Gerüchte, Fakten und Toleranz ....

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Immer wenn kei­ne "ech­ten" Infor­ma­tio­nen vor­lie­gen wer­den Gerüch­te gestreut. Und von den Zuhö­ren­den natür­lich geglaubt. Je län­ger ein Gerücht ver­brei­tet wird, desto mehr Aus­schmückung bekommt es. Zum Schluß weiß nie­mand mehr, was eigent­lich der Anlaß dazu war. Es gibt "Böse" und "Gute", und letz­te­re sind es, die flei­ßig dar­an arbei­ten das auch so zu zementieren.

Fak­ten sind da nur hinderlich.

Jede Abwei­chung von der "gut­bür­ger­li­chen Norm", also dem Durch­schnitts­ver­hal­ten der Deut­schen, wird als Stö­rung des eige­nen Welt­bil­des ange­se­hen und des­we­gen abge­lehnt, ins Lächer­li­che gezo­gen oder gar bekämpft.

Ein paar Beispiele:

Wer an Astro­lo­gie, Pen­deln, Tarot und Natur­heil­kun­de glaubt denkt ver­kehrt. Das ist längst wis­sen­schaft­lich bewie­sen. Trotz­dem wird es immer noch ver­brei­tet. Für all die­sen Hum­bug feh­len jeg­li­che Bewei­se - das ist aber den Anhän­gern egal, denn sie "glau­ben" an das was sie tun, erle­ben und erzählt bekommen. 

Eine ein­zel­ne Beob­ach­tung ist kein "Beweis". Es ist ein zufäl­li­ges Ergeb­nis ohne wei­te­re Bedeu­tung. Mög­li­cher­wei­se kann ein Bei­spiel hel­fen das zu erklären:

Frau X hat Zahn­schmer­zen. Sie hat gehört, dass da Gewürz-Nel­ken hel­fen sol­len. Sie beißt also auf eine Nel­ke - und drei Tage spä­ter sind die Schmer­zen weg. Frau X wird also jetzt sagen: Nel­ken hel­fen gegen Zahn­schmer­zen, ich habe es selbst erlebt!

Was dabei völ­lig ver­kannt wird ist, dass es eben KEIN Beweis ist, son­dern eine ein­zel­ne Beobachtung.
Die Nel­ken haben kei­ne sol­che Wir­kung. Der Zahn­schmerz wäre nach drei Tagen auch ohne sie weg gewe­sen. Es wur­de ledig­lich ein Ereig­nis mit einem ande­ren Ereig­nis - in unzu­läs­si­ger Wei­se - ver­bun­den und dar­aus eine fal­sche Schluß­fol­ge­rung gezogen.

Ein Beweis im wis­sen­schaft­li­chen Sin­ne liegt dann vor, wenn z.B. >120 Per­so­nen mit Zahn­schmerz in zwei Grup­pen geteilt wer­den, davon die Hälf­te mit Gewürz­nel­ken ver­sorgt wird und die ande­re Hälf­te nicht. Die ohne Nel­ken bekom­men etwas, was so aus­sieht & riecht wie Nelken.

Man beob­ach­tet jetzt und nimmt die Zahl derer in bei­den Grup­pen auf bei denen der Zahn­schmerz weg ist oder nicht. Ein Ver­gleich und die mathe­ma­ti­sche Berech­nung erge­ben die Wahr­schein­lich­keit mit der das Ergeb­nis in jeder Grup­pe auftritt.

Das Ergeb­nis ist eindeutig:
Nel­ken sind gegen Zahn­schmerz unwirksam.

Wis­sen­schaft zu akzep­tie­ren fällt schwer.

Astro­lo­gie:
Es gibt bis heu­te kei­nen Astro­lo­gen der ein kon­kre­tes Ereig­nis kon­kret hat vor­her­sa­gen können.
Wenn die Astro­lo­gie die Zukunft vor­her­sa­gen könn­te müß­te sie eine Tat­sa­che benen­nen kön­nen, wie etwa:

Am 22. Dezem­ber 2015 um 10:21 Uhr wer­den auf der Stra­ße von Mira­mar nach Gan­dia am Kreis­ver­kehr zwei Autos zusam­men­sto­ßen. Eines davon ist ein Vol­vo, das ande­re ist ein VW-Trans­por­ter. Der Fah­rer des Vol­vo wird nur leicht ver­letzt, der Fah­rer des Trans­por­ters über­haupt nicht. Eine unbe­tei­lig­te Füß­gän­ge­rin springt vor Schreck in den Gra­ben und bricht sich den rech­ten Arm.

Es ist aber das Wesen der Astro­lo­gi­schen Vor­her­sa­gen dass sie vage blei­ben, etwa so:

Am 22. Dezem­ber wird sich am Krei­sel der Stra­ße von Mira­mar nach Gan­dia ein Ver­kehrs­un­fall ereignen.

Erken­nen Sie den Unterschied?
Nichts Kon­kre­tes, nur Vermutungen!

Alle ande­ren Geheim­wis­sen­schaf­ten wie Tarot, Pen­deln, oder Natur­heil­kun­de arbei­ten nach dem glei­chen Prinzip:
Unschar­fe, all­ge­mei­ne Aus­sa­gen die nie kon­kret wer­den und allen­falls eine Ähn­lich­keit, nie aber Über­ein­stim­mung mit der Beob­ach­tung bzw. der Wirk­lich­keit haben. 

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Jetzt zum Fazit:
Jeman­den des­we­gen zu 'has­sen' weil er sich - anstatt zu glau­ben - lie­ber an Fak­ten hält ist kei­ne Lösung, kei­ne sinn­vol­le Ver­hal­tens­wei­se. Genau­so­we­nig ist es rich­tig jeman­den des­we­gen abzu­leh­nen weil er sol­chen Unfug glaubt.

Es zu dis­ku­tie­ren muß dage­gen erlaubt sein. Eine abwei­chen­de Mei­nung zu ver­tre­ten macht aus dem Gegen­über kei­nen schlech­te­ren Men­schen den man ver­ach­ten muß. Man nennt das Toleranz. 

Kommentare

  1. Hal­lo wvs,
    das Bei­spiel mit den Nel­ken ist imho nicht ganz gut gewählt, da das dar­in ent­hal­te­ne Euge­nol bspw. frü­her in Zahn­arzt­pra­xen durch­aus als schmerz­stil­len­des und ent­zün­dungs­hem­men­des Mit­tel ein­ge­setzt wurde.
    Zumin­dest wenn man dem wer­ten Herrn Poll­mer bspw. in Opi­um fürs Volk fol­gen mag.

    Ob die ein­zel­ne Nel­ke bereits für einen brauch­ba­ren Effekt aus­reicht oder ob es die kon­zen­trier­te Form sein muss, müss­te man (wis­sen­schaft­lich) testen.
    Wenn man aller­dings eine Nel­ke im Mund hat, merkt man durch­aus einen sedie­ren­den Effekt.

    Dadurch wird natür­lich die Beob­ach­tung nicht zum Beweis, aller­dings hebt sich die­ses Wis­sen und den Nach­weis von Wirk­stoff in einem Stoff deut­lich von Astro­lo­gie oder Geist­hei­lung ab.
    Zumin­dest in mei­nen Augen.

    Und ja, mir ist klar, sie woll­ten dies nur als Agens der Ver­deut­li­chung zwi­schen indi­vi­du­el­ler Beob­ach­tung (ich nen­ne das gewöhn­lich Anek­do­te) und wis­sen­schaft­li­chem Beweis hernehmen. ;-)

    Schmerz­be­frei­te Grü­ße von der PissWhis­ky­nel­ke

    1. Ach, Herr bloed­bab­b­ler, sie wei­len noch unter uns - ich hat­te schon jede Hoff­nung auf­ge­ge­ben .... ;c)

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      Sie haben Recht, es gibt eine Wir­kung von kon­zen­trier­tem Nel­ken­ex­trakt - aber eben nicht von ein­zel­nen Nel­ken. Und es ist eine indi­vi­du­ell ver­schie­de­ne Wir­kung, mal mehr, mal weni­ger. Aller­dings kei­ne "Hei­lung" im Sin­ne von Bekämp­fung der Ursa­che, son­dern eine 'lokal-anäs­the­ti­sche' Wir­kung, die zugrun­de lie­gen­de Ent­zün­dung bleibt unbeeinflußt.

      Mir schien das des­we­gen nütz­lich, weil es eine weit ver­brei­te­te "Erkennt­nis" ist und dar­an der Unter­schied zu einer wis­sen­schaft­li­chen Ver­suchs­an­la­ge deut­lich gemacht wer­den kann. 

      Aber viel­leicht hät­te ich die Stor­chen­po­pu­la­ti­on & dar­aus resul­tie­ren­de Gebur­ten­ra­te her­neh­men sollen ....
      Ken­nen­Sie das Beispiel?
      Es geht so:

      In Baden-Würt­tem­berg ist die Zahl der Stör­che über die Jah­re gesun­ken, gleich­sin­nig ging die Zahl der Gebur­ten zurück - wor­aus zu schlie­ßen ist:
      Weni­ger Sör­che - weni­ger Babys
      = Stör­che brin­gen die Babys!

  2. Hal­lo wvs,
    tjo ich tue mich im Moment schwer, Arbeit und wei­te­re all­ge­mei­ne Unlust tun ihr Übri­ges, etwas zu ver­fas­sen - sei es bei mir im blog oder als Kom­men­tar bei den Blog­nach­barn. Wird aber sicher wie­der bes­ser, spä­te­stens im Novem­ber, mei­nem Lieb­lings­mo­nat, wer­de ich wie­der gei­sti­ge Ergüs­se ins Blog erbre­chen. :-D

    Das mit den Stör­chen ken­ne ich aus Ber­lin und eher Nie­der­sach­sen. Tauch­te auch schon mal bei ihrem Ver­such den Unter­schied zwi­schen Kor­re­la­ti­on & Kau­sa­li­tät zu ver­ste­hen, auf, wenn ich mich nicht irr­re. Even­tu­ell sogar von mir. :-D

    Zum Nelkenöl(extrakt) gibts wenig­stens eine Studie(ich weiß, eine Stu­die ist kei­ne Stu­die ;-) ) die die anti­bak­te­ri­el­le Wir­kung nach­weist. Dazu bei Thie­me eine Kur­ze Zusam­men­fas­sung. Das bedeu­tet, da es sich ver­mut­lich immer um höhe­re Dosen han­delt, als man aus einer Nel­ke extrahiert(extrahieren kann), natür­lich immer noch­nicht, das die ein­zel­ne Nel­ke eben­falls die­se Wir­kung haben muss.
    War­um gibts dazu eigent­lich kei­ne kli­ni­schen Studien?
    Ist das nicht genug Pro­fit versprechend?

    1. Ich fan­ge mal hin­ten an:
      War­um es nicht inter­es­sant ist zu Nel­ken zu for­schen könn­te den Grund haben, dass alle Welt schon an deren Wir­kung bei Zahn­schmerz glaubt - wozu also noch eine/mehrere Stu­die/-n? Die Nel­ken­ex­trakt­ver­trei­ber machen auch so ihr Geschäft ....

      Ja, die Stör­che, die benut­ze ich manch­mal weil es da selbst "Gläu­bi­ge" leicht ver­ste­hen müß­ten zu wel­chem Unfug die­se fal­schen Zuord­nun­gen zwi­schen Ereig­nis­sen führen. 

      Die­se Unlust ken­nen ich auch. Es über­fällt mich manch­mal der Gedan­ke wozu ich mir die Mühe mache ein wenig Auf­klä­rung in begrenz­ten The­men­be­rei­chen zu betrei­ben wenn es doch gegen die Mas­se an Miß­in­for­ma­tui­on und von Ver­dienst­in­ter­es­sen gesteu­er­ter Ver­dum­mung nichts nützt - und dann wie­der erle­be ich, dass "alte" Bei­trä­ge [http://gi.antville.org/stories/2155134/; http://gi.antville.org/stories/2164824/; http://relatief.antville.org/stories/2135111/; http://relatief.antville.org/stories/2170448/] plötz­lich von irgend­wem ent­deckt wer­den und es zu einer Leser­flut kommt die ganz in mei­nem Sin­ne ist .... dafür lohnt es sich wohl doch, wenn auch zeitverzögert. 

      Ande­rer­seits ist es die Fül­le der mög­li­chen The­men, zu vie­le Bau­stel­len die zu bear­bei­ten wären, die bei mir Frust aus­lö­sen, denn es ist Arbeit damit ver­bun­den das auf­zu­ar­bei­ten - aber wem sag' ich das .... na ja, und dann sag' ich mir: Dafür bin ich nicht der Fach­mann, das sol­len die schrei­ben, in deren Exper­ti­se es fällt. Oder es ist schlicht­weg das Alter.

      Ihnen & ihrer Frau ein schö­nes Restwochenende,
      vS

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