“Thats how that
should’ve been designed
in the first place!”
Übersetzung: "So hätte es gleich gestaltet werden sollen!"; Flapsig: "Warum nicht gleich so!"
Ja, das sagt meine Frau auch öfter wenn es darum geht, dass sich ganze Horden von Ingenieuren über viele Monate oder Jahre Gedanken gemacht haben wie ein Produkt gestaltet sein sollte, damit es für den Nutzer den größtmöglichen Effekt haben kann.
Praktiker - oder besser ganz allgemein: Nutzer - haben überwiegend eine andere Art einen Gegenstand zu benutzen als es sich die Ingenieure ausgedacht haben. Das fängt schon damit an, dass eine Bedienungsanleitung zwar zur Kenntnis genommen wird. Lesen tun hingegen die Wenigsten.
So ist wohl ein Produkt dann "gut",
wenn es
preiswert,
praktisch,
intuitiv zu handhaben und
sicher für den Menschen ist, der es gebraucht.
Es gibt für solche Tests so genannte "Fokusgruppen", die Produkte gezeigt bekommen und ihr Urteil abgeben sollen. Das halte ich nicht für zielführend, weil irgendwann die Tester ahnen oder durch genaues Zuhören sicher erfahren WAS die Produktleute wissen wollen und wo sie den Vor- bzw. Nachteil sehen - und dann wird eben ein wenig in dieser Richtung bewertet. Man möchte schließlich nicht als 'Spielverderber' dastehen für den nächsten lukrativen Job dort deswegen disqualifiziert sein.
Fokusgruppe
Fokusgruppen sind moderierte, strukturierte Gruppendiskussion mit sechs bis acht Teilnehmern zu wünschenswerten funktionalen Merkmalen und Usabilityanforderungen; häufig als Teil der Anforderungsanalyse. Die Teilnehmer von Fokusgruppen werden so ausgewählt, dass sie einen repräsentativen Querschnitt der Anwender der Software darstellen.
"Nutzer - haben überwiegend eine andere Art einen Gegenstand zu benutzen als es sich die Ingenieure ausgedacht haben."
Echt? Lässt sich das soweit verallgemeinern? Verallgemeinern angesichts von Millionen Gegenständen, die erfunden oder designt werden?
Ich denke da beispielsweise an das Karo von karierten Notizblöcken. Biher bekannt als dunkles Karo auf hellem Grund. Das Unternehmen Avery erfand das weiße Karo auf hellgrauem Grund. Was könnte man das anders nutzen, als es von den Desginern gedacht worden ist? Es bleibt ein karierter Notizblock, der allerdings fürs Auge freundlicher wirkt beim Schreiben.
Ich denke, es gibt alle Bandbreiten von sehr pratkischer Handhabe von Gegenständen bis hin zu nutzlos. Und: Funktionalität stellt nur einen Teilbereich des Designs dar neben der Ästhetik, dem Material und dem Status. Ein Füllfederhalter zum Preis von 3.000 Euro wird kaum wegen seiner Funktionalität im Alltagsgebrauch gekauft, sondern der Ästhetik wegen und dem Status, den so ein Modell verspricht.
Wenn ich davon ausgehe, dass zwei Menschen eine Sache nie gleich sehen oder handhaben - "JA", das läßt sich verallgemeinern.
Natürlich stimmt es, dass sehr einfache Gebrauchsgegenstände weniger 'verschieden' genutzt werden können - ihr Zweck bestimmt ihre Form. Je komplexer allerdings die Möglichkeiten, desto mehr Varianten der Nutzung. Und der Falschnutzung, bis zur Zerstörung.
Sie meinen, die Tücken sind auch größer, je mehr Nutzungsmöglichkeiten einem Gegenstand innewohnen?
Ja, Frau Rosenherz, das ist bestimmt so.
Und am Ende ist es so verwirrend, dass sich niemand mehr dran traut und die Sachen liegen jahrelang unbenutzt in Schubladen .... ich habe gerade welche gefunden als ich für den Umzug packte!
Gut, nehmen wir einen komplexen erscheinenden Gegenstand, ein Flugzeug. Es besteht aus zig Bauteilen und technischen Details, die für die Funktion sorgen. Aber was kann es mehr,als Fliegen und auf der Landbahn rollen? Was kann es mehr, als Menschen und Dinge tansportieren? Was kann es mehr, als ein Transportmittel zu sein, das von einfach oder bis luxoriös ausgestattet sein kann fürs (möglichst bequeme) Reisen?
Bei manch Alltagsgegenständen zeigt sich, je komplexer sie erscheinen, um so weniger lassen sie sich varieren in der Nutzung! Beispiel, 1 m Stoff als Meterware. Das kann als Schultertuch genommen werden, als sommerliches Kleidungstück um den Köper geschwungen, als Rock, als Kleid, als Tischtuch, Kopfbedeckung, Unterlage auf Stühlen oder im Bett, Vorhang, Tragetuch fürs Baby, als Transportbeutel geknotet, als Geschenkverpackung, Sonnenschutz oder Einkaufsbeutel ect. verwendet werden. Sobald Sie daraus etwas anfertigen, wie eine Bluse, ein Hemd oder eine Jacke, schränken sich die Nutzungsmöglichkeiten ein.
Ich hab mal irgendwo gelesen, richtig gute Software erkenne man daran, daß sie zu Zwecken eingesetzt werde, die ihre Entwickler sich nicht vorstellen konnten. Das kann man glaubich auf Hardware -- also letztlich: alles -- verallgemeinern.
Und ja, natürlich ist sowas rar. Aber nehmen wir als Beispiel mal den VW-Käfer: der olle Ferdinand Porsche hat, obwohl er auf der Basis auch Renn-, Gelände- und Schwimmwagen erdachte, sicher nicht damit gerechnet, daß die Leute daraus auch Dune Buggies, Supersportwagen-Replikas und Dragstrip-Rennwagen bauen würden.
Ein Beispiel, das mir in diesem Zusammenhang nicht eingefallen wäre - ich hatte eher an Gegenständliches gedacht - wobei Sie allerdings Recht haben:
Als ich in den späten 80ern bei einem "Systemhaus" von IBM anfragte, ob es denn mit PC möglich sei die Buchhaltung so zu vereinfachen, dass man gleich aus Rechnungen die MwSt herauszieht, die EKSt pauschal berechnet und den zu erwartenden Gewinn kalkuliert bekam ich ein Angebot für eine Großrechenanlage ...! Schlaffe 30.000,- DM plus Hardware, so in etwa nochmal den gleichen Betrag.
Ein paar Jahre später konnte man das mit Excel und ein paar Makros alleine erledigen.
[Das ist übrigens das einzige Programm von Microsoft, dass ich wirklich gut finde und dementsprechend häufig für alle möglichen Anwendungen nutze.]
"If you create something fool-proof, only fools will use it." Da ist was dran.
Wenn ich sehe, was inzwischen an Gegenständen auf dem Markt ist, bei denen die einfachste, ursprüngliche Variante genügt, merke ich, dass heutzutage doch das Augenmerk mehr auf das teure Verkaufen gerichtet ist als auf den wirklichen Nutzen.
Jeder hat beispielsweise einen Flaschenöffner zuhause. In Afrika lernte ich, dass der einfachste Flaschenöffner die metallische Schlossfalle einer Tür ist. Doppelnutzen, das niemand so wahrnimmt.
Und dann eben, wie oben erwähnt, im Gegensatz dazu die Designerwunderstücke einfacher Werkzeuge (beispielsweise Nussknacker oder Orangenpressen), die aufgrund eines Marken- oder Designernamens zu Preisen verkauft werden, die jegliche Nutzung aus Angst vor Beschädigung verbieten.
So einem Desgignwunder bin ich mal auf dem Leim gegangen mit einer Pfeffermühle. Aus Holz gedrechselt mit wunderschöner Maserung und wunderbar glatt geschliffen, beworben mit dem besten Qualitätsmahlwerk, dem Renault-Mahlwerk. In der Praxis: unhandliche XXL-Größe und das Mahlwerk lässt sich so schwer drehen mit beiden Händen, dass die Tischgäste verweifelt aufgeben beim Pfeffer mahlen.
Ein Glück, dass unsere sämtlichen Verwandten und Freunde wissen, dass ich an kein Essen Pfeffer mache - deswegen fragt bei uns auch niemand danach .... aber ich bekenne mich schuldig des Kaufens eines überflüssigen Sets von Rohkostschneidern mit sieben Einsätzen .... ;c)
Das beste Beispiel für diese Verblendungsmasche sind doch teure Kaffeemaschinen, wo ein simpler Kaffeefilter genügen würde ...
Wie wahr!
Ich bin nach Jahren mit Maschinen wieder bei der einfachen Filtertüte angekommen.
... du sagst es, gerade bei den Kaffeemaschinen! Dampfbügelstationen und Turbo-Dampfgarer. Hightech-Beefsteaker. Sous Vide Garer. Low carb Gemüseschneider. Food Prozessor. Präzisionskocher mit Wasserbadeinsatz. Hochleistungsmixer mit Behältererkennung. Gemüseblattschneider. Hochleistungs-Raclette. Würfelschneider. Panini-Grill. Pancake-Macher. Kantonesisches Eier-Waffeleisen. Wendewaffeleisen.
Ich füge mal noch einen Weinflaschenöffner hinzu ....
Wir sind auf so einem hohen Niveau an Versorgung wie es nirgends sonst auf der Welt vorhanden ist (Industriestaaten & Ölförderländer ausgenommen) .
Was andernorts ganz einfach gelöst ist wird hier hoch kompliziert und deswegen schon wieder störanfällig oder so schwer zu bedienen, dass man das Teil in der Schublade lässt (s.o.).
Das mit dem Flaschenöffner erinnert mich an einen Abend bei einem einstmals coolen Kumpel, der seit seiner Heirat aber etwas ins Bürgerliche abgedriftet ist. Dort wollte ich die Bierflasche in alter Tradition mit dem Stiel der Gabel öffnen und bekam mit tadelndem Blick prompt den Flaschenöffner gereicht.
Naja, man ist ja Gast und höflich. Hab ich das Bier halt mit dem Griff des Flaschenöffners aufgemacht.
Das Gesicht vergesse ich nie.
Prinzipiell ist 'bürgerlich' ja nicht unbedingt gleichbedeutend mit 'spießig' - aber ich verstehe, was Sie da gestört hat. Nur rate ich dazu das nicht mit dem Kumpel von einst unter diesem Vorzeichen zu diskutieren. Die Frau gewinnt, Sie haben einen Freund verloren.
Was die Technik angeht: Schön, wenn man sich mit einfachen Mitteln zu helfen weiß - in entsprechender Umgebung (Innenräume) halte ich allerdings einen mit der richtigen Seite gebrauchten Flaschenöffner für die elegantere und weniger Provokation darstellende Lösung. Peinlich wäre doch, wenn da etwas daneben ginge .... ;c)
Was in der Überflüssigkeitsskala für mich auch ganz oben rangiert, ist der um sich greifende Messerkult [die Möchtegern-Sterneköche werden sich gleich auf mich stürzen, ich weiß]. Mein Brotmesser und ein paar kleine Küchenmesserchen - alle zusammen haben Platz in der Küchenschublade, ein Messerblock ist absolut unnötig.
Dieses 'Überversorgungsniveau' gibt mir immer mehr zu denken. Das ist eine echte Krankheit.
Da treffen Sie wieder einmal ins Schwarze .... mir reichen seit Jahren drei Messer:
Brotmesser, gezahnt; Fleischmesser, und ein kleines Messer, das man hier in Hessen als 'Kneipchen' bezeichnet, leicht gebogene, kurze Klinge.