.... oder:
Können Schweine fliegen und gibt es Pegasus?
Es gibt Tage, da kann ich diese immer wiederkehrenden Politikerphrasen einfach nicht mehr ertragen. Das gilt beileibe nicht nur für die aus der rechten Ecke, sondern genau so auch für die aus der linken Ecke, die gerade wieder anlässlich der Thüringen-Wahl in all ihren Ausprägungen (*bullshit-Bingo*)¹ zu hören waren.
Gibt es denn niemanden mehr, der einmal auf den Tisch haut und den Damen und Herren Politikern sagt: "Wenn ihr nichts Wichtiges zu sagen habt haltet doch einfach mal den Mund - nicht jedes Mikrofon vor der Nase ist ein Zwang sich zu äußern!"
Wenn ich dann ausgerechnet aus der südöstlichen Ecke des Landes die CSUler tönen höre: "Das Christentum gehört zu unserer Leitkultur!" dann frage ich mich, wie viele von denen wirklich in der Lage wären zur Bibel mit Zitaten zu diskutieren - es wäre vermutlich nach wenigen Sätzen vorbei mit der Leitkultur ....
Denn ich selbst, zwischen 12 und 18 noch 'aktiv' als Christ, bevor mir ein Licht aufging welcher Mär ich da auf den Leim gegangen war, und wie verrottet die Institution an 'Haupt & Gliedern' tatsächlich (war und) ist, kann heute nur noch wenige Stellen auswendig zitieren. Da bezweifle ich sehr, dass es ein x-beliebiger Politiker besser könnte.
'Wie sieht es aber mit Literatur und Kunst, mit der klassischen Musik aus?' höre ich nun manche fragen, 'das ist doch ebenso Teil unserer Leitkultur?' Selbst da gilt: Welcher Absolvent einer "höheren Lehranstalt" hat denn noch all die Gedichte, all die in Reclam-Heftchen herausgegebenen Klassiker der deutschen Literatur so im Gedächtnis, dass sie/er mehr als ein, zwei Sätze zitieren könnte?
Die sogenannte "Leitkultur" ist ein Popanz, aufgebaut um Menschen zu spalten, in 'Wichtige und Richtige' sowie in 'Unwichtige und Falsche' einzuteilen.
Sollten wir nicht besser nach Tugenden und persönlichen Eigenschaften von Menschen urteilen - egal wie sie aussehen und woher sie kommen? Solange diese Tugenden gelebt werden müssen ohne Unterscheidung alle "dazu gehören". Alle, die diese gesellschaftlich notwendigen Grundzüge des Verhaltens einhalten und danach streben sie gegenüber Anfeindungen zu verteidigen. Es reicht heute nicht mehr, sich das Leben passiv anzusehen und nach dem Motto "Was geht mich das an?" sich aus Allem heraus zu halten von dem man nicht unmittelbar betroffen ist, Auch "Engagement gegenüber Störern der Leitkultur" gehört zu jemandem, der behauptet zur "Leitkultur" zu gehören!
Was ist nach meiner Auffassung der Leitkultur zuzurechnen?
Es sind die Tugenden:
Ordnung, Sauberkeit, Wahrhaftigkeit (Verlässlichkeit),
gepaart mit Mildtätigkeit, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe.
¹ siehe auch: Trollshit-Bingo
sagen Sie jetzt nichts gegen Gerd Goethe !
Ach, Sie meinen den Neffen von Emanuel Karlfried Schiller?
richtig, ich meine DEN Exponenten der deutschen Hochkultur, der wie sein Onkel Emanuel Karlfried Schiller in dem kleinen Familienbetrieb tätig war, der es zu einem weltweiten, legendären Ruf gebracht hat – Slogan:
"Deutschland: das Land der Dichter und Denker"
Kann ich verstehen, dass einem dieses tägliche inhaltlose Allerlei manchmal auf die Nerven geht... Geht mir inzwischen nicht anders.
Um zu den Mikrofonen was lustiges zu sagen: "Herr Bohning, warum essen sie Mikrofone?". (Muss mal aus sowas wie "Samstag Nacht" aus den 90ern stammen.)
Zu dem mit der Leitkultur: Sei man doch mal freimütig. Inzwischen besteht die hiesige Leitkultur doch aus Love Island, The Walking Dead und Goldene-20er-Schlagerkitsch, vermischt mit ein bisschen "um 10 schon auf dem Busbahnhof sitzen und die ausgetrunkenen Biere kaputtschmeißen"-Asozialität.
Niveau - das ist schon lang zur Bückware verkommen bzw. ist dauernd ausverkauft.
Mit "christlich" als "ursprünglich deutsch" braucht sowieso keiner ankommen; dass der Zauber aus dem Nahen Osten stammt, dafür muss man nicht einmal besonders intelligent sein, um das herauszufinden.
À propos "Reclam-Hefte"... Die muss es dann schon lang geben, denn ich kenne die auch noch.
Oh ja, die Reclam Hefte gab es schon vor letzten Jahrhundert:
" .. Die Herausgabe der Universal-Bibliothek durch den Verlag Philipp Reclam jun. in Leipzig begann am 10. November 1867 mit den ersten zwei Nummern: Faust I und Faust II von Goethe. Die für damalige Verlagsverhältnisse sehr große Erstproduktion mit jeweils 5.000 Exemplaren der beiden Faust-Ausgaben war innerhalb von wenigen Wochen so gut wie vergriffen .. " [WIKIPEDIA - wo sonst?]
Was die Leitkultur angeht:
Das fällt mir so auf den Geist, Sie haben völlig Recht, es gibt in der Masse der Bevölkerung sowas nicht mehr - es ist durch seelenlosen Kitsch und Massenverdummungssendungen ersetzt - allein wenn ich mir ansehe, dass Viele eher die Bundesligamannschaften aufzählen können als einen einzigen (!) deutschen Dichter ....
So lang gibt es die schon? Wusste ich nicht. Von denen gibt's bestimmt so ziemlich jedes klassische literarische Werk im Repertoire... Ich kenne die ausschließlich als Hefte, die für den Schulunterricht benutzt werden, wenn die Zeit anfängt, dass Bücher zuhause gelesen werden müssen.
Der Punkt bei der Leitkultur war von meiner Seite aus eigentlich ein ganz anderer: Leitkultur? Welche deutsche Leitkultur? Fast alles, was inzwischen hierzulande als "Kultur" gepflegt wird, ist in irgendeiner Form aus Übersee importiert oder dem Rest der Welt. Filme - man starr nach Hollywood, nicht nach Babelsberg. Serien - wer nicht gerade Tatort mag oder bei Cobra 11 lachen will - oder sich mit nostalgiscen Altbeständen der Spartenkanäle der großen Privatsender abgibt -, dann werden eben die neuesten Serien der Privatkanäle aus Übersee geschaut. (Seit Jahren ist es so, dass jeglicher Kram von dort euphorisch aufgenommen wird. - Erinnert sich z. B. heute noch jemand an die Spartakus-Serie, die ganz am Anfang des Hypes erschien?)
Selbst bei Comics dominiert inzwischen das Ausland - man liest gern Mangas.
Computerspiele kommen auch hauptsächlich inhaltlich entweder aus Übersee oder aus Japan (wobei die japanischen wenigstens noch etwas interessant sind in Bezug auf "kulturelle Unterschiede").
Musik - vorher wurde jahrzehntelang auch nur nach Übersee geschaut. Deutsch? Deutsch war die Sprache von Schlager - und inzwischen ist sie, außer als Sprache von deutsprachigem Gangsta-Rap, inzwischen auf dem besten Wege dahin, wieder bloß das zu werden. Tralala - oh, goldene 20er, lasst uns feiern, der Weltuntergang ist ja schließlich nah...
...Auf der anderen Seite muss man dazu auch sagen - warum singt man wieder gern Deutsch? Weil man eher zu faul ist, andere Sprachen zu lernen. Der dümmste Teil des Publikums soll sich nicht mühen, er soll gleich direkt adressiert werden und sich nicht so blöd vorkommen wie er eigentlich ist.
Letztendlich sitzt man also schon seit langem in einer von Kommerz geprägten Kultur. Vor allen Dingen einer ebenso globalisierten Kultur wie die Produkte, die man kauft.
Nicht einmal die größten Schreihälse von deutscher Leitkultur werfen freiwillig ihre Animes mit den latent aufreizenden jungen Mädchen weg um Platz zu machen für alte 50er-/60er-Jahre Heimatfilme, weil zugeknöpfte singende junge Dinger in den Bergen etwas mehr mit Deutschtümelei zu tun haben (nämlich mit deutschem Konservatismus)...
Was dann gleichzeitig hinzukommt - für mich der eigentlich noch schwerwiegendere Teil - ist das Niveau: Primitiv, primitiver als, am privisten. So muss es am besten sein.
Kill, kill, kill neben Ficki, Ficki, Ficki neben... "ich bin dumm und filme mich dabei". Zwischendurch etwas inhaltlose Werbung - oder solche wie die von der muhenden Müller-Milch, die einen irgendwann nur noch nervt.
Trivial, nichtssagend, nichtsschaffend, biedermännisch - in ca. 20 Jahren darf man noch dankbar darüber sein, wenn man für die Chinesen die T-shirts nähen darf, weil man kognitiv zu nicht mehr fähig ist.
Von intellektueller "Höhe" ist die deutsche Leitkultur seit langem ziemlich weit entfernt.
Was gibt es also so positives daran hervorzuheben, dass man sich damit rühmen kann?
An sich gar nichts.
Es ist schon Vieles an ihren Überlegungen zur Leitkultur richtig - natürlich gehen eigene Werke von Landsleuten in der Fut des Einflusses von draussen verloren und die Einstellung dazu ändert sich. Dennoch bleiben die Werke der so genannten *Klassiker* ja erhalten und sind nicht schon deswegen verloren, weil man sie nicht mehr im Fokus hat. Bedeutungsschwund also "Ja", noch erreichbar "Ja", nicht mehr im öffentlichen Bewusstsein "Jein", denn gelehrt wird vieles davon noch immer in den Schulen, wenn auch nicht mehr in dem Umfang wie früher.
Es ist das Ideal des "gebildeten Menschen" verloren, der neben seinen fachlichen Kompetenzen ein Interesse für Kunst, Literatur, und klassische Musik hat.
Mit dem Verschwinden dieser 'Sorte Mensch' ist natürlich auch ein Verlust an Breite & Tiefe des Denkens verbunden. Weil diese nicht dem Erwerb dienenden Lebenserscheinungen eben als Experimentierfeld für alle Fertigkeiten menschlicher Natur gelten können. Wer - kurz gesagt - seinen Geist nicht gebraucht wird langsam abstumpfen und die schwindende Neugier auf 'anstrengende Unterhaltung' versiegt irgendwann völlig. Da sind wir schon fast angekommen.
PS
Was ich allerdings sagen muss:
Es ist für mich eine Bereicherung andere Möglichkeiten zu sehen, zu lernen wie sie andernorts eingesetzt / benutzt werden. Nicht immer ist ja das, was wir kennen die ideale Lösung, auch bei anderen Völkern gibt es integrierenswertes Handeln und Schaffen. Ich habe keine Angst davor, dass das uns 'kleiner' macht, uns 'unterwirft', sondern denke, dass es uns eher bereichert
Gegen Input von außen habe ich grundsätzlich nichts, so lang es nicht dazu führt, dass etwas alles andere einseitig überschattet.
In der Praxis bin ich wahrscheinlich auch nicht so tugendhaft, was das angeht - allerdings ich beschwöre auch keine deutsche Leitkultur...
Eben weil man sich doch der Tatsache bewusst ist, dass man westlich sozialisiert wurde.
Und es gibt an dem, was alles als "deutsch" gilt, beileibe auch nicht nur gutes.
Zum Beispiel die typisch deutsche Arbeitssucht, weshalb sie in der Welt als "Roboter" verschrien sind.
Wenn alle Welt so leben würde, die Ressourcen der Welt wären schon vor 50 Jahren aufgebraucht gewesen, und ein schönes Leben hätte kaum ein Mensch gehabt. Warum? Weil zwischen Arbeiten, Häuser bauen und abzahlen keiner sich auch nur eine Tasse Tee gegönnt hätte.
Es gibt definitiv noch mehr als nur dieses Hamsterrad (wenn man es sich aussuchen kann, ob man mitläuft oder ob man aussteigt).
Darum komme ich bei diesem Verherrlichen einer "deutschen Leitkultur" nicht hinterher.
Offen gesprochen: Es gibt wahrscheinlich mehr Leute, die deutsche Kulturgüter höher halten als ich. Was ist mir wichtig? Wahrscheinlich eine korrekte Rechtschreibung in Deutsch, danach hört es dann allmählich auf. Weil mein Geist auch durch viele Außeneinflüsse geprägt ist. Im Gegensatz zu den anderen Martkschreiern mache ich aber weniger einen nicht-existierenden Tatsachenbestand daraus.
Zugegeben, mir ist es nur seit Jahren zuwider geworden, einseitig dem Einfluss von Übersee allein zu folgen. Es ist, im Prinzip, immer wieder dasselbe Erlebnis.
Deswegen sind mir selbst trashige Ostblock-Action-Schinken inzwischen lieber als viele Filme aus Übersee. Es ist einfach mal etwas anderes - man bekommt andere Landschaften, andere Architektur (Architektur, die der eigenen ähnlicher ist als die aus Übersee) und andere Gepflogenheiten zu sehen.
Selbst bei dem grottigsten Film scheint das zwischen den Zeilen durch.
Und, zugegeben, was, glaube ich, dabei auch schon immer mit beigeschwungen ist: Soweit es einem möglich ist, Sprachen lernen.
Viele lieben gern die Kultur von außen, aber pflegen die arrogante Einstellung, es müsse bitteschön in ihrer deutschen Muttersprache daherkommen.
Das ist bei mir durchaus nicht so. Ein gewisses Interesse am O-Ton ist häufig mit dabei. Oder, besser ausgedrückt: Wenn die z. B. English singen, dann versucht man, die zu verstehen, anstatt nur irgendwie halb-denglish primitiv mitzusingen und dabei wird einem der größte Scheiß an Inhalt untergejubelt, weil man es nicht versteht und weil es einen auch nicht weiter interessiert.
(Blöd nur, dass es leider nicht so einfach funktioniert, einfach mal eben so ein halbes Dutzend Sprachen verstehen zu lernen...)
Also, wie könnte man es ausdrücken: Internationalismus - ja, voll und ganz, aber mit der gewissen Ausrichtung, auf das Ausland zuzugehen. Nicht bloß "ich will konsumieren, der Rest ist mir egal".
Wenn ich an "typische Deutsche" denke fallen mir immer ganz andere 'Werte' ein:
- Vereinsmeierei (irgendwo in einem Verein *wichtig* sein)
- Besserwisserei (aber nicht begründet auf Wissen sondern auf BILD)
- Überheblichkeit (wenn wir hier bei euch in "setze ein beliebiges Land ein" urlauben habt ihr zu springen!
- Übertriebene Sauberkeit äußerlich und inneres Verrotten (braune Restgedanken, Feindseligkeit gegenüber Ausländern)
- Belehrungswahn (hinweisen auf 'wichtige' Regeln & Ordnung - die oft in Wahrheit sinnlos sind)
- überbordende Bürokratie ("ein Antrag auf Erstellung eines Antragsformulars")
Was die schönen Künste und Kultur angeht haben es die Franzosen besser als wir verstanden sich den US-Schrott vom Leibe zu halten - hierzulande besteht eine verfälschte, rosarot gefärbte, total unrealistische Vorstellung vom "American way of life". Was bei Kurzurlauben in NYCity oder geführten ADAC-Reisen ("deutschsprachige Reiseleitung"!) noch verstärkt wird. Über die US Politik wissen diese tumben Tölpel nichts, null, nada!
Hm, da sind wir glatt "auf einer ähnlichen Wellenlänge", wie man das so sagt.
Ein paar Dinge davon, muss ich dazu sagen, kommen jedoch in einer Ost-Sozialisation nicht vor (jedenfalls, wenn man von dem, was mal gewesen ist, noch ein bisschen was abgekriegt hat).
Urlauben und die anderen sollen springen, wenn das westliche Geld klimpert - kenne ich so nicht.
Belehrungswahn - vielleicht, aber das BILD-Niveau bzw. das Niveau, zu richten, bevor man sich genau auskennt, leider ist mir das erst allmählich aus der Neuzeit bekannt.
Ich selbst bin so, dass ich lieber über ein Thema erst ein wenig informiert bin, bevor ich den Mund weit aufreiße, weil ich weiß wie sehr man sich damit auch blamieren oder ungerecht werden kann.
Vereinsmeierei - kann sein, dass das wohlmöglich auch heute noch nicht unbedeutende Rolle... Bin da wohl zu wenig involviert oder habe bisher keinen Verein für mich gefunden, für den ich freiwillig etwas Einsatz zeigen würde.
Bin eben nicht derjenige, der sich leicht von etwas angesprochen fühlt.
Und zudem - wozu muss ich erst in der Hierarchie einer Organisation aufsteigen, um bemerkt zu werden? Kann man mich nicht auch für meinen ureigenen Scheiß honorieren, wenn er gut ist?
Sich nur in einer Organisation Aufmerksamkeit und Status zu erarbeiten hat auch immer etwas von "sich hinter anderen verstecken", würde ich sagen.
Überbordende Sauberkeit bei gleichzeitigem inneren Verrotten verbinde ich vielmehr mit der preußischen Tugend "zuerst kommt stets die Pflichterfüllung". Weiß nicht, ob das immer faktisch korrekt ist, aber das fällt mir dazu ein.
Und ja, es ist überaus unpraktisch im Leben - weil man sich glatt, selbst wenn es nötig tut, weniger um sich selbst kümmert als darum, eine Fassade aufrecht zu erhalten...
Deswegen, auch wenn man die Deutsch-Tümelei an sich festellt, finde ich es so wichtig, ein wenig Input von außen zu bekommen. Damit einem an den Stellen, wo es bereits ins eigene Fleisch schneidet, mal auffällt, dass es auch andere Wege gibt. Dass das, was einem beigebracht wurde, nicht der Weisheit letzter Schluss ist.
Man kann ja seine Tümelei beibehalten, wenn man Teile davon als nicht so unpraktisch oder vorteilhafter gegenüber anderen Gepflogenheiten ansieht. Das steht einem ja schließlich frei.
Aber, es ist eben nicht so, als wenn diese Tümelei, die man kennt, für alle Lebenssituationen eine Antwort hat wie man sich verhalten oder denken soll. Oder das, was sie auf Lager hat, muss nicht immer mit den individuellen Vorlieben, Fähigkeiten oder Gemüt zusammenpassen.
Sozusagen: Du bist nicht kaputt, sondern das, was dir als "way to be" täglich um die Ohren geschlagen wird, ist es.
Man darf ruhig zugegeben, wenn etwas an der eigenen Leitkultur kontraproduktiv ist (für alle oder für einen selbst allein). Das ist keine Nestbeschmutzung, wenn man das an sich verändern will und anderen als Kritik mit auf den Weg gibt.
(Durch das muss so ziemlich jeder gehen, der eine intensive Psychotherapie machen muss, weil er die dysfunktionalen Maximen seiner Eltern loswerden muss, um wieder ordentlich leben zu können.)
Sich dem hinzugeben, was die rechten Politiker und ihre Anhänger so als Leitkultur deklarieren ist mir schon deswegen völlig fremd, weil ich mich nicht gern vereinnahmen lasse:
So waren (um nur ein Beispiel heraus zu nehmen) die "Grünen" mir anfangs sehr sympathisch, weil sie das Waldsterben angesprochen haben als die anderen Deutschen noch von super-gepowerten Boliden auf dem Ring träumten .... doch dann sollte ich mich für Proteste gegen AKWs bereit machen und das Dosenpfand gut finden - da war es mit meiner Sympathie für diese Partei vorbei .... wie Recht ich hatte kam später, als sie mit der SPD das Grundgesetz beiseite wischten um in Bosnien mitzumischen.
Das Gerede von der "Leitkultur", selbst wenn es nicht mit rechtem Unterton kommt, missfällt mir, denke ich, schon allein deshalb, weil ich in diese Schemata schon immer nicht hineingepasst habe. Ich war einfach schon immer unfähig dazu, dem gerecht zu werden. Zusätzlich hat sich eine Unwilligkeit parallel dazu aufgebaut, weil abzusehen war, auch das Sich-Einfügen bringt einem nicht das, was man von der Sache eigentlich wollen würde.
Sich-Einfügen wird irgendwie als eine Selbstverständlichkeit betrachtet und nicht als "Mühe". Und dafür darf man dann Kraft aufwenden, gegen sich selbst kämpfen, so tun als ob? Noch nicht einmal ein kleines Lob?
Nein, solchen Unsinn braucht man nicht...
Mach' lieber, was du denkst, was dich wirklich interessiert oder was du wirklich gut findest.
Wenn irgendwelche das mit Attribut X versehen, dann nimm es so: "Und, nun hast du mich X genannt - bist du jetzt glücklicher?".
"Ordnung, Sauberkeit, Wahrhaftigkeit (Verlässlichkeit),gepaart mit Mildtätigkeit, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe" - haben doch mit einer bestimmten Kultur nicht unbedingt etwas zu tun. Das sind menschliche Eigenschaften, Einstellungen, Grundhaltungen, die in jeder Kultur weltweit zu finden sind, ebenso wie ihr jeweiliges Gegenteil.
Klar, da treffen Sie den Nagel auf den Kopf!
Solche Unterscheidungen mit (angeblicher "Kultur") machen diese Dummschwätzer doch nur, um nicht direkt rassistische Äußerungen auszusprechen - das geht bei denen mit solchen Phrasen, die vom entsprechenden Klientel verstanden und geradezu *aufgesaugt* werden .... wir sind unter der grünen Oberfläche immer noch überwiegend braun in diesem Land.