oder auch grüne, rote oder blaue Tinte werden immer seltener. An den letzten handgeschriebenen Brief - mit Tinte geschriebenen Brief kann ich mich nicht einmal mehr erinnern (Nicht den letzten Brief den ich geschrieben habe, sondern empfangen habe ).
Wie ich darauf komme?
Ich habe über Toleranz nachgedacht und mich an ein Gedicht aus dem Struwwelpeter [von Dr. Heinrich Hoffmann] erinnert. Solche Gedichte oder Kinderbücher sind ja heutzutage nicht mehr "IN", die zarten Kinderseelen sollen vor allzu drastischem bewahrt werden, aber damit geht auch ein Lehrstück zu Rücksichtnahme, Toleranz und angemessenem Benehmen verloren!
Toleranz gegenüber andersfarbigen Menschen und Tinte - was hat das miteinander zu tun?
Lesen Sie selbst:
Es ging spazieren vor dem Tor
Ein kohlpechrabenschwarzer Mohr.
Die Sonne schien ihm aufs Gehirn
Da nahm er seinen Sonnenschirm.
Da kam der Ludwig hergerannt
Und trug sein Fähnchen in der Hand.
Der Kaspar kam mit schnellem Schritt
Und brachte seine Bretzel mit;
Und auch der Wilhelm war nicht steif
Und brachte seinen runden Reif.
Die schrie'n und lachten alle drei
Als dort das Mohrchen ging vorbei,
Weil es so schwarz wie Tinte sei!
Da kam der große Nikolas
Mit seinem großen Tintenfass.
Der sprach: Ihr Kinder, hört mir zu,
Und lasst den Mohren hübsch in Ruh'!
Was kann denn dieser Mohr dafür,
Dass er so weiß nicht ist, wie ihr?
Die Buben aber folgten nicht,
Und lachten ihm ins Angesicht,
Und lachten ärger als zuvor
Über den armen schwarzen Mohr.
Der Nikolas wurde bös und wild, -
Du siehst es hier auf diesem Bild!
Er packte gleich die Buben fest,
Beim Arm, beim Kopf, bei Rock und West',
Den Wilhelm und den Ludewig,
Den Kaspar auch, der wehrte sich.
Er tunkt sie in die Tinte tief,
Wie auch der Kaspar : "Feuer!" rief.
Bis über'n Kopf ins Tintenfass
Tunkt sie der große Nikolas.
Du siehst sie hier, wie schwarz sie sind,
Viel schwärzer als das Mohrenkind!
Der Mohr voraus im Sonnenschein,
Die Tintenbuben hintendrein;
Und hätten sie nicht so gelacht,
Hätt' Nikolas sie nicht schwarz gemacht.
[Quelle: kikisweb=Poetenweb]
So wird Kindern - und Erwachsenen! - ein Beispiel gegeben, warum man sich nicht über Menschen anderer Hautfarbe mokieren soll - es kommt leider viel zu oft vor - noch immer!
Die Bestrafung erscheint mir aber reichlich fragwürdig.
Darf ich .... darauf hinweisen, daß es hier nicht um "Bestrafung" geht, sondern darum, den Knaben aufzuzeigen, wie schnell man in die "gleiche" Situation kommen kann, nämlich "Schwarz" zu sein.
Alle Geschichten im "Struwwelpeter" sind in zwei Richtungen zu interpretieren: als Beispiel (erhobener Zeigefinger) und als Parabel ....
Erwachsensein hin oder her (das ist ja eine sehr schwierige Frage, die man nur als Kind glaubt, eindeutig beantworten zu können) - ich würde es dennoch als eine Form von Bestrafung sehen, auch wenn es vielleicht pädagogisch gut gemeint sein sollte.
Parabel: .... Eine Parabel (von grch. parabole = Gleichnis) ist eine kurze, lehrhafte Erzählung, die eine allgemeine sittliche Wahrheit oder Lebensweisheit durch einen Vergleich aus einem anderen Vorstellungsbereich verdeutlicht.
» Biblische Parabel (Gleichnis):
zum Beispiel vom verlorenen Sohn, Weizenkorn
» Didaktische Parabel:
zum Beispiel die Ringparabel im dramatischen Gedicht Nathan der Weise von Gotthold Ephraim Lessing
» Paradoxe und absurde Parabel:
zum Beispiel Kafka
Sie stellen den Ernst, der hinter dem Gleichnis steht, in Frage.
Wie wär's mit Foucault: Überwachen und Strafen?
Ganz im Gegenteil! Lassen Sie es mich so .... ausdrücken:
Nicht der Ernst des Gleichnisses wird in Frage gestellt, sondern die Aussage in Bezug auf Vorder- bzw. Hintergründiges.
Vordergründig ist es eine Geschichte, die Kindern sagt:
"Wenn Du böse zum Mohren bist wirst Du zur Strafe in Tinte getaucht."
Hintergründig heißt es:
Wer sich über Eigenheiten, Eigenschaften, übertragen auch kulturelle oder gesellschaftliche Gegebenheiten anderer Menschen lustig macht handelt falsch - weil eben diese Menschen für die Unterschiede nicht verantwortlich sind ....
Gut, so hört sich das weniger widersprüchlich bzw. missverständlicher an.
Es freut mich .... wenn ich mich verständlich machen konnte ....
Jepp, was du nicht willst, das man dir antu´, das füg´ auch keinem anderen zu. Lernerfolge durch praktische Erfahrung. Von der Hand in den Kopf, oder auch vom Tintenfass in den Kopf. Tinte lässt sich übrigens abwaschen....
.... aber: zunächst erst 'mal ist sie dran. Und bewirkt - hoffentlich - auch eine Änderung des Denkens:
Es ist offensichtlich sehr schwer, Änderungen in den Köpfen herbeizuführen. Da muß es wohl manchmal "drastisch" angegangen werden ....
Denken ist mühselig, es ist anstrengend, das eigene Weltbild zu überdenken und neue Aspekte, neue Blickwinkel in Vorhandenes zu integrieren. Und es ist ernüchternd, den Mittelpunkt der Welt, zu dem man sich selbst gemacht hat, zu verlassen. Alles das ist jedoch menschlich.....
Sicher .... und bei alledem hilft ein "Vorurteil" vortrefflich! Man braucht sich keine Gedanken mehr zu machen, alles ist gut ....
Ich wünsche mir mehr "Nikoläuse" zum Aufbrechen alter Traditionen - und verbundener Vorurteile ....
Als Nikolaus lebt es sich gefährlich, man muss stets damit rechnen, vom Mob gehängt zu werden.....
Schon richtig, .... aber manchmal verblüfft man auch nur .... egal,
ichder Nikolausbinist alt genug, um es mit "dem Mob" aufzunehmen!Hahahaha, Nikoläuse gelten allgemein als harmlos und ein bisschen dusselig, der Überraschungsmoment hier ist nicht zu unterschätzen. :))
Na, .... "harmlos" ist ja sicher treffend, aber ich bin doch bestimmt nicht "ein bisschen dusselig" .... schusselig, ja, das kann schon sein, aber dusselig? Auch nicht "ein bisschen"!
Eben, deshalb sind Nikoläuse auch immer für eine Überraschung gut.... :)
Ich nehm' 'mal an, das war jetzt ein positives Statement ....
Jepp, war es.
Danke!
Erziehung Mir wurde der "Struwwelpeter" als Kleinkind zum blanken Horror. (Daumenlutschen)
Und diese Buch soll für Kinder gut sein! Es schüttelt mich noch heute!
In jeder der .... Geschichten im Struwwelpeter ist eine Moral. Beim "bösen Friederich" geht es darum, daß ein Kind nicht mutwillig zerstören soll, seine Geschwister schlagen soll und roh gegen Tiere sein soll.
All das kann ich nur für hilfreich halten, denn wir sind uns doch sicher einig: All das Genannte ist nicht in Ordnung.
Es kommt aber darauf an, wie das Kind mit den Geschichten konfrontiert wird:
Es muß vorgelesen und besprochen werden!
* edit *
Es ist z.B. bekannt, daß Kinder, die Tiere quälen später häufiger zu Vergewaltigern und Gewaltverbrechern werden!
* 2. edit *
Wo ist übrigens Dein Weblog geblieben? Zugemacht?
nein, bitte entschuldige ich habe in meiner Mitgliederliste rumgefummelt als ich nicht so gut gelaunt war.
Leider kann ich es nicht mehr rückgängig machen.
PS. übrigens getraue ich mir nichts mehr zu schreiben, bevor ich den Text im Word auf die Rechtschreibung überprüft habe. Schade, dass dies für die Grammatik nicht geht.
Ich habe keine Ahnung was da passiert ist, man kommt wirklich nicht mehr auf meine Seite. Komisch?
Es klingt so, als ob Du .... das Weblog "deaktiviert" hast.
Zur Rechtschreibung:
Man sollte sich nicht von einer Meinung - auch nicht meiner Meinung ins Bockshorn jagen lassen!
Natürlich ist es gut, darauf zu achten, daß es nicht zu schlimm wird, aber glaub' mir, bei Dir ist mir das noch nie so extrem vorgekommen, wie Du es jetzt siehst ....
deaktiviert kannst Du mir evtl. helfen, ich habe da wohl irgendwo einen Fehler gemacht und finde nicht wo, deaktivieren wollte ich den Blog nicht.
Was auch immer .... Du gemacht hast: Es ist wieder online!
Jetzt nichts mehr ein- oder umstellen!
Vielen Dank für Deine Hilfe, der Beitrag ist ersichtlich, jedoch wenn ich auf einen Kommentar von mir klicke erscheint die Seite nicht.
Tut mir leid .... aber an der Stelle kann ich Dir auch nicht helfen.
Du könntest es unter "Hilfe" bei twoday posten und fragen ....
Danke am Morgen werde ich es tun. Muss nun leider schlafen gehen, habe Morgen einen Gerichtstermin betr. der Scheidung.
Wünsche Dir noch einen schönen Abend und eine gute Nacht.
Wenn ich mich hier kurz einklinken darf,
@ sravana
Sie haben in Ihren Weblog-Einstellungen(im Profil) die Zeile für die URL nicht richtig gefüllt.
Ihre Adresse lautet doch: sravana.twoday.net
Momentan erscheint im eingegebenen Link noch http://www.twoday.net/sravana
Na, .... da sieht man, wie ein Blick "von außen", mit Distanz, doch helfen kann ....
* edit *
Und natürlich, bevor ich es vergesse: Danke!
* 2. edit *
Geht's schon wieder besser mit dem Finger?
Für die Zukunft: Siehe HIER
Mittlerweile schon. Der Vorfall geschah in der Nacht auf den zweiten April und heute war ich zur Nachkontrolle.
Als die Krankenschwester nun den Verband ablöste, bemerkte sie, dass dieser an der Wunde angetrocknet war.
Mit einem kecken:" Da müssen Sie jetzt kurz mal ganz tapfer sein...", riss sie die Kompresse vom Finger, wie ich es eigentlich nur von Pflastern am aufgeschürften Knie kannte.
Sofort platzte die Wunde wieder auf und ich war etwas blass und zittrig, während die nette Dame dann feststellte, dass im Notfallbericht auch gar nicht die Rede von einem gequetschen Fingernagel war.
Sie klärte mich dann noch auf, dass die Nervenenden im Finger auch besonders empfindsam seien.
Darin waren wir uns jedenfalls schnell einig.
Ist es nicht .... immer wieder erstaunlich, wie hart in solchen <Fällen> "Fachfrauen" sein können - man traut es ihnen kaum zu .... Na, jedenfalls: Gute Besserung!
Vielen Dank. Nach diesem Missgeschick mit dem fehlinterpretierten Notfallbericht war die Krankenschwester auch gar nicht mehr so kurz angebunden sondern sehr fürsorglich.
Im Nachhinein konnte ich wohl mit meinem Blutopfer noch vielen Patienten den Tag retten.
Das ist eine .... sehr altruistische Sichtweise - nicht oft zu finden .... aber schön, daß es sie noch gibt!
(Was die Schwester angeht: Angst, etwas "verbockt" zu haben macht aus dem schlimmsten Drachen eine zahme Maus; als ich vor Jahren im Krankenhaus war, waren die Damen auch sehr ruppig. Bis eines Tages der Chefarzt sich bei der Visite - Freitagnachmittag - fast eine Stunde mit mir unterhalten hat: Von da an wurde ich mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt - kein: "Wie geht es uns denn heute" oder "Nun stellen Sie sich 'mal nicht so an" mehr bis zur Entlassung .... )
auch noch an dieser Stelle vielen Dank.
Zum Struwelpeter. Vielleicht eine Information, die Sie interessieren wird:
In Ex-Jugoslawien war "Der Struwelpeter" für Kinder unter 12 Jahren verboten - sic: nicht freigegeben. Aus pädagogischen Gründen wurde massiv von ihm abgeraten.
Ich bekam das Büchlein als Siebenjahärige von einer Arbeitskollegin meiner Mutter geschenkt. Eingedenk des heimatlichen Usus nahm sie es mir weg, bevor ich es lesen konnte. Ich hörte sie jedoch mit meinem Stiefvater betroffen und empört über solche Inhalte für Kinder in der Küche diskutieren (und wollte natürlich das weggenommene, "böse" Buch erst recht lesen. Was ich dann auch tat. Hätte ich mal nicht. Es bescherte mir schlimme Albträume über längere Zeit).
P.S.: Ich kann auch wirklich nichts an "Kinderbüchern" finden, die propagieren: Daumen abschneiden *, wenn sie gelutscht werden. Oder: Wenn nicht gegessen wird, was auf den Tisch kommt, wird Kind verhungern*. Oder bei lebendigem Leibe verbrennen * wenn es mit Streichhölzern spielt (was, nebenbei, alle Kinder gern tun, das kann man wirklich anders regeln). Am Schlimmsten: Guck ja nie in den Himmel. Richte Deine Augen bloss auf die Erde. Sei nie anders sondern passe Dich der Herde an - anderenfalls wirst Du ertrinken*. Pädagogisch wertvoll? Vielleicht, um einen Haufen obrigkeitshörige Jasager zu züchten, die niemals irgendetwas hinterfragen (bez. des Suppenkaspers eher einen Haufen Eßgestörter und Übergewichtiger). Provokanter Vorschlag: "Clockwork Orange"(1), "Trainspotting"(2) und diverse Horrostreifen(3) für Fünfjährige. Die haben auch ganz abschreckende Aussagen: "Halte Dich nicht für oberschlau"(1), "Nimm keine Dorgen"(2), "Meide alte Häuser und gehe nie allein in den Wald - implikativ: Fürchte die Nacht"(3).
*Wenn man dies bei Amnesty International nachschlägt, sind das Foltermethoden bzw. Mordvarianten.
Den unmittelbaren Zusammenhang .... zwischen Foltermethoden und einem Kinderbuch vermag ich so nicht zu sehen - es gibt eben in unserer Sprache für bestimmte Sachverhalte bestimmte Begriffe, die in mehrerlei Richtung benutzt werden.
Was die zarte Kinderseele angeht:
Schauen Sie sich doch einmal an, was in sogenannten "Kindersendungen" im Fernsehen läuft. Das halte ich für eine sehr viel schlimmere Beeinträchtigung, zumal sich Eltern, die ihre Kinder dort "abstellen" wahrscheinlich selbst nicht mit dem auseinandersetzen, was dort läuft - möglich, daß das aus Unfähigkeit oder Unwissenheit geschieht - das Ergebnis ist dasselbe!
Wenn man mit seinen Kindern "Werte" diskutiert, fängt das doch nicht mit einem Kinderbuch an! Das Beispiel der Eltern, deren Verhalten ist sehr viel bedeutender als jedes Kinderbuch. Ein Beispiel: Kinder, die hören und sehen wie sich ihre Eltern streiten, prügeln oder sonstwie malträtieren, die subtile Sticheleien miterleben sind aus meiner Sicht mehr gefährdet ....
Die Beschäftigung mit Problemen, die Kinder beobachten und denen sie sowieso ausgesetzt sind, kann sich doch nicht in einem Kinderbuch erschöpfen. Schaden fernzuhalten ist eine Methode - die Kinder in die Lage zu versetzen, mit dem "Bösen" in der Welt umzugehen, gewappnet zu sein, festen Standpunkt zu haben ist die andere Seite ....
(ich habe zwei Kinder, 22 & 27; dies nur um zu sagen, daß ich nicht theoretisch schwadroniere, sondern all das durchgemacht habe - was mich stört ist unter anderem, daß an dem Thema viele "mitreden", die entweder keine Kinder haben oder ihre eigenen Vorstellungen lediglich "überstülpen" wollen, anderen Menschen, ihre Kinder inclusive. Dabei wird meist vergessen, daß Kinder von Anfang an "eigenständige" Persönlichkeiten sind .... an denen nicht das eigene Schicksal "aufgearbeitet" werden kann ....)
All dies steht ja gar nicht zur Debatte.
Im Stuwelpeter wird gezeigt, wie Daumen abgeschnitten werden, hübsch illustriert.
Dies zum Einen. Zum Anderen habe ich den Struwelpeter selbst als traumatisierend erlebt in meiner Kindheit. Es ist ein grauenhaftes Buch - und die Mohrengeschichte vielleicht mal ausgenommen - einzig und allein darauf angelegt, Konformisten und Jasager zu produzieren. Tu dies nicht tu das nicht, die Welt ist böse und schlecht und wenn Du nicht wie ein Esel mit der Herde mitläufst, lauert Dir der Tod. Oder man wird Dich verstümmeln. Es ist ein Horroszenario.
Natürlich haben sie Recht mit dem elterlichen Vorbild.
Aber das hat ja nichts mit dem Struwelpeter zu tun.
[muss mich leider kurz fassen, da ich beim Arzt im Wartezimmer sitze]
Wie ich erkenne .... werden wir es in dieser Sache nicht schaffen, eine ähnliche Sicht des Schadens oder Nutzens des "Struwwelpeter" zu erreichen.
Nun, neben dem Mohren ist wohl mindestens der "Böse Friederich" noch als Lehrstück zu sehen, in dem all die von Ihnen so veranscheuten Grausamkeiten nicht vorkommen, es ist vielmehr ein Hund, der beißt.
Jeztz wird mir beim Schreiben klar, warum so viele Mütter ihre Kinder hochheben, wenn ein kleiner Dackel auftaucht und hysterisch schreien: "Nehmen Sie ihren Hund an die Leine bevor er mein Kind beißt!" - vielleicht werden doch mehr Kinder - und Mütter - als angenommen durch dieses Buch traumatisiert ....
Kulturgut. War der Struwelpeter ja lange.
Und die Mütter selbst mal Kinder, die dieses Machwerk dann lasen oder vorgelesen bekamen. Wenn man das Buch innerhalb seines historischen Zeitrahmens betrachtet, so ist es durchaus vergleichbar mit dem Drill in den heutigen amerikanischen
"(V)Erzhiehungscamps".
Es ist sozusagen ein "preußisches" Buch. Dabei will ich gar nicht alles an Preußen negieren, nur schlicht anmerken, dass die sog. "preußischen Werte" für Erwachsene sind, nicht für Kinder. Es gibt Bücher, die derart Kulturgut werden, dass sie ganze Volksseelen und mehr beeinflussen und prägen. Beim Nachdenken über Ihren Beitrag bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass der Struwelpeter tatsächlich dazugehört. Das Buch prägte ganze Generationen - und das auch noch in der Prägungsphase.
[Veranschaulichend zur Prägung durch Bücher oder das Wort schlechthin: Kaum jemand in der heutigen Zeit hat Aristoteles gelesen. Dennoch ist jedeR von Aristoteles´ Schriften bis ins Denken hinein geprägt. Sie sind das Fundament der westlichen Zivilisation, so wie wir sie kennen bzw. definieren. Was "die Deutschen" und ihre "Volksseele" angeht (das maße ich mir jetzt salopp als "Ausländerin" an, zu beurteilen), so ist die humanistische Prägung dominanter als jedwede inhumane. Goethe hat die Deutschen mehr geprägt als Hitler. Letzterer hat die "Volksseele" ausschließlich traumatisiert. Und tatsächlich leben wir heute wieder in Zeiten, in denen mit dem Wort Deutschland nicht primär Holocaust assoziiert wird, sondern eben diese humanistische Tradition und natürlich die Idee Wirtschaftsmacht. Spontan fällt mir dazu eine Passage aus einem satirischen Rundmail ein, die bezüglich des Irak-Krieges im Verteiler kursierte:
"You know that the world is going crazy when America goes against the whole UN and Germany doesn´t want to go to war". Aber: ich schweife, ich schweife; darum abschliessend: Mir persönlich gefällt es sehr, dass die "Struwelpeter-Prägung" zunehmend Vergangenheit wird.]
"Ein Buch .... gehört in die Zeit, aus der heraus es geschrieben wurde" wäre das Fazit, daß ich aus Ihren Zeilen entnehme. Sicher richtig, aber einige Bücher überdauern, und beim Struwwelpeter scheint es sich um ein solches Buch zu handeln, mag man es auch aus verschiedenen Gründen bedauern.
Für mich steht deswegen weniger die Gefahr, als vielmehr der Nutzen im Vordergrund. Den muß etwas, was Jahrhunderte überdauert ja haben ....
Ich erwähnte schon, daß ich nicht erwarte mich in dieser Sache mit Ihnen zu einigen. Es freut mich aber, daß wir uns darüber "unterhalten" haben ....