Meine Frau hatte eine Freundin seit Schultagen, die nicht nur (annähernd) das gleiche Fach studierte, sondern auch noch am selben Studienort. Was lag da näher, als zusammen eine Studentenwohnung zu mieten? So lebten sie für mehrere Jahre. Das war die Situation als ich meine Frau kennenlernte. Als wir heirateten - alle Welt hatte uns gründlich gewarnt, dass eine solche mittellose Ehe nie gut gehen könne - zog meine Frau aus der mit der Freundin bewohnten Bude aus und wir hatten eine kleine Einliegerwohnung bei einer Fabrikantenfamilie mit zwei Söhnen. Da das Unternehmerehepaar häufig reisen musste war der *deal*:
Wir passen auf die Knaben auf - im Gegenzug dürfen wir kostenfrei wohnen. Dieses Arrangement ließ einen Teil der Warner verstummen, denn kostenfrei zu wohnen war eine sehr große Erleichterung und Ersparnis für unser schmales Budget.
Die Freundin, mit der meine Frau viele Jahre in Schule und Studium gemeinsam verbracht hatte, sahen wir nochmal bei unserer Hochzeit. Danach - sie hatte das Studium beendet, während meine Frau wegen Schwangerschaft pausierte und Urlaubssemester angemeldet hatte - sahen wir diese Freundin nie wieder. Alle Versuche meiner Frau sie zu kontaktieren / zu treffen liefen ins Leere.
Da fragt man sich, was diese *Funkstille* hervorgerufen hat. Sie werden sich das bestimmt ebenfalls fragen, wenn Sie ähnliches erlebt haben. So wie ich.
Anfangs meiner Studienzeit lernte ich einen Kommilitonen kennen, der die gleiche Fächerkombination studierte [Botanik / Zoologie / Biochemie / Mikrobiologie, er allerdings in der Zoologie als Vertiefungsfach Ornithologie, während ich Entomologie wählte]. Fortan waren wir häufig zusammen unterwegs, nicht nur beim Studium in Vorlesungen und Praktika, sondern auch in dem was man so 'Freizeit' nennt, dem, was damals noch das Studentenleben war, bevor man es mit vielen Reformen zu einer Art verlängerter Schule gemacht hat und damit einen wichtigen Teil wegnahm:
Die Eigenverantwortung für den Fortgang und den Abschluss der Studien. Wer früher abgeschlossen hat war selbständig und wusste sich bei Schwierigkeiten durch Improvisation zu helfen - heute dagegen kommen Absolventen aus den Universitäten, die darauf getrimmt sind zu 'funktionieren', also fremdbestimmt Anordnungen auszuführen .... aber ich schweife ab.
Dieser Freund und Studienkollege erklärte mitten in der gemeinsamen Prüfungsvorbereitung für die Diplomprüfung er werde das Studium hinwerfen und sich als Marketingunternehmer selbständig machen. Ich habe ihn dann noch ein paar Mal getroffen. Er hatte einen neue Freundin, das Geschäft ließ sich gut an, eine Erbschaft ermöglichte Investitionen, alles bestens. Nur wurden meine Versuche ihn zu kontaktieren bald von der neuen Freundin, dann Ehefrau, abgeblockt.
Zum zehnjährigen Geschäftsjubiläum wurden meine Frau und ich nochmal eingeladen. Ich hatte den Eindruck, mein Freund wollte zeigen, dass er es 'geschafft' hatte, jedenfalls waren viele viel wichtigere Gäste als wir anwesend. Wir, Freunde aus alten Zeiten, konnten doch zu dieser Zeit keinen Nutzen mehr bringen .... dabei erinnere ich mich noch an die Zeit, als er wegen der laufenden Zahlungen für sein Haus nichts mehr zu essen kaufen konnte und der Öltank leer war, was bedeutete, dass die Heizung aus war. Da wohnte er vorübergehend bei mir und wurde auch verpflegt. Alles 'Schnee von gestern'.
Das Unternehmen besteht heute noch. Und ich warte - bisher vergeblich - auf eine kleine Notiz zum Geschenk, das ich anlässlich der Geburt seines Sohnes einem Angestellten übergeben habe. Der mich vor der Haustüre abfertigte, weil der Herr Z. jetzt keine Zeit für mich hätte.
Ich sehe da Parallelen zu dem, was meine Frau mit ihrer Freundin erlebt hat. Wenn ich an diese Fälle denke erscheint vor meinem geistigen Auge ein großes WARUM mit dickem Fragezeichen dahinter. Warum sind einst so vertraute Menschen irgendwann abweisend und auf Abstand bedacht? Es kann nicht daran liegen, dass man Unausgesprochenes im Herzen trägt. Dafür war das Verhältnis zu 'offen', hat man sich die Wahrheit gesagt. Es bleiben so nagende Zweifel, die wir, nicht nur meine Frau und ich, sondern wir Alle wohl mit ins Grab nehmen.