Nein, keine Angst, nicht schon wieder PISA! Obwohl dazu einiges zu sagen wäre. Etwa über die langjährige "Konditionierung" von Schülern in Ländern, die besser abgeschnitten haben. "Konditionierung", was meine ich? Tests, Tests, und nochmals Tests und das von der Vorschule an! Kein Wunder also, wenn die Schüler, die so etwas nicht gewohnt sind, schon durch die formale Gliederung der Fragen einen Nachteil haben. Doch genug darüber, sollen sich die hauptamtlich mit Bildung befassten Spezialisten die Köpfe zerbrechen wie man ein besseres Abschneiden erreicht.
Schüler spiegeln die Struktur, vor allem aber die Werte der Gesellschaft, denn sie ahmen im Schulalltag nach, was sie zu Hause sehen, hören und fühlen. Eltern ist oft nicht bewußt, wie genau man durch Beobachtung ihres Nachwuchses auf die häuslichen Verhältnisse schliessen kann. Vorurteile, Ängste, Denkmuster, all das überträgt sich auf die Schüler und zwar eins zu eins!
Schaut man genau hin, packt einen das Grausen: Rücksichtslosigkeit, mangelnde Manieren, hohe Konfliktbereitschaft ohne gewaltfreie Lösungsmuster, Ellenbogenmentalität statt Leistungswille, Schummeln, Täuschen, Tricksen, die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Den Schülern - oder sollte ich besser "Kindern" sagen - ist kein Vorwurf zu machen, wohl aber der Elterngeneration. Die ist entrüstet und verweist - mit Recht - auf ihre eigenen Eltern. Die [jetzige] Eltern-Generation ist aufgewachsen während ihre Eltern mit Wiederaufbau, Geldverdienen und Anschaffungen beschäftigt waren, dazu beide Partner arbeiteten und sich natürlich nicht um die Erziehung ihrer Kinder kümmern konnten. Diese "Schlüsselkinder" von damals sind die Eltern der Schüler von heute. Nebenbei mußte man sich zu dieser Zeit "selbst verwirklichen" und dabei stören Kinder ja bekanntlich ....
Was brauchen wir also, um das Ruder herumzureißen? Rückkehr zu gesellschaftlichen Werten, die noch tief in unserer Bevölkerung schlummern - dann lösen sich vielleicht ganz elegant andere Probleme mit, wie die des Gesundheitswesens: Statt "Nehmen ist seliger denn Geben" möglicherweise "Sinnvolles, verantwortungsbewußtes Verhalten" und "Vorbeugen statt Heilen" - doch das ist morgen Thema, in den "Bemerkungen zum Gesundheitswesen".
3 kommentare wvs (21.01.04 00:51):
Sorry, auf den falschen button gedrückt, es fehlte noch was:
.... und da wir seit ´45 "umerzogen" wurden, dazu gibt`s Belege bei den Amerikanern, hat sich über Marketing und Unternehmenskultur der amerikanische Geist auch hier eingenistet, mit den beschriebenen Ergebnissen.
Um das allerdings auch zu sagen:
Ich konnte dort besser leben als hier, wo jeder sich über alles beschwert und nie Zufriedenheit einkehrt.
In USA gibt es - trotz aller Beziehungslosigkeit in Großstädten - im ländlichen / Kleinstadtbereich [macht ca. 80% aus] noch Hilfe für die Schwachen, Wohltätigkeit und eine tiefe Neugier auf alles, was neu und anders ist. Auch daher - das Land ist Spitze in der Nutzung von Ideen, da könnten wir am Beispiel lernen.
Hatte ich schon erwähnt, daß dort mein Steuersatz 11% [State + Federal zusammen] war?
wvs (21.01.04 00:28):
Da ich dreieinhalb Jahre in USA [1999-2002] an einer Staatsuniversität unterrichtet habe, kann ich die Statements 1&2 nur unterstreichen - wobei wir hier oft verkennen, was tatsächlich zu dem durchschnittlich kindlich-patriotischen Verhalten führt: Gehirnwäsche ab Kindergartenalter "Die Größten, Besten, Klügsten, Erfindungsreichsten und Stärksten auf der Welt sind Amerikaner" - und die Tatsache, daß immer noch [fiktiv] der "Westen" erobert wird ....
Stephan Hochhaus / website (20.01.04 23:19):
Nanu, schon am 20. Januar der Eintrag vom 21.? Fein :-)
Die Eltern der jetzigen Kinder und Jugendlichen sind aber doch nicht die Kinder derer, die nach dem zweiten Weltkrieg alles aufgebaut haben. Jetzt sind doch die Kinder der 60'er (und natürlich auch schon der 68'er!) Eltern geworden. Meine (zugegeben recht beschränkte) Erfahrung zeigt mir immer wieder, dass Kinder (und auch viele Studierende) einfach klare Grenzen und Richtlinien brauchen, im Grunde klassische Werte. Damit sind nicht so sehr preussische Sekundärtugenden wie Pünktlichkeit et. al. gemeint, es geht vielmehr darum zu wissen, was wird akzeptiert, was nicht. Ich sehe zwei große Problemfelder:
1) Anonymität. Wenn heute Kinder auf der Straße Blödsinn machen, dann schauen wir weg, rümpfen die Nase oder weichen sonstwie aus, früher gab es so etwas wie eine kollektive Erziehung, da schimpfte der Mann mit dem Spazierstock und die Kinder hörten auf ihn. Heute wird er selbst Opfer der Albernheiten. Der allgemeine Respekt ist irgendwann einmal abhanden gekommen (kein Wunder, wenn Kinder ihre Eltern reden hören: "Der Lehrer hat doch eh keine Ahnung", "Mein Chef ist ein altes Arsch").
2) Jugend. Unsere Gesellschaft baut darauf, dass alle Menschen immer jung (lies: flexibel und ungebunden) sein müssen. Als Resultat: Es gibt keine (symbolische) Schwelle zum Erwachsenenleben, Verantwortung übernehmen ist Glückssache. Das äußert sich dann später in rücksichtslosem Verhalten gegenüber allem und jedem: "Wenn meine Partnerschaft nicht klappt, passen wir eben nicht zueinander."
Sehr empfehlenswertes Buch über die (amerikanische) Gesellschaft: Robert Bly (?): Die kindliche Gesellschaft.