bookmark_borderVom "Alles wissen wollen"

Mei­ne seli­ge Mut­ter - sie ruhe in Frie­den - hat­te eine Lebens­weis­heit für Ehe­frau­en parat, die sie, Jahr­gang 1921, zu jeder pas­sen­den (oder auch unpas­sen­den) Gele­gen­heit zu äußern pflegte:

Männer dürfen Alles essen,
aber nicht Alles wissen.

Mir scheint, die­se Weis­heit hat sich, mit ein wenig ver­scho­be­ner Per­spek­ti­ve, bis in höch­ste Poli­ti­ker­krei­se verbreitet:

Bürger sollen wählen,
aber nicht Alles wissen.

In der ver­gan­ge­nen Woche gab es eine poli­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung zum The­ma "Trans­pa­renz zum Lob­by­is­mus im Bundestag"

abgeordnetenwatch.de schreibt dazu:

Dass aus­ge­rech­net zwei Poli­ti­ker der CDU/CSU gegen abgeordnetenwatch.de Stim­mung machen, hat uns nicht über­rascht. Denn unse­re erfolg­rei­che Haus­aus­weis-Kla­ge gegen den Bun­des­tag hat ver­gan­ge­nes Jahr ans Licht gebracht, dass die Uni­on per Geheim­ver­fah­ren mehr als 750 Lob­by­isten Zugang zu den Abge­ord­ne­ten­bü­ros ver­schafft hat - dar­un­ter Waf­fen­pro­du­zen­ten, Atom­kon­zer­ne und Frack­ing­un­ter­neh­men. Sie und vie­le ande­re gin­gen im Bun­des­tag jah­re­lang unent­deckt ein und aus.

Trotz all die­ser klei­nen Schrit­te in Rich­tung Trans­pa­renz - gegen erbit­ter­ten Wider­stand der­je­ni­gen Poli­ti­ker, die am mei­sten von den Lob­by­isten pro­fi­tie­ren, aber nicht wol­len, dass man davon erfährt - ist es noch ein lan­ger Weg bis die Mas­se der Abge­ord­ne­ten begreift:
Sie sind ihren Wäh­lern zuerst ver­pflich­tet, wenn es auch viel ein­fa­cher ist sich von eini­gen weni­gen Orga­ni­sa­tio­nen ali­men­tie­ren zu las­sen. Es gilt doch gera­de bei sol­chen Abhän­gig­kei­ten beson­ders wach­sam zu sein, denn "ACTIO = REACTIO", wer annimmt ist nach­her gezwun­gen zu geben.

Das grund­sätz­li­che Pro­blem der Ein­fluß­nah­me ist durch Trans­pa­renz allei­ne frei­lich noch nicht gelöst. Dazu bedarf es wei­te­rer Schrit­te. Einen davon hal­te ich per­sön­lich für den Wich­tig­sten überhaupt:
Nen­nen wir doch das, was da so scham­haft-ver­nied­li­chend, euphe­mi­stisch, als "Lob­by­is­mus" bezeich­net wird beim rich­ti­gen Namen - es ist, allei­ne schon von den Sum­men her betrach­tet, Bestechung! Ein Straftatbestand.