Die Pflicht der EU-Mitgliedstaaten Tierschutzanforderungen bei der Formulierung und Umsetzung von Richtlinien „voll und ganz zu berücksichtigen“ besteht seit Jahren. Betrachtet man demgegenüber die Taten, sprich gesetzlichen Initiativen, so drängt sich der Eindruck auf hier werde hauptsächlich geredet und fast nichts getan!
Die Sensibilitätsberücksichtigung der EU wurde in Titel II Artikel 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) aufgenommen ¹[screen shot siehe unten]. Empfindung bezieht sich auf die Fähigkeit, Bewusstsein, Gefühle und Emotionen zu haben. Empfindungsfähige Tiere können Freude und Schmerz erfahren. Genau wie wir Menschen haben fühlende Tiere ein Leben, das gut oder schlecht verlaufen kann.
Empfindung ist ein komplexes Konzept und bezieht sich auch auf unterschiedliche Bewusstseinsebenen und kognitive Fähigkeiten. Eine Betrachtung der verschiedenen Forschungsergebnisse beweist jedoch, dass Tiere weitaus komplexere Gefühlswelten haben als ihnen in der Vergangenheit zugesprochen wurden.
Auch in diesem Zusammenhang kann und will ich nicht versäumen darauf hinzuweisen, woher diese Missachtung der Mit-Kreatur stammt: Es ist die Sichtweise der großen Religionen, die Tiere auf eine tiefer Stufe des Seins festlegt und ihnen dergleichen Fähigkeiten abspricht, weil dadurch der Mensch als 'Geschöpf Gottes' eine Aufwertung erfährt.
Der wichtige Punkt ist jedoch, dass staatliche Maßnahmen einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden von Millionen von Tieren haben können, da fühlende Tiere Freude und Leid - ähnlich wie Menschen(!) - empfinden.
Welchen empfindungsfähigen Tieren könnte eine erweiterte Gesetzgebung helfen? Nun, die deutschen Zuchtbetriebe züchten und schlachten jedes Jahr über eine Milliarde landwirtschaftliche Nutztiere. Der größte Teil davon sind Hühner, Schweine und Rinder. Wir verzehren jährlich Milliarden Meerestiere, hauptsächlich Fische. Viele von ihnen sind empfindungsfähig, und Millionen von Krabben, Hummern, Krebstieren und Tintenfischen sind im Tier-Recht und im öffentlichen Bewusstsein praktisch unsichtbar.
Momentan sind die Auswirkungen der Regierungspolitik auf empfindungsfähige Tiere gekennzeichnet von einer Verleugnungshaltung, die die Tierinteressen weitgehend ausschließt jedoch Profitinteressen berücksichtigt. Wenn man dies bilanzierend betrachtet, so ist die politische Behauptung, dass eine Gesetzgebung zur Berücksichtigung der Sensibilität von Nutztieren unnötig sei unfassbar.
Gesetze unter Berücksichtigung der Sensibilität (Bewusstsein, Gefühle von Schmerz und Leiden, Gemütsschwankungen), bei Tieren haben das Potenzial, das Leben von Milliarden von Lebewesen, die heute noch unter qualvollen Umständen ihr Leben fristen müssen, wesentlich zu verbessern.
Bedauerlicherweise richtet sich indessen die Politik der jetzigen Koalitionsregierung aus CDU/CSU/SPD in Gestalt der Frau Ministerin Julia Klöckner, Politikerin der CDU, nicht am Wohl empfindungsfähiger Tiere, sondern an der Ideologie der Parteispender, des im ländlichen Raum dominierenden Bauernstandes und der konzernartig betriebenen Mega-Landwirtschaftsbetriebe auf dem Gebiet der ehemaligen DDR aus. Die hohle, sophistische Logik der Interessenverbände, die stets behaupten es sei schon viel erreicht und mehr schade - wen wundert diese Formulierung noch - dem "Standort Deutschland", weil dann Arbeitsplätze (!) auf dem Spiel stünden, rundet die Verlogenheit der untätigen, dennoch angeblichen Tierfreunde ab.
¹ Basis der Betrachtungen ist der "Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)" [PDF Datei]
PS
Wie sieht es mit den sogenannten "Wirbellosen" aus? All den sechs- und achtbeinigen Krabbeltieren, die so schnell mit Gift ausgemerzt werden weil sie - angeblich - verzichtbar und schädlich sind. Die ersten Anzeichen ihrer Abwesenheit sind schon erkennbar, denn was den Menschen Freude macht, wie zweifelsohne der vielstimmige Gesang der Vögel, wird stellenweise schon weniger, weil ihnen die Nahrung ausgeht .... und weil ihre Eierschalen durch das aufgenommene Gift so dünn produziert werden, dass die Brut vertrocknet und ganze Generationen ausfallen.
Mit "Bald schweigen die Vögel dann", könnte das zukünftige Szenario betitelt werden. Bitter.