Wer hier liest und kommentiert ist weit entfernt von dem Gedankengebäude - wenn man es als solches bezeichnen kann - das in den Köpfen der AfD-Wähler des Ostens zurecht gezimmert ist. Aus Diskussionen mit Anhängern der AfD weiß ich, nein, habe ich eine vage Vorstellung wie dieses Gebäude aussieht.
Ausgefilterte Argumente die zum "Leiden" des Ostens gehören:
Zuerst die (nicht zu leugnenden, immer noch nicht aufgearbeiteten) Untaten der Treuhand ¹, deren ungenannte Aufgabe es war Ostfirmen, die eine Konkurrenz für etablierte Westfirmen hätten werden können, *abzuwickeln*. Dann die gebrochenen Versprechen der etablierten Parteien, die allzu zögerliche Anpassung der Lebens- und Verdienstumstände, das Großmannsgehabe der eingewanderten West-Firmen, die stets durchblicken lassen, wie großzügig es doch von ihnen sei sich dort niederzulassen und für Arbeit zu sorgen ... und so weiter.
Wer im Osten der Wendezeit pfiffig war ist abgewandert. Fachkräfte und vor allem jüngere Frauen. Den dort Gebliebenen fehlen (weitgehend) die Fertigkeiten sich zu orientieren, ihr Leben aktiv zu gestalten. Denn das war etwas, was ihnen der DDR-Staat abgenommen hat, der sie an der Hand führte und versorgte und dafür nichts anderes verlangte, als das sie das Maul hielten und der Partei keine Probleme machten.
Das sind nun die Parteigänger / Wähler der AfD. Die als Rattenfänger auftritt und Wohltaten verspricht, wohl wissend, dass die Masse der Menschen dort nicht ihr Parteiprogramm lesen wird. Sondern das glaubt, was mündlich oder per Medien transportiert wird. Geschickt nutzt man das Misstrauen gegenüber den etablierten Parteien, den Wessis aus, die viel versprochen haben - aber nicht lieferten, oder wenn, sehr zögerlich und immer nur Bruchteile dessen, was versprochen war.
Im Osten, der früheren DDR, blieben die "Fremden" ("Gastarbeiter") immer nur für bestimmte Zeit. Sie hatten eine feste Zahl von Jahren oder Monaten, dann mussten sie wieder ab nach Hause. Der Kontakt zur Bevölkerung hielt sich in engen Grenzen. Das ist es, was das *fremdeln* der ehemaligen DDRler gegenüber andersfarbigen Menschen ausmacht. Die "Fremden" bleiben - und das macht Angst.
Während wir seit der ersten Gastarbeiterwelle aus Griechenland, Spanien und Italien an dergleichen bunten Bevölkerungszuwachs gewöhnt wurden. Erst mit der unstrukturierten Einwanderung türkischer Menschen aus Gebieten, die sich kulturell extrem von unserer Gesellschaft unterschieden, haben wir hier eine ähnliche Ablehnungswelle gehabt. Die zwar nicht komplett überwunden ist, sich aber zu einem Teil durch die Assimilation von ganzen Generationen entschärfte.
Einmal abgesehen von den fundamentalistisch-extremistisch denkenden Nationaltürken, die hierzulande ohne viel Leistung zu zeigen, und ohne sich anpassen zu wollen, den guten Ruf ihrer Landsleute, die hier ihre Heimat gefunden haben, durch ihr rotziges, aufgeblasenes Gehabe verderben. Gleichzeitig aber alle Wohltaten des deutschen Staates in Anspruch nehmen und oft neben staatlicher Unterstützung noch unangemeldeten Beschäftigungen nachgehen, die ihnen Lohn als Sachleistungen zur Verfügung stellen. Aber ich schweife ab ....
Das fehlt im Osten (fast) völlig ² - und zusammen mit gebremster intellektueller Kapazität der dort verbliebenen Bevölkerung ist ein gefährliches Gemisch aus Angst, enttäuschter Hoffnung und Fatalismus entstanden, das den Nährboden für Faschisten darstellt.
Habe ich eine Idee wie man das Dilemma löst?
Ja, indem man Hoffnung erfüllt.
Wird das wahr werden?
Nein, denn die regierenden Parteien werden weiter - im Sinne des Kapitals - dessen Interessen vor die der Ostbevölkerung stellen. So wie bei uns auch, nachdem zuletzt die Regierungen Schröder die Arbeiterschaft verraten haben, die Gewerkschaften zerschlugen und sich zu Knechten des Kapitals machten.
Was wir erkennen müssen:
Die Tatsache, dass wir keine Demokratie mehr sind. Die Parteienstruktur, deren Establishment, verhindert demokratische Entscheidungsfindung und deckt diese Tatsache mit dem Begriff "repräsentative Demokratie" zu.
Was wir verstehen sollten ist:
Wir sitzen mit dem Osten im gleichen Boot. Unser einziger Vorteil ist, dass wir in den ersten Jahren der Bundesrepublik noch Chancen und Freiheiten hatten, die im Osten fehlten. Wir deswegen mehr *Spielraum*, ein besseres Selbstbewusstsein haben. Gerade genug, um nicht den Mächtigen als Gefahr zu erscheinen. Wer genau hinschaut erkennt die Mechanismen wie mittlerweile subtil dafür gesorgt wird die Schrauben enger anzuziehen:
Überwachungsmaßnahmen und mehr Rechte für staatliche Stellen, Eingriffe in die Privatsphäre, Schleifung von bisher grundgesetzlich garantierten Rechten durch 'Notverordnungen' oder mit dem Argument der 'Terrorbekämpfung', Restriktionen bei der Meinungsäußerung, und weitgehend gleichgeschalteter Informationszugang durch weltweit operierende Medienkonzerne.
Nun ist noch das Internet als Ventil da - und allmählich haben selbst die Politiker erkannt, dass ihnen die Meinungshoheit entglitten ist und sie versuchen, das wieder 'einzufangen'. Indem sie das Internet zu regulieren suchen. Wie sagte kürzlich noch Frau Kramp-Karrenbauer? Man brauche "Regeln gegen Meinungsmache".
Die richtige Antwort ist da: #niewiedercdu, #niewiedercsu. Und wenn wir schon 'mal dabei sind gleich noch: #niewiederspd, #niewiederfdp, und #niewiedergrüne.
Was "Vorgehen gegen Meinungsmache" bedeutet kann man in totalitären Regimen sehen. Deswegen ist nicht die AfD (#niemalsafd) die größte Gefahr in unserem Land, sondern es sind die Politiker vom Schlage Seehofer, Herrmann, Schäuble, Strobl, und so weiter ... die im Schafspelz daher kommen und Kreide fressen um von ihren wahren Absichten anzulenken.
¹ ".. Die DDR wurde zweimal verscherbelt
Einmal von Michail Gorbatschow 1990 für 18 Milliarden Deutsche Mark; Helmut Kohl zahlte den völlig überhöhten Preis locker mit Steuergeldern. Zum zweiten Mal wurde die DDR durch die Treuhandanstalt von Birgit Breuel verkauft.
Die Treuhand nahm kümmerliche 34 Milliarden Deutsche Mark für die gesamten volkseigenen Betriebe ein und machte 245 Milliarden Deutsche Mark Verlust, weil sie die volkseigenen Betriebe quasi an die westdeutche Industrie verschenkten .." [Die Untaten Helmut Kohls]
² ".. In Ostdeutschland ist der Kontakt zu Musliminnen und Muslimen in den Bereichen Familie, Freundes- bzw. Bekanntenkreis, Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz sowie Nachbarschaft eher schwach ausgeprägt. So geben Befragte mehrheitlich – bei graduellen Unterschieden zwischen den Bundesländern – an, nie Kontakt zu Musliminnen und Muslimen in den betrachteten Bereichen zu haben. Dabei unterscheiden sich die einzelnen ostdeutschen Bundesländer nicht nennenswert voneinander. Im Durchschnitt - über alle Kontakträume hinweg - geben ungefähr 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger an, keinen Kontakt zu Musliminnen und Muslimen zu haben. In Westdeutschland liegt der entsprechende Anteil bei ungefähr 40 Prozent .."
[Ostdeutschland postmigrantisch Einstellungen der Bevölkerung Ostdeutschlands zu Musliminnen und Muslimen in Deutschland; S.39]
Weitere Quellen:
- Sündenbock Treuhand
- Totengräber der ostdeutschen Wirtschaft? Die Treuhandanstalt und die Folgen ihrer Politik.
- Wie viel Millionen sind es wirklich?
- Religionszugehörigkeit der Deutschen nach Bundesländern im Jahr 2011
- Anzahl der Muslime in Deutschland nach Glaubensrichtung (Stand variiert von 2005 bis 2017*; in 1.000)
- Wer gehört zu Deutschland? Ostdeutsche und Muslime teilen nicht nur Ausgrenzungserfahrungen – sondern auch Klischees, die Westdeutsche von ihnen haben.
PS
Meine Ausführungen basieren auf dem, was ich in den Jahren '90-'94 durch längere Aufenthalte als Unterrichtender in der Erwachsenenbildung in Thüringen in Gesprächen erfahren, gesehen & gehört habe. In den Folgejahren war ich - mit Ausnahme der Zeit in USA von '99-'02 - immer wieder einmal in den östlichen Bundesländern. Meine Erfahrungen sind also persönlicher Natur und stellen keinen allgemeingültigen Sachstand dar.
Einen Punkt will noch anmerken, allerdings ist dieser keiner, der gesondert im Osten auftritt, sondern auch in diversen westlichen Ländern: Strukturelle Verödung.
Die systematische Verwilderung der Landstriche, die Verschiebung von allem auf große Zentren und die großen Städte (Zentralisierung).
Die Menschen ziehen aufs Land oder bauen sich ihre Häuser dort, weil sie der Großstadt entkommen wollen (wenn sie das Geld dafür haben), auf der anderen Seite gibt es dort nichts weiter außer Wohnen - man hat keine lokale Einkaufsmöglichkeit, muss für alles in die Stadt fahren, ist aufs Auto angewiesen, kann keinen Brief verschicken oder sich auch nur die Haare schneiden lassen. (Übrigens: Sehr klimafreundlich.)
So sehr man die große Stadt auch hasst, man ist geradezu abhängig von ihr.
Das alles war mal sehr anders. Überall.
Aus diesen Gefilden speisen sich die Neu-Braunen ebenso (auch wenn sie selbst für keine Abhilfe sorgen würden).
Zu Sachsen und die anderen AfD-Hochburgen im Süden, muss ich sagen, bisher ist es für mich nicht ersichtlich geworden, warum dort solch eine feste Tendenz nach rechts vorhanden ist - was für ein Kraut die rauchen oder was dort im Wasser ist, dass sie so fest die Positionen der Braunen unterstützen.
Mittlerweile würde ich das nicht mehr nur auf die Zeit nach der Wende beziehen, sondern da steckt etwas weiter zurückreichendes, tiefgründigeres dahinter. So etwas wie "Mentalität" oder dergleichen. Man sieht es daran, dass der Norden oder Brandenburg längst nicht so auf eine rechte politische Schiene vernagelt ist.
Knapp 30 Jahre CDU-Herrschaft in Sachsen sagen nämlich auch etwas über einen aus.
Diese Entwicklung der Dinge kommt nicht über Nacht; und selbst dass die CDU so lang schon dort regieren darf - es wird seine Gründe geben, warum man sie nach der Wende gewählt hat und dann später an ihr festhielt, obwohl die CDU am meisten die Abrissbirne gegen die volkseigenen Betriebe geschwungen hat.
In der Psychologie würde man so etwas "Stockholm-Syndrom" nennen. Oder aber etwas ist im Spiel, was man sich als Außenstehender zu der Gegend nicht zusammenreimen kann.
Danke für die Erweiterung in Hinsicht Stadt-Land. Diese Tendenz scheint sich - mindestens in einigen Ländern - gerade wieder umzukehren. Über den Grund kann man nur spekulieren, ich bin allerdings überzeugt, dass es eine Frage der Finanzen ist: Viele junge Familien möchten gern ein Eigenheim haben, können aber die horrenden Preise in Städten nicht bezahlen ohne sich unglücklich zu machen. Deswegen weichen sie ins Umland von Großstädten aus - mit den Folgen, die Sie treffend beschrieben haben: Für viele Erledigungen müssen große Wege in Kauf genommen werden. Das ist weder für die Familien, noch für ihre Finanzen, und schon erst recht nicht für die Umwelt gut.
Die politische Grundstimmung und die Tendenz 'rechts' zu wählen ist in bestimmten Landstrichen offenbar latent vorhanden und kommt zum Ausdruck, wenn die Rahmenbedingungen vorteilhaft sind. Aus der Biologie gibt es Analogien, wie beispielsweise die "Samenruhe" oder Dormanz, bzw. verzögerte Tragezeit bei manchen Säugetieren. Ich spekuliere hier, es gibt keine mir bekannten *Beweise* für diesen Gedanken - allerdings, denkt man an Schlesien(& Sachsen), Tschechien und die Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert, so drängt es sich irgendwie auf.
Die CDU hat es nach der *Wende* geschickt verstanden frühere Ost-CDUler in ihre Reihen zu integrieren und zu verschleiern, inwieweit die Treuhandaktivitäten CDU-gesteuert waren. Daher konnten Viele in den östlichen Bundesländern - noch wenig vertraut mit den Gegebenheiten der westlichen Politikgepflogenheiten - die Verknüpfungen nicht sehen oder deuten. Das hat sich in den letzten Jahren zunehmend geändert, und insbesondere mittelalte Menschen tendieren nun nach rechts weil sie sich von den etablierten (zu Recht!) verschaukelt fühlen.
* edit *
Ein *.pdf zum Thema mit vielen Daten
Im Prinzip ist das etwas, was ich meinte.
Die Leute kaufen oder bauen sich Häuser im ländlichen Raum, weil sie es sich dort überhaupt leisten können, aber mit ihnen kehren keine vorher da gewesenen Strukturen zurück, die mit dem Bevölkerungsschwund begründet einst verschwanden (ausgenommen Pflegedienste, wenn sich Alte von weit weg billig ein Domizil
zum Sterbenfür den Lebensabend kaufen).Diese Menschen wohnen lediglich dort, ihr Lebensmittelpunkt bezüglich Aktivitäten liegt aber nach wie vor in der großen Stadt. Die Kinder gehen dort zur Schule, weil es im Ort keine mehr gibt, die Eltern arbeiten in der Stadt (u. a. auch, weil es im Ort keine Arbeit gibt), Geschäfte und Einkäufe erledigt man auch in der Stadt, weil es das auf dem Dorf nicht mehr gibt.
Früher, ganz besonders zu DDR-Zeiten war das alles vorhanden bzw. die Politik bemühte sich auch um eine dementsprechende Entwicklung, weil man dem Menschen irgendetwas bieten muss, damit er auf dem Lande wohnt und nicht in der Stadt (und diese aus allen Nähten platzen).
Jetzt ist dieser Prozess lediglich eine Verlagerung der Bevölkerung von "in die Höhe" (Hochhaus) in die Breite (alle wohnen verstreut im Speckgürtel und ihren Eigenheimen auf dem Land) aufgrund von Preiswucher.
Dem schließt sich aber keine sonstige strukturelle Entwicklung an.
Mittlerweile ist in der Wirtschaft ein von Großkonzernen dominiertes Feld - und diese interessieren sich nicht das Land, weil der Profit dort eher durch Fläche als durch Masse generiert würde. Es wäre eher das Prinzip "Kleinvieh macht auch Mist" (was sich sonst der Kleingewerbeinhaber zu Nutze macht).
Die denken nur in Mega-Projekte von irrsinniger Größe mit dem geringsten aufzuwendenden Aufwand dafür, damit der Gewinn am größten ausfällt.
Diese Form der strukturellen Verödung - ganz besonders die Älteren, die etwas mehr Lebenserfahrung haben, haben das nicht vergessen. Teilweise, mit dem Alter, wäre es sogar zuträglich, wenn das in relativ naher Umgebung wäre, da, wenn der Körper schwächer wird, der eigene Aktionsradius (ohne Hilfe durch andere) nicht mehr so groß ausfällt.
(Was meint man, warum der Staat nicht an die Führerscheine der Alten 'ran will - dann müsste er ja Versorgungsstrukturen auf die Beine stellen, damit die Alten in den Dörfern beliefert werden, wenn sie ohne Auto und ohne Fahrerlaubnis nicht selbst einkaufen können.)
Diese Form der strukturellen Verödung ist aber im Zuge der schleichenden Monopolisierung der Wirtschaft und des Handels generell überall passiert - das ist nicht nur ein Phänomen des Ostens, sondern eines des gesamten Westens.
Wie gesagt, weil man in einer Welt lebt, in der Großkonzerne die Wirtschaft dominieren - und die interessieren sich nicht für ländliche Gegenden.
Kleingewerbe hat es dagegen ungemein schwer, sich zu behaupten; darum kehrt dieses auch nicht als "Ersatz" für die mangelnden Projekte der Großkonzerne in die Gemeinden zurück.
Letztendlich bleibt dadurch eine Landschaft von Gemeinden zurück, die wie "abgeschrieben" sind - und diejenigen, die dort leben, sind frustriert mit ihrer Situation. Wer kann, läuft weg - aber nicht alle Leute können mehr physisch weglaufen oder haben das Geld dafür oder den Willen dazu...
Auf mich wirkt die Stimmung in den südlicheren Gebieten ein bisschen wie... der Mensch klebt zu sehr an dem Gedanken seiner Leistungsfähigkeit und angenommene Lebensberechtigung, die er sich darauf einbildet.
Ob das noch zurückzuführen ist auf die protestantische Arbeitsmoral (die auch das DDR-System subtil in sich weiter trug) weiß ich nicht. Wäre mir ohne umfangreicheres Wissen zu spekulativ.
Jedenfalls - der Nihilist in mir will gern oft dazu sagen: "Menschen, hört auf, euch etwas darauf einzubilden, was eure Hände können. Wen wollt ihr damit beeindrucken? Von eurer Tüchtigkeit werdet ihr keine besseren Menschen oder kommt dem lieben Gott ein Stück näher."
In früheren Zeiten ohne Sozialsysteme war das gewiss einmal anders, da war das Gegenteil von Arbeitsamkeit gleichzusetzen mit "verhungern", hatte also seine praktische Berechtigung, aber heute ist diese Denkweise hier nicht mehr notwendig. Es ist eher so, dass Menschen hier schon überflüssig (im Sinne der Produktion) sind; ihre Aufgabe besteht lediglich noch darin, die Ressourcen zu verbrauchen und Konsumgüter zu kaufen. Genau darum braucht sich der Mensch nicht mehr irgendwas auf sich einbilden bezüglich seines "Wertes", bloß wenn er tüchtig ist. Das alles ist im höheren Kontext bereits ziemlich unwichtig geworden (nebenbei bemerkt: In den Zustand der Unfähigkeit, tüchtig zu sein, kommen alle früher oder später.)
Zudem - genügend von den Marktschreiern und Wählern der Rechten sind in diesem Sinn schon bereits nicht mehr selbst aktiv. Entweder zu doof oder zu alt und die Knochen kaputt geschunden von ihrer wunderschönen Arbeit.
Was soll das also für einen "Wert" bezüglich der eigenen Person ergeben? Offensichtlich fällt einem auch kein Stein vom Himmel auf den Kopf, wenn man nicht täglich 110%-ige Leistungsbereitschaft erbringt. (Frühere Taten scheinen dabei auch nicht zu zählen.)
Das kann natürlich sein, dass die Verbindungen von damals aktiven Protagonisten mit strukturell weiterreichenden Prozessen erst nach gewisser Zeit offenkundiger wurden...
Allerdings würde ich in dem Punkt meinen, das hätte man auch schon weitläufig vor 10 oder 15 Jahren für sich herausfinden können. Und bis auf einen Abstecher der NPD im sächsischen Landtag als Protestwahl kam nichts zustande... (und dabei war das Thema "das Unrecht der Treuhand" noch gar nicht auf dem Tisch)
Die Herrschaft der CDU ungebrochen in dem Gebiet. Erst jetzt gerät diese allmählich ins Wanken.
Vieles was im Osten der Republik seit der *Wende* passierte ist ein Lehrstück in Sachen "Kapitalismus". Ich denke da immer zuerst an die Geschwindigkeit, mit der der Strassenbau in Gang gesetzt wurde: Was früher (im Westen noch immer) jahrzehntelang dauerte wurde plötzlich innerhalb von zwei oder drei Jahren erledigt. Logistik ist die Lebensader für 'profit', und wenn man dem Götzen 'Wachstum' dienen will muss die freie Fahrt gewährleistet sein.
Was zwischen den erzeugenden und verbrauchenden Zentren liegt ist nicht von Bedeutung, es folgt dem
80:20
Pareto-Prinzip, die 80 % 'Fläche' sind vernachlässigbar, weil sie nur 20% der Einkünfte generieren.Die Parteien nehmen sich (fast) alle nichts, und selbst bei der Linken sind die Tendenzen bei "mitmachen und sich nicht länger gegen den kapitalistischen Gedanken sträuben" angekommen.
"Lehrstück in Sachen Kapitalismus" - ja, so könnte man es nennen.
Der Kahlschlag und die "wir brauchen euch nicht, wir brauchen nur euer Geld und eure Ländereien"-Strategie kam innerhalb weniger Jahre (unter dem Deckmantel "ihr seid pleite" - Wiederholung/Präsenzbeispiel: Griechenland).
Während der Rest der Welt das zwar langsam, aber allerdings inzwischen insgesamt auch zu spüren bekommt.
Das ist mit auch der Grund, warum die Linke an Wählern im Osten einbüßt. Sie ist zu einer "wir wollen auch am Tisch sitzen"-Partei verkommen und setzt sich nicht mehr für ihr tradtitionelles Publikum ein.
Nebenbei, dass sie sich in Kursrichtung amerikansiche Identity Politics zuwenden - was für Deutschland allein schon deshalb sehr unsinnig ist, weil hier längst nicht so viel Bedeutung einer Hautfarbe oder einer Religion zugemesssen wird (auch weil hier weniger kleine Sektengruppierungen frei agieren dürfen).
(Und selbst wenn, aufgrund der deutschen Geschichte sollte man das in Richtung beider Seiten eher nicht begrüßen. Man wollte das schließlich einmal abschaffen - wegen der Taten der Nazis.)
Griechenland ist ein Paradebeispiel auch in anderer Hinsicht: Dort wurde der Bevölkerung etwas vorgelogen - und im Hintergrund gemauschelt - und beteiligt als treibende Kraft der beinahe verurteilte Schäuble, der da schon einmal Finanzen jongliert hatte und später Gedächtnisschwund höchsten Grades bekam als er vor gericht stand (jeder 'normale' Mensch wäre da verurteilt worden!). Zu Griechenland habe ich mehrere Artikel hier im Blog.
Bei der Linken läuft leider sehr viel schief, ergänzend noch die Sache mit der Religion, dann die Unfähigkeit aus Regierungsbeteiligung etwas zu machen, etwa mehr Propaganda für Geleistetes.
Oh, stimmt, noch so eine Parallele... Der war damals bei der ersten Plünderung auch mit dabei.
Bei der Linken würde ich den Prozess (okay, das ist jetzt persönliche Verschwörungstheorie...) allerdings nicht zwingend als einen Prozess von innen heraus aus der Partei kommend sehen. Das erscheint mir mehr von außen erwirkt worden zu sein - indem, dass man Leute mit einer bestimmten Denkweise in die Partei einschleust, um sie ideologisch und inhaltlich zu infiltrieren.
Und dumm wie man hier ist, immer noch daran glaubend, dass man hier in einer Demokratie lebt und dass alles mit fairen Mitteln zugeht, hat man den Beginn dieses Prozesses nicht bemerkt - so lang bis es zu spät war.
Denn, selbst getrennt als PDS und WASG standen auf beiden Seiten die sozialen Probleme, die vorher da und später aus der Agenda 2010 erwachsen sind, im Mittelpunkt. Gelöst/beseitigt wurden sie nicht, also warum der Anlass zur Kurskorrektur weg hiervon? Das macht keinen Sinn. (Es sei denn, wenn es der Plan von anderen ist.)
Die Menschen, die da bestimmte Grundpfeiler der Linken in Frage gestellt haben und ihren Einfluss ausdehnen konnten um das auch umzusetzen, müssen nicht unbedingt fremdgesteuert sein. Ich habe es öfter erlebt, dass durch einschneidende Veränderungen im Leben plötzlicher Gesinnungswandel entstand.
In der Politik bin ich da sehr skeptisch. Politik - zumindest, wenn man tonangebend sein will - kommt nicht ohne Strategie aus. Es werden beständig Giftpfeile geworfen, von allen Seiten, von allen Fraktionen. Das Wenigste landet davon in der Öffentlichkeit (und wenn, dann steckt eventuell auch Kalkül dahinter).