Teufelszeug ....

aus der Hexen­kü­che der Che­mie .... und was nach nüch­ter­ner Betrach­tung davon übrig­bleibt ist folgendes:

Wenn ich schon als "Eides­hel­fer" in einem Arti­kel von "arte" (geht es da bei den Sen­dun­gen nicht auch um Markt­an­tei­le?) lese: Prof. Gerd Glaes­ke, Phar­ma­ko­lo­ge an der Uni­ver­si­tät Bre­men oder Prof. Dr. Peter Schön­ho­fer* sagen über dies oder das Arz­nei­mit­tel .... dann den­ke ich: 
Das ist doch das Insti­tut, das gegrün­det wur­de, weil der Pro­fes­sor kei­nen ordent­li­chen Lehr­stuhl bekam ....

Ich habe vie­le Jah­re (Benzo)Diazepine, dar­un­ter auch "Tavor" unter­rich­tet. Der arte-Arti­kel ist nicht nur ten­den­zi­ös, er ist in hohem Maße von Unkennt­nis zur Phar­ma­ko­lo­gie der (Benzo)Diazepine gekennzeichnet. 

Nur soviel - lai­en­ver­ständ­lich - zu die­ser Substanzgruppe:
Es gibt von einer Grund­sub­stanz (Mut­ter­sub­stanz!) aus­ge­hend ver­schie­de­ne Mole­kül­va­ri­an­ten, die z. T. beträcht­lich von­ein­an­der abwei­chen­de Eigen­schaf­ten haben.
Wäh­rend eini­ge vorrangig 
distan­zie­rend wir­ken, sind andere 
angst­lö­send und wie­der andere
schla­fin­du­zie­rend
- alle Kom­po­nen­ten kön­nen als Mix oder iso­liert gefun­den werden. 

Es gibt also nicht "Die (Benzo)Diazepine"!

TAVOR
hat von allen (Benzo)Diazepinen die stärk­ste angst­lö­sen­de Wir­kung - und wenn man einem Angst­pa­ti­en­ten durch ein Medi­ka­ment die Angst nimmt wird er wei­ter danach ver­lan­gen - aus Angst, wie­der Angst haben zu müs­sen .... die­sen Umstand ein­zu­schät­zen und recht­zei­tig die The­ra­pie mit Tavor abzu­set­zen ist die ärzt­li­che Kunst .... wenn also jemand ange­grif­fen wer­den müß­te, ist es nicht der Her­stel­ler der Sub­stanz, son­dern der The­ra­peut, der es dem Pati­en­ten unter mög­li­cher­wei­se fal­schen Anwei­sun­gen gibt .....
ROHYPNOL
ist von allen (Benzo)Diazepinen die Sub­stanz mit der stärk­sten schlaf­an­sto­ßen­den Wir­kung, man nennt es scherz­haft auch "Bett­kan­ten-Schlaf­mit­tel" - weil man nach Ein­nah­me bes­ser in sein Bett als auf den Boden fällt - denn die Wir­kung setzt schlag­ar­tig ein ....

Es braucht Jah­re, um sich in die­se Mate­rie ein­zu­le­sen und eine objek­ti­ve Sicht zu gewin­nen - aber wie so oft wird den Halb­ge­bil­de­ten - nichts ande­res sind die mei­sten Jour­na­li­sten, die über medi­zi­ni­sche The­men schrei­ben - geglaubt: 
Man hat es ja schwarz auf weiß - das muß doch rich­tig sein!!!

*Die­se For­schungs­schwer­punk­te kon­zen­trie­ren sich zum einen auf die Zusam­men­hän­ge von Wirk­sam­keit, Nut­zen und Wirt­schaft­lich­keit sowie deren recht­li­che Regu­lie­run­gen (Medi­zin­recht, Arz­nei­mit­tel­recht, Haf­tungs­recht, Dienst­lei­stungs­recht) und die Mög­lich­kei­ten der bes­se­ren Ope­ra­tio­na­li­sie­rung von Hand­lungs­an­lei­tun­gen durch die Metho­de der Evi­dence-Based Medi­ci­ne im Rah­men von Kosten/­Nut­zen-Ana­ly­sen und pro­ba­bi­li­sti­scher Model­lie­rung. Fer­ner geht es um die Beein­flus­sung der Arzt­/­Pa­ti­ent-Kom­mu­ni­ka­ti­on ins­be­son­de­re durch Tech­ni­sie­run­gen (Ver­wen­dung von Maschi­nen und Exper­ten­sy­ste­men) der Medi­zin (empi­ri­sche Psy­cho­lo­gie, Per­sön­lich­keits­rech­te, Arzt­haf­tungs­recht) und die durch Öko­no­mi­sie­rungs­vor­ga­ben aus­ge­lö­sten Reak­tio­nen der Akteu­re des Medi­zin- und Gesundheitssystems.

Was mich beson­ders an der Dar­stel­lung bei Frau Mor­gai­ne ärgert, da ich mehr als zehn Jah­re zu Ben­zo­dia­ze­pi­nen unter­rich­tet habe und nichts, aber auch gar­nichts außer der Über­schrift bei dem arte-Arti­kel zu die­ser Wirk­stoff­grup­pe stimmt ....
Was mich noch mehr ärgert ist, daß Sie Din­ge z.B. zu Kava-Kava nach­plap­pern, die in irgend­wel­chen Maga­zi­nen à la MAXI ver­brei­tet wer­den .... da hät­te ich doch mehr Dif­fe­ren­zie­rung von Ihnen erwar­tet .... ich habe näm­lich auch für ein Unter­neh­men gear­bei­tet, das vor­hat­te Kava-Kava in Deutsch­land zu ver­kau­fen - und dann davon Abstand nahm, weil sich her­aus­stell­te, daß es in wirk­sa­mer Dosie­rung Leber­schä­den her­vor­ruft - bei unter­schwel­li­ger Dosie­rung - die dann natür­lich auch kei­ne Wir­kung hat (!) - kann man das vermeiden.
Was also die Pro­pa­gan­di­sten von Kava-Kava tun ist Folgendes: 
Sie dosie­ren für die Anwen­dung hoch - für die Tier­ver­su­che nied­rig und voi­la! - kei­ne Leber­to­xi­zi­tät mehr sta­ti­stisch zu sehen .... das ist moder­ne Zauberei!

Kommentare

  1. Wer mei­nen Erfah­rungs­be­richt, mei­ne Sicht der Din­ge und die ande­rer Fach­leu­te zum The­ma lesen möch­te, sowie einen Hin­weis von flu­ter, Bun­des­zen­tra­le für Poli­ti­sche Bil­dung, zum Ein­fuhr­ver­bot in Euro­pa nach­le­sen möch­te, der klicke sich durch die Links in mei­nem Blog. Den Arte-Bei­trag habe ich aller­dings auf Ihre Emp­feh­lung hin gestri­chen. Das lau­schi­ge Exper­ten-Team hier hat mich überzeugt.

    Nach­trag:
    Ihre Über­schrift ist sehr pole­misch. "Teu­fels­zeug, Hexen­kü­che"? Mei­ne Cor­po­ra­te Iden­ti­ty schaf­fe ich mir schon sel­ber, Herr WVS

    Aber viel­leicht hat Sie ja auch mein heu­ti­ger "Spin­nen-, Schlan­gen-und Star­hawk-Bei­trag" nach­hal­tig beein­druckt? Fra­gen Sie nur. Ich bin ger­ne behilf­lich beim Anti­pro­va­ka­ti­ons­trai­ning für's Web.

    1. Hier ist die Stel­lung­nah­me eines Fach­man­nes, der sich nicht als Ver­tre­ter phar­ma­zeu­ti­scher Inter­es­sen sieht:

      Dosis fit venen­um“ sag­te der alte Gale­nus. Die­ser Grund­satz gilt für (fast) jedes Medi­ka­ment mit Aus­nah­me der homöo­pa­thi­schen, über deren Wirk­sam­keit man sich strei­ten kann.
      Ich bin seit nun­mehr fast 20 Jah­ren mit dem Pro­blem der Ben­zo­dia­ze­pin-Abhän­gig­kei­ten, ins­be­son­de­re der­je­ni­gen von Lora­ze­pam ver­traut. Die­ses Medi­ka­ment wird lei­der nicht streng indi­ziert ver­ord­net, oft von All­ge­mein­me­di­zi­nern als Pana­zee und in der Form eines kosten­spa­ren­den Gene­ri­cums abge­ge­ben. In der Kli­nik erschei­nen Pati­en­ten mit Tages­do­sen von mehr als 10 mg Lora­ze­pam und müs­sen über bis zu vier Wochen aus­schlei­chend ent­gif­tet und auf eine ande­re The­ra­pie­form umge­stellt wer­den. Lei­der ist die Rück­fall­quo­te hoch, da das Medi­ka­ment unschwer zu erhal­ten ist und sei­ne zuver­läs­si­ge Wirk­sam­keit es zu einer gern gewähl­ten ulti­ma ratio sowohl für Arzt wie Pati­en­ten macht.

      Die Ben­zos haben selbst­ver­ständ­lich ihre Berech­ti­gung, und jeder Insi­der ist froh, dass wir aus der Bar­bi­tu­rat-Ära raus sind. Es wäre jedoch nicht ver­kehrt, es unter die Btm Vor­schrif­ten zu brin­gen wie wei­land das Anal­ge­ti­cum Til­li­din. Seit die­ser Zeit sind die ver­damm­ten Valo­ron Abhän­gig­kei­ten so gut wie ver­schwun­den … und ande­re an deren Stel­le getreten. 

      Die Infor­ma­tio­nen auf der eng­lisch­spra­chi­gen Wiki­pe­dia zu den Ben­zo­dia­ze­pi­nen sind gut. 
      http://en.wikipedia.org/wiki/Benzodiazepines

      Eben­falls auf­schluss­reich ist der Link auf eine eng­li­sche Selbst­hil­fe­grup­pe von Tavor-Abängigen. 
      http://www.benzo.org.uk/

    2. Alle Ben­zo­dia­ze­pi­ne .... sind als BTM ein­ge­stuft und damit ist ihre Abga­be eingeschränkt.

      PS
      Glau­ben Sie den Ver­öf­fent­li­chun­gen der Bun­des­zen­tra­le für Poli­ti­sche Bil­dung? Ich schon lan­ge nicht mehr ....
      Kein Lob­by­isten- oder Mini­ste­ri­en­na­her Inter­es­sen­ver­band wider­spricht der "offi­zi­el­len Sprach­re­ge­lung" der Behör­de, die als Spon­sor fungiert ....

      * edit *
      .... was zum Schmun­zeln hierzu ....

    3. Falsch! Das Bezo­dia­ze­pin­prä­pa­rat Tavor (Lora­ze­pam), um das es hier geht, ist zwar rezept­pflich­tig, fällt jedoch nicht unter das Betäu­bungs­mit­tel­ge­setz und des­sen strin­gen­te Auf­la­gen für die Ver­ord­nung. Ins­forn ist die von Ihnen etwas vor­schnell gemach­te Behaup­tung, hier lie­ge schon eine Btm-Restrik­ti­on vor, falsch.

    4. Dazu ein Zitat: " .. Alle Ver­tre­ter aus der Wirk­stoff­grup­pe der Ben­zo­dia­ze­pi­ne unter­lie­gen in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land der Gesetz­ge­bung des Betäu­bungs­mit­tel­ge­set­zes (BtmG). Hier sind sie in die Anla­ge III (ver­kehrs­fä­hi­ge und ver­schrei­bungs­fä­hi­ge Betäu­bungs­mit­tel) auf­ge­nom­men wor­den. Der Gesetz­ge­ber hat jedoch Höchst­men­gen pro abge­teil­ter Form (Tablet­te, Sup­po­si­to­ri­um, Ampul­le, Volu­men­ein­heit bei Trop­fen) zuge­las­sen, bis zu denen die Betäu­bungs­mit­tel-Ver­schrei­bungs-Ver­ord­nung nicht gilt („aus­ge­nom­me­ne Zube­rei­tun­gen“). Die­se Höchst­men­gen sind für jeden ein­zel­nen Wirk­stoff indi­vi­du­ell fest­ge­legt (z. B. 10 mg für Dia­ze­pam) und wer­den bei Bedarf ange­passt. Ein Bei­spiel hier­für ist die Her­ab­set­zung der Höchst­men­ge von Flu­ni­tra­ze­pam (Rohyp­nol® Roche) von 2 mg pro abge­teil­ter Form auf nur noch 1mg. Das hat­te zur Fol­ge, dass die Tablet­ten zu 1 mg wei­ter­hin ledig­lich ver­schrei­bungs­pflich­tig sind, die Ampul­len zu 2 mg jedoch den Ein­schrän­kun­gen des BtmG unter­wor­fen sind."

    5. Dan­ke fürs Zitat. Es beweist, was ich sage. Nur hohe Men­gen von Tavor unter­lie­gen der Btm Ver­ord­nung, nicht jedoch die Ver­schrei­bung der übli­chen Abga­be­men­gen an den Pati­en­ten. Da gilt nur die Rezeptpflicht. 

      Süch­tig wer­den die Leu­te durch die kon­stan­te Ein­nah­me von "Haus­halts­men­gen" und nicht durch das ein­ma­li­ge Ver­schlin­gen einer gan­zen Krankenhausapotheke.
      Am hier gezeig­ten Bei­spiel von Flu­ni­tra­ze­pam wird das Pro­blem ja deut­lich: Die Tablet­ten zu 1 mg sind nur rezept­pflich­tig, die Ampul­le zu 2 mg unter­liegt der Btm Vorschrift. 

      Wer also nach sei­nen "Flunis", wie sie lie­be­voll genannt wer­den, süch­tig ist, pfeift sich halt die Pil­len ein.

      Ich betrach­te den Dia­log zu die­sem The­ma nun als beendet.

      1. Der Feh­ler bei ihrer Betrach­tung ist, dass Sie Ursa­che und Wir­kung verwechseln:

        Das Medi­ka­ment selbst ist ein Segen für eine gro­ße Zahl an Pati­en­ten - wenn nun eini­ge davon das Pro­dukt miß­bräuch­lich nut­zen, es also län­ger als nötig oder durch Erschlei­chung von immer neu­en Ver­ord­nun­gen bei immer neu­en Ärz­ten bekom­men, dann ist das nicht dem Medi­ka­ment, son­dern den Süch­ti­gen zuzu­ord­nen. Wenn sie nicht von dier Sub­stanz abhän­gig wäre wür­de es eben etwas ande­res sein.

        Zu unter­schei­den wäre dann noch "Sucht" von "Abhän­gig­keit", das ist hier schlicht­weg unter den Tisch gefallen.

        Zuletzt noch der Hinweis:
        Es bringt doch nichts immer wie­der auf die Arz­nei­mit­tel zu schimp­fen - es ist bestimmt nicht Alles gut & rich­tig was in die­sem Feld getan wird, aber ins­ge­samt ist die Volks­ge­sund­heit durch Arz­nei­mit­tel erheb­lich ver­bes­sert wor­den. Wer das nicht glaubt soll­te ein­mal nach­se­hen wie vor 100 Jah­ren die Lebens­er­war­tung in Deutsch­land war ....

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