Von "Schmerzgrenzen"

Anläss­lich des bevor­ste­hen­den Umzugs kommt der eine oder ande­re Gegen­stand zum Vor­schein, den man lan­ge nicht gese­hen hat­te und irgend­wie hat er über­haupt nicht gefehlt.

Sieht man ihn aller­dings jetzt wie­der, ist der erste Gedan­ke 'könn­te noch­mal wie­der nütz­lich sein, bes­ser auf­he­ben als neu kau­fen' .... eine gefähr­li­che Fal­le, denn was wie­der in irgend­ei­ner Kiste lan­det, also nicht weg­ge­wor­fen wird, liegt da auf Dau­er. Bis zum näch­sten Umzug. Oder bis der der­zei­ti­ge Besit­zer stirbt und sei­ne Erben den Nach­lass durch­ar­bei­ten und schließ­lich - man­gels gefühls­mä­ßi­ger Bin­dung an sol­che Gegen­stän­de - kur­zen Pro­zess machen und ihn entsorgen.

Etwas weg­zu­wer­fen ist ein schmerz­li­cher Vor­gang. Mitt­ler­wei­le sehe ich das so: Weg ist damit Ver­ant­wor­tung dafür, die­se Gegen­stän­de auf­zu­be­wah­ren, dafür den Platz mit zu bezah­len .... und am Ende doch etwas Neu­es kau­fen zu müs­sen, weil die Tech­nik fort­ge­schrit­ten ist, und der Betrieb eines alten Gegen­stan­des ein mehr­fa­ches an Ener­gie kosten würde.

Aller­dings machen es dem *weg­werf­wil­li­gen* Bür­ger die Kom­mu­nen nicht immer leicht - der Recy­cling­hof am einen Ende der Stadt, wenn aller­dings Pro­blem­ab­fall, bei­spiels­wei­se Far­ben, dann bit­te am ande­ren Ende der Stadt abge­ben. Glas (auch einen Kar­ton alte Glä­ser!) nicht als gepack­ten Kar­ton, son­dern ein­zeln in den Glas­con­tai­ner wer­fen. Aus Bleik­ri­stall­glä­sern, das Stück (!) für heu­te umge­rech­net zwi­schen 12,- und 20,- €, trinkt schein­bar nie­mand mehr, wohl auch des­we­gen, weil kaum noch ein jün­ge­rer Mensch den Unter­schied zwi­schen einem Was­ser-, Süd­wein-, Rot­wein-, und Weiss­wein­glas kennt .... getrun­ken wird aus Ein­mach­glä­sern, lee­ren Mar­me­la­den- und Senfgläsern.

Dazu noch das "nicht-mehr-en-vogue"-Pro­blem:
Beim letz­ten Umzug habe ich ein kom­plet­tes Ser­vice (12 Per­so­nen Ess- und Kaf­fee­ser­vice in zar­tem Beige mit ech­tem Gold­rand, alle Schüs­seln, Plat­ten, Ter­ri­ne etc.) in den Por­zel­lan­con­tai­ner gewor­fen - weil es selbst mit dem Label "Zu Ver­schen­ken" bei ebay-Klein­an­zei­gen kei­nen Abneh­mer gefun­den hat. Gold­rand ist nicht Spül­ma­schi­nen­fest - und damit obsolet. 

Ken­nen Sie noch *Platz­tel­ler*? Schwe­re, echt sil­ber­ne Tel­ler, mit einem Durch­mes­ser, auf den der größ­te Ess­tel­ler passt? Unse­re mit einem dezen­ten (echt ver­gol­de­ten) Rand, die man unter den unter­sten Tel­ler stell­te, um den Platz sicht­bar zu machen, und auf den - der Spei­se­fol­ge ent­spre­chend - die ver­schie­de­nen Tel­ler für den jewei­li­gen Menue­gang gestellt wur­den. Braucht heu­te nie­mand mehr - und was nun? 

Das ist nur ein Bei­spiel für so vie­le ande­re, die nun beim Umzug wie­der anfallen.
Aber wahr­schein­lich lang­wei­le ich Sie hier nur mit mei­nen Luxus-Wegwerf-Problemen.

Stel­len Sie sich vor was mor­gen pas­siert gestern pas­siert ist:
Da hol(t)e ich gra­tis und ohne Ein­schrän­kun­gen eine z. T. decken­ho­he Mar­ken-Wohn­zim­mer­wand mit einer Brei­te von ca. 3,50 m in Kirsch­baum­holz-Echt­fur­nier aus einem Haus­halt ab, des­sen Besitzer:in 'woan­ders hin zieht wo schon ein kom­plet­ter Haus­halt vor­han­den ist'.

Einen Luxus-Weg­werf-Pro­blem - wohin man auch sieht!
Ich jeden­falls bin froh dar­über nun ein so schö­nes Mobi­li­ar bekom­men zu haben - da hat sich der Auf­wand gelohnt.

 


Wo wir gera­de dabei sind über 'stil­vol­le Aus­stat­tung' zu reden:
Möch­ten Sie ein stil­vol­les Ess- und Kaf­fee­ser­vice aus dem besten Por­zel­lan mit allen Schüs­seln, Plat­ten, etc., in ele­gant-dün­nem "Bone­Chi­na", preis­gün­stig erwer­ben? Dann schau­en Sie 'mal unter die­ser Adres­se nach → ebay-Klein­an­zei­gen
Wei­te­res dort → Rosen­thal "Clas­sic Rose" Bone China

Kommentare

  1. Das geschil­der­te Pro­blem ist der Grund, war­um ich nie mehr im Leben umzie­hen möch­te. Soll­te es aber doch ein­mal not­wen­dig sein (Alters­heim, Pfle­ge­heim) über­ant­wor­te ich alles mei­nen Kindern.

    Beim Alters­heim wür­de ich ver­su­chen, mei­nen Flü­gel mit­zu­neh­men und dort auch für die Men­schen zu spie­len. Ich neh­me an, dass dies will­kom­men sein würde.
    Aber das gro­ße Pro­blem sind für mich die Bücher. Es gibt davon mitt­ler­wei­le 5000. 3000 davon könn­te ich leicht weg­wer­fen. Sie sind, wie man so sagt, "out­da­ted". Aber ich kann sie trotz­dem nicht weg­wer­fen. Es gibt zum Bei­spiel tech­ni­sche Bücher aus den Sieb­zi­ger-Jah­ren, die sind über­holt. Aber ich mag es, den Stil der Schrei­ben­den die­ser Zeit zu erfah­ren. "Was die alles noch nicht gewusst haben." In eini­gen Fach­ge­bie­ten haben sich die Erkennt­nis­se total ins Gegen­teil gewan­delt. Aber die Leu­te waren damals nicht dumm. Sie hat­ten ein­fach weni­ger Information.
    Und das Por­zel­lan mei­ner Groß­el­tern schmei­ße ich auch nicht weg. Da hän­gen Erin­ne­run­gen dran und teil­wei­se kann sich als Pas­sa­gier einer Zeit­rei­se betrach­ten, wenn man Gegen­stän­de des eige­nen Haus betrach­tet, die von zwei Jahr­hun­der­ten bekauft wor­den sind.

    Ich benei­de sie nicht um die Frei­heit des Südens, wenn damit sol­che Men­gen an Ent­schei­dun­gen ver­bun­den sind.

    Mög­li­cher­wei­se ist es eine Fra­ge oder ein Pro­blem, das unse­re Kin­der nicht mehr haben wer­den, wenn sie älter werden.

    1. Wis­sen Sie, was ich von den Kin­dern gehört habe: "Werft das alles lie­ber weg, wir müs­sen es sonst ent­sor­gen wenn ihr mal gestor­ben seid!" Die Sachen, die sie haben woll­ten haben wir ihnen schon beim vor­letz­ten Umzug gegeben.
      Ich stim­me Ihnen zu was die *Nost­al­gie* angeht - da sit­ze ich oft und grüb­le ob ich die Erin­ne­rung mit einem Gegen­stand ver­knüp­fen muss oder ob sie auch bleibt, wenn der Gegen­stand weg ist ....

  2. Trin­ken aus lee­ren Mar­me­la­den- und Senfgläsern?
    Also, dabei fällt es einem schwer, nicht den Spruch über die Lip­pen zu bekom­men "Leu­te, der Krieg ist aber schon aus, das wisst ihr, ja?".
    (Prak­tisch funk­tio­niert es natür­lich, aber bes­ser wäre es, wenn man die wie­der wo abge­ben könn­te und sie wie­der­ver­wen­det wer­den. Irgend­wo ist das doch ein biss­chen stil­los. Als wenn es nichts gäbe.)

    Ande­rer Blick­win­kel dazu: Wer heut­zu­ta­ge mit dem eige­nen Haus­halt anfängt - dass es nicht mehr so ist, dass man sich ein beson­de­res Kon­tin­gent an Por­zel­lan zulegt, das wird wohl auch dar­in begrün­det lie­gen, dass die mei­sten im Leben wohl ca. 5 Mal (Mini­mum) umzie­hen werden.
    Vie­le Besitz­tü­mer erfor­dern viel Logistik.
    Da lebt es sich regel­recht gut mit den schwe­di­schen Fer­tig­mö­beln, weil von die­sen eh kaum wel­che einen zwei­ten Umzug erle­ben wer­den, weil sie dann abge­nutzt sind.
    Die Men­schen wer­den heut­zu­ta­ge in ihrem Leben zu oft über grö­ße­re Distan­zen gescheucht, da ist es ein­fach prak­ti­scher, wenn man sein Hab und Gut kom­pakt wie die Schnecke in ihrem Haus auf ihrem Rücken tra­gen kann.
    Ist, in dem Sin­ne, auch ein Effekt der glo­ba­li­sier­ten Weltordnung.

    Qua­li­ta­tiv: Ja, Gold­rand macht sich zum einen schlecht in der Spül­ma­schi­ne, zum ande­ren ist es auch nicht taug­lich für die Mikrowelle.
    Erste­res kann einem noch egal sein, wenn man nicht viel hat und daher von Hand abwa­schen nicht viel Zeit in Anspruch nimmt, aber zwei­tes ist heu­te in so ziem­lich jedem Haus­halt "schwie­rig" (sage ich mal).

    1. Wir sind in den 44 Jah­ren Ehe mehr als 25 mal umge­zo­gen, so oft, dass es mir manch­mal schwer fällt mich an alle Woh­nun­gen zu erin­nern :c)

      Es ist eine Fra­ge der Verpackung:
      Das Rosen­thal Geschirr wur­de ins­ge­samt bis­her elf­mal ein- und wie­der aus­ge­packt. Ohne dass auch nur ein Teil zer­bro­chen wäre. Bei Geschirr ist die Ver­packung senk­recht, ste­hend, nicht auf­ein­an­der ganz wich­tig - und als unter­ste Lage geknüll­te Zei­tung und dar­über Blisterfolie. 

      Die­sen bewähr­ten Umzugstipp schrei­be ich
      unter Aus­schluss jeg­li­cher Gewähr­lei­stung!

    2. Hm... Gut, dann füh­re man es zurück auf die Tat­sa­che "heu­te kann man sehr schnell etwas neu­es kau­fen als sich mit altem Kram her­um­schla­gen zu müssen".
      Zu frü­he­ren Zei­ten waren Möbel teu­er, Geschirr koste­te auch ein biss­chen was, man fand aber nicht so schnell einen Ersatz, wenn man es acht­los ver­schließ und sich bei jedem Umzug entledigte.
      Also muss­te der alte Kram mit, weil er noch wei­ter zu die­nen hatte.
      (Ähn­lich dem Prin­zip "den Löf­fel abgeben".)

      1. Also:
        Min­de­stens beim Geschirr (das hier in Rede steht) ist es nicht der dama­li­ge Preis der den Wert davon für mich aus­macht - es ist die Ästhe­tik der Form und des Mate­ri­als, das per­fekt zusam­men­passt. Die Schlicht­heit einer­seits, völ­lig schnör­kel­los und in bestechend ein­fa­cher Form, jedoch nicht tri­vi­al daher­kom­mend (sie­he die Hen­kel der Tas­sen in jugendstilform). 

        Ich über­le­ge jetzt, ob ich es nicht zu mei­nem All­tags­ge­schirr erkläre.

        Wobei das Kaf­fee­ser­vice auch schon wie­der über­zäh­lig ist, denn seit Jah­ren trin­ke ich nur Kaf­fee aus gro­ßen Was­ser­glä­sern und zwar so lan­ge, bis er mir fast aus den Ohren kommt ....

  3. Wie konn­ten Sie nur das Geschirr mit Gold­rand weg­wer­fen! :kopf­schüt­tel: Ich benut­ze mei­nes sogar, und wenn es nur ein­mal im Jahr ist. Dann kann man auch mal von Hand spü­len (was ich aber sowie­so täg­lich tue). Die Alt­klei­der-Sam­mel­stel­le im Nach­bar­dorf sam­melt auch Geschirr (nur Glä­ser neh­men sie nicht) - für Flücht­lin­ge und ande­re Bedürf­ti­ge, aber eigent­lich kann es jeder mit­neh­men, der es möch­te; dort wer­de ich jetzt auch eini­ges ablie­fern. Gera­de in der Vor­weih­nachts­zeit fin­den sich dort auch Abneh­mer z.B. für die über­zäh­li­gen Ker­zen­stän­der aus den letz­ten Jahrzehnten ...

    1. Ker­zen­stän­der und aller­hand Weih­nachts­tand hät­ten wir auch - anläss­lich der Durch­sicht des Dach­bo­dens wur­den anstatt der erwar­te­ten 5 Kisten Weih­nachts­de­ko etc. nun bereits 7 sol­che Kisten gefun­den .... ich brau­che die nicht, aber an dem ande­ren Wohn­ort ist mitt­ler­wei­le Platz für der­glei­chen Woh­nungs­schmuck (?) gemacht worden.

      Hier gibt es eine ähn­li­che Sam­mel­stel­le, vom DRK, da bekam ich kei­ne Ant­wort ob man die­se Sachen brau­chen kön­ne - die Che­fin nahm mich nach oben in den Aus­stel­lungs­raum mit und dann noch in einen Neben­raum, dop­pelt so groß, da stan­den die Rega­le und Tische voll mit hun­der­ten von Geschirr­va­ria­tio­nen. Ihr Kom­men­tar dazu: " .. Das ist es, was sich seit den vier Jah­ren die wir hier in die­sen Räu­men sind ange­sam­melt hat .."

    2. Dann ist es mir aber ein Rät­sel, war­um man nicht z.B. Flücht­lings­hei­me mit die­sen Din­gen aus­stat­tet, mehr als kaputt­ge­hen kön­nen sie da ja auch nicht. Und auch wenn das ziem­lich schnell gehen wür­de, kann man ja auch auf die­se Wei­se wie­der für Nach­schub sor­gen --- oh,ich ver­gaß: Dann ver­dient ja aber nie­mand nix dran, und das kann man auf kei­nen Fall zulas­sen, nein, nein, das geht ja gar nicht!!!

    3. Die Neu­an­kömm­lin­ge sol­len doch von der Staats­kne­te etwas kau­fen und ler­nen wie Kon­sum geht - ein Teil der so genann­ten "Inte­gra­ti­on" ....

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