»SOYLENT green«
- das Synonym für aus Verstorbenen gewonnene Nahrung für die Lebenden - das war der Plot eines Films aus 1973, der in New York im Jahr 2022 spielt. Der Titel hierzulande lautete entsprechend "Jahr 2022… die überleben wollen". Weit sind wir von 2022 nicht mehr entfernt. So holt die Wirklichkeit wieder einmal die schriftstellerische Fiktion ein.
Wie ich darauf komme?
Nun, gerade ist es gelungen den ersten künstlichen Burger aus Grundstoffen zu fertigen die nur bedingt von natürlich gewachsenem Fleisch abhängig sind. Lediglich für den Start der "Kultur" (in einer Petri-Schale, die man im Labor bisher dazu nutzt Bakterien auf Nährböden wachsen zu lassen) werden noch Zellen aus Kühen benötigt - der Rest ist folgendermaßen beschrieben:
" .. Zur Erzeugung werden Stammzellen auf (sic! - soll wohl "aus" heißen) der Schulter von Kühen entnommen. Diese werden mit Nährstoffen und Wachstums-fördernden Chemikalien behandelt. Nach drei Wochen sind es mehr als eine Million Stammzellen, die in kleinere Schalen aufgeteilt werden, wo sie zu ca. 1 cm langen und wenigen Millimetern dicken Streifen verschmelzen .. "
Diese "Nährstoffe" sind zwar nicht näher beschrieben, müssen aber Vorstufen von Aminosäuren oder Aminosäuren selbst sein, denn aus denen setzt sich Eiweiß¹ zusammen .... so, wie der menschliche Körper auch zu ca. 24%² aus Eiweiß³ besteht: Haut, Haare, Muskeln, Gefäße, Herz, Darm usw. - alles, jegliche Struktur, wird aus Eiweiß⁴ aufgebaut. Sogar die Knochen haben noch einen Eiweißanteil von ca. 18%.
Aus all diesem Eiweiß was aus Menschen gewonnen werden könnte ließen sich aber auch die Grundstoffe herstellen, die man für den "künstlichen Burger" braucht. Die zwei Versuchspersonen wußten woher die Ausgangsstoffe der von ihnen verzehrten Burger stammten.
In ein paar Jahren werden wir da nicht mehr so sicher sein können ....
"Soylent green" läßt grüßen!
*edit*
Völlig unerwähnt bleiben weitere Aspekte dieses Experimentes. Da wäre zunächst die Energiebilanz zu betrachten - wieviel Energie verbraucht die Herstellung des Kunstfleisches im Vergleich zu dem, was heute einzusetzen ist. Sinnvoll wäre doch nur eine erhebliche Reduzierung der aufzuwendenden Energiemenge, da Energie nicht mehr, sondern weniger zur Verfügung stehen wird und zudem die Kosten explodieren. Die Betrachtung muß dabei die gesamte Kette von Tierfuttererzeugung über dessen Transport bis hin zum einzelnen Zuchtbetrieb umfassen. In dieser Betrachtung stecken Chancen und Risiken zugleich. Deswegen ist es wichtig tatsächlich unabhängige Gutachten und Gutachter zu haben. Denn die Versuchung wird groß sein, da zu der Erfüllung eigener Interessen ein wenig an Zahlen und Ergebnissen 'zu drehen' - dafür gibt es bei ähnlich gelagerten Großumstellungen ausreichend Negativbeispiele.
Weiterhin ist die Frage der benötigten Arbeitskräfte zu untersuchen. Sind genügend spezialisierte Arbeitskräfte verfügbar oder läßt sich der Prozeß weitestgehend automatisieren? In letzterem Fall müßte mindestens überlegt werden was mit all den freigesetzten Arbeitskräften aus dem Tierzuchtbereich geschehen soll, die dann ihre Arbeit verlieren werden. Nur ein Teil von ihnen wird - soviel läßt sich aus vergangenen technologischen Umstellungen entlehnen - in die neue Produktionsweise übernommen werden. Viele bleiben also auf der Strecke - und dann?
Die ethisch-moralischen Implikationen stellen aus meiner Sicht die größte Herausforderung dar. Eine 'Umerziehung' der Verbraucher dauert Generationen - und eine zwangsweise Umstellung schließt sich ja wohl aus. Bleibt der Weg Überzeugungsarbeit zu leisten. Das wird eines der größten Hindernisse sein. Vergelicht man hier z.B. die Einführung von "Bio"-Produkten in den Markt kann man abschätzen, was sich erst bei "Kunstfleisch" abspielen wird. Noch dazu, wenn es sich um "böse" Chemie & genetische Manipulation handelt, die hier eine wesentliche Rolle spielen.
Der breiten Nutzung stehen sehr viele Hindernisse im Weg. Deswegen habe ich zwar die Befürchtung, daß irgendwann irgendwer auf die Idee kommen könnte Menschen zu recyceln, bin mir aber sicher das für derlei Überlegungen die Zeit bestimmt noch nicht 'reif' ist.
Glücklicherweise.
Dann lieber Insekten.
Da weiß man was man hat.
¹ Proteine oder Eiweiße (seltener: Eiweißstoffe) sind aus Aminosäuren aufgebaute biologische Makromoleküle.
² Quelle: Forbes GB. Human body composition. Growth, aging, nutrition, and activity. Heidelberg (Germany) & New York Springer Verlag, 1987.
³ Tagesbearf: 0,8 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht.
⁴ Täglich brauchen wir 15 % Eiweiß in unserer Nahrung. Als Bausteine für den Aufbau körpereigener Proteine sind sie lebensnotwendig, ohne sie stirbt der Mensch.