(Kommentar zu einem Artikel, kürzlich erschienen beim Humanistischen Pressedienst)
Hätte beim Artikel nicht als Datum "30. März" dran gestanden, hätte ich gefragt, ob das der diesjährige Aprilscherz von der Stelle sein soll...
Denn das Deutschland, was dort beschrieben wird, das kenne ich nicht. Und viele andere auch nicht.
Realistisch gesehen - und mal ein bisschen Recht zubilligend zugesprochen -: Im Vergleich zu anderen, ist man hier nicht so schlecht aufgestellt wie es manche tägliche Katastrophenmeldungen einem Glauben machen könnten.
Allerdings, das ist ein Vergleich von "zunehmend schlecht "und "GANZ schlecht".
Als wenn man jemanden vergleicht, der seine beginnende Sucht noch realisiert und mitkriegt, wie es sein Leben zerstört, mit jemandem, der völlig zugelötet in der Gosse liegt und jeden Tag vom Notdienst mitgenommen werden muss, um am Leben zu bleiben.
In etwa eine solche Diskrepanz ist es.
Beim Gesundheitswesen muss man sogar sehr scharf argumentieren: Lebt der Autor auf dem Land? Irgendwo im Niemandsland, wo manche Fachärzte rar sind oder nur in mind. 50 km Umkreis liegen? Hat derjenige schon mal was von den Problemen mit dem "Ärztemangel auf dem Land" gehört?
Hier kann man sogar sehr weit ausholen: In den 90er Jahren wurde auf der Ost-Seite die ganze Poliklinik-Struktur zerschlagen und geschlossen, was nicht eine größere Einrichtung war, die gewinnbringend in einr Krankenhauskette verwurstet werden konnte; man hat heutzutage weniger allgemeine medizinische Einrichtungen vor Ort verfügbar als vor Jahrzehnten. Alles nur wegen dem Profitstreben! Alles nur, weil es nicht sein darf, dass dem gemeinen Bürger etwas gutes getan wird - nämlich Gesundheit.
Die immer wieder ausgerufene "bessere Allgemeingesundheit der Mensch bis ins hohe Alter" resultiert vielmehr aus dem medizinischen Fortschritt der letzten 30 Jahre, weil man wesentlich gezielter helfen kann bzw. manchen Krankheiten überhaupt erst richtig helfen kann.
Als bloßes Beispiel genommen: Wie war das, wenn man in den 90ern Krebs hatte? Da gab es nicht viel. Außer Rausschneiden (wenn möglich) und Chemo waren da keine Optionen. Palliativmedizin war noch kein so großes Thema wie heute (sodass Patienten mit Krebs wesentlich länger noch damit leben konnten, wenn sie zeitig erkannt werden).
Wirklich weiter ist man bei den Behandlungsmethoden immer noch nicht, aber man forscht wenigstens in die Richtung, inwieweit angereicherte Antikörper den Krebs wie eine gewöhnliche Infektionskrankheit beseitigen können.
In den 90ern war Krebs allgemein fast noch ein Todesurteil, egal wie alt oder jung. Auch weil man noch nicht viel an Früherkennungsuntersuchungen kannte, das Rausschneiden wesentlich einfacher machen, wenn die Tumore noch gar nicht so ausgewachsen sind und noch nicht streuen konnten.
Das ist in dieser Hinsicht keine Systemfrage, sondern eine Frage der allgemeinen Verfeinerung der Medizin an sich, um einen Zustand besser bekämpfen zu können bzw. rechtzeitig noch im Keim zu ersticken bevor es lebensbedrohlich wird.
Ein anderes Vergleichsbeispiel dürfte evtl. Aids sein.
Bis heute, muss man sagen, sind alle Leute, die HIV positiv sind, und die mit dem Virus schon sehr lang leben, immer noch Versuchskaninchen, was die Medikamente angeht, die den Ausbruch von Aids hinauszögern sollten. Bisher gibt es noch kein Heilmittel dazu.
Erst im Laufe der 90er Jahre nahm das seinen großen Aufschwung, denn Anfang der 90er durfte selbst noch Freddy Mercury keine 5 Jahre nach der Infektion mit HIV an Aids sterben. Es gab schlichtweg noch nichts effektives, womit man helfen konnte!
Ein anderer Fall, bei dem es ähnlich gelaufen sein muss, ist Tony de Vit. Starb 1998, erfahren hat der von seiner Infektion in etwa in den Jahren, als seine DJ-Karriere Auftrieb nahm, was irgendwo zwischen Anfang und Mitte der 90er liegen dürfte.
Es dauerte in der Zeit bei den Fällen nicht allzu lang von der Infektion bis zum Tod. In den 80ern, kann es sein, ging das noch viel schneller.
Was hat man dagegen heute? Auch noch kein Heilmittel, man hat "lediglich" "Prep", um eine Infektion des Körpers damit zu verhindern. Das sind aber auch Medikamente, die in ihren Nebenwirkungen nicht ganz ohne sind.
Was passiert? Auf Grund dessen werden die Leute schon wieder unvorsichtig. Nach dem Motto "ich kann ja gar kein Aids kriegen, ich bin auf Prep gesetzt"... Ja, das mag wohl stimmen, aber Prep hilft auch nur, einer HIV-Infektion vorzubeugen, nicht aber gegen die ganze andere Scheiße, der ebenfalls tödlich verlaufen kann - sowas wie die nette Syphilis.
Und die Krankheiten werden dazu auch noch zunehmend gegen Antibiotika immer resistenter... (Und an denen wird wohl ebenso zunehmend nicht mehr geforscht, weil eine Packung Antibiotika nicht viel Gewinn abwirft, anders als ein teures Supermedikament, für das man Monopol auf der ganzen Welt hat und das man so teuer verkaufen kann wie man lustig ist.)
Wem gebührt hier also der "Dank"?
Wohl kaum dem deutschen Gesundheitssystem, sondern vielmehr dem allgemeinen Fortschritt in der Medizin. Und in Deutschland ist "Forschung" so ziemlich der am stiefmütterlichsten behandelte Sektor nach der Bildung...
Gar nicht mal davon zu sprechen, wer hier noch die Fahne oben halten darf. In den Krankenhäusern arbeiten jede Menge ausländische Ärzte und Pflegekräfte; wären die nicht da, dann wäre die Grundversorgung in den Krankenhäusern ernsthaft gefährdet.
Und selbst die spielt man noch kaputt mit "immer 3 Leute zu wenig anstellen" und zu wenig Entlohnung für die Arbeit, die sie dort machen, und wofür sie (scheinbar) kaum noch Deutsche finden.
Nur ein Beispiel: Was wäre Deutschland ohne seine Ärzte und Krankenpflegerinnen aus Polen? Da würden bestimmt ein paar mehr Krankenhäuser als nur im grenznahen Bereich schließen müssen, wenn die nicht mehr da wären.
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"Qualitätsjournalismus" war hier auch so ein Lacher, und da könnte man gern das Zitat anbringen von der einen Reporterin, die in einer Talk-Runde damals zur brisanten Zeit der Flüchtlingskrise zugegeben hat, sie werden bei den Öffentlich-Rechtlichen doch schon zu einer gewissen Konformität gegenüber der Staatspolitik angehalten.
Dann nicht mal weiterzureden von den vielen offenen oder wenigstens dokumentierten Transatlantikern, von denen man auf Grund dessen wohl nicht erwarten sollte, dass sie USA-kritische Berichte liefern, es sei denn, wenn auch laut deren Meinung der falsche Mann im Weißen Haus sitzt. Ganz zu Schweigen von Berichten, die jedes Mal der Kriegspolitik der USA den Rücken stärken, wenn die plötzlich ein aktuelles Objekt von Interesse auserkoren haben.
Bestes Beispiel, das einem einfällt, ist Hajo Seppelt, der ganze Sendungen mit dem Konjunktiv über Putin füllen konnte, ohne nur irgendeine handfeste Aussage machen oder gar einen Beweis oder wenigstens ein starkes Indiz für seine Behauptungen liefern zu müssen...
Also, das war nicht weit von dem Prinzip einschlägiger verschwörungstheoretischer Hokus-Pokus-Internetseiten entfernt.
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Justiz in Takt? Das soll der Autor mal den vielen Fällen auf den Arbeitstischen der Gerichte erzählen, die sich dort stapeln und erst nach Monaten bearbeitet werden, wenn das Delikt des Delinquenten schon fast wieder vergessen ist...
Stärkstes Beispiel: Sozialgericht und Hartz-IV-Beschwerden.
Das soll eine "funktionierende Justiz" sein?
Wenn zwischen Klageeinreichen und Urteilsspruch in etwa so viel Zeit vergeht wie eine Postkutsche im Reich Karls des Großen brauchte um von Paris bis zum äußersten Außenposten Frankreichs zu gelangen?
Gar nicht mal davon zu sprechen, dass man frech kleinere Amtsgerichte in den vergangenen Jahren geschlossen hat, um angeblich "Geld zu sparen", obwohl die Klagewut bzw. das Klagebedürfnis der Deutschen kein bisschen abgenommen hat.
Teilweise durch den ganzen neu erlassenen Gesetzeskram wie das "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" oder all das gegen Hatespeech den Gerichten noch mehr an Bagatell-Verpetzer-Blockwart-besorgterBürger-Delikten zum Bearbeiten zuschußt, von denen Teile nicht einmal notwendig wären.
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Es gäbe bestimmt noch mehr daran auseinander zu nehmen, aber ich mache hier einmal Stop, denn sonst wird das ein Roman.
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Siehe hierzu auch → Was in Deutschland gut läuft .... und was nicht!
Tja, und wenn dann eine Bundeskanzlerin sagt, das es in Osterreich besser läuft als in Deutschland, ist das schon ein ziemlich fürchterliches Eingeständnis.
Früher war das anders:
Ein Witz hat sich überlebt
Es wurde einmal die Frage gestellt, wo man sich am liebsten aufhalten möchte, wenn es sicher ist, dass der Weltuntergang bevorsteht.
Antwort: - in Österreich!
Warum? - in Österreich trifft immer alles erst 20 Jahre später ein!
Es ist doch sehr bedauerlich, wenn unsere letzte Gnadenfrist verpufft, wenn die deutsche Bundeskanzlerin recht haben sollte.
Merkel: „Österreich war uns immer einen Schritt voraus“
Ich glaube, den selben Witz gab es einmal von Seiten Bismarcks über Mecklenburg - wenn die Welt untergeht, zieh' dich nach Mecklenburg zurück, da kommt alles viel, viel später an...
Ist aber in der Tat so, wenn Österreich eigentlich mal als Zufluchtsort gehandelt wurde, und in diesen Tagen ist Österreich vielmehr der Katastrophe 3 Schritte voraus (bei Corona ist es jetzt so; bei der Flüchtlingswelle war es auch früher intensiver davon betroffen), na dann - gute Nacht.
Das würde sogar noch etwas (nicht sehr gutes) über Deutschland aussagen.
Ich verstehe es ja nicht ganz. Ich habe viel mit Deutschen zusammen gearbeitet. Das waren bis auf eine Ausnahme immer sehr nette, intelligente und effiziente Kollegen.
Wo ist die Moral und die Vernunft so den Bach hinunter gegangen? Vielleicht der Zeitgeist. Wir sprechen von Wertegesellschaft, doch wir haben keine Werte mehr, wenn man vom reinen Materialismus absieht.
Es gab einmal die negative Beurteilung der Sudetendeutschen, die ähnlich wie die Schwaben nur eines kannten: Häusle, Häusle baue.
Heute gibt es oder gab es einen weit besseren Lebensstandard, der wirklich mit Gewalt und Hartz-4 zur Armut nivelliert wurde.
Und eine Revolution passiert nicht. Sondern die AfD will nur ihre eigenen Leute ans Scherflein bringen und verhält sich dabei so wie der Nationalsozialismus in den 30er-Jahren.
Ein ehemaliger Bundeskanzler von Österreich (1970) hat einmal einem Journalisten gesagt: "Lernen Sie Geschichte!" Denn bei uns ist das Bewusstsein, aus welcher Scheiße wir uns herausgearbeitet haben, leider in das Unbewusste geraten.
Vermutlich ist heute die Lebenseinstellung der Chinesen und Russen moralischer gefestigt als die der Westeuropäer. Von den Amerikanern rede ich erst gar nicht. Die waren ja vielleicht schuld an der Verschlechterung in Westeuropa.
Wir werden sehen, ob wir aus Corona etwas lernen können. Ich befürchte aber, dass wir bereits zu dekadent geworden sind.
Aus meiner Sicht, würde ich sagen, diese "Moral" und "Vernunft" war einst vielmehr nichts weiteres als eine Fassade - etwas, das oberflächlich existierte, aber in der Tiefe doch nicht vorhanden war.
Und das würde ich auf beide deutsche Gesellschaften übertragen, Ost wie West.
Äußerlich gibt es oder gab es eine gewisse Maniertheit, dahinter aber - und das kommt zu Tage, wenn es um die Verteilung der Kuchenstücke geht - steckt doch eine gewisse Gier, eine gewisse Bereitschaft zur menschlichen Hässlichkeit, wenn es gefühlt prekär wird.
Und auch eine gewisse Ungebildetheit über die Welt - ob Schulbildung allein oder Belesenheit.
Tief im Kern steckt dort immer noch das "Ich, ich, ich!", und das am meisten bei Leuten, die es noch gar nicht mal so dringend nötig hätten. Die z. B. eigentlich keine Paranoia darüber schieben müssten, ob ihnen jemand mal einen Stein ins Fenster werfen würde, weil sie so durchschnittlich sind und leben wie es nur geht.
Durch die äußeren Umstände, die sich mehrmals stark gewandelt haben, und jetzt schon lang auf einem Abwärtskurs sind, kehrt sich jetzt nur das Innere immer weiter nach außen, sodass es wahrnehmbar wird. Anders, als wenn man es nur ahnt, aber doch keine wirkliche Gewissheit hat.
Mir fallen dazu Verhaltensmuster ein wie sie im Trash-TV vorkommen und vom noch gesunden Menschenverstand als Lachnummer angesehen werden, weil sie völlig übertrieben sind. Sowas wie "mit dem vollen Einkaufswagen durchs Vietel bis nach Hause gehen".
Vor 10 Jahren hätte sich so gut wie jeder noch in Grund und Boden geschämt, das zu tun, selbst wenn er arm war, weil das wirklich nur die Obdachlosen tun.
Mittlerweile? Inzwischen gibt es auch schon einen Teil im White Trash, der sich dafür nicht zu schade ist.
Bevor das mit den Flüchtlingen in Deutschland losging waren böse Witze über Ausländer lediglich bei Witzen geblieben (die man geschmacklos oder lustig finden kann, je nach dem); inzwischen ist daraus inzwischen wieder böser Ernst geworden, sodass Leute allein wegen ihrer Hautfarbe wieder verpügelt werden und nicht weil sie sich schlecht benommen haben.
Und so zieht es sich durch viele Bereiche...
Statt Fünfe grade sein zu lassen und sich nicht selbst bis auf die Knochen zu entwürdigen, macht man lieber aus vollstem Antrieb mit und ist sogar noch stolz darauf.
Das Land der Dichter und Denker - ein ziemlich altes Relikt aus der Vergangenheit inzwischen.
Im Gegenteil ist Blödheit en vogue geworden.
Es ist wie "Hört auf, ich will nichts von Finanzwirtschaft wissen oder wie sie funktioniert - seht einfach zu, dass ich mein Haus und mein Auto kriege und meine Familie abgesichert ist, egal wie!".