"Tugenden" & "Leitkultur"

 

.... oder:
Kön­nen Schwei­ne flie­gen und gibt es Pegasus? 

Es gibt Tage, da kann ich die­se immer wie­der­keh­ren­den Poli­ti­ker­phra­sen ein­fach nicht mehr ertra­gen. Das gilt bei­lei­be nicht nur für die aus der rech­ten Ecke, son­dern genau so auch für die aus der lin­ken Ecke, die gera­de wie­der anläss­lich der Thü­rin­gen-Wahl in all ihren Aus­prä­gun­gen (*bull­shit-Bin­go*)¹ zu hören waren.

Gibt es denn nie­man­den mehr, der ein­mal auf den Tisch haut und den Damen und Her­ren Poli­ti­kern sagt: "Wenn ihr nichts Wich­ti­ges zu sagen habt hal­tet doch ein­fach mal den Mund - nicht jedes Mikro­fon vor der Nase ist ein Zwang sich zu äußern!"

Wenn ich dann aus­ge­rech­net aus der süd­öst­li­chen Ecke des Lan­des die CSU­ler tönen höre: "Das Chri­sten­tum gehört zu unse­rer Leit­kul­tur!" dann fra­ge ich mich, wie vie­le von denen wirk­lich in der Lage wären zur Bibel mit Zita­ten zu dis­ku­tie­ren - es wäre ver­mut­lich nach weni­gen Sät­zen vor­bei mit der Leitkultur ....
Denn ich selbst, zwi­schen 12 und 18 noch 'aktiv' als Christ, bevor mir ein Licht auf­ging wel­cher Mär ich da auf den Leim gegan­gen war, und wie ver­rot­tet die Insti­tu­ti­on an 'Haupt & Glie­dern' tat­säch­lich (war und) ist, kann heu­te nur noch weni­ge Stel­len aus­wen­dig zitie­ren. Da bezweif­le ich sehr, dass es ein x-belie­bi­ger Poli­ti­ker bes­ser könnte.

'Wie sieht es aber mit Lite­ra­tur und Kunst, mit der klas­si­schen Musik aus?' höre ich nun man­che fra­gen, 'das ist doch eben­so Teil unse­rer Leit­kul­tur?' Selbst da gilt: Wel­cher Absol­vent einer "höhe­ren Lehr­an­stalt" hat denn noch all die Gedich­te, all die in Reclam-Heft­chen her­aus­ge­ge­be­nen Klas­si­ker der deut­schen Lite­ra­tur so im Gedächt­nis, dass sie/er mehr als ein, zwei Sät­ze zitie­ren könnte?

Die soge­nann­te "Leit­kul­tur" ist ein Popanz, auf­ge­baut um Men­schen zu spal­ten, in 'Wich­ti­ge und Rich­ti­ge' sowie in 'Unwich­ti­ge und Fal­sche' einzuteilen.

Soll­ten wir nicht bes­ser nach Tugen­den und per­sön­li­chen Eigen­schaf­ten von Men­schen urtei­len - egal wie sie aus­se­hen und woher sie kom­men? Solan­ge die­se Tugen­den gelebt wer­den müs­sen ohne Unter­schei­dung alle "dazu gehö­ren". Alle, die die­se gesell­schaft­lich not­wen­di­gen Grund­zü­ge des Ver­hal­tens ein­hal­ten und danach stre­ben sie gegen­über Anfein­dun­gen zu ver­tei­di­gen. Es reicht heu­te nicht mehr, sich das Leben pas­siv anzu­se­hen und nach dem Mot­to "Was geht mich das an?" sich aus Allem her­aus zu hal­ten von dem man nicht unmit­tel­bar betrof­fen ist, Auch "Enga­ge­ment gegen­über Stö­rern der Leit­kul­tur" gehört zu jeman­dem, der behaup­tet zur "Leit­kul­tur" zu gehören!


Was ist nach mei­ner Auf­fas­sung der Leit­kul­tur zuzurechnen?
Es sind die Tugen­den:
Ord­nung, Sau­ber­keit, Wahr­haf­tig­keit (Ver­läss­lich­keit),
gepaart mit Mild­tä­tig­keit, Hilfs­be­reit­schaft und Nächstenliebe.

 

¹ sie­he auch: Trollshit-Bin­go

Kommentare

    1. rich­tig, ich mei­ne DEN Expo­nen­ten der deut­schen Hoch­kul­tur, der wie sein Onkel Ema­nu­el Karl­fried Schil­ler in dem klei­nen Fami­li­en­be­trieb tätig war, der es zu einem welt­wei­ten, legen­dä­ren Ruf gebracht hat – Slogan:

      "Deutsch­land: das Land der Dich­ter und Denker"

  1. Kann ich ver­ste­hen, dass einem die­ses täg­li­che inhalt­lo­se Aller­lei manch­mal auf die Ner­ven geht... Geht mir inzwi­schen nicht anders.

    Um zu den Mikro­fo­nen was lusti­ges zu sagen: "Herr Bohning, war­um essen sie Mikro­fo­ne?". (Muss mal aus sowas wie "Sams­tag Nacht" aus den 90ern stammen.)

    Zu dem mit der Leit­kul­tur: Sei man doch mal frei­mü­tig. Inzwi­schen besteht die hie­si­ge Leit­kul­tur doch aus Love Island, The Wal­king Dead und Gol­de­ne-20er-Schla­ger­kitsch, ver­mischt mit ein biss­chen "um 10 schon auf dem Bus­bahn­hof sit­zen und die aus­ge­trun­ke­nen Bie­re kaputtschmeißen"-Asozialität.
    Niveau - das ist schon lang zur Bück­wa­re ver­kom­men bzw. ist dau­ernd ausverkauft.

    Mit "christ­lich" als "ursprüng­lich deutsch" braucht sowie­so kei­ner ankom­men; dass der Zau­ber aus dem Nahen Osten stammt, dafür muss man nicht ein­mal beson­ders intel­li­gent sein, um das herauszufinden.

    À pro­pos "Reclam-Hef­te"... Die muss es dann schon lang geben, denn ich ken­ne die auch noch.

    1. Oh ja, die Reclam Hef­te gab es schon vor letz­ten Jahrhundert:
      " .. Die Her­aus­ga­be der Uni­ver­sal-Biblio­thek durch den Ver­lag Phil­ipp Reclam jun. in Leip­zig begann am 10. Novem­ber 1867 mit den ersten zwei Num­mern: Faust I und Faust II von Goe­the. Die für dama­li­ge Ver­lags­ver­hält­nis­se sehr gro­ße Erst­pro­duk­ti­on mit jeweils 5.000 Exem­pla­ren der bei­den Faust-Aus­ga­ben war inner­halb von weni­gen Wochen so gut wie ver­grif­fen .. " [WIKIPEDIA - wo sonst?]

      Was die Leit­kul­tur angeht:
      Das fällt mir so auf den Geist, Sie haben völ­lig Recht, es gibt in der Mas­se der Bevöl­ke­rung sowas nicht mehr - es ist durch see­len­lo­sen Kitsch und Mas­sen­ver­dum­mungs­sen­dun­gen ersetzt - allein wenn ich mir anse­he, dass Vie­le eher die Bun­des­li­ga­mann­schaf­ten auf­zäh­len kön­nen als einen ein­zi­gen (!) deut­schen Dichter ....

    2. So lang gibt es die schon? Wuss­te ich nicht. Von denen gibt's bestimmt so ziem­lich jedes klas­si­sche lite­ra­ri­sche Werk im Reper­toire... Ich ken­ne die aus­schließ­lich als Hef­te, die für den Schul­un­ter­richt benutzt wer­den, wenn die Zeit anfängt, dass Bücher zuhau­se gele­sen wer­den müssen.

      Der Punkt bei der Leit­kul­tur war von mei­ner Sei­te aus eigent­lich ein ganz ande­rer: Leit­kul­tur? Wel­che deut­sche Leit­kul­tur? Fast alles, was inzwi­schen hier­zu­lan­de als "Kul­tur" gepflegt wird, ist in irgend­ei­ner Form aus Über­see impor­tiert oder dem Rest der Welt. Fil­me - man starr nach Hol­ly­wood, nicht nach Babels­berg. Seri­en - wer nicht gera­de Tat­ort mag oder bei Cobra 11 lachen will - oder sich mit nost­al­gis­cen Alt­be­stän­den der Spar­ten­ka­nä­le der gro­ßen Pri­vat­sen­der abgibt -, dann wer­den eben die neue­sten Seri­en der Pri­vat­ka­nä­le aus Über­see geschaut. (Seit Jah­ren ist es so, dass jeg­li­cher Kram von dort eupho­risch auf­ge­nom­men wird. - Erin­nert sich z. B. heu­te noch jemand an die Spar­ta­kus-Serie, die ganz am Anfang des Hypes erschien?)
      Selbst bei Comics domi­niert inzwi­schen das Aus­land - man liest gern Mangas.
      Com­pu­ter­spie­le kom­men auch haupt­säch­lich inhalt­lich ent­we­der aus Über­see oder aus Japan (wobei die japa­ni­schen wenig­stens noch etwas inter­es­sant sind in Bezug auf "kul­tu­rel­le Unterschiede").
      Musik - vor­her wur­de jahr­zehn­te­lang auch nur nach Über­see geschaut. Deutsch? Deutsch war die Spra­che von Schla­ger - und inzwi­schen ist sie, außer als Spra­che von deut­spra­chi­gem Gang­sta-Rap, inzwi­schen auf dem besten Wege dahin, wie­der bloß das zu wer­den. Tra­la­la - oh, gol­de­ne 20er, lasst uns fei­ern, der Welt­un­ter­gang ist ja schließ­lich nah...
      ...Auf der ande­ren Sei­te muss man dazu auch sagen - war­um singt man wie­der gern Deutsch? Weil man eher zu faul ist, ande­re Spra­chen zu ler­nen. Der dümm­ste Teil des Publi­kums soll sich nicht mühen, er soll gleich direkt adres­siert wer­den und sich nicht so blöd vor­kom­men wie er eigent­lich ist.

      Letzt­end­lich sitzt man also schon seit lan­gem in einer von Kom­merz gepräg­ten Kul­tur. Vor allen Din­gen einer eben­so glo­ba­li­sier­ten Kul­tur wie die Pro­duk­te, die man kauft.
      Nicht ein­mal die größ­ten Schrei­häl­se von deut­scher Leit­kul­tur wer­fen frei­wil­lig ihre Ani­mes mit den latent auf­rei­zen­den jun­gen Mäd­chen weg um Platz zu machen für alte 50er-/60er-Jah­re Hei­mat­fil­me, weil zuge­knöpf­te sin­gen­de jun­ge Din­ger in den Ber­gen etwas mehr mit Deutsch­tü­me­lei zu tun haben (näm­lich mit deut­schem Konservatismus)...

      Was dann gleich­zei­tig hin­zu­kommt - für mich der eigent­lich noch schwer­wie­gen­de­re Teil - ist das Niveau: Pri­mi­tiv, pri­mi­ti­ver als, am pri­vi­sten. So muss es am besten sein.
      Kill, kill, kill neben Ficki, Ficki, Ficki neben... "ich bin dumm und fil­me mich dabei". Zwi­schen­durch etwas inhalt­lo­se Wer­bung - oder sol­che wie die von der muhen­den Mül­ler-Milch, die einen irgend­wann nur noch nervt.
      Tri­vi­al, nichts­sa­gend, nichts­schaf­fend, bie­der­män­nisch - in ca. 20 Jah­ren darf man noch dank­bar dar­über sein, wenn man für die Chi­ne­sen die T-shirts nähen darf, weil man kogni­tiv zu nicht mehr fähig ist.

      Von intel­lek­tu­el­ler "Höhe" ist die deut­sche Leit­kul­tur seit lan­gem ziem­lich weit entfernt.
      Was gibt es also so posi­ti­ves dar­an her­vor­zu­he­ben, dass man sich damit rüh­men kann?
      An sich gar nichts.

      1. Es ist schon Vie­les an ihren Über­le­gun­gen zur Leit­kul­tur rich­tig - natür­lich gehen eige­ne Wer­ke von Lands­leu­ten in der Fut des Ein­flus­ses von drau­ssen ver­lo­ren und die Ein­stel­lung dazu ändert sich. Den­noch blei­ben die Wer­ke der so genann­ten *Klas­si­ker* ja erhal­ten und sind nicht schon des­we­gen ver­lo­ren, weil man sie nicht mehr im Fokus hat. Bedeu­tungs­schwund also "Ja", noch erreich­bar "Ja", nicht mehr im öffent­li­chen Bewusst­sein "Jein", denn gelehrt wird vie­les davon noch immer in den Schu­len, wenn auch nicht mehr in dem Umfang wie früher.

        Es ist das Ide­al des "gebil­de­ten Men­schen" ver­lo­ren, der neben sei­nen fach­li­chen Kom­pe­ten­zen ein Inter­es­se für Kunst, Lite­ra­tur, und klas­si­sche Musik hat.

        Mit dem Ver­schwin­den die­ser 'Sor­te Mensch' ist natür­lich auch ein Ver­lust an Brei­te & Tie­fe des Den­kens ver­bun­den. Weil die­se nicht dem Erwerb die­nen­den Lebens­er­schei­nun­gen eben als Expe­ri­men­tier­feld für alle Fer­tig­kei­ten mensch­li­cher Natur gel­ten kön­nen. Wer - kurz gesagt - sei­nen Geist nicht gebraucht wird lang­sam abstump­fen und die schwin­den­de Neu­gier auf 'anstren­gen­de Unter­hal­tung' ver­siegt irgend­wann völ­lig. Da sind wir schon fast angekommen.

        PS
        Was ich aller­dings sagen muss:
        Es ist für mich eine Berei­che­rung ande­re Mög­lich­kei­ten zu sehen, zu ler­nen wie sie andern­orts ein­ge­setzt / benutzt wer­den. Nicht immer ist ja das, was wir ken­nen die idea­le Lösung, auch bei ande­ren Völ­kern gibt es inte­grie­rens­wer­tes Han­deln und Schaf­fen. Ich habe kei­ne Angst davor, dass das uns 'klei­ner' macht, uns 'unter­wirft', son­dern den­ke, dass es uns eher bereichert 

    3. Gegen Input von außen habe ich grund­sätz­lich nichts, so lang es nicht dazu führt, dass etwas alles ande­re ein­sei­tig überschattet.

      In der Pra­xis bin ich wahr­schein­lich auch nicht so tugend­haft, was das angeht - aller­dings ich beschwö­re auch kei­ne deut­sche Leitkultur...
      Eben weil man sich doch der Tat­sa­che bewusst ist, dass man west­lich sozia­li­siert wurde.
      Und es gibt an dem, was alles als "deutsch" gilt, bei­lei­be auch nicht nur gutes.
      Zum Bei­spiel die typisch deut­sche Arbeits­sucht, wes­halb sie in der Welt als "Robo­ter" ver­schrien sind.
      Wenn alle Welt so leben wür­de, die Res­sour­cen der Welt wären schon vor 50 Jah­ren auf­ge­braucht gewe­sen, und ein schö­nes Leben hät­te kaum ein Mensch gehabt. War­um? Weil zwi­schen Arbei­ten, Häu­ser bau­en und abzah­len kei­ner sich auch nur eine Tas­se Tee gegönnt hätte.
      Es gibt defi­ni­tiv noch mehr als nur die­ses Ham­ster­rad (wenn man es sich aus­su­chen kann, ob man mit­läuft oder ob man aussteigt).
      Dar­um kom­me ich bei die­sem Ver­herr­li­chen einer "deut­schen Leit­kul­tur" nicht hinterher.

      Offen gespro­chen: Es gibt wahr­schein­lich mehr Leu­te, die deut­sche Kul­tur­gü­ter höher hal­ten als ich. Was ist mir wich­tig? Wahr­schein­lich eine kor­rek­te Recht­schrei­bung in Deutsch, danach hört es dann all­mäh­lich auf. Weil mein Geist auch durch vie­le Außen­ein­flüs­se geprägt ist. Im Gegen­satz zu den ande­ren Martkschrei­ern mache ich aber weni­ger einen nicht-exi­stie­ren­den Tat­sa­chen­be­stand daraus.
      Zuge­ge­ben, mir ist es nur seit Jah­ren zuwi­der gewor­den, ein­sei­tig dem Ein­fluss von Über­see allein zu fol­gen. Es ist, im Prin­zip, immer wie­der das­sel­be Erlebnis.
      Des­we­gen sind mir selbst tra­shi­ge Ost­block-Action-Schin­ken inzwi­schen lie­ber als vie­le Fil­me aus Über­see. Es ist ein­fach mal etwas ande­res - man bekommt ande­re Land­schaf­ten, ande­re Archi­tek­tur (Archi­tek­tur, die der eige­nen ähn­li­cher ist als die aus Über­see) und ande­re Gepflo­gen­hei­ten zu sehen.
      Selbst bei dem grot­tig­sten Film scheint das zwi­schen den Zei­len durch.
      Und, zuge­ge­ben, was, glau­be ich, dabei auch schon immer mit bei­geschwun­gen ist: Soweit es einem mög­lich ist, Spra­chen lernen.
      Vie­le lie­ben gern die Kul­tur von außen, aber pfle­gen die arro­gan­te Ein­stel­lung, es müs­se bit­te­schön in ihrer deut­schen Mut­ter­spra­che daherkommen.
      Das ist bei mir durch­aus nicht so. Ein gewis­ses Inter­es­se am O-Ton ist häu­fig mit dabei. Oder, bes­ser aus­ge­drückt: Wenn die z. B. Eng­lish sin­gen, dann ver­sucht man, die zu ver­ste­hen, anstatt nur irgend­wie halb-deng­lish pri­mi­tiv mit­zu­sin­gen und dabei wird einem der größ­te Scheiß an Inhalt unter­ge­ju­belt, weil man es nicht ver­steht und weil es einen auch nicht wei­ter interessiert.
      (Blöd nur, dass es lei­der nicht so ein­fach funk­tio­niert, ein­fach mal eben so ein hal­bes Dut­zend Spra­chen ver­ste­hen zu lernen...)

      Also, wie könn­te man es aus­drücken: Inter­na­tio­na­lis­mus - ja, voll und ganz, aber mit der gewis­sen Aus­rich­tung, auf das Aus­land zuzu­ge­hen. Nicht bloß "ich will kon­su­mie­ren, der Rest ist mir egal".

      1. Wenn ich an "typi­sche Deut­sche" den­ke fal­len mir immer ganz ande­re 'Wer­te' ein:
        - Ver­eins­meie­rei (irgend­wo in einem Ver­ein *wich­tig* sein)
        - Bes­ser­wis­se­rei (aber nicht begrün­det auf Wis­sen son­dern auf BILD)
        - Über­heb­lich­keit (wenn wir hier bei euch in "set­ze ein belie­bi­ges Land ein" urlau­ben habt ihr zu springen!
        - Über­trie­be­ne Sau­ber­keit äußer­lich und inne­res Ver­rot­ten (brau­ne Rest­ge­dan­ken, Feind­se­lig­keit gegen­über Ausländern)
        - Beleh­rungs­wahn (hin­wei­sen auf 'wich­ti­ge' Regeln & Ord­nung - die oft in Wahr­heit sinn­los sind)
        - über­bor­den­de Büro­kra­tie ("ein Antrag auf Erstel­lung eines Antrags­for­mu­lars")

        Was die schö­nen Kün­ste und Kul­tur angeht haben es die Fran­zo­sen bes­ser als wir ver­stan­den sich den US-Schrott vom Lei­be zu hal­ten - hier­zu­lan­de besteht eine ver­fälsch­te, rosa­rot gefärb­te, total unrea­li­sti­sche Vor­stel­lung vom "Ame­ri­can way of life". Was bei Kurz­ur­lau­ben in NYCi­ty oder geführ­ten ADAC-Rei­sen ("deutsch­spra­chi­ge Rei­se­lei­tung"!) noch ver­stärkt wird. Über die US Poli­tik wis­sen die­se tum­ben Töl­pel nichts, null, nada!

    4. Hm, da sind wir glatt "auf einer ähn­li­chen Wel­len­län­ge", wie man das so sagt.
      Ein paar Din­ge davon, muss ich dazu sagen, kom­men jedoch in einer Ost-Sozia­li­sa­ti­on nicht vor (jeden­falls, wenn man von dem, was mal gewe­sen ist, noch ein biss­chen was abge­kriegt hat).

      Urlau­ben und die ande­ren sol­len sprin­gen, wenn das west­li­che Geld klim­pert - ken­ne ich so nicht.
      Beleh­rungs­wahn - viel­leicht, aber das BILD-Niveau bzw. das Niveau, zu rich­ten, bevor man sich genau aus­kennt, lei­der ist mir das erst all­mäh­lich aus der Neu­zeit bekannt.
      Ich selbst bin so, dass ich lie­ber über ein The­ma erst ein wenig infor­miert bin, bevor ich den Mund weit auf­rei­ße, weil ich weiß wie sehr man sich damit auch bla­mie­ren oder unge­recht wer­den kann.
      Ver­eins­meie­rei - kann sein, dass das wohl­mög­lich auch heu­te noch nicht unbe­deu­ten­de Rol­le... Bin da wohl zu wenig invol­viert oder habe bis­her kei­nen Ver­ein für mich gefun­den, für den ich frei­wil­lig etwas Ein­satz zei­gen würde.
      Bin eben nicht der­je­ni­ge, der sich leicht von etwas ange­spro­chen fühlt.
      Und zudem - wozu muss ich erst in der Hier­ar­chie einer Orga­ni­sa­ti­on auf­stei­gen, um bemerkt zu wer­den? Kann man mich nicht auch für mei­nen urei­ge­nen Scheiß hono­rie­ren, wenn er gut ist?
      Sich nur in einer Orga­ni­sa­ti­on Auf­merk­sam­keit und Sta­tus zu erar­bei­ten hat auch immer etwas von "sich hin­ter ande­ren ver­stecken", wür­de ich sagen.

      Über­bor­den­de Sau­ber­keit bei gleich­zei­ti­gem inne­ren Ver­rot­ten ver­bin­de ich viel­mehr mit der preu­ßi­schen Tugend "zuerst kommt stets die Pflicht­er­fül­lung". Weiß nicht, ob das immer fak­tisch kor­rekt ist, aber das fällt mir dazu ein.
      Und ja, es ist über­aus unprak­tisch im Leben - weil man sich glatt, selbst wenn es nötig tut, weni­ger um sich selbst küm­mert als dar­um, eine Fas­sa­de auf­recht zu erhalten...

      Des­we­gen, auch wenn man die Deutsch-Tüme­lei an sich festellt, fin­de ich es so wich­tig, ein wenig Input von außen zu bekom­men. Damit einem an den Stel­len, wo es bereits ins eige­ne Fleisch schnei­det, mal auf­fällt, dass es auch ande­re Wege gibt. Dass das, was einem bei­gebracht wur­de, nicht der Weis­heit letz­ter Schluss ist.
      Man kann ja sei­ne Tüme­lei bei­be­hal­ten, wenn man Tei­le davon als nicht so unprak­tisch oder vor­teil­haf­ter gegen­über ande­ren Gepflo­gen­hei­ten ansieht. Das steht einem ja schließ­lich frei.
      Aber, es ist eben nicht so, als wenn die­se Tüme­lei, die man kennt, für alle Lebens­si­tua­tio­nen eine Ant­wort hat wie man sich ver­hal­ten oder den­ken soll. Oder das, was sie auf Lager hat, muss nicht immer mit den indi­vi­du­el­len Vor­lie­ben, Fähig­kei­ten oder Gemüt zusammenpassen.
      Sozu­sa­gen: Du bist nicht kaputt, son­dern das, was dir als "way to be" täg­lich um die Ohren geschla­gen wird, ist es.
      Man darf ruhig zuge­ge­ben, wenn etwas an der eige­nen Leit­kul­tur kon­tra­pro­duk­tiv ist (für alle oder für einen selbst allein). Das ist kei­ne Nest­be­schmut­zung, wenn man das an sich ver­än­dern will und ande­ren als Kri­tik mit auf den Weg gibt.
      (Durch das muss so ziem­lich jeder gehen, der eine inten­si­ve Psy­cho­the­ra­pie machen muss, weil er die dys­funk­tio­na­len Maxi­men sei­ner Eltern los­wer­den muss, um wie­der ordent­lich leben zu können.)

    5. Sich dem hin­zu­ge­ben, was die rech­ten Poli­ti­ker und ihre Anhän­ger so als Leit­kul­tur dekla­rie­ren ist mir schon des­we­gen völ­lig fremd, weil ich mich nicht gern ver­ein­nah­men lasse:
      So waren (um nur ein Bei­spiel her­aus zu neh­men) die "Grü­nen" mir anfangs sehr sym­pa­thisch, weil sie das Wald­ster­ben ange­spro­chen haben als die ande­ren Deut­schen noch von super-gepower­ten Boli­den auf dem Ring träum­ten .... doch dann soll­te ich mich für Pro­te­ste gegen AKWs bereit machen und das Dosen­pfand gut fin­den - da war es mit mei­ner Sym­pa­thie für die­se Par­tei vor­bei .... wie Recht ich hat­te kam spä­ter, als sie mit der SPD das Grund­ge­setz bei­sei­te wisch­ten um in Bos­ni­en mitzumischen.

    6. Das Gere­de von der "Leit­kul­tur", selbst wenn es nicht mit rech­tem Unter­ton kommt, miss­fällt mir, den­ke ich, schon allein des­halb, weil ich in die­se Sche­ma­ta schon immer nicht hin­ein­ge­passt habe. Ich war ein­fach schon immer unfä­hig dazu, dem gerecht zu wer­den. Zusätz­lich hat sich eine Unwil­lig­keit par­al­lel dazu auf­ge­baut, weil abzu­se­hen war, auch das Sich-Ein­fü­gen bringt einem nicht das, was man von der Sache eigent­lich wol­len würde.
      Sich-Ein­fü­gen wird irgend­wie als eine Selbst­ver­ständ­lich­keit betrach­tet und nicht als "Mühe". Und dafür darf man dann Kraft auf­wen­den, gegen sich selbst kämp­fen, so tun als ob? Noch nicht ein­mal ein klei­nes Lob?
      Nein, sol­chen Unsinn braucht man nicht...
      Mach' lie­ber, was du denkst, was dich wirk­lich inter­es­siert oder was du wirk­lich gut findest.
      Wenn irgend­wel­che das mit Attri­but X ver­se­hen, dann nimm es so: "Und, nun hast du mich X genannt - bist du jetzt glücklicher?".

  2. "Ord­nung, Sau­ber­keit, Wahr­haf­tig­keit (Verlässlichkeit),gepaart mit Mild­tä­tig­keit, Hilfs­be­reit­schaft und Näch­sten­lie­be" - haben doch mit einer bestimm­ten Kul­tur nicht unbe­dingt etwas zu tun. Das sind mensch­li­che Eigen­schaf­ten, Ein­stel­lun­gen, Grund­hal­tun­gen, die in jeder Kul­tur welt­weit zu fin­den sind, eben­so wie ihr jewei­li­ges Gegenteil.

    1. Klar, da tref­fen Sie den Nagel auf den Kopf!
      Sol­che Unter­schei­dun­gen mit (angeb­li­cher "Kul­tur") machen die­se Dumm­schwät­zer doch nur, um nicht direkt ras­si­sti­sche Äuße­run­gen aus­zu­spre­chen - das geht bei denen mit sol­chen Phra­sen, die vom ent­spre­chen­den Kli­en­tel ver­stan­den und gera­de­zu *auf­ge­saugt* wer­den .... wir sind unter der grü­nen Ober­flä­che immer noch über­wie­gend braun in die­sem Land.

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