Von "wahr", "metaphorisch wahr" und Vorteilen

Vor Kur­zem sah ich mir ein eng­lisch­spra­chi­ges Video an. Da ging es um die Fra­ge, ob es immer nötig ist die Wahr­heit zu ken­nen oder ob es schon von Vor­teil ist zu ver­mu­ten etwas sei wahr und sich ent­spre­chend zu ver­hal­ten. Weil man dann bes­ser dran sei, als wenn man dar­auf war­tet die Wahr­heit zu ken­nen und dann erst zu handeln.

Der Kern­satz lautete:
" ..The­se are ide­as that aren't true in a fac­tu­al sen­se - but they are true enough, that if you behave as if they were true, you come out ahead of whe­re you would be if you beha­ved accor­ding to the fact they were not true.. "

Über­set­zung:
Dies sind Ideen, die im eigent­li­chen Sin­ne nicht wahr sind - aber sie sind wahr genug, dass Sie, wenn Sie sich so ver­hal­ten, als ob sie wahr wären, dem vor­aus sind, wo Sie wären, wenn Sie sich ent­spre­chend der Tat­sa­che ver­hal­ten wür­den, dass sie nicht wahr sind.

Die Fol­ge­rung ist demnach:
Es ist bes­ser gleich und mit weni­ger Gewiß­heit etwas anzu­packen als zuzu­war­ten bis alle Infor­ma­tio­nen vorliegen.

Nun ist klar, war­um wir zwar eine der füh­ren­den Natio­nen auf dem Pla­ne­ten sind, es aber hier­zu­lan­de immer etwas län­ger dau­ert bis Din­ge erle­digt wer­den. Ent­lang die­ses Pro­zes­ses wird viel Enga­ge­ment zer­stört, weil die Initia­ti­ve tat­kräf­ti­ger Mit­ar­bei­ter immer wie­der gebremst und so all­mäh­lich abge­flacht wird.

Kommentare

  1. Der Begriff von Wahr­heit ist per se eine gewal­ti­ge Lüge, wenn er im Bereich von Poli­tik oder Reli­gi­on ange­wen­det wird.
    Und dort, wo man eigent­lich Wahr­heit oder wah­re Aus­sa­gen erwar­ten dürf­te, in der Mathe­ma­tik, gibt es seit 1931 den Beweis (Gödel), dass es "die Wahr­heit" nicht gibt, oder geben kann. Zumin­dest nicht im Umfeld unse­res mensch­li­chen Fassungsvermögens.

    Ande­rer­seits habe ich aber zwei Din­ge im Leben gelernt. Und zwar durch Schu­lung und Lektüre.
    1) rhe­to­risch muss man laut und deut­lich spre­chen, um Über­zeu­gung zu über­mit­teln. Dann kommt es nicht dar­auf an, ob man eine Wahr­heit sagt oder lügt. Die Leu­te wer­den von der ver­mit­tel­ten Über­zeu­gung mitgerissen.
    2) der gute Mana­ger war­tet nicht, bis er genü­gend Daten hat, um sei­ne Wahr­heit zu extra­po­lie­ren. Er mana­ged aus dem Bauch her­aus und das rasch! Die Schnel­lig­keit der Reak­ti­on ist ein Kri­te­ri­um, ob eine poli­ti­sche Maß­nah­me wirk­sam ist oder nicht.

    Fazit: "die Wahr­heit" gibt es nicht und kann es für uns nicht geben. Sehr emp­feh­lens­wert: das Buch "Gödel, Escher, Bach" von Dou­glas Hof­stadter. Der hat an dem Buch 20 Jah­re lang gear­bei­tet. Man braucht kei­ne beson­de­ren Mathe­ma­ti­schen Kennt­nis­se. Logi­sches Denk­ver­mö­gen ist aus­rei­chend. Und es ist gera­de in Zei­ten wie die­sen sehr ange­nehm zu lesen, obwohl oder weil es so lang ist.

    1. zur "Wahr­heit" hat­te ich vor ein­ger Zeit schon ein­mal ein paar Zei­len geschrie­ben: "Dem­nach gibt es also kei­ne "abso­lu­te" Wahr­heit, son­dern ledig­lich kurz­zei­ti­ge Annah­men WAS Wahr­heit sei. Vor die­sem Hin­ter­grund ist unse­re eige­ne Wahr­heit eine von Vie­len und hat den glei­chen Anspruch, die glei­che Berech­ti­gung, wie die Wahr­heit unse­res Mit­men­schen - selbst wenn sich unse­re Wahr­hei­ten extrem unterscheiden."

      "Wahr­hei­ten"
      Schlich­te Wahrheiten ....

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      zu 1) Stimmt, das kann ich aus jah­re­lan­ger Pra­xis bestä­ti­gen - aller­dings nicht bei jedem Publi­kum. Je weni­ger gebil­det desto bes­ser geht es ....

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      zu 2) Da gibt es wohl gro­ße Unter­schie­de zwi­schen Manage­ment und Politik:
      Mana­ger über­schau­en ihr Fach­ge­biet und kön­nen daher intui­tiv reagie­ren - Poli­ti­ker behrrschen nichts so rich­tig und tref­fen trotz­dem Ent­schei­dun­gen, Quo­te rich­tig: falsch daher 50:50!

      1. Aber Sie wer­den zustim­men, dass poli­ti­sche Mana­ger (wie es auch Poli­ti­ker sein soll­ten) alles ande­re als ihr Sach­ge­biet überschauen.

        1. Sofern man den Begriff "poli­ti­scher Mana­ger" für einen Poli­ti­ker wählt fragt es sich in wel­cher Absicht - soll der Poli­ti­ker auf­ge­wer­tet wer­den durch den Begriff "Mana­ger"? Weil er sonst ja nichts rich­tig kann? [Aus­nah­men sind Fach­leu­te, die dem Res­sort vor­ste­hen, aber das ist ja wohl eher sel­ten und war auch in Öster­reich bis­her selten].

          Ich kann Ihnen dahin­ge­hend zustim­men, als Poli­ti­ker, die nicht gleich­zei­tig Fach­leu­te auf dem Gebiet sind das ihr Res­sort benennt, meist Dilet­tan­ten sind und sich so auf­füh­ren. Wenn sie nicht die beam­te­ten Unter­ge­be­nen hät­ten lie­fe gar nichts.

  2. Es fällt schwer, da jetzt nichts zu Coro­na zu sagen...
    Es gibt da näm­lich die Frak­ti­on, die alles für einen Schwin­del hält und für "nicht mehr los als in der son­sti­gen Grip­pe­sai­son", die's schon fast als eine geziel­te Akti­on sehen wol­len, um dem Vol­ke sei­ne letz­ten ver­blie­be­nen Frei­heits­rech­te frei­wil­lig aus dem Kreuz zu lei­ern, ohne dass die­se Wider­stand leisten.

    Mir fällt dazu das Bild ein, was man vom 17. Juni 1953 hat: Unter einem gewöhn­li­chen Auf­stand, der als Denk­zet­tel in Rich­tung DDR-Regie­rung und Sowjet­be­saat­zung gehen soll­te, hat man west­li­cher­seits ver­sucht, sei­nen eige­nen Auf­stand unter­zu­ju­beln - gemäß dem Prin­zip eines gewöhn­li­chen Ter­ro­ri­sten "Wodrun­ter ver­steckt man am besten einen Anschlag, um am mei­sten Leu­te unter­zu­brin­gen? - Unter eine unkon­trol­lier­te Mas­sen­ver­an­stal­tung, wo am besten noch viel Lärm und Geknal­le dabei ist, sodass man eine Wei­le braucht um mit­zu­krie­gen, dass die­se eine Akti­on nicht zum Schau­spiel mit dazu gehört.".
    Am Ende heißt das dif­fe­ren­ziert: Weder die eine, noch die ande­re Vari­an­te der Wahr­heit ist wirk­lich rich­tig. Kei­ner hat­te nur sei­ne Frei­heit im Kopf und woll­te gern der BRD schon 1953 bei­tre­ten, und es war auch kein rei­ner Ver­such einer faschi­sti­schen Gegenrevolution.
    Da lief ein Ding von ganz allein ab, es hat nur jemand ande­res von außen ver­sucht, sich die Situa­ti­on zu Nut­ze zu machen, um selbst zu steu­ern, wohin die Rei­se geht...

    Und so wird es auch bei Coro­na sein. Die Aas­gei­er ver­su­chen, die Situa­ti­on für sich zu nut­zen - aber nur weil sie dies tun, wird die poten­ti­el­le Gefahr dadurch nicht gemin­dert oder gar negiert. Man muss trotz­dem sei­ne eige­nen Ohren und Augen offen hal­ten und dem­entspre­chend mit der Situa­ti­on umgehen.
    Wenn man's nicht macht, steht immer die Mög­lich­keit der Kon­se­quenz im Raum, dass man poten­ti­ell selbst krank wird und blei­ben­de Schä­den davon trägt, wenn nicht sogar elen­dig dar­an im über­for­der­ten Kran­ken­sy­stem verreckt.

    Das heißt also: Man muss dabei trotz­dem so han­deln, als wenn die vor­ge­tra­ge­nen "Fak­ten" erwie­sen sind. (Ein biss­chen Mit­den­ken dabei ist ganz gut, dann kann man zumin­dest den gro­ben Schwach­sinn vom Sinn unterscheiden.)

    1. Ein sehr tref­fen­des Bei­spiel für den Vor­zug des prä­ven­ti­ven Han­delns trotz noch nicht erreich­ter Absi­che­rung durch Fak­ten - hat man erst ein­mal die Viren ein­ge­fan­gen ist es zu spät für Schutz­mass­nah­men. Auch die Vor­sor­ge ws Lebens­mit­tel und son­sti­gen Haus­halts­be­darf angeht steckt ja im glei­chen Dilem­ma: Was ist nötig, was ist zuviel?

      !7.06.53:
      Da bin ich mir nicht so sicher, ich den­ke eher, dass der Tod Sta­lins (05.03.53) und die Reform durch Chruscht­schow ["Ent­sta­li­ni­sie­rung"] als Signal gese­hen wur­de das eine Locke­rung der Zwangs­herr­schaft (Inte­gra­ti­on und Vor­macht­stel­lung der Rus­sen im Ost­block) signa­li­sier­te. Ulb­richt hat dann fol­ge­rich­tig auf dem XX. Par­tei­tag viel ver­spro­chen. Aber wenig gehal­ten, weil ein Teil der Pro­duk­ti­on nicht exi­stent war (Ver­tu­schung von Min­der­lei­stung bei der Norm durch fal­sche Zah­len­an­ga­ben). Wäh­rend­des­sen kann­te man in der DDR die Ent­wick­lung im Westen schon und woll­te ein Stück mehr Lebens­qua­li­tät haben. Nun, das hat dann ja noch gedauert.

      Eines kann ich aus eige­ner Anschau­ung sagen:
      Als ich 1990 nach Neustadt/Orla kam um dort zu unter­rich­ten war der Stand der 'Tech­nik', ins­be­son­de­re der Haus­tech­nik, noch wie in den 50er Jah­ren in der BRD, die ich als Bub mit­er­lebt habe. Der Still­stand und die Ver­wal­tung des Man­gels waren ganz offen­sicht­lich mit ein Grund dafür, war­um die DDR-Bür­ger Ände­run­gen anstrebten.

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