In finsteren Zeiten und unter den schwierigen Bedingungen der aktuellen Bedrohung ist es immer gut Optimismus zu verbreiten. Wer schon von schlimmsten Botschaften genug hat, weil sie Tag für Tag wiederholt und von Tag zu Tag schlimmer werden, der freut sich darauf endlich einmal etwas Positives zu lesen.
Würd' ich ja gern bedienen, diesen Wunsch.
Aber nur weil Corona durch das Land, die Welt wütet, sind all die anderen Schrecklichkeiten nicht plötzlich weg und unser Staatswesen nicht ebenso plötzlich zu einem menschenfreundlichen Wohlfühlstaat mutiert.
Beim hpd (Humanistischer Pressedienst) hat Constantin Huber die rosarote Brille aufgesetzt und einen Kommentar zum Thema "Was in Deutschland gut läuft" geschrieben. Falls Sie es noch nicht gelesen haben empfehle ich das zu tun bevor Sie hier weiter lesen, weil ich mich darauf beziehe.
Huber teilt seinen Artikel in sechs Schritte, Unterthemen und betrachtet die positiven Entwicklungen in Kontrast zu dem, was mancherorts an Negativem zu lesen ist. Die Kapitelinhalte:
1. Recht und Gesetz, Gleichheit vor dem Gesetz, Rechtssicherheit und Abwesenheit von Staatswillkür;
2. Öffentlicher Rundfunk als Beispiel für "Qualitätsjournalismus";
3. Klima- und Umweltschutz als allgemeiner gesellschaftlicher Konsens;
4. Gesundheitswesen und Lebenserwartung;
5. Gewaltenteilung und Meinungsfreiheit;
6. Bildung, Verkehr und Industrie.
Zu 3. und 5. habe ich keine Anmerkungen, da decken sich die Aussagen von Herrn Huber weitgehend mit dem, was ich so ähnlich geschrieben hätte - doch zu den anderen Punkten gab es so manches zu ergänzen und richtig zu stellen. Das habe ich in Form eines Leserbriefes ("Kommentar") getan. Nachfolgend der Text:
Auf die Gefahr hin mich als *Spielverderber* darzustellen:
Das rosige Bild von den positiven Entwicklungen hat doch hier und da ein paar schmutzige Flecken ....
zu 1.
Prominenz & viel Geld sowie ein Netzwerk in die Politik sind bestimmt geeignet zu milderen Urteilen zu führen. Höneß ist da ein Beispiel.
zu 2.
(Öffentlicher) Rundfunk & Fernsehen sind in den 'Beratungsgremien' (Beiräte) und in den Redaktionsspitzen durchseucht von christlichen Eiferern, die die moralinsaure Grundeinstellung der Großkirchen den Medien aufdrücken und eine faktenbasierte Weltsicht verhindern. Zu viele der hochrangigen Mitarbeiter sind zugleich auf den Honorarlisten der Kirchen und setzen praktisch durch was gesellschaftlich schon überholt ist.
Abtreibung und Sterbehilfe sind da traurige Beispiele.
zu 4.
Bedauerlicherweise gab es bisher noch keinen Gesundheitspolitiker der es geschafft hätte den Schwerpunkt der Ausgaben so zu verschieben, dass die Arbeitenden besser bezahlt werden und stattdessen die Arzneimittelkosten eingefroren werden. Unsere Arzneimittelkosten liegen nach den USA an der Spitze. Das es preiswerter geht beweisen die südeuropäischen Länder mit Preislimits, und die Unternehmen liefern trotzdem weiter da hin .... ein Blutdrucksenker hier in D 47,- €, das gleiche Produkt in Spanien unter 10,- €!
zu 6.
Das die letzte Koalition die Autobahnen im Eilverfahren am Ende ihrer Amtszeit aus öffentlicher Hand gelöst und privatisiert hat (obwohl das anders genannt wurde um die öffentliche Empörung zu verhindern), und schon wesentliche Strecken in drei Wellen an private Konsortien abgegeben wurden, ist ein Skandal.
Der gleiche Minister, Herr Scheuer, hat es nicht geschafft die flächendeckende Versorgung mit Internetdiensten zu gewährleisten - auch da zahlen wir hier vergleichsweise überhöhte Preise: 5GB für das Mobiltelefon kosten dreimal soviel wie (ein Beispiel) Spanien, und dort sind die Ausbaukosten wegen der großen Entfernungen sehr viel höher! Das trifft auch auf sonstige Datenvolumina zu - überhöhte Preise die im internationalen Vergleich stets an der Spitze stehen, bei der Leistung auf den letzten Plätzen dümpeln.
Was überhaupt nicht erwähnt ist:
Die soziale Ungleichheit, hervorgerufen dadurch, dass der Handel mit/von Geld weitgehend steuerfrei läuft, während Erwerbsarbeit gerade auch in unteren Einkommensklassen viel zu hoch besteuert wird ... von den Verbrauchssteuern ganz zu schweigen, die im Vergleich zu Steuern auf Luxusartikel ungerecht sind. Bei einem Einkommen von 10.000 € sind 19% auf ein Auto erträglicher als bei 2.000 €, weil der Restbetrag im letzteren Fall den Käufer unter die Armutsgrenze drückt.
Von den Grundrechtsverletzungen und -einschränkungen in angeblicher "Gefahrenabwehr" und für eine diffuse "Sicherheit" will ich gar nicht erst anfangen:
Es ist mathematisch zu beweisen, dass es unmöglich ist mit irgendeiner Art von Maßnahmen (screening, Datenauswertungen) Sicherheit herzustellen. Je größer die Zahlen der Überwachten sind, desto größer ist die Fehlerquote - woraus folgt, dass sich genau darin die *mit positiven Merkmalen identifizierten* befinden können .... der gesamte Aufwand 'für die Katz', wie es so schön im Volksmund heißt.
Sehr aufschlußreich sind weitere Kommentare zu diesem Beitrag beim hpd
→ https://hpd.de/comment/61238#comment-61238
→ https://hpd.de/comment/61240#comment-61240
Hätte beim Artikel nicht als Datum "30. März" dran gestanden, hätte ich gefragt, ob das der diesjährige Aprilscherz sein von der Stelle sein soll...
Denn das Deutschland, was dort beschrieben wird, das kenne ich nicht. Und viele andere auch nicht.
Realistisch gesehen - und mal ein bisschen Recht zubilligend zugesprochen -: Im Vergleich zu anderen, ist man hier nicht so schlecht aufgestellt wie es manche tägliche Katastrophenmledungen einem Glauben machen könnten.
Allerdings, das ist ein Vergleich von "zunehmend schlecht "und "GANZ schlecht".
Als wenn man jemanden vergleicht, der seine beginnende Sucht noch realisiert und mitkriegt, wie es sein Leben zerstört, mit jemandem, der völlig zugelötet in der Gosse liegt und jeden Tag vom Notdienst mitgenommen werden muss, um am Leben zu bleiben.
In etwa eine solche Diskrepanz ist es.
Beim Gesundheitswesen muss man sogar sehr scharf argumentieren: Lebt der Autor auf dem Land? Irgendwo im Niemandsland, wo manche Fachärzte rar sind oder nur in mind. 50 km Umkreis liegen? Hat derjenige schon mal was von den Problemen mit dem "Ärztemangel auf dem Land" gehört?
Hier kann man sogar sehr weit ausholen: In den 90er Jahren wurde auf der Ost-Seite die ganze Poliklinik-Struktur zerschlagen und geschlossen, was nicht eine größere Einrichtung war, die gewinnbringend in einr Krankenhauskette verwurstet werden konnte; man hat heutzutage weniger allgemeine medizinische Einrichtungen vor Ort verfügbar als vor Jahrzehnten. Alles nur wegen dem Profitstreben! Alles nur, weil es nicht sein darf, dass dem gemeinen Bürger etwas gutes getan wird - nämlich Gesundheit.
Die immer wieder ausgerufene "bessere Allgemeingesundheit der Mensch bis ins hohe Alter" resultiert vielmehr aus dem medizinischen Fortschritt der letzten 30 Jahre, weil man wesentlich gezielter helfen kann bzw. manchen Krankheiten überhaupt erst richtig helfen kann.
Als bloßes Beispiel genommen: Wie war das, wenn man in den 90ern Krebs hatte? Da gab es nicht viel. Außer Rausschneiden (wenn möglich) und Chemo waren da keine Optionen. Paliativmedizin war noch kein so großes Thema wie heute (sodass Patienten mit Krebs wesentlich länger noch damit leben konnten, wenn sie zeitig erkannt werden).
Wirklich weiter ist man bei den Behandlungsmethoden immer noch nicht, aber man forscht wenigstens in die Richtung, inwieweit angereicherte Antikörper den Krebs wie eine gewöhnliche Infektionskrankheit beseitigen können.
In den 90ern war Krebs allgemein fast noch ein Todesurteil, egal wie alt oder jung. Auch weil man noch nicht viel an Früherkennungensuntersuchungen kannte, das Rausschneiden wesentlich einfacher machen, wenn die Tumore noch gar nicht so ausgewachsen sind und noch nicht streuen konnten.
Das ist in dieser Hinsicht keine Systemfrage, sondern eine Frage der allgemeinen Verfeinerung der Medizin an sich, um einen Zustand besser bekämpfen zu können bzw. rechtzeitig noch im Keim zu ersticken bevor es lebensbedrohlich wird.
Ein anderes Vergleichsbeispiel dürfte evtl. Aids sein.
Bis heute, muss man sagen, sind alle Leute, die HIV positiv sind, und die mit dem Virus schon sehr lang leben, immer noch Versuchskaninchen, was die Medikamente angeht, die den Ausbruch von Aids hinauszögern sollten. Bisher gibt es noch kein Heilmittel dazu.
Erst im Laufe der 90er Jahre nahm das seinen großen Aufschwung, denn Anfang der 90er durfte selbst noch Freddy Mercury keine 5 Jahre nach der Infektion mit HIV an Aids sterben. Es gab schlichtweg noch nichts effektives, womit man helfen konnte!
Ein anderer Fall, bei dem es ähnlich gelaufen sein muss, ist Tony de Vit. Starb 1998, erfahren hat der von seiner Infektion in etwa in den Jahren, als seine DJ-Karriere Auftrieb nahm, was irgendwo zwischen Anfang und Mitte der 90er liegen dürfte.
Es dauerte in der Zeit bei den Fällen nicht allzu lang von der Infektion bis zum Tod. In den 80ern, kann es sein, ging das noch viel schneller.
Was hat man dagegen heute? Auch noch kein Heilmittel, man hat "lediglich" "Prep", um eine Infektion des Körpers damit zu verhindern. Das sind aber auch Medikamente, die in ihren Nebenwirkungen nicht ganz ohne sind.
Was passiert? Auf Grund dessen werden die Leute schon wieder unvorsichtig. Nach dem Motto "ich kann ja gar kein Aids kriegen, ich bin auf Prep gesetzt"... Ja, das mag wohl stimmen, aber Prep hilft auch nur, einer HIV-Infektion vorzubeugen, nicht aber gegen die ganze andere Scheiße, der ebenfalls tödlich verlaufen kann - sowas wie die nette Syphilis.
Und die Krankheiten werden dazu auch noch zunehmend gegen Antibiotika immer resistenter... (Und an denen wird wohl ebenso zunehmend nicht mehr geforscht, weil eine Packung Antibiotika nicht viel Gewinn abwirft, anders als ein teures Supermedikament, für das man Monopol auf der ganzen Welt hat und das man so teuer verkaufen kann wie man lustig ist.)
Wem gebührt hier also der "Dank"?
Wohl kaum dem deutschen Gesundheitssystem, sondern vielmehr dem allgemeinen Fortschritt in der Medizin. Und in Deutschland ist "Forschung" so ziemlich der am stiefmütterlichsten behandelte Sektor nach der Bildung...
Gar nicht mal davon zu sprechen, wer hier noch die Fahne oben halten darf. In den Krankenhäusern arbeiten jede Menge ausländische Ärzte und Pflegekräfte; wären die nicht da, dann wäre die Grundversorgung in den Krankenhäusern ernsthaft gefährdet.
Und selbst die spielt man noch kaputt mit "immer 3 Leute zu wenig anstellen" und zu wenig Entlohnung für die Arbeit, die sie dort machen, und wofür sie (scheinbar) kaum noch Deutsche finden.
Nur ein Beispiel: Was wäre Deutschland ohne seine Ärzte und Krankenpflegerinnen aus Polen? Da würden bestimmt ein paar mehr Krankenhäuser als nur im grenznahen Bereich schließen müssen, wenn die nicht mehr da wären.
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"Qualitätsjournalismus" war hier auch so ein Lacher, und da könnte man gern das Zitat anbringen von der einen Reporterin, die in einer Talk-Runde damals zur brisanten Zeit der Flüchtlingskrise zugegeben hat, sie werden bei den Öffenltich-rechtlichen doch schon zu einer gewissen Konformität gegenüber der Staatspolitik angehalten.
Dann nicht mal weiterzureden von den vielen offenen oder wenigstens dokumentierten Transatlantikern, von denen man auf Grund dessen wohl nicht erwarten sollte, dass sie USA-kritische Berichte liefern, es sei denn, wenn auch laut deren Meinung der falsche Mann im Weißen Haus sitzt. Ganz zu Schweigen von Berichten, die jedes Mal der Kriegspolitik der USA den Rücken stärken, wenn die plötzlich ein aktuelles Objekt von Interesse auserkoren haben.
Bestes Beispiel, das einem einfällt, ist Hajo Seppelt, der ganze Sendungen mit dem Konjunktiv über Putin füllen konnte, ohne nur irgendeine handfeste Aussage machen oder gar einen Beweis oder wenigstens ein starkes Indizi für seine Behauptungen liefern zu müssen...
Also, das war nicht weit von dem Prinzip einschlägiger verschwörungstheoretischer Hokus-Pokus-Internetseiten entfernt.
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Justiz in Takt? Das soll der Autor mal den vielen Fällen auf den Arbeitstischen der Gerichte erzählen, die sich dort stapeln und erst nach Monaten bearbeitet werden, wenn das Delikt des Delinquenten schon fast wieder vergessen ist...
Stärkstes Beispiel: Sozialgericht und Hartz-IV-Beschwerden.
Das soll eine "funktionierende Justiz" sein?
Wenn zwischen Klageeinreichen und Urteilsspruch in etwa so viel Zeit vergeht wie eine Postkutsche im Reich Karls des Großen brauchte um von Paris bis zum äußersten Außenposten Frankreichs zu gelangen?
Gar nicht mal davon zu sprechen, dass man frech kleinere Amtsgerichte in den vergangenen Jahren geschlossen hat, um angeblich "Geld zu sparen", obwohl die Klagewut bzw. das Klagebedürfnis der Deutschen kein bisschen abgenommen hat.
Teilweise durch den ganzen neuerlassenen Gesetzeskram wie das "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" oder all das gegen Hatespeech den Gerichten noch mehr an Bagatell-Verpetzer-Blockwart-besorgterBürger-Delikten zum Bearbeiten zuschusst, von denen Teile nicht einmal notwendig wären.
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Es gäbe bestimmt noch mehr daran auseinander zu nehmen, aber ich mache hier einmal Stop, denn sonst wird das ein Roman.