Heute im Newsletter von "correctiv" ist folgendes zu lesen:
Bei der Diskussion und Abstimmung über die Regierungsbeteiligung haben die SPD-Genossen und Genossinnen gezeigt, dass es die Demokraten in unserem Land gibt. Und darauf kann jeder von ihnen verdammt stolz sein.
Schön wär's wenn es wahr wäre ...!
Doch bedauerlicherweise stimmt die Aussage nicht.
Mindestens nicht im Kern.
Es ging lediglich darum Ja oder Nein zur Koalition zu sagen.
Die SPD-Mitglieder hatten eine Wahl zwischen zwei Übeln. Sie standen mit dem Rücken an der Wand, zwischen Skylla und Charybdis weil sie nur das Ergebnis, nicht über die Inhalte abstimmen konnten.
Das als Triumph der Demokraten zu benennen
ist eine Umkehr der Wahrheit.
Parteien werden von kleinen Zirkeln geführt. Die sind aus den regionalen Zirkeln hervorgegangen. Wie dort die Kandidaten 'gekürt' werden folgt einem bewährten Muster der "Meinungsbildung" wie sie in Gruppenveranstaltungen benutzt werden:
Vorschläge werden gesammelt, Alles wird aufgeschrieben, dann wird 'priorisiert', das bedeutet, es werden davon die Themen weiter verfolgt, die eine Mehrheit der Stimmen bekommen.
Das hat zwei wesentliche Fehler, oder beinhaltet Manipulationsmöglichkeiten:
Der erste Fehler ist, dass es den Moderatoren möglich ist Themen zu steuern, indem sie entweder Vorschläge selbst einbringen oder solche Themen an bevorzugte Stelle bringen die in ihr Konzept 'passen'.
Nehmen wir an es seien 12 Punkte genannt worden, dann werden allerdings nur 5 Themen weiter verfolgt, im Ergebnis fallen demnach mehr als die Hälfte der von der Basis gewünschten Diskussionspunkte weg.
Begründet wird das dann als notwendige Straffung und Konzentration auf das Wesentliche.
Das passiert ebenso auf den folgenden Ebenen - und das Ergebnis ist nicht mehr demokratische Teilhabe sondern von oben gesteuerte Manipulation.
So geht es auch im Gerangel um Personen.
Was herauskommt ist Mittelmaß, jede/ -r extreme (von diesem Mittelmaß) abweichende Diskussiongedanke oder Kandidat / -in wird mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer Beschränkung des Themenspektrums abgeschmettert.
239.000 Mitglieder von 463.722 stimmberechtigten Mitgliedern* bestimmen also über eine neue Regierung. Von ca. 82 Millionen Bürgern, von denen wiederum rund 61,5 Millionen wahlberechtigt sind. Da sind die abstimmungsberechtigten SPD-Mitglieder so in etwa 0,38% der Bevölkerung. Das alleine - ganz abgesehen von den sonstigen hier diskutierten Punkten - ist schon ein wesentlicher Aspekt der die Aussage der Kanzlerin " .. Ich gratuliere der @spdde zu diesem klaren Ergebnis und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit zum Wohle unseres Landes .. " grotesk erscheinen läßt.
*
Abgegebene Stimmen: 378.437,
davon wirksam abgegebene Stimmen: 363.494.
Mit Ja stimmten 239.604 Mitglieder (66,02 Prozent),
mit Nein 123.329 Mitglieder.
Die Beteiligung lag bei rund 78 Prozent.