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Als ich mich im Juli 1963 per Schiff auf den Weg in die Vereinigten Staaten von Amerika, kurz: U.S.A., aufmachte wußte ich kaum etwas über das, was mich da erwarten würde.
In Syracuse, N.Y., empfing mich meine Gastfamilie, Vater, Mutter, Gastbruder & ~schwester. Der erste Anlaufpunkt war das Haus der Schwester meines Gastvaters, die in Syracuse wohnte. Da gab es ein ausgedehntes Abendessen und am nächsten Tag fuhren wir zum Wohnort der Gastfamilie, nach Gouverneur, N.Y., nicht weit vom St. Lorenz Wasserweg entfernt gelegen. Jedenfalls eine typische Kleinstadt im Nordwesten des Staates New York, kaum 7.000 Einwohner und sechs Kirchen, alle nahe des Ortszentrums.
In der Umgebung - dem 'County' - hauptsächlich Weidewirtschaft, Milchkühe, aber auch Talkumförderung und Holzwirtschaft.
Die Schule, Gouverneur Senior High School, war nur wenige Minuten vom Haus meiner Gastfamilie entfernt. So konnte ich den überwiegenden Teil des Schuljahres darauf verzichten in den Schulbus zu steigen um zum Unterricht zu kommen.
In dieser Region der U.S.A. war die Welt noch in Ordnung. Was nach Lesart der dortigen Gesellschaft bedeutete: Keine Rassenunruhen, keine Arbeitslosigkeit, keine religionslosen Anwohner - und wenn welche da gewesen wären hätten sie es der Mehrheit bestimmt nicht mitgeteilt ....
Während des Jahres geschah dann das Ungeheuerliche:
Ein farbiger Schüler wurde angemeldet und besuchte fortan die Schule - und weil wenig über die Hintergründe bekannt war brodelte die Gerüchteküche.
[Quelle der Abbildung]
Zu dieser Zeit gab es in den Sezessionsstaaten noch "Rassentrennung"*, die erst 1964, dem Jahr in dem ich im Juni wieder nach Deutschland zurück reiste, aufgehoben wurde.
Was ist nach 50 Jahren "Aufhebung der Rassentrennung" das Fazit?
Formal mag es zwar Änderungen gegeben haben, von einer Gleichberechtigung der farbigen US-Bevölkerung kann allerdings nicht die Rede sein. Es werden durch unverhältnismäßige polizeiliche Übergriffe immer noch Schwarze anders behandelt als Weiße (Siehe hierzu auch "Black Lives Matter" [#BlackLivesMatter] & diesen Bericht).
Das Land hat sich verändert. Ich habe mich verändert. Wie anders sollte man die Entwicklung in fünfzig Jahren beschreiben? Das Amerika von heute ist nicht mehr das Land, in das ich all die Jahre nach meiner Rückkehr wieder reisen und dort leben wollte. Das habe ich schon 1998 gemerkt, als ich zum ersten Mal wieder mehr als ein paar Wochen Urlaub dort verbracht habe.
Noch viel heftiger war der Schock als die Regierung Bush 2002 begann das Land in ein Hochsicherheitsgefängnis zu verwandeln, von dem die drinnen kaum etwas merken:
Eintritt und Ausgang mit
- verschärften Personenkontrollen,
- Metalldetektoren,
- Ganzkörperscannern und
- sicherheitsdienstlicher Behandlung inclusive
- Irisscan und
- Fingerabdrücken.
"Land of the Free" - das war einmal und ist unwiederbringlich verloren .... wenn es auch den Touristen der ADAC-geführten-deutschsprachige-Reiseleitung-inbegriffen-Tour und den Drei-Tage-Shopping-New-York Reisenden anders erscheinen mag.
* Siehe hierzu auch folgenden LINK
Wie wurde denn mit dem farbigen Jugendlichen umgegangen? Hast du da etwas mitgekriegt?
Er wurde - soweit ich das erkennen konnte - von den meisten Schülern gemieden, aber nicht gemobbt o.ä. .... einige, wohl die, mit denen er in den gleichen Kursen war, gingen ganz normal mit ihm um.
[Der Austauschschüler vor mir war aus Äthiopien, daher dachten wohl manche es wäre auch ein Austauschschüler.]
Offenen Rassismus habe ich nicht erlebt / gesehen. Erst auf der sechswöchigen Rundreise, am Ende des Jahres, durch die Neu-England-Staaten und in New York. Bei der Weltausstellung sind mir Besonderheiten im Umgang mit Farbigen aufgefallen.