So, wie vor einigen Jahren der Trend zum "Zweitbuch" zu verzeichnen war, so findet man derzeit einen Trend zum "Zweitleben" - als Rollenspieler/-in, elektronisch in "second life", oder tatsächlich als Darsteller/-in in Mittelaltershows und Ritterspielen ....
Kann - oder muß - ich davon ausgehen, daß dieser Trend entstanden ist, weil die Teilnehmer/-innen "im richtigen Leben" (irL) irgendwie unzufrieden mit ihrer "performance" sind und ein Ventil brauchen, das auzugleichen ...?
*meschugge* (.... hätte meine Großmutter gesagt.)
Dieser angebliche Trend zu Second Life ist auch mehr medienherbeigeredet als wirklich existent ...
Die Zahlen, .... werter Herr Adquen, sprechen da eine andere Sprache - hier z.B. aus dem oben eingesetzten Link ein Zitat:
* PS *
Und: Unter den ca. 20 Bloggern, die ich persönlich kenne, sind schon mindestens drei, die sich als "Rollenspiel-begeistert" bekannt haben .... das sind 10%, die als repräsentativ für die gesamte Szene gesehen werden können ....
Rollenspiel Nun, ich gehöre zu den Leuten, die regelmäßig einen Teil ihrer Freizeit opfern, um sogenanntes "Pen & Paper" Rollenspiel zu spielen. Das heißt, ich versammel mich mit anderen in einem Wohnzimmer, bewaffnet mit Würfeln, Papier, einem erfundenen Charakter und Regeln. Einer erzählt eine Geschichte und der Rest reagiert - rätselt, kämpft, reist, Abenteuer erlebt. Für mich ist das durchaus ein Ventil - hat allerdings wenig damit zu tun, wer oder was ich im realen Leben bin. Oder eben nicht bin. Es ist ein bißchen wie Kinderspiele früher - ich war schließlich auch nie ein Indianer oder Pirat und hatte mit Nachbarskindern trotzdem Spaß, so zu tun als ob - man haut seinem Gegenüber nur nicht mehr das imaginäre Schwert aka Stock über die Rübe, sondern würfelt ;-)
Es gibt Menschen, die können irgendwann nicht mehr unterscheiden zwischen erdachter Welt oder auch Virtualität. Die bauen sich in der Tat eine Scheinwelt auf, in der sie das sein können, was sie in der realen Welt nicht sind. Allerdings bin ich persönlich der Meinung, es ist vollkommen egal, ob sie an Alkohol, Drogen oder Scheinrealitäten geraten um ihrer Wirklichkeit zu entfliehen.
Rollenspiel - egal ob jetzt am Wohnzimmertisch oder in der Realität ausgeführt - ist im Aufwärtstrend begriffen, weil viele Menschen einfach wieder Spaß daran haben, zusammen zu kommen und miteinander zu spielen statt sich vor den Fernseher oder das Internet zu hängen. Das ist zumindest mein subjektiver Eindruck. Ich bleibe immer noch die Person Mirtana, auch wenn ich einen Abend so tue als wäre ich die Einbrecherin Lilly in einer mittelalterlichen Welt. Ich identifiziere mich mit diesem fiktiven Charakter, doch wenn ich Rätsel löse oder gute Ideen habe, dann habe ich diese guten Ideen und ernte dafür Anerkennung. Es täuscht auch niemanden darüber hinweg, ob ich im realen Leben erfolgreich bin oder nicht. Schließlich sitzt man sich immer noch Gesicht zu Gesicht gegenüber.
Bei den großen Online-Rollenspielen wie Everquest oder World of Warcraft oder auch Second Life geht die Tendenz wesentlich eher dahin, daß sich die Spieler in dieser Welt verlieren - weil es einfach ist, dort eine erfolgreiche Persönlichkeit aufzubauen. Das wiederum ist mit viel Zeiteinsatz verbunden. Je mehr Zeit man investiert, je mehr "Fähigkeiten" man erwirbt, je stärker die Spielfigur wird desto mehr wächst auch das Ansehen in dieser virtuellen Spielwelt. Genau darin liegt die Suchtgefahr dieser Spiele und wer damit nicht verantwortlich umgehen kann, der versinkt darin. Dazu kommt noch, daß man seinen Mitspielern ebenfalls nur virtuell begegnet, das heißt, man hat überhaupt keine Chance zu überprüfen ob der erfolgreiche, tolle, starke Magier, den man auf seinem Bildschirm sieht, in Wahrheit nicht ein kleiner, pickliger Teenager ist, der kein Mädchen abbekommt ... (um es mal drastisch überspitzt darzustellen).
" .. Bei den großen Online-Rollenspielen wie Everquest oder World of Warcraft oder auch Second Life geht die Tendenz wesentlich eher dahin, daß sich die Spieler in dieser Welt verlieren - weil es einfach ist, dort eine erfolgreiche Persönlichkeit aufzubauen. .. "
D(ies)er letzte Satz faßt sehr gut zusammen, warum Menschen sich aus der Realität entfernen - und das ist es ja, was ich in meinem Beitrag angesprochen habe ....
" .. Das wiederum ist mit viel Zeiteinsatz verbunden. Je mehr Zeit man investiert, je mehr "Fähigkeiten" man erwirbt, je stärker die Spielfigur wird desto mehr wächst auch das Ansehen in dieser virtuellen Spielwelt. Genau darin liegt die Suchtgefahr dieser Spiele .. "
Suchtgefahr: Wer sich in die virtuelle Welt "rettet" ist eben oft ein Nichts in der realen Welt - die Verlockung sich größer zu machen als man ist, ohne ertappt werden zu können, ist außerordentlich groß ....
" .. und wer damit nicht verantwortlich umgehen kann, der versinkt darin. Dazu kommt noch, daß man seinen Mitspielern ebenfalls nur virtuell begegnet, das heißt, man hat überhaupt keine Chance zu überprüfen ob der erfolgreiche, tolle, starke Magier, den man auf seinem Bildschirm sieht, in Wahrheit nicht ein kleiner, pickliger Teenager ist, der kein Mädchen abbekommt ... "
Tut mir leid, daß ich alle "virtuellen" & realen Spieler in einen Topf geworfen habe - Danke! für die Erläuterungen & Korrekturen bzw. Klarstellungen ...!
Lieber wvs,
gerne geschehen. Es ist zwar sehr selten, doch ausnahmsweise weiß ich einmal, wovon ich spreche ;-)
Ich habe selber zwei Jahre damit verschwendet, in einer Online-Welt "jemand" sein zu wollen - daher die klare Unterscheidung zwischen realen und virtuellen Rollenspielen.
Ich möchte nicht abstreiten, daß es bestimmt Menschen gibt, denen reale Rollenspiele (egal ob am Wohnzimmertisch oder auf irgendeiner Burg in mittelalterlichen Gewänden) ebenfalls als Flucht dient. Sie sind nur viel seltener als in der Virtualität, weil es in der Realität aufgrund des persönlichen Kontaktes einfach schwerer ist, seinen Mitmenschen auf Dauer etwas vorzumachen.
Und, können Sie sich vorstellen, einmal als mittelalterlicher Ritter einen Nachmittag zu verbringen? Würde Ihnen bestimmt gut stehen ;-)
Das erinnert mich ein wenig an .... "Zurück in die Zukunft" - selbstverständlich kann ich mir das vorstellen - allein:
Derzeit fehlt mir die Motivation und wahrscheinlich auch die Kraft, eine Rüstung und zugehörige Accessoires zu tragen. Reizvoll wäre es schon, das eigene Wappen, das viele Jahrhunderte Familiengeschichte überstanden hat, auf eigenem Harnisch & Schild - noch dazu in den korrekten Farben - zu tragen ....
Es sind ja nur noch wenige Jahre. Vielleicht als "Rentner"
- die ja heutzutage bekanntlich "junge Alte" sind ....
Diese Zahlen sind aber mit Vorsicht zu genießen. Erst mal ist die Anzahl der angemeldeten User erstmal so hoch, weil es die Leute durch die ständige 2nd Life-Medienpräsenz einfach mal ausprobieren wollen.
Und auch die Zahl der Online-User ... ihnen ist bekannt, dass es die Möglichkeit gibt, virtuelles Geld (das in echtes Geld getauscht werden kann) damit zu verdienen, dass man seinen Charakter einfach an einer bestimmten Stelle warten lässt? Na super, so komme ich auch auf eine erquickliche Anzahl von Usern, die online sind ...
Ich kenne genau EINE Person, die bei Second Life angemeldet ist. Und das ist der Bruder eines Freundes, von Beruf Anwalt. Und seine Tätigkeit in diesem Spiel beschränkt sich, wenn ich das richtig verstanden habe, darauf, dass er über Second Life eine weitere Möglichkeit eingerichtet hat, wie Kunden (Klienten? Was auch immer) ihn erreichen können.
So, und weil es schon erwähnt wurde hier: WoW ist eine VÖLLIG andere Geschichte, und die ist in der Tat beunruhigend ...
Wie schon weiter oben ausgeführt bin ich kein Spezialist für dieses Genre - daher auch auf Zahlen angewiesen, die den Anschein von Objektivität haben .... irgendwie erinnert mich das von Ihnen vorgerechnete Beispiel an den Dialog zwischen meiner Schwester [S] und meinem Vater [V] ....
[S]: Manno, alle Kinder in meiner Klasse haben so eine Hose ...
[V]: Wer in deiner Klasse ist das denn? Welche Kinder?
[S]: Na, alle ....
[V]: Dann sag' mir doch 'mal einen Namen!
[S]: Doro hat eine ....
[V]: Und wer noch?
[S]: Weiß nich' ....
[V]: Aha, ein neuer Fall von "Ein, ein, Alle!"
Na, wenn Dir noch andere einfallen sprechen wir nochmal d'rüber ....
Vielleicht ist es ja nur ein neues Indiz dafür, daß das hochgelobte Web 2.0 auch zu einem Flop werden wird ....