Ist das "wegsehen" oder "wegducken"?
*update* [23.02.2022; 13:45h]

Nichts wird in unse­rem Staat von der Bevöl­ke­rung so sehr ver­ach­tet und von der Gesetz­ge­bung so streng geahn­det und - gera­de aus mora­li­scher Sicht - so sehr ver­ur­teilt wie Kinds­miss­brauch jed­we­der Art.

Schon eine Berüh­rung eines Kin­des durch einen Erwach­se­nen - die völ­lig zufäl­lig und harm­los sein kann - führt manch­mal zu schlim­men Fol­gen wenn das Ver­hal­ten fehl­in­ter­pre­tiert wird und auf­ge­schreck­te, über­re­agie­ren­de Eltern dar­in einen 'Über­griff' zu erken­nen glauben.

Des­we­gen hal­te ich es für einen him­mel­schrei­en­den (!) Skan­dal, wenn trotz der fest­ge­stell­ten und bewie­se­nen Straf­ta­ten aus dem reli­giö­sen Umfeld durch Prie­ster, Pfar­rer und Hilfs­per­so­nal kei­ne welt­li­che Straf­ver­fol­gung irgend­ei­ner Art zu erken­nen ist. Wenn nicht Staats­an­walt­schaf­ten die Her­aus­ga­be von Akten ver­an­las­sen und die­se auf ent­spre­chen­de Taten prü­fen - und natür­lich die Täter so behan­deln wie es im all­ge­mei­nen Gebrauch üblich ist: Ver­haf­tung und Haft bis zum Prozeß.


Seit Jah­ren sind die Taten und Täter bereits bekannt - doch sie bewe­gen sich frank und frei in der Öffent­lich­keit, kei­ne Ankla­ge, kei­ne Pro­zes­se, kei­ne Ver­ur­tei­lun­gen. Stel­len Sie sich ein­mal vor, das wäre genau so bei ande­ren Straf­tä­tern: Da wür­de die gesam­te Brei­te der Titel­sei­te der "BILD" nicht aus­rei­chen um die gro­ßen Let­tern auf­zu­neh­men die dann dort Schlag­zei­le würden.

 
Statt­des­sen sit­zen die Mis­se­tä­ter über­wie­gend fröh­lich im Alters­ru­he­sitz, wei­sen dar­auf hin man habe ihnen ja nichts nach­ge­wie­sen und sie sei­en nicht ver­ur­teilt und außer­dem sei das ja Alles ganz anders gewesen ....

Bis es nicht dahin kommt, dass die­se Ver­bre­cher ver­ur­teilt sind wie jeder welt­li­che Täter, darf man wohl nicht mehr behaup­ten wir leb­ten in einem "Rechts­staat". In dem gäbe es näm­lich kei­ne zwei Klas­sen von Tätern:
- Die From­men, denen nie­mand das Hand­werk legt und
- die Welt­li­chen, die die vol­le Wucht der Geset­ze trifft. 

*update* [23.02.2022; 13:45h]

Die Ver­tu­scher und Leug­ner sind ver­ach­tens­wert - ein beson­ders schlim­mer Fall tat sich im Zuge der Ermitt­lun­gen in Bay­ern auf, die Zeit (online) berich­te­te (Bild­zi­tat) - und die­ser Mann sitzt seit Jah­ren an ver­ant­wort­li­cher Stel­le in Gre­mi­en, die über "Sit­te, Anstand und Moral" in Bay­ern walten!

Kommentare

  1. ...Ich wage da mal eine gewag­te These:
    Mit den Schand­ta­ten der Kir­chen in der Zeit nach WWII wird man es so hand­ha­ben wie mit den frü­he­ren Kriegs­ver­bre­chern (die ja auch lan­ge Zeit unbe­hel­ligt frei her­um­lau­fen konn­ten, wei­ter­hin in wich­ti­gen Posi­tio­nen sit­zen konn­ten und sogar noch mit allem Prunk in den Ruhe­stand ver­ab­schie­det wur­den, so als wären sie völ­lig unbescholten).
    Nicht nur, weil dies auch in die Zeit noch hin­ein­fällt, als Leu­te aus die­ser Ära in den wich­ti­gen Posi­tio­nen saßen (even­tu­el­le Ver­strickun­gen also mög­lich sind; und wenn nicht, sie wenig­stens der sel­ben Art und dem sel­ben Stil von "wie man mit Kin­dern umgeht" anhän­gig waren), son­dern gera­de weil es so weit ver­brei­tet und struk­tu­rell in der Kir­che vor­han­den war in der Ver­gan­gen­heit - es müss­ten eher die her­aus­tre­ten, die sich anstän­dig benom­men haben, kei­ne Kin­der miss­braucht oder miss­han­delt haben, dann wäre der Arbeits­auf­wand der geringere.
    Mit and­ren Wor­ten: Der Scheiß war und ist so ver­brei­tet in der Kir­che, und genoss stets den Schutz und die Unter­stüt­zung des Staa­tes BRD, es häte einen ähn­li­chen Cha­rak­ter wie mann nach dem Krieg hät­te gleich alle Kriegs­ver­bre­cher bestraft. Die Stüh­le der Macht wären leer geblie­ben, den gan­zen Laden hät­te man schlie­ßen kön­nen, weil weni­ger Leu­te dann übrig geblie­ben als in den Knast gegan­gen wären oder am Strang gehan­gen hätten.

    Es wird irgend­wo in Tei­len der BRD Wis­sen über die­se weit­flä­chi­ge Ver­brei­tung exi­stie­ren, des­we­gen rührt man es nicht an. Es wür­de erheb­lichst Staub auf­wir­beln - und offen ein­ge­ste­hen, dass mit staat­li­cher Hil­fe und bewuss­tem Weg­schau­en jahr­zehn­te­lan­ges Unrecht began­gen wurde.
    Das könn­te sogar noch mal ähn­li­chen Cha­rak­ter und Aus­maß errei­chen wie die Ver­bre­chen der Nazis, die außer­halb der KZs zusätz­lich noch statt­ge­fun­den hät­ten (sie­he Zwangs­ka­strie­run­gen, medi­zi­ni­sche Expe­ri­men­te, und die Ermor­dung von Behin­der­den, gei­stig Behin­der­ten und psy­chisch Kranken).

    1. Da ist eine Men­ge Zünd­stoff drin, das ist rich­tig. Bedenkt man dann noch, dass die Geheim­dien­ste sicher dar­über Akten füh­ren, und dass die­se Akten an den höch­sten Regie­rungs­stel­len bestimmt gekannt wer­den - dann steht fest, war­um Poli­tik nicht ein­greift, weil sie sich damit eines wich­ti­gen Stand­beins ent­le­di­gen wür­de: der Unter­stüt­zung durch die Kirchen. 

      Da sich aber die Zei­ten mitt­ler­wei­le sehr geän­dert haben und die Auf­klä­rung schon so weit fort­ge­schrit­ten ist, dass es nicht mehr zu gene­rel­ler Ver­tu­schung kom­men kann, wird wohl der Ent­schluss getrof­fen wor­den sein "Scha­dens­be­gren­zung" wal­ten zu las­sen, indem man ver­zö­gern­de Maß­nah­men ergreift und bremst wo nur gebremst wer­den kann. Dazu ver­hel­fen die vie­len *Neben­be­schäf­tig­ten* in den Medi­en, die beacht­li­che Ver­dien­ste aus Kir­chen­gel­dern ein­strei­chen - und ein Teil die­ser groß­zü­gi­gen Entloh­nung dürf­te die Beloh­nung für das wis­sent­li­che Unter­drücken bestimm­ter The­men in der Öffent­lich­keit sein.

      [PS Im Zuge der Recher­che stieß ich auf Hin­wei­se, dass auch in der vor­ma­li­gen DDR das The­ma "Macht­miss­brauch zum Zwecke sexu­el­ler Aus­beu­tung" durch­aus gekannt wur­de. Man hat aber aus meh­re­ren Grün­den kei­nen gro­ßen Auf­klä­rungs­auf­wand betrieben:
      1. frei­zü­gi­ge­rer Umgang mit Sexualität;
      2. Scha­dens­be­gren­zung im Sin­ne der SED;
      3. Furcht vor Aus­wei­tung und dadurch mög­li­chen Produktionsverlusten.]

      1. Man betreibt wie immer die Sala­mi-Tak­tik: Zuge­ben, was man nicht mehr leug­nen kann. Aber nicht mehr als das. (Getreu dem Mot­to "Sol­len doch ande­re uns erst mal auf die Schli­che kommen!".)

        Ich neh­me an, du meint dort bestimmt die Sache mit den Jugend­werk­hö­fen, nicht? Da war jeden­falls was.
        - Obwohl ich es soweit auf­fas­sen wür­de, dass es bestimm­te nament­lich zu nen­nen­de Ein­rich­tun­gen gab, bei denen so etwas noto­risch der Fall war, und bei ande­ren wie­der­um ist so etwas gar nicht pas­siert. Es pas­sier­te durch Leu­te, die ihre Macht­po­si­ti­on inner­halb die­ses Systems und die­er Ein­rich­tun­gen aus­ge­nutzt haben.
        Und je nach dem, was für ein hohes und "ange­se­he­nes" Tier das war, über den sol­che Vor­wür­fe auf­ka­men, hat man die Sachen geleug­net und unter den Tep­pich gekehrt, weil nicht sein durf­te, was nicht sein durf­te. "So ein hoch­an­stän­di­ger Mensch - nein!" und so. (Ein Bei­spiel für so was war der bekann­te Lie­der­ma­cher und Tex­ter Kurt Demm­ler. Zu DDR-Zei­ten schien man das ein­fach nicht wahr­ha­ben zu wol­len, nur weil er in der Musik so viel gemacht hat. Zu 2000 sind aber so vie­le Fäl­le aus den 90er Jah­ren auf­ge­taucht, dass man nicht mehr an ein "in die Pfan­ne hau­en" glau­ben konn­te, und hät­te der Mann sich nicht im Zuge des Pro­zes­ses umge­bracht, es wären wohl auch noch Fäl­le aus den 80ern hin­zu­ge­kom­men, die sich gemel­det hat­ten. Also, mit ande­ren Wor­ten: Bei einem, des­sen Name auf buch­stäbdlich jeder 2ten Schall­plat­te aus Ost-Zei­ten steht, da soll nie­mand sagen, er hät­te nichts gewusst. Man hat viel­mehr bewusst weg­ge­schaut bzw. es nicht glau­ben wollen.)

        Außer­dem, dass es laut "Bibel" (Ideo­lo­gie) so etwas im Sozia­lis­mus nicht zu geben hat­te, weil bes­se­re Gesell­schafts­form - dabei hat das schie­re Vor­han­den­sein von Pädo­phi­len nichts mit dem Gesell­schafts­sy­stem zu tun, son­dern ein gewis­ser Pro­zent­satz ist "ein­fach da" in jeder Gesell­schaft. Die Natur scheint einen gewis­sen nied­ri­gen Satz davon ein­fach zu pro­du­zie­ren; das lässt sich nicht verhindern.

        1. Was das sta­ti­sti­sche Vor­kom­men sexu­el­ler Abwei­chun­gen angeht ist es sicher unbe­strit­ten, dass das mit dem poli­ti­schen System nichts zu tun hat - es sei denn, eine bestimm­te Abwei­chung wür­de geför­dert. Ich ken­ne da kei­nen Fall. Höch­stens umgekehrt.

          Als ich 199092 unter­rich­tet habe fan­den die Kur­se nahe Neustadt/Orla in einer sol­chen ehe­ma­li­gen Jugend­ein­rich­tung statt, ein ehe­ma­li­ges Jagd­schloss, ein sehr stil­vol­les Gebäu­de - des­sen Par­kett aller­dings teil­wei­se ver­heizt (!) wor­den war - die war still­ge­legt wor­den. Es hieß, dort habe man die Kin­der von Regime­geg­nern kon­zen­triert um sie umzu­er­zie­hen. Und dann gab es die­se Gerüch­te von Über­grif­fen der Lei­tung, die Leu­te wohn­ten noch in der Umge­gend und man hat sie gemie­den oder geschnit­ten. Jeden­falls waren sie sehr unbeliebt.

        2. Hm... Okay... ich wür­de sagen, das war noch eine ande­re Form von Ein­rich­tung. Kei­ne Ahnung wie das hieß. Lief bestimmt unter "Erzie­hungs­heim" gene­rell oder so ähnlich.
          Weil - die Jugend­werk­hö­fe waren für etwas ande­res da. Das ziel­te mehr dar­auf ab, Jugend­li­che, die dabei waren, auf die schie­fe Bahn zu gera­ten, wie­der auf einen "guten Weg" zu kriegen.
          Aller­dings da gab es die­sen Mist; ich glau­be, man­che ganz bestimm­te Ein­rich­tun­gen sind da sogar berüch­tigt. Also, in die­sen bestimm­ten kam so etwas gehäuft vor - müs­sen dort vor Or also wel­che am Werk gewe­sen sein, die gene­rell ihre Kom­pe­ten­zen für alles mög­li­che aus­ge­nutzt haben. Und die man hat ein­fach "machen lassen".

          In den all­ge­mei­nen "Erzie­hungs­hei­men", wohin Kin­der von unlieb­sa­men oder unlieb­sa­men Leu­ten gesteckt wur­den, stel­le ich mir jetzt jeden­falls bau­ern­schlau vor, dass es dort ähn­lich zuging wie in den christ­lich geführ­ten Erzie­hungs­hei­men in West­deutsch­land. - Miss­brauch, Gewalt, psy­chi­sche Zersetzung.
          Weil die­se Kin­der im System der Ein­rich­tun­gen, salopp, als "Frei­wild" gese­hen wur­den - und sol­che Kin­der schnap­pen sich natür­lich stets Leu­te, die schwei­gen­de Opfer brau­chen, die jemand in einem Abhän­gig­keits­ver­hält­nis zu ihnen brau­chen, damit gesi­chert ist, dass nie etwas her­aus­kommt oder ihnen geglaubt wird.
          - Und wenn jemand mal anfängt, ihnen zu glau­ben, dann wer­den sie mal schnell zu "gei­stes­krank" erklärt.

        3. Ist es nicht immer wie­der beschä­mend für die­se Übel­tä­ter, wenn sie sich an den Schwäch­sten ver­grei­fen ...? Was müs­sen das für arme Würst­chen sein, die sich ech­ten Per­sön­lich­kei­ten gegen­über so schwach füh­len, dass sie sich an Kin­der her­an­ma­chen! Jeden­falls soll­ten die­se - vom System unab­hän­gi­gen Erfah­run­gen - genug Anlass geben immer sehr genau hin­zu­se­hen und stän­dig wach­sam zu prü­fen ob da wirk­lich kei­ne krum­men Din­ger laufen ....

        4. Ich weiß nicht, ob ich es "beschä­mend" nen­nen soll.
          Mir erscheint es wie etwas "nor­ma­les" - oder bes­ser aus­ge­drückt: etwas, dass ein­fach exi­stiert und wohl nicht 100%-ig zu ver­mei­den geht.
          Natür­lich, und das weißt du genau, da klingt bei mir die Ernüch­te­rung über Men­schen und das Wis­sen über Psy­cho­lo­gie her­vor. Es ist nicht ver­herr­li­chend gemeint, son­dern erken­nend, dass sich die­ses gene­rel­le Sche­ma, dass sich Men­schen zum Spaß (!) und zu ihrem eige­nen Ver­gnü­gen, sich an Schwä­che­ren als sie zu ver­grei­fen, offen­sicht­lich ein­fach nicht gänz­lich auf­hal­ten lässt. Egal wie viel Stra­fe man auch dahin­ter setzt und wie sehr es mit Gefahr ver­bun­den ist, von der Gemein­schaft gelyncht zu wer­den, wenn es ent­deckt wird...

          Sie­he, wenn extre­mes Mob­bing betrie­ben wird. Da haben auch eini­ge Spaß auf Kosten von jemand ande­res, fin­den es lustig, fin­den es unter­halt­sam, lachen viel­leicht sogar noch, wenn der­je­ni­ge auf der Brücke steht und nicht mehr leben will. Oder sta­cheln ihn sogar noch an, weil die­je­ni­gen so gefan­gen und ver­na­gelt in ihrer Welt sind, sie sind so von ihrer eige­nen Sen­sa­ti­ons­geil­heit beses­sen und leben in einer Traum­welt, wo aller Schmerz oder gar der leib­haf­ti­ge Tod eher so etwas wie ein weit ent­fernt lie­gen­des Stör­ge­räusch ist, wel­ches ver­meint­lich eigent­lich nicht existiert.
          ...Was ich damit sagen will, ist: Es scheint unter Men­schen ein­fach immer eini­ge Indi­vi­du­en zu geben, zu jedem Erd­zeit­al­ter und in jedem gesell­schaft­li­chen und poli­ti­schen System, die in irgend­ei­ner Form "Lust" und "Ver­gnü­gen" dar­aus zie­hen, sich an Schwä­che­ren zu ver­grei­fen. Die es nicht mit jeman­dem auf einem Level mit sich selbst auf­neh­men kön­nen und, statt even­tu­ell sich selbst ver­su­chen zu ver­bes­sern, lie­ber den Weg wäh­len, es dar­über zu kom­pen­sie­ren, dass sie ein­fach jeman­den suchen, der noch ein Level schwä­cher ist als sie.

        5. Mir schwebt da immer die­ser Befund aus der Neu­ro­lo­gie vor, der besagt es gäbe Men­schen, denen bestimm­te Hirn­area­le feh­len bzw. fehl­ge­schal­tet sei­en. Ich fin­de den Link nicht, es war ein Arti­kel zur Kri­mi­na­li­täts­for­schung. Jeden­falls ist das Ergeb­nis ein völ­li­ger Man­gel an Empa­thie - die­se Per­so­nen kön­nen wegen des Defi­zits weder Mit­leid noch Schuld für bestimm­te Hand­lun­gen gegen Ande­re emp­fin­den. Ganz schwach erin­ne­re ich da einen Zusam­men­hang mit die­sem Han­no­ver­schen Haar­mann. Ver­gli­chen wur­de das mit dem Zustand bei Leg­asthe­nie, weil da auch Erken­nungs­de­fi­zi­te vor­han­den sind die auf das Feh­len von Area­len schlie­ßen lassen.

        6. Hm, da wäre man bei einer Fra­ge nach Huhn oder Ei.
          Was war zuerst da - das feh­len­de Are­al oder wur­den Hirn­ver­knüp­fun­gen fehlgeschaltet?
          War das schon von Geburt an da, oder ist es ein Ergeb­nis von ganz frü­hen (bis ca. 3 bzw. 5. Lebens­jahr) Umge­bungs­be­din­gun­gen und man­geln­dem bzw. in Rich­tung "Empa­thie­man­gel" aus­ge­rich­te­tem Input?

          Hirn­ent­wick­lung näm­lich, wenn man allein nur das nimmt, was als "gesi­cher­tes Wis­sen" in dem Bereich gilt, birgt da die Mög­lich­keit in sich, dass es auch sehr wohl das Ergeb­nis einer Ent­wick­lung sein kann. - Ähn­lich wie ein Kind mit unter­schied­lich gut sehen­den Augen auf dem schlech­te­ren Auge blind wird, wenn man es ihm nicht abklebt und das Gehirn so dazu zwingt sei­ne Ver­knüp­fun­gen auch mit dem schlech­te­ren Auge zu bil­den. (Ist eine Sache, die macht man wohl bis zum 5ten Lebens­jahr; die bis dahin gemach­ten Ver­knüp­fun­gen mit dem schlech­te­ren Auge rei­chen dann wohl aus, dass es zu kei­ner Blind­heit mehr kommt.)
          Bei Leg­asthe­nie stand für mein Vor­stel­lungs­ver­mö­gen auch die­se Fra­ge im Raum. Wirk­lich rein ange­bo­ren oder doch ein Ergeb­nis von ent­spre­chen­dem frü­hen Input (oder dem Man­gel des­sen), zusam­men mit einer mode­ra­ten Veranlagung?
          Hirn­ver­drah­tung in den ersten Lebens­ja­hen ist auf jeden Fall eine "Ham­mer­sa­che". Glaubt man nicht, was da alles mög­lich ist - vor allen Din­gen, was in die­sen Jah­ren alles auch schon auf "tot" gestellt wer­den kann.
          Und das ist dann das Fun­da­ment eines Cha­rak­ters, sowohl in kogni­ti­ven, als auch in emo­tio­na­len Fähig­kei­ten. Alles ande­re fußt/basiert dann darauf.

        7. Über die Ursprün­ge der abge­stuf­ten Empa­thie-Stö­run­gen habe ich nichts gele­sen - nur, dass man drauf gekom­men ist bei der For­schung zu Seri­en­tä­tern die beson­ders bru­tal und gefühl­los bei ihren Taten vorgingen.
          Was bei ande­ren Krank­heits­bil­dern an The­ra­pie und fun­dier­tem Wis­sen vor­han­den ist kann ich nicht beur­tei­len, da fehlt mir die Basis. Dan­ke aber, dass du ein paar Bei­spie­le erklärt hast.
          Was ich sicher weiß ist die­se Sache mit der Man­gel­ver­sor­gung an Eiweiß in sehr frü­hen Lebens­pha­sen bei Men­schen - was da an Defi­zit vor­han­den war wird spä­ter nie wie­der ein­ge­holt, wes­we­gen gera­de eine aus­rei­chen­de Säug­lings­ver­sor­gung so unend­lich bedeut­sam ist.
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          Mög­li­cher­wei­se ist die 'beson­de­re Nei­gung' bei den Prie­stern eine Art Ersatz­hand­lung, eine "Übersprung(-shandlung)" ¹ ² ³, wie man ihn bei beson­de­ren Hal­tungs­be­din­gun­gen in der Tier­zucht sieht, bzw. wie es in all­ge­mei­nen Kon­flikt­si­tua­tio­nen bei (höhe­ren) Wir­bel­tie­ren beob­ach­tet wer­den kann.

        8. Bekannt sind mir die­se Befun­de auch...
          Ich fin­de nur, zumin­dest mit dem Wis­sen um Hirn­ent­wick­lung (nicht nur Wachs­tum, son­dern auch inne­re Ver­drah­tung), dass sich dar­an aller­dings die Fra­ge im Anschluss stellt: War das schon immer da oder "ergab" sich das erst?
          Man nimmt dabei gesi­chert nur den Ist-Zustand wahr, wie die­ser zustan­de kommt, das ist nicht auto­ma­tisch mit erklärt.

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          Ersatz­hand­lung... Eine Mög­lich­keit dazu bestün­de, mei­nes Ver­ständ­nis­ses nach, schon.
          Ohne es mit der Sache in einen Topf wer­fen zu wol­len - wenn im Tier­reich Homo­se­xua­li­tät auf­tritt, führt man es auch auf so einen Zustand zurück. Einem Unter­an­ge­bot von Indi­vi­du­en es bestimm­ten Geschlechts zur Paa­rung, also gehen dann ver­blie­be­ne Indi­vi­du­en eines Geschlechts an ein­an­der " 'ran".
          (Eine Aus­nah­me sind Tie­re, die ein kom­ple­xe­res sozia­les Geflecht haben, wo Sexua­li­tät auch zu mehr dient als nur zur rei­nen Fortpflanzung.)

          Als allei­ni­ge Erklä­rung wür­de ich es aber nicht ste­hen las­sen, dafür ist die Sache bei Men­schen zu kompliziert...

          Eine zufäl­li­ge Fehl­ver­schal­tung, ähn­lich wie bei einem Fetisch, käme da mehr in Fra­ge. Im über­trie­be­nen Sin­ne wäre es so etwas, nur wäre es einer der Feti­sche, die nicht ganz unge­fähr­lich sind bzw. er wäre für alle Teil­neh­men­den nicht gut.

          Nicht sel­ten trifft man es aller­dings an, dass Miss­brau­cher "ledig­lich" ein Ver­hal­ten nach­ah­men, wel­ches sie selbst einst als Opfer oder als Zeu­ge erlebt haben. Psy­cho­traum­ta spielt bei dem The­ma unglaub­lich oft eine Rol­le, auch auf der Täter­sei­te, mei­nes Wis­sens und mei­ner Erfah­rung nach.

        9. "Ver­drah­tung"
          - hier muss man wohl - prä­na­tal - min­de­stens zwei Zustän­de unterscheiden:
          - Gene­tisch ange­leg­te man­gel­haf­te Aus­prä­gung bestimm­ter Hirnareale;
          - Stö­rung des embryo­na­len Wachs­tums durch Ein­wir­kung von Noxen wäh­rend der Schwan­ger­schaft über die Plazenta
          Zudem kommt dann nach der Geburt der bereits bespro­che­nen Man­gel an Nah­rung bei der Aus­prä­gung der Ver­knüp­fun­gen und (Schalt-)Kerne hinzu.

          Eine Dis­kus­si­on zu dem The­men­feld "Fetisch" möch­te ich mir nicht antun - nur soviel:
          Ich hal­te das für eine Fehl­prä­gung, was bedeu­tet ein Gegen­stand, eine Per­son oder eine Hand­lung wird (rein zufäl­lig) falsch & unlös­bar mit einem Gefühl ver­knüpft - und um die­ses Gefühl zu reprdu­zie­ren braucht die­se Per­son dann den zugrun­de lie­gen­den Aus­lö­ser, ohne klappt nichts.

          Spe­zi­fi­sche Erfah­rung als Opfer ist schlimm. Bit­te aber nicht hier öffent­lich machen.

        10. Okay, das soll­te ich viel­leicht spezifizieren...
          Wenn ich von "Ver­drah­tung" rede, dann mei­ne ich in der Regel die, die nach der Geburt statt­fin­det. Also nicht von Anfang an gene­tisch mit­ge­ge­ben ist.

          Des­we­gen habe ich das als Ver­gleich vorgebracht.
          Weil es in etwa so wirkt; Pädo­phi­le, die eini­ger­ma­ßen zugäng­lich über ihre "Sache" sind und sach­lich neu­tral berich­ten kön­nen, erzäh­len oft­mals, dass sie wahr­neh­men, sie kön­nen nicht aus ihrer Haut hin­aus. Sie kön­nen das nicht "ver­ler­nen".
          Es ist eine Sache so fest ver­an­kert in ihrem Hirn, man kann sie dadurch nur vor der Öffent­lich­keit und vor jeg­li­chen Kin­dern fern­hal­ten, damit nichts passiert.

          Wie als wenn da im Hirn etwas sehr früh fehl­ge­schal­tet wur­de, und das lässt sich nicht mehr aufbrechen...

          Ein biss­chen anders ver­hält es sich noch mit sol­chen, wo die Haupt­mo­ti­va­ti­on hin­ter ihrem Ver­hal­ten einem Muster mit der Ver­mi­schung von Gewalt vorliegt.
          Hier greift das auch, was ich sag­te über "über­mä­ßig häu­fig vor­lie­gen­de Psychotraumata"...
          Es geht nicht allein um die sexu­el­le Trieb­be­frie­di­gung, son­dern auch um etwas tief­sit­zen­des psy­cho­lo­gi­sches. So etwas wie z. B. "auf jemand schwä­che­rem her­um­tram­peln", Sadis­mus, aus­agie­ren von Aggres­sio­nen gegen jeman­den, der ihnen kör­per­lich unter­le­gen ist und der men­tal kaum Resi­stenz gegen die Art ent­wickeln kann wie so ein Mensch sein Opfer behandelt.

          Gera­de bei die­sen Mustern kann man davon aus­ge­hen: Ent­we­der haben die das mal von jemand ande­rem, der genau­so agier­te, gezeigt bekom­men, oder sie waren selbst mal Opfer (aber weh­ren tie­fen­psy­cho­lo­gisch ihr eige­nes Opfer­da­sein ab, ver­su­chen dies zu ver­ges­sen indem, dass sie jemand ande­rem weh­tun wie ihnen weh­ge­tan wurde).

          PS: Ich weiß, ich rede über sol­chen kran­ken Scheiß fast schon locker und fröhlich...
          Es ist bei mir ein­fach die Art, die ich mit sol­chen psy­chi­schen Abgrün­den an mir habe.
          Bin dabei aller­dings bemüht, stets recht neu­tra­le For­mu­lie­re­un­gen zu ver­wen­den, damit ich nicht irgend­je­man­den mit mei­ner Abge­stumpft­heit anwidere.

        11. Ach, es gibt schlim­me­re Ereig­nis­se und des­we­gen fin­de ich es durch­aus ange­mes­sen klar aus­ein­an­der zu legen wel­che Hin­ter­grün­de da vor­han­den sein könn­ten - zumal das eher weni­ger bekannt sein dürfte.
          Letzt­lich tap­pen wir da bei dem zugrun­de lie­gen­den Motiv / der Fehl­prä­gung / der Gei­stes­stö­rung doch im Dun­keln. Nicht nur wir, son­dern die Fach­welt, die damit befasst ist auch!

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