oder:
Die wundersame Geldvermehrung bei sinkendem tatsächlichen Wert.
Stellen Sie sich 'mal vor Sie gehen heute los und kaufen sich ein Paar neue Schuhe für 99,- €uro. Wieviel werden die im nächsten Jahr noch wert sein? Nichts - wenigstens nicht, wenn Sie sie verkaufen wollen. Für Sie selbst allerdings haben die Schuhe noch einen Wert, weil sie noch keine Löcher in der Sohle und keine schiefen Absätze haben ....
Wie sieht es aus wenn Sie einen Kleiderschrank für 800,- €uro kaufen und den wieder verkaufen wollen weil er um 12 cm zu breit ist und nicht in die vorhandene Nische paßt? Ein wenig anders als bei den Schuhen: Dafür könnten Sie bei einer Verkaufsplattform möglicherweise noch 100,- bis 120,- €uro erlösen. Immerhin, ein Teil der Investition verbleibt ihnen, der Rest ist zwar schmerzlich aber beim nächsten Mal werden Sie eben genauer messen ....
Jetzt schauen wir uns an was passiert wenn Sie ein Auto kaufen: Da legen Sie ca. 30.000,- €uro auf den Tisch und es gehört Ihnen. Nach ein paar Jahren, sagen wir mal 4 Jahren, wollen Sie ein neueres Modell, mit all den vielen zusätzlichen Eigenschaften die mittlerweile die Autofirmen einbauen, kaufen. Ihr 'altes' Auto ist jetzt maxinal 50% dessen wert wofür Sie es gekauft haben. Abzüglich der Händlermarge - der will ja schließlich daran noch etwas verdienen - bekommen Sie ca. 13.500,- €uro dafür.
Mittlerweile entschließen Sie sich ein Haus zu kaufen, nichts wirklich außergewöhnliches, sagen wir mal 120 m² am Stadtrand, eine Doppelhaushälfte. Das wird so um die 200.000,- €uro kosten. Für Notar und Steuern rechnen wir nochmal 15% oben drauf, das sind zusätzlich 30.000,- €uro, macht insgesamt 230.000- €uro. Ein durchaus normaler Preis für so ein Haus.
Ach, da habe ich noch den Makler vergessen, das sind noch 10.000,- €uro mehr.
Nachdem Sie gekauft haben finden Sie in Gesprächen mit den Nachbarn heraus, dass der Vorbesitzer das Haus 1999 für 180.000,- DM, also 90.000,- €uro gekauft hatte. Rechnen wir auch hier die Notar- und Grunderwerbsteuerbeträge dazu kommen wir auf einen Gesamtpreis von ca. 103.500,- €uro.
Jetzt kommt der *durchschnittlich verständige Verbraucher* ins Grübeln .... wieso sind all die anderen Güter nichts mehr, oder fast nichts mehr wert, das Haus aber kostet nach so vielen Jahren Nutzung mehr als das Doppelte dessen, was es einmal als Neubau kostete ..!? Dabei ist doch das Haus nicht mehr das allermodenste, es werden Renovierungen in Bad und Küche fällig, das Parkett muß abgeschliffen werden, und so weiter ....
Die Lösung ist einfach. Sie ist so offensichtlich, dass man glatt darüber hinwegsieht. So wie die meisten Menschen.
Die Banken stecken dahinter. Mit ihren hauseigenen Wertgutachtern sorgen sie dafür, dass es eine jährliche Steigerung der Preise gibt, ihre Immobilienabteilungen erledigen dann den Rest. Zudem heben sie die Maklermarge ganz sachte über die Jahre an:
Waren es in 1999 noch um die drei Prozent, so liegen wir jetzt bei mehr als 5%, und das zahlen nicht nur die Käufer, sondern (je nach Region) mittlerweile auch die Verkäufer. Eine Steigerung um 7% [3 → 5 , und das zweimal = 10 - 3 = 7%]. Die freien Makler folgen umgehend.
Alles obige war ohne Mehrwertsteuer, die hat sich in diesen Jahren von 13 auf 19% erhöht. Der Staat braucht immer mehr Geld, denn schließlich müssen ja die steigenden Abgeordnetenvergütungen & -pensionen irgendwie bezahlt werden.
... und man sollte auch nicht vergessen, dass ziemlich viel herumvagabundierendes Kapital seinen Weg in die Immobilien gefunden, die Blase aufgepumpt und die Preise angeheizt hat.
Bei den anderen Beispielen haben wir es eben auch mit Gebrauchswert und Tauschwert zu tun, die voneinander geschieden sind - und letztlich so mit Ware. So realisieren sie in der Konsumption ihrer Schuhe(tragen, nicht essen, wir sind hier ja nicht bei The gold rush) den Gebrauchswert oder Nutzen, während durch diese Nutzung der Tauschwert für andere dieser Ware dadurch abnimmt. So ist es auch mit dem Auto oder ihrem Kleiderschrank.
Und, so wäre es auch mit dem Haus, allerdings kommen da eben noch zwei weitere Dinge zusammen: Grundbesitz und Verknappung, sowie eben Kapital auf der Suche nach Rendite. Das Trommeln der Finanzberater, nur ein eigenes Häuschen sei eine Sicherheit fürs Alter als Ideologie und Werbemaßnahme kommt da wohl auch noch dazu. Es gibt –zunehmend- in den Ballungsräumen und auch dem Speckgürtel darum inzwischen eben nur eine begrenzte Anzahl an Grund und Boden nebst Wohngebäuden. So wurden in Frankfurt City eben viele Wohnflächen deutlich teurer, weil finanzkräftige Firmen ihre internationalen Mitarbeiter vor Ort unterbringen wollen und gleichzeitig über entsprechende Finanzen verfügen. Stichwort EZB. Gentrifizierung sorgt aller Orten für eine Verdrängung der alten, weniger zahlungskräftigen Menschen in die Peripherie zugunsten von lukrativerer Nutzung und höherer Kapitalrendite durch die Besitzer. Da wird ein enormer Kostendruck aufgebaut, kostet eben selbst in der Peripherie der großen Städte eine 3 Zimmer Wohnung um die 1.000€, zum Kauf liegt man leicht bei 150.000€ oder drüber.
Nach dem Platzen der durch Zentralbanken gefluteten Finanzmärkte nebst Aktienblase, wird sich der Markt vermutlich wieder etwas abkühlen, weil dann wieder akzeptable Zinsen gezahlt werden, und die Kapitalflucht in Immobilien und Edelmetalle sich abschwächen dürfte. Bis dahin investiere ich weiterhin in Schnaps und erfreue mich der Restzeit meines Lebens. ;-)
Danke für die erweiternden Gedanken zu den Auslösern dieser absonderlichen Verschiebung von fiktivem und tatsächlichen Wert - ich vergleiche es gern mit dem Überhang der erwirtschaftet werden muß um Zinsen auf geliehenes Kapital zurück zu zahlen.
Da gibt es ja ebenso eine zwangsläufige Steigerung (fälschlicherweise als "Wachstum" bezeichnet, denn es wächst nichts von Wert sondern nur ein fiktiver Betrag) und der schlimmste Auswuchs waren die Zusammenbrüche von 2000 [Internet'unternehmen'] und 2008 [betrügerische Wertannahmen].
Ich kann es aus eigener Erfahrung so darstellen:
- 1992 habe ich für eine Wohnung mit Marmorboden, Fußbodenheizung, 3 m Deckenhöhe, knapp 200 m² 1.400,- DM / 700,- €uro gezahlt, mit Riesengarten, Doppelgarage und bodentiefen Schiebetüren an drei Seiten von den Zimmern auf die Terrasse.
- 2017 zahle ich für eine 3-Zi-Etagenwohnung, knapp 90 m² mit Laminatboden, Carport und Balkon 760,- €uro
Für die Hälfte der Fläche ohne 'Luxus' das Doppelte - das entspricht ca. einer Steigerung um das Vierfache in 25 Jahren .... während die Löhne & Gehälter der durchschnittlichen Verdiener in einigen Branchen sogar rückläufig (!) waren .... aber wie sagt die Frau Kanzlerin:
Der Aufschwung ist bei den Menschen angekommen