Noch’n Gedicht …. (X)
№ 0057: robotisches I

robot-25072012

Don­ners­tags, so gegen fünf, geschah
– in Kas­sel – was noch nie­mand sah:
Ein Licht­blitz, dump­fes Donnergrollen,
Rauch, aus dem Nichts hervorgequollen.

Und als der Rauch ver­schwun­den war
stand, silb­rig glän­zend, etwas da:
Ein Kegel mit Ten­ta­keln dran
viel grö­sser als ein Durchschnittsmann.

Der Anblick schreck­te Fah­rer sehr
ein Stau ent­stand, und noch viel mehr
pas­sier­te rund um die­sen Ort,
wer lau­fen konn­te lief schnell fort.

Die Gegend war schnell menschenleer
rund um den frem­den Roboter,
der, nach 'ner hal­ben Schrecksekunde
dreh­te eine klei­ne Runde.

Um dann in grö­sser wer­dend‘ Kreisen
– sich bewe­gend wie auf Gleisen –
in Fahrt kam, Rich­tung Innenstadt:
dabei macht er zwei Autos platt!

Die Ten­ta­keln angelegt
er so ent­lang der Stra­sse fegt.
Man wich ihm aus, so gut man konnt‘
ver­mied, dass man ihm nahe kommt.

Der Ruf nach Obrig­keit ward laut,
doch kei­ner hat sich recht getraut
dem Unge­tüm Ein­halt zu bieten,
viel­mehr ward sein Pfad gemieden.

Als schliess­lich bremst der Ausserird’sche
vor’m Rat­haus, neben einer Kirche,
ein Kreis von Gaf­fern sich ergibt
weil meist der Mensch besond’res liebt …

Zuckt die Maschi­ne führt das gleich
dazu, dass laut die Men­ge kreischt,
nach hin­ten sich zu ret­ten sucht,
so man­cher dabei hef­tig flucht.

Die Neu­gier über­mäch­tig ist.
Man dis­ku­tiert, mit wel­cher List
das ausserird’sche, frem­de Ding
zu packen wäre, wenn es ging.

Doch plötz­lich Stil­le, atemlos,
als der Robo­ter spricht d’rauf los:
„Ich bin vom Stern Andromeda,
und komm in Frie­den“ – nichts geschah!

Ein klei­ner Knirps, viel­leicht fünf Jahr‘
ver­lässt der Men­schen gro­sse Schar
und stapft auf die Maschi­ne zu,
spricht, laut ver­nehm­lich, ganz in Ruh:

Wer ist Dein Vater, Dei­ne Mutter?“
„Gibt’s auf Andro­me­da auch Butter?“
„Hast Du 'ne Schwe­ster und 'nen Bruder?“
„Gibt es bei euch auch Babypuder?“

Was willst Du hier, Maschinenwesen?“
und: „Bist Du schon 'mal dagewesen?“
„Wie bist Du denn hier­her geflogen?“
„War­um macht Dein Bauch 'nen Bogen?“

Ist bei Euch der Him­mel blau?“
„Hast Du zuhau­se eine Frau?“
„Wird bei euch Kaf­fee getrunken?“
„Wenn Du gepupst, hat’s dann gestunken?“

Ist Dei­ne Haut aus Zuckerguss?“
„Wann ist bei Dir am Abend Schluss,
wann musst Du zu Bet­te geh’n?
„Gibt’s bei euch Zwer­ge oder Feen?“

Wenn Du zuvie­le Bon­bons isst
sagt man Dir dass Du kot­zen wirst?“
„Hast Du ein Taschen­tuch dabei?“
„Essen die Babys bei euch Brei?“

Gibt’s Engel auf Andromeda?“
„War schon der Oster­ha­se da?“
„Bekommst Du auch ein Taschengeld?“
„Tut's bei euch weh wenn man hinfällt?“

Wenn’s bei euch reg­net nehmt ihr Schirme?“
„Magst lie­ber Apfel Du statt Birne?“
„Kennst Du das Ein­mal­eins schon ganz?“
„Gibt’s etwas, das Du sin­gen kannst?“

Es spru­delt rasch der Fra­gen Fülle,
rund um den Kna­ben ist es stille.
Der Robot scheint ganz ungerührt,
doch ein Vibrie­ren man jetzt spürt.

Zunächst noch steht der Robot stumm,
doch dann ertönt ein laut‘ Gebrumm,
die Ober­flä­che leuch­tet heller,
die Ten­ta­keln dreh’n sich schneller,

ein lau­tes Krei­schen tönt sodann
– hat in den Ohren weh getan –
sehr lang­sam hebt er ab vom Grund
und Wor­te spricht Maschinenmund:

Ein Ort des Grau­ens ist die Erde,
damit ich nicht ganz irre werde,
bei so viel Fra­gen, ohne Ende,
auf die ich nicht die Ant­wort fände,

will schnell dem Orte ich entflieh’n
auf mei­nen Weg nach Hau­se geh’n!“
Sprach’s – und zisch­te steil nach oben,
ist him­mel­wärts davongestoben.

Ganz Kas­sel spricht von dem Ereignis
vom Kna­ben auch und sei­nem Wagnis:
Vor so viel Fra­gen – wel­cher Graus –
nimmt selbst ein Robo­ter Reissaus!


Erst­ver­öf­fent­li­chung: 20.06.2004 00:03:48

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