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Im ersten Beitrag zum Thema "Unwissenheit" habe ich darauf verwiesen, wie im Laufe der letzten Jahrzehnte die Naturwissenschaften allmählich aus dem Schulalltag verbannt werden indem die dafür verfügbare Stundenzahl immer mehr eingeschränkt wird.
Weiter habe ich auf den Unterschied zwischen erlernbarem und zu verstehendem Wissen hingewiesen - auswendiglernen wird z.B. bei "PISA" der Vorzug gegeben. Wo viel auswendig gelernt wird sind die Ergebnisse besser.
Das führte zu der Betrachtung welche Absolventen die Unternehmen bevorzugen*. Es sind Jene, die in kleinsten Teilbereichen vertiefte Kenntnisse aufweisen. Die Generalisten sterben so aus - und mit ihnen die fächerübergreifende Sicht der Welt:
Die ist aber nötig ist um Fortschritt zu bewirken.
Was wir heute an "Innovation" sehen ist im wesentlichen eine Fortentwicklung bestehender und bereits bekannter Technik. Es wird in immer kleineren Geräten all das zusammengefaßt, was vor Jahrzehnten noch einzeln und in größeren Geräten zu haben war. Der Preis dafür ist eine immer umfangreichere Informationsflut und eine sich ausweitende Erwartung hinsichtlich der Verfügbarkeit des Einzelnen:
Jeder muß immer und überall "vernetzt" sein - mindestens aber mit nur geringem Verzug reagieren.
Dabei ist bekannt, dass es eine Grenze der Kapazität des menschlichen Geistes gibt. Ruhepausen sind besonders für kreative Arbeiten unabdingbar. Für grundsätzlich neues Denken, d.h. die Schaffung von Ideen und Fortschritt jenseits bereits bekannter Grenzen, braucht man Abstand vom Alltag und der Hektik des normalen Arbeitstages.
Hier wird deutlich: Wer Arbeit plant sollte auch Grundkenntnisse der Humanmedizin und Biologie des Menschen haben. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Unmögliches erwartet wird - und das werden selbst die gutwilligsten Mitarbeiter nur für eine begrenzte Zeit leisten können. Ein "Zuviel" an Erwartung jenseits dessen, was Menschen zu leisten imstande sind, kann so das Scheitern eines Vorhabens bewirken. Oft braucht es nur mehr Zeit um erfolgreich beendet werden zu können.
Dieses Wissen alleine reicht manchmal nicht aus. Es müssen auch mindestens Grundkenntnisse zu Fachbereichen vorhanden sein die mit dem eigenen Fachgebiet nicht unmittelbar in Zusammenhang stehen.
Nehmen wir z.B. die Ingenieurwissenschaften, Beispiel Wasserbau:
Da reicht es nicht aus über die Volumina und Durchmesser von Rohrleitungen etwas zu wissen, sondern viel bedeutsamer sind Kenntnisse zum Umwelteinfluß von Baumaßnahmen - also der Einfluß auf die Ökologie der betroffenen Wasserbaumaßnahmen. Mindestens sollten ein paar Eckdaten bekannt sein - weil nicht zu jedem Projekt die einschlägig erfahrenen Fachleute hinzugezogen werden können. Ansonsten besteht die Gefahr, dass ein Projekt zwar technisch OK, aber eben nicht umweltneutral ist.
Dies ist nur ein Beispiel von vielen möglichen, es zeigt aber auf, dass eine reine Fachbezogenheit in vielen praktischen Situationen unzureichend sein muß. Eine Sensibilisierung ist aber nur zu erwarten, wenn bereits in der Schule Verbindungen zwischen den verschiedensten Lebensbereichen und den Naturwissenschaften dargestellt und bearbeitet werden.
Es ist ja nicht nur das Arbeitsleben betroffen - auch im privaten Bereich ergeben sich zunehmend Notwendigkeiten ein Mindestmaß an naturwissenschaftlichen Kenntnissen zu haben:
Der Komplex "Nahrung", "Gesunde Ernährung" und "Nahrungsgewinnung", der Bereich "Medizin", "Entstehung, Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten" oder das Thema "Chemische Produkte im Alltag" sind Musterfälle, in denen es einer Grundinformation zu Naturwissenschaften bedarf um Aussagen einzuordnen und einen eigenen Weg zur Gestaltung des persönlichen Lebens zu finden. Es hier Produzenten zu überlassen die entsprechenden Informationen anzubieten heißt sich auszuliefern und dadurch manipulierbar zu werden.
Im nächsten Teil (3) zum Thema "Unwissenheit" werde ich auf Möglichkeiten zur - neutralen - Information eingehen und ein paar Grundregeln aus den verschiedenen naturwissenschaftlichen Gebieten darstellen.
⇨ weitere Teile zu diesem Thema folgen ....
* Siehe hierzu auch "Ausbildung und Arbeitsplätze: Wie bloß unsere Lücken füllen?"