeln unterwerfen .... weil ja ansonsten die "Religionsfreiheit" eingeschränkt werde.
Was diese Gläubigen völlig verkennen ist die Tatsache, dass es erweitert heissen muss:
Freiheit für Religion, aber auch Freiheit von Religion.
Seit Ketzer nicht mehr so ohne weiteres - mindestens in Mitteleuropa - verbrannt oder gerädert und aufgehängt werden dürfen - wächst ihre Zahl so sehr, dass die etablierten Religionen Angst um ihre Existenz bekommen. Bei Ketzern wundert sich niemand, wenn sie den Kirchen und deren Glaubensvorschriften skeptisch / kritisch gegenüberstehen. Dabei haben all die Menschen objektiv Recht die sagen:
Wer auf "Religionsfreiheit" pocht ist jemand, der die "Freiheit" will, anderen Leuten zu sagen, wie sie leben sollen. Die "Freiheit", schwulen Menschen zu sagen, dass sie zur Hölle fahren. Die Gesetze wollen, die Frauen sagen, was sie mit ihren eigenen Körpern tun dürfen und wie sie ihre Schwangerschaften betrachten und handhaben sollten. Auch die Gleichstellung in der Ehe, und die Gleichstellung der Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern sind mit dem Begriff "Religionsfreiheit" bekämpft worden.
Gesetze, die auf der Annahme beruhen die Glaubensregeln müssten auf die Gesamtbevölkerung ausgedehnt und ohne Ausnahmen durchgesetzt werden, gehören abgeschafft. Was sich mittlerweile gegen den erbitterten Widerstand der Glaubensgemeinschaften etabliert hat muss weiter ausgedehnt werden. Wobei deutlich gemacht werden sollte, dass es nicht zu Recht- und Gesetzlosigkeit gekommen ist als die ersten Schritte in Richtung Eindämmung religiösen Einflusses getan wurden. Weswegen es sehr unwahrscheinlich ist, dass das geschieht, wenn weiter alte Religions-Zöpfe abgeschnitten werden und endlich eine Trennung von Kirche und Staat erfolgt, die seit mehr als einhundert(!) Jahren überfällig ist.
Wenn also wieder einmal ein Schreihals auftritt und nach "Religionsfreiheit" brüllt fragen Sie sich bitte: Will er Freiheit dafür seine Regeln durchzusetzen oder Freiheit dafür, dass Alle in Bezug auf "Glaube" - und daraus folgende Handlungen - das tun und lassen dürfen was sie wollen.
Ich kann nur wieder auf Harari hinweisen.
Der schafft ja eine gute Analagoie zwischen Religion und GmbH (siehe Erzählung über Peugeot - Die Macht der Mythen).
Danke nochmal für den Hinweis - und für alle Lesenden die vielleicht wissen wollen worum es sich da handelt dieser Link → https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/ID40997846.html
"Glaubensfreiheit" bedeutet heute eben nicht mehr "du darfst glauben, woran du willst", sondern - sehr typisch amerikanisch-extrovertiert - "ich darf jedem mit meiner Religion auf die Nerven gehen und sie ihm täglich wie eine Faust ins Gesicht drücken, ohne dass er sich beschweren darf".
Ist allerdings seltsam anzusehen, dass das für bestimmte "Glaubensrichtungen" gilt und bei anderen erkennt man den Zweck regelrecht ab.
So lang man über Gott redet, darf man anderen auf die Nerven gehen und kriegt so gut wie alles gerechtfertigt im Rahmen dieser Religion.
Ist Gott allerdings kein Mittelpunkt dieses Gedankenkonstrukts, sondern nur Gegenstände oder insbesondere das Verhalten von Menschen, oder hat es irgendwas mit Tod zu tun oder etwas düsterem, dann ist man schnell dabei, die Daseinsberechtigung dessen auf diesem Status abzuerkennen.
In der Tat wundert es mich immer wieder in amerikanischen Weblogs und Magazinen zu lesen wie sehr auf 'christliche Rechte' gepocht wird und zugleich andere Relgionen verdammt werden. So wie man in Amerika auf Kaffeebecher schreiben muss, dass der Inhalt heiss ist, wird immer wieder betont, die USA seien auf christlicher Basis gegründet worden - trotz vielfacher Widerlegung dieser Behauptung hält sie sich hartnäckig .... mich freut immer, wenn ich lese die *Satanisten* hätten wieder einen Sieg in Hinsicht auf Glaubensgleichstellung erreicht.
Ich habe mal den Vergleich zum Rauchen gezogen (https://matrixmann.livejournal.com/245178.html, weil das eine Sache ist, gegen die heutzutage regelrechte Hetzjagd betrieben wird, im Namen der Religion lässt sich hingegen aber alles mögliche einklagen, was man vor 10 Jahren noch mit einem "WAS? WAS wollen sie?" kommentiert hätte.
Ich weiß nicht, warum man heute eine solche Obsession mit Religion hat; warum man da auch meint, niemandem auch nur ein bisschen auf die Füße treten zu müssen, und bei anderen Dingen macht man es ganz ungeniert.
Eine äußerst unorthodoxe Sichtweise auf die Versuche den Islam einzudämmen:
Weil gläubige Muslime schlechte 'Arbeitssklaven' des Kapitalismus wären. Korrigieren Sie mich falls ich das falsch verstanden habe. Aber ist es nicht so, dass die Muslime - wie anderswo die Christlichen - einem/mehreren Herren dienen? Die politischen Strukturen der fast überwiegend islamisch gefärbten Länder predigen doch nicht den Müßiggang.
Anspruch ist eigentlich überall auf der Welt einer Beschäftigung nachzugehen - der Unterschied liegt meist darin, ob das zum Selbsterhalt (Anbau für eigene Bedürfnisse) oder zum Lohnerwerb (über ein Geldsystem) stattfindet. Da sind die Zwänge unterschiedlich stark.
Demgegenüber ist aus fundi-christlicher Sicht ein Absolutheitsanspruch da, dem sich Alle unterwerfen sollen, seien sie nun beteiligt oder unbeteiligt. Deswegen sehe ich deren Bestreben den Islam zu minimieren weniger unter kapitalistischem (Ausbeutungsprinzip) als unter ideologischem Vorzeichen um dem Weltherrschaftsanspruch zu genügen.
Egal wie:
Es muss uns im Sinne der Aufklärung darum gehen hier deutliche Grenzen für jede Art von Religion zu setzen. Alles andere wäre ein Rückfall ins Mittelalter. Deswegen hatte ich 'Freiheit für Religion, aber auch Freiheit von Religion.' besonders hervorgehoben.
Pragmatisch betrachtet wäre das (hier) glatt richtig.
Auf der anderen Seite - auch in den islamischen Staaten ist der Kapitalismus angekommen und es funktioniert irgendwie mit der Religionsausübung.
Da wurde der Kapitalismus auf diese Praktiken angepasst und dann geht es, dem Konzept nach, nicht anders zu als hier.
Wäre, in diesem Sinne, sogar ein Grund, warum man der Religion starken Stellenwert im Arbeitsrecht einräumen könnte: Wenn die Gläubigen sich auf der Arbeit "nebenbei" ausleben können, so wie es ihre Religion vorschreibt, dann werden sie zu fleißigen Arbeitern statt zu murren, weil sie es nicht dürfen.
Sozusagen: Eine Strategie, um Leute für den Kapitalismus zu beigestern, welche ihm sonst aus bestimmten Gründen abgeneigt wären, weil er sich allein mit ihren persönlichen Gepflogenheiten nicht verträgt.
Natürlich ist das nur ein Feigenblatt, denn davon verbessern sich keine Arbeitsbedingungen oder Ausbeutung mittels Niedriglohn, aber manche Kleingeister wären eventuell so naiv, sich davon einlullen zu lassen. (Wer Religion hat, hat schließlich einen Gott, bei dem er sich gleich über seine harte Arbeit ausheulen kann... Funktionierte in früheren Jahrhunderten auch schon.)
Es fällt wohl wieder auf den alten Stand zurück:
Egal wo und unter welcher Herrschaftsform ist immer eine Hierarchie zu finden, eine 'Élite' und darunter mehr oder weniger ausgeprägte Schichten von 'Arbeitenden'. Möglicherweise ist das als Struktur in uns angelegt - obwohl ich dazu noch keine wissenschaftlichen Arbeiten gesehen habe (ein Schwerpunkt meines Studiums war die damals gerade entstehende "Soziobiologie", die untersucht wie staatenbildende Spezies sich aus solitär lebenden entwickelt haben und warum; deswegen habe ich immer ein besonderes Augenmerk auf dies und verwandte Themen).
Besser als Sklaverei ist es jedenfalls. Die soll in verschiedenen Gebieten der Erde gerade wieder aufflammen. Eine Schande, wenn man bedenkt welche Distanz zwischen uns und solchen armen Kreaturen herrscht - gleichzeitig! - ohne weltweiten Aufschrei und Initiativen der *Gläubigen*.
Ich würde vielmehr neigen, zu behaupten, darauf soll es eher hinauslaufen. Es gibt eine Élite, deren Mitglieder sollen möglichst in dieser Schicht bleiben, und darunter gibt es Anschaffende für diese Élite mit mehr oder minder ausgeprägtem Rang in deren Hierarchie.
Diejenigen, die ganz unten stehen, die auf dem Status "Sklave" (wie auch immer man es in jede Hierarchie definiert) sind, die brauchen einen Sinn, warum alles so ist, sonst könnte es passieren, sie begehren mit der Zeit auf - gerade auch, wenn man sie schlecht behandelt (wie das aber beim Status "Sklave" üblich ist).
Religion ist die älteste bekannteste Variante, um einen Grund für diese Ordnung zu liefern, gleichzeitig noch mit einem Totschlargument gegen Veränderung dieser. Und sie setzt psychologisch dort an, wo am meisten etwas gebraucht wird: Trost, dir hört jemand zu, redet dir gut zu, gibt dir das Gefühl, so schlimm ist alles doch gar nicht - und eventuelle Versprechen davon "im Diesseits ist das alles nicht änderbar, aber warte auf das Leben nach dem Tod, da wird es schöner".
Alles das, wo Menschen schnell schwach werden und worüber sie den erweiterten Kontext bereitwillig zügig vergessen.
Die Undurchlässigkeit der gesellschaftlichen Schichtung wird oft bezweifelt und es wird so getan, als ob man sich mit Fleiß und unermüdlichem beruflichen Einsatz, mit Mut und Ideen als Selbständiger nach oben arbeiten kann - da weiß ich aus eigener Erfahrung: Alles Quatsch! Das ist die Karotte, die uns Esel am Laufen hält und wie Sie es schreiben, den *oberen Zehntausend* ein Leben in Saus & Braus gewährleistet.
Religion hilft dabei. Deswegen wird ihre Existenz genau von denen gesichert, die davon profitieren,
Die Austrittszahlen sprechen in den letzten Jahren dagegen - und schon gibt es Initiativen aus den USA hier fundamentalistische Splitterkirchen als *Ersatz* zu etablieren.
In diesem System nicht - allein, weil es keine fairen Bedingungen gibt, um das zu können.
Und sollte es doch jemand schaffen, dann liegt es vielmehr daran, dass jemand eine Nische gefunden hat. "Nische" ist aber kein Mainstream-Weg.
Ein guter Abschlußsatz, danke!