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oder: Wer will schon ständig auf die Übel der Welt hingewiesen werden?
Auf diesem Planeten läuft so einiges nicht so wie es laufen müßte. Das wissen viele Leute. Allerdings mögen sie es nicht tagtäglich darauf hingewiesen zu werden. Es ist doch viel angenehmer etwas zu lesen und mit seinen Bekannten zu besprechen was die Stimmung hebt.
Gutes Wetter, gedeihende Kleinkinder, ein drolliges Hundchen und gutes Essen - das sind die Renner unter den Themen die gern gelesen oder diskutiert werden.
Manchmal gibt es aber "Aufreger" - so wie etwa die Geschehnisse in Köln am Silvesterabend. Da gehen die Emotionen hoch, da hat Jeder eine Meinung und es wird spekuliert was das Zeug hält. Sonderbar, wo doch fast keiner der Diskutanten dort war. Von "informierter Meinungsbildung" kann deswegen kaum die Rede sein - und trotzdem sind sich alle sicher wie es war.
Sobald aber Themen wie beispielsweise "Energiewende" anstehen werden die Diskussionen spärlicher. Es fehlen den meisten Menschen die Grundlagen. Mit Meinung ist da nicht viel zu besprechen: Man kann gegen oder für die eine oder andere Technologie sein, gefühlsmäßig, doch bestimmt nicht mit fundierten Argumenten. Das macht unsicher, und deswegen werden diese Themen gemieden.
So kommt es, dass zwar viel gelesen und geredet, aber nichts besser wird. Weil komplexe Themen vernachlässigt werden. Oder, wenn darüber geschrieben wird, diese Art von Texten nicht oder viel seltener bis zum Ende gelesen werden. Menschen sind erstmal 'faul', was Anstrengung bedeutet wird gemieden. Daher gehen Viele erst zu Quellen von denen sie wissen:
Da brauche ich nicht mitdenken, da wird mir etwas geliefert was ich schön finden kann. Verständlich und begründet, wie ich weiter oben darlegte.
Dann allerdings dürfen sich genau diese Leute nicht beschweren wenn es ihnen irgendwann übel aufstößt was um sie herum in der Welt schief läuft oder was die Regierung - auch in ihrem Namen - so tut.
Sie wollten es ja so.
Oder anders gesagt:
Denken ist Arbeit. Deshalb tun es auch so wenige.
;o)
Aber Du hast schon recht, bei vielen Themen müsste man Fachwissen haben um fundiert mitreden zu können. Mir geht es oft so, dass ich, zum Bsp. bei der Energiewende, weiß wie viel ich nicht weiß und dann deshalb auch die Klappe halte. Ich will mich ja nicht blamieren, zumal es ja mehr und mehr Menschen gibt, die allein nur mit ihren Meinungen ihre Ahnungslosigkeit offenbaren. Da will ich nicht dazu gehören.
Aber vielleicht ist das auch zuviel verlangt in unserer Welt der Arbeitsteilung und Spezialisierung? Ist es nicht so, dass beinahe jeder auf irgendeinem Gebiet meisterlich ist, aber im Großen und Ganzen im Trüben fischt, weil es eben unmöglich ist, alles zu verstehen? Wie oft geben die persönlichen Präferenzen nicht genug her, wie oft steht das moderne Leben mit seinen Mechanismen im Weg um klüger zu werden und wie oft werden Leute systembedingt aussortiert und in die Unwissenheit gezwungen, nur weil sie keine Standardmaße haben?
Das Nichtwissenwollen ist für mich nur ein Teil der Antwort. Das Nichtwissenkönnen der andere Teil. Und hier möchte ich dann schon gerne die Systemfrage stellen - gleichwohl ich wieder weiß, dass mein Wissen über das System nicht tief genug greift, um als kompetenter Gesprächspartner bei Systemfragen wahr genommen zu werden.
Sollte ich so gesehen dann doch lieber auch weiterhin die Klappe halten?
Hallo Olaf,
ich kann sehr gut verstehen wie du es wahrnimmst bei manchen Themen nicht mitreden zu können - weil es mir auch so geht. Dabei habe ich noch den Vorteil viel mehr Zeit lesend zubringen zu können weil ich nicht mehr arbeite und deswegen keine 'wichtigeren Dinge' versäume.
Neben den spezifisch mit der eigenen Profession verbundenen Themen sehe ich so eine Art "Halo" aus benachbarten Gebieten in denen ich mindestens mitreden kann, oder nach ein wenig Recherche Fragen stellen kann (die weiter führen) und mir Klarheit bringen.
Oft geht es gar nicht um sehr spezifische Details, sondern um das, was ich unter "Allgemeinbildung" fassen will - da stelle ich zunehmend einen Schwund fest [Nichtwissenkönnen, wie du sagst]. Aber es kann auch daran liegen, dass jedes Gebiet heute immer schneller Änderungen in Tiefe und Struktur erfährt. Und gleichzeitig die Flut der Informationen insgesamt wächst.
Was genau davon zutrifft? - da bin ich mir nicht sicher.
Resignation ist bestimmt nicht die Lösung der Wahl. Ich plädiere für eine gezielte Auswahl nach dem, was für das eigene Leben wichtig ist und was gesellschaftlich zu Verbesserungen/langfristigen Entwicklungen führen kann [Beispiel: Wie kann Arbeit besser organisiert werden; Welche Eigenschaften müssen Führungskräfte haben um erfolgreich zu sein? Kann ein bedingngsloses Grundeinkommen die Lösung des Schwundes von Arbeit sein?].
Wichtig war mir aber noch ein Punkt:
Sich im kleinen, eigenen Umfeld zu bewegen ohne an den großen Themen der Zeit Anteil zu nehmen, dazu Stellung zu beziehen, ist kein akzeptables Verhalten - vor allem aber dürfen Menschen die sich so beschränken später nicht herummaulen ....