Der durchschnittliche deutsche Rentner sitzt mindestens 17 mal pro Jahr in den Wartezimmern der Nation [Daten aus/von GEK-Report 2008 und DAZ 03/2016].
In der nebenstehenden Abbildung sind die Anzahl der Besuche mit ihrem prozentualen Anteil an Besuchen insgesamt dargestellt.
Das las ich kürzlich in einer Randnotiz zu einem Artikel zum Ärztenotstand auf dem *flachen Land*, also jenseits der Verlockungen von Einkaufspassagen und innerstädtischen Fußgängerzonen in den Metropolen Deutschlands.
Schaut man sich die Darstellungen zur Statistik an, so fällt auf: Es gibt zwischen den reinen Zahlen und vorhandenen Darstellungen Diskrepanzen - die sind allerdings nicht gravierend. Daher werden sie wohl nicht exakt, aber näherungsweise richtig sein.
*edit* Der Herr bloedbabbler hat sich die Mühe gemacht die aktuelleren Zahlen zu suchen und stieß auf ein ähnlich verwirrendes Bild. Man muss wohl damit leben, dass wegen der Verschiedenheit der gemessenen Daten nur eine annähernde Aussage möglich ist.*/edit*
Dazu ein Zitat [tagesspiegel]:
» .. seien die Deutschen „nach verfügbaren Informationen weiterhin weltweit Spitzenreiter bei Arztkontakten“ .. Berechnungen zufolge kamen die niedergelassenen Mediziner 2007 auf insgesamt 1,48 Milliarden Patientenkontakte – das macht 5,2 Millionen Arztbesuche pro Werktag .. «
Wenn ich den statistischen Durchschnittswert von 17 Arztbesuchen lese kommt mir der Gedanke, dass irgendwer viel häufiger zum Arzt gehen muß, denn ich war in den letzten drei Jahren ein einziges Mal zu einer Untersuchung. Die allerdings war recht umfangreich und man könnte es als eine *Generalinspektion* bezeichnen. Von Kopf bis Fuß durchgecheckt, mit der Versicherung des Arztes ich sei zwar nicht in Top-Form, aber für mein Alter durchaus *kernig*, konnte ich erfreut die Praxis verlassen.
Wie viele Patienten [in % der Altersgruppe] - außer mir - nicht zum Arzt gehen zeigt die folgende Abbildung
Nun frage ich mich natürlich zweierlei:
Erstens, ob es in ländlichen Gegenden wirklich zu wenige Ärzte gibt, oder ob es möglicherweise eher eine zu hohe, nicht durch Krankheit begründete Frequenz der Arztbesuche ist die das vorgaukelt. Es wird doch gemeinhin behauptet, in ländlichen Gebieten sei die gesundheitliche Belastung viel niedriger als in den hektischen Großstädten - also irgendwie paßt das nicht zusammen.
Zweitens, wie es kommt, dass ich in drei Jahren nur einmal, andere Patienten offenbar in drei Jahren ca. 50 mal in Wartezimmern sitzen. Wenn ich mich so umschaue (ich wohne in einer Kleinstadt mit 10.000 Einwohnern) sehe ich muntere Rentner umhereilen, auf Bänken und in Cafes sitzen, und die machen mir nicht den Eindruck als ob sie dahinsiechen und der ständigen ärztlichen Betreuung bedürfen.
Sind es dann also die jüngeren Mitbürger die die Arztpraxen füllen?
Welche Erkrankungen haben all diese Patienten, bzw. worüber klagen sie?
Dazu noch eine weitere Abbildung, die auf statistischen Daten von Krankenkassen und Bundesbehörden basiert:
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Herz-Kreislauferkrankungen, Muskeln-Skelett-Erkrankungen und Störungen im Nervensystem sind eher solche Fälle die in höherem Alter vorkommen, bei allen anderen darf man eine gleichmäßige Verteilung in der Bevölkerung annehmen.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen älteren und jüngeren Patienten ist die Dauer:
Jüngere genesen schneller, Ältere langsamer. Die Wahrscheinlichkeit eine Krankheit wieder 'los zu werden' sinkt mit steigendem Lebensalter, insoweit ist bei Beschwerden in höherem Lebensalter manche Klage durchaus berechtigt.
„Hörst du Hufe, denk an Pferde, nicht an Zebras.“ Mit diesem Lehrsatz lernen angehende Ärzte, für ihre Diagnose das Naheliegende zuerst in Betracht zu ziehen. Die Diagnostik ist ein weites Feld. Daher versuchen viele Ärzte durch apparative Medizin möglichst viele objektive Befunde zu erheben, bevor sie daran gehen, diese mit Erfahrungswerten und Symptomen abzugleichen und daraus eine Vorgehensweise für die Behandlung zu entwickeln.
Viele Patienten hingegen denken zuerst an das Dramatische, das Exotische, an Einhörner oder Saurier, nicht an Zebras, und was in den goldenen, bunten und sonstigen Wochenblättchen verbreitet wird trägt eher zur Verwirrung als zur Aufklärung über Krankheiten bei. Daraus entwickeln sie dann für sich durch Gespräche und Vergleiche ["Tante Inge hatte das auch ...."; "Bei Frau Hasenfuß hat man das erst nicht erkannt ...."] eine (vermeintliche) Diagnose, mit der sie dann zum Arzt kommen um sich *kurieren* zu lassen.
Worüber sie klagen ist meistens eine "Befindlichkeitsstörung", keine Krankheit.
Zumal wenn man älter wird knackst es schon mal in den Knochen, zwickt einen hier und da etwas, kommt man tageweise nicht so gut voran wie sonst, tut es mal hier oder dort etwas länger weh .... alles halb so schlimm, es geht meist schnell wieder vorbei.
Bevor das allerdings passiert gibt es einen Anlaß einmal so richtig zu stöhnen, zu klagen und seinen baldigen Tod vorher zu sehen ....
Zum Weiterlesen:
① Übermedikation, Unverhältnismäßigkeit http://www.3sat.de/page/?source=/nano/medizin/168919/index.html
② Ursachen - tatsächlich/vorgeschoben http://www.fnp.de/ratgeber/familieundlebensart/Haeufige-Arztbesuche-im-Alter-Dahinter-steckt-oft-Einsamkeit;art288,2207070
③ Wartezeit und Arztdichte https://www.tagesspiegel.de/politik/arztbesuche-ewig-im-wartezimmer/1419300.html
④ Befindlichkeitsstörung https://medlexi.de/Befindlichkeitsst%C3%B6rung
{Erstveröffentlichung: 18. Sep 2018 um 16:30}