40 Jahre Studentenrevolte:
«Unter den Talaren der Muff von 1000 Jahren»
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Die Revolution hat Geburtstag: Heute vor 40 Jahren zogen Studenten über den Berliner Kurfürstendamm und protestierten gegen den Vietnam-Krieg. Es war der Beginn einer gesellschaftlichen Erneuerung.
Etwa 10 000 Demonstranten zogen mit rhythmischen «Ho-Ho-Tschi-Minh»-Rufen durch West-Berlin. Mit rot-blauen Fahnen des kommunistischen Vietkong, Mao- und Che-Guevara-Plakaten protestierten sie am 18. Februar 1968 gegen den Vietnam-Krieg der USA. Und Rudi Dutschke, Chef-Ideologe des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS), rief bei einer «Internationalen Vietnam-Konferenz» im Februar vor 40 Jahren in der Technischen Universität: «Es lebe die Weltrevolution.»
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Das Jahr 1968 steht für den Höhepunkt der Studentenbewegung, deren Wirkung weit über die Hörsäle hinausging. Es war das Jahr, in dem die Beatles ihr legendäres «Weißes Album» herausbrachten. «Wir alle möchten die Welt verändern», heißt es in einer Zeile des Songs «Revolution 1». Der Zeitgeist wehte von Berkeley über Paris, Frankfurt am Main und West-Berlin bis nach Prag, wo er von russischen Panzern niedergewalzt wurde.
Auf die Demonstration gegen den Vietnam-Krieg reagierte das offizielle Berlin drei Tage später. Der Senat unter dem Regierenden Bürgermeister Klaus Schütz (SPD), Parteien und Gewerkschaften organisierten eine Gegenkundgebung «für Freiheit und Frieden» mit bis zu 100.000 Teilnehmern. Vor dem Rathaus Schöneberg waren dabei auch Sprüche wie «Dutschke Volksfeind Nr. eins» zu sehen.
Seit dem Tod des Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 bei Protesten gegen den Schah-Besuch in Berlin heizte sich die Atmosphäre auf. Am 11. April 1968 schließlich streckte der Hilfsarbeiter Josef Bachmann Dutschke mit drei Schüssen nieder. Es folgten an den Ostertagen die schwersten Unruhen in der Geschichte der Bundesrepublik. Aufgebrachte junge Leute errichteten vor Druckereien des Axel-Springer-Verlages Blockaden, Fahrzeuge wurden in Brand gesetzt. Sie wollten die Auslieferung der «Bild»-Zeitung verhindern, die sie mitverantwortlich machten für das Attentat, an dessen Folgen Dutschke 1979 starb.
Die Studenten- und Jugendrevolte war aus den USA nach Deutschland geschwappt. In Bonn regierte die Große Koalition, außerhalb des Parlaments formierte sich der Protest. Er richtete sich gegen das Establishment in Staat und Gesellschaft. «Unter den Talaren der Muff von tausend Jahren» - war der rebellische Slogan gegen die Professoren. Das Ende des Nazi-Regimes lag erst 23 Jahre zurück. Viele Eltern der aufbegehrenden Generation waren Parteimitglieder gewesen, die ihre Nazi-Vergangenheit verdrängten und sich im Wirtschaftswunderland neu eingerichtet hatten.
Aus Sicht der Nachgeborenen war vieles in der Gesellschaft verkrustet und reaktionär. Ehebruch stand unter der Fuchtel des Strafgesetzbuches und Homosexualität auch. Nächtigte ein unverheiratetes Paar im Heim der Eltern, konnten diese wegen Kuppelei belangt werden. «Es herrschte eine Stickigkeit, die man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann», erinnerte sich erst kürzlich der grüne Ex-Außenminister Joschka Fischer.
Im Mai revoltierten in Paris die Studenten der Sorbonne, ein Generalstreik legte ganz Frankreich lahm. Auf Bonn, damals noch Sitz von Bundesregierung und Bundestag, bewegte sich am 11. Mai ein Sternmarsch mit zehntausenden Teilnehmern zu, um - letztlich vergeblich - gegen die Verabschiedung der Notstandsgesetze zu protestieren. «Bürger lasst das Glotzen sein, kommt herunter, reiht Euch ein», riefen sie den Bonnern zu.
Danach zerfiel die Studentenbewegung in viele Gruppen und Grüppchen. Eine kleine Minderheit verschrieb sich der Gewalt. Andreas Baader und Gudrun Ensslin, die im April aus Protest gegen den Vietnamkrieg in Frankfurt Brandanschläge auf zwei Kaufhäuser verübten, wurden zu Führern der terroristischen Roten Armee Fraktion (RAF). Andere machten sich auf den «langen Marsch durch die Institutionen» - bei den Jungsozialisten, in den Gewerkschaften oder schließlich - wie Fischer - bei den Grünen.
Die «68er»-Bewegung hat nach Einschätzung des Politologen Wolfgang Kraushaar die Gesellschaft in der Bundesrepublik «trotz politischer Fehlentwicklungen enorm durchgepustet». Auch 40 Jahre danach gebe es Phänomene, die ohne die Revolte nicht denkbar wären, sagte der 59- Jährige in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Dazu gehöre die größere individuelle Freiheit, über die junge Menschen heute wie selbstverständlich verfügten, aber auch veränderte Geschlechterrollen.
Andere machen die «68er» verantwortlich für eine Zerstörung der bürgerlichen Familie, Kindermangel und Werteverfall. So sagte der Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio vor einer Weile: «Es hat schon Wirkung gezeigt, dass man Fleiß und Ordnung als Kategorien der freudschen Triebunterdrückung abtat und die Familie als kleinbürgerliche Zwangsanstalt darstellte.» (Norbert Klaschka und Margret Scholtyssek, dpa)
Parmenides sei unter allen Weisen der Einzige gewesen, der geleugnet habe, dass alles Bewegung und Veränderung sei
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