Eine Woche lang wie frisch gewaschen ....

Da ich wenig fern­se­he sehe ich extrem wenig Fern­seh­wer­bung. Doch wenn im Neben­zim­mer der Fern­se­her läuft kommt so man­che Infor­ma­ti­on von dort min­de­stens unter­be­wusst doch bei mir an. Manch­mal ist das so ausserg­wöhn­lich, dass ich sogar anfan­ge zuzuhören.

So wie neu­lich in der Vor­abend­zeit - Wer­bung für "Len­or"¹:

» .. Ich fühl' mich wohl in Lenor .. «

Der Text auf der Web­sei­te:

» .. Unver­wech­sel­ba­re Weich­heit und himm­li­scher Fri­sche­duft - dafür steht Len­or seit 1963, dem Jahr, in dem der erste Weich­spü­ler Deutsch­lands ein­ge­führt wur­de. Dank der belieb­ten Duft­va­ri­an­ten von Len­or ver­wan­delt sich die Wäsche in eine wah­re Wohl­fühl­oa­se. Denn der Lieb­lings­duft kann eine posi­ti­ve Wir­kung auf die Emo­tio­nen ent­fal­ten und hel­fen, die Sehn­sucht nach Ein­fach­heit und Har­mo­nie zu stillen .. «
Es ist müßig nach Sinn in sol­chen Aus­sa­gen zu suchen - denn was hat die ' .. Sehn­sucht nach Ein­fach­heit .. ' mit sau­be­rer Wäsche zu tun? Sehn­sucht nach dem alten Wasch­brett? Nach Wäsche klop­fen auf Stei­nen am Ufer­rand? Nach Aus­ko­chen im rie­si­gen Wasch­kes­sel mit einem pad­del­ar­ti­gen Holz­löf­fel zum (schweiß­trei­ben­den) 'Umrüh­ren' der Wäsche?

Ein­mal abge­se­hen von die­sen blu­mi­gen Wer­be­sprü­chen - was sind denn die Kri­te­ri­en für 'fri­sche Wäsche' in Wahr­heit? Die Wäsche muß von anhaf­ten­den Schmutz- und Haut­par­ti­keln, von Kör­per­aus­schei­dun­gen wie Schweiß befreit sein, es sol­len kei­ne frei­en Fasern anhaf­ten, die die Atmung rei­zen könnten.


Rie­chen soll die Wäsche nicht - denn wenn etwas 'riecht', sind das irgend­wel­che che­mi­schen Stof­fe, die noch dar­an haf­ten. Nur wo kei­ne sol­chen Fremd­stof­fe vor­han­den sind ist die Wäsche tat­säch­lich (!) *rein* und *sau­ber*.

 

Wenn also die Wäsche noch eine Woche lang nach "Fri­sche"³ 'duf­tet', ist das ein Zei­chen, dass noch erheb­li­che Men­gen an che­mi­schen Sub­stan­zen daran/darin vor­han­den sind - alle­samt mit aller­ge­ner Potenz². Es kommt doch nicht von unge­fähr, dass immer mehr Men­schen mit All­er­gien und deren Fol­gen zu kämp­fen haben. Einen wesent­li­chen Anteil haben die­se so *fri­schen* Wäschestücke: 

Es sind ja nicht nur die Bett­wä­sche­kom­po­nen­ten, nein, es wird ja eben­so die Leib­wä­sche oft mit den glei­chen Mit­teln gewaschen. 


Der Trick der Wer­bung ist, von dem eigent­li­chen Pro­blem der unnö­ti­gen / unge­woll­ten Rück­stän­de von Wasch­mit­tel in der fer­ti­gen Wäsche abzu­len­ken - und die­sen Nach­teil durch blu­mi­ge Spra­che zu einem Vor­teil für die Ver­brau­cher umzumünzen.

 

¹
"Len­or" steht hier nur ganz all­ge­mein für "Weich­spü­ler" und Wasch­mit­tel, in denen der Weich­spü­ler schon inte­griert ist.
²
Die Ver­brau­cher­zemntra­le Ham­burg informiert:
» .. „Len­or Unstopp­ables“ von Proc­ter & Gam­ble sol­len als Wäsche­par­füm für einen noch fri­sche­ren Wäsche­duft sor­gen. Unser Fazit: Das Pro­dukt ist ein „worst case“ für Umwelt und Verbraucher .. «
Vor­sicht, All­er­gie: Je mehr Duft, desto höhe­res Allergierisiko!
Duft­stof­fe sind poten­zi­el­le All­er­gie­aus­lö­ser. Es geht um gleich fünf pro­ble­ma­ti­sche Substanzen.
→ Hexyl Cin­n­amal: all­er­gi­sche Hautreaktionen
→ Limo­nen: all­er­gi­sche Hautreaktionen
→ Citro­nel­lol: all­er­gi­sche Hautreaktionen
→ Hexyl Sali­cy­la­te: Reizt Haut und Atemwege
→ Tetra­me­thyl Ace­tyl-octa-hydro-naph­tha­lene: all­er­gi­sche Haut­re­ak­tio­nen; Naph­ta­lin ist der Bestand­teil von "Mot­ten­ku­geln", die wegen ihrer Gif­tig­keit heu­te nicht mehr in Gebrauch sind.
Bei allen Bewer­tun­gen han­delt es sich um Ein­schät­zun­gen des Umweltbundesamtes.
³
Was bedeu­tet eigent­lich "Fri­sche"? Es ist ein posi­tiv beleg­tes Kunst­wort, das bestimm­te Gefüh­le erwecken soll - und natür­lich zum Kauf des Pro­duk­tes, das "Fri­sche" zu erzeu­gen in der Lage sein soll!

Kommentare

    1. Na ja, das ist schon das ande­re Extrem - aber ich mei­ne damit es wäre bes­ser einen "neu­tra­len" Geruch zu haben, also weder zu par­fü­mig noch irgend­wie tech­nisch - ein­fach: Sauber!

    2. Bei Weich­spü­ler ach­te ich stets auf Gerü­che, die nicht so extrem durch­drin­gend sind, was man schon aus der Fla­sche als "stin­kend" emp­fin­det, weil mir das so schon äußerst unan­ge­nehm ist.
      Ob da natür­lich weni­ger Che­mie drin ist als bei den ande­ren Sor­ten, das kann man nicht nachkontrollieren...

  1. Was bedeu­tet Fri­sche? Dem Wort nach ist es ein abstrak­tes Wort, das der Ver­stand kre­iert. Die Welt jedoch ist nur sinn­lich erfass­bar und erlebbar.
    Wenn ein Wäsche­duft zum Kauf­an­reiz bewor­ben wird mit "Fri­sche" als erstre­bens­wer­te Eigen­schaft, so dürf­te Fri­sche einen hohen gesell­schaft­li­chen Stel­len­wert zuge­schrie­ben wer­den. Mög­li­cher­wei­se spie­len die alt­be­kann­ten Sta­tus­sym­bo­le mit. Der frisch gewa­sche­ne Mensch, das war der feine(re) Mensch, doch wer hin­ge­gen nach stun­den­lan­ger oder tage­lan­ger (oder gar wochen­lan­ger) schweiß­trei­ben­der Arbeit roch, war der arbei­ten­de Mensch, der sich nie­de­ren Tätig­kei­ten hin­ge­ben muss­te. Der feine(re) Mensch, der herr­schen­de Mensch ward her­aus­ge­ho­ben aus den schweiß­trei­ben­den Arbei­ten des täg­li­chen Ernäh­rens und Über­le­bens. Ihm haf­te­te kein Geruch an von Erde, Schweiß, Schlamm, Asche, Zwie­bel, Rauch, Stall, Sau­er­kraut, Koh­le und Keller. 

    Der Begriff "Fri­sche" bedient die Gefühls­wel­ten. Wer gut duf­tet, dem wird ein höhe­rer sozia­ler Stel­len­wert ein­ge­räumt, als jemand, der nach etwas Erd­haf­ten riecht oder gar stinkt.

    1. Selbst­re­dend habe ich - wie Sie - den Ein­druck, dass man nicht 'stin­ken' soll­te. Doch zwi­schen "unde­fi­niert par­fü­miert" und "unan­ge­nehm" rie­chen ist doch ein him­mel­wei­ter Unterschied.

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