Gehen wir einmal davon aus, das "Internet" sei ein Land.
Wir nennen es "Neuland".
(Gab es schon 'mal als Name für das Internet, deswegen.)
Es habe ein Territorium, Bewohner, und eine Regierung.
Wie sähe das Land aus?
Welche Art von Regierung hätte es?
Denken Sie gern weiter, es gibt noch viel mehr!
Welche Konsequenzen ergäben sich aus diesem Gedankenspiel?
Fangen wir einmal mit der Nutzung der Fläche an:
Die Bewohner brauchen Platz um Häuser zu bauen, gemeinschaftlich genutzte Objekte zu errichten, Verkehrswege zwischen den Siedlungen und zwar aufgeteilt in verschiedene Größenordnungen, die jeweils mehr oder weniger Verkehr aufnehmen können.
Gleichzeitig wird Platz gebraucht um Fabriken zu errichten, um Bodenschätze zu schürfen, um Energie zu gewinnen. Die Flächen für Wasserwerke, Abwasserreinigung und Entsorgung von Abfällen nicht zu vergessen.
Schließlich müssen die Menschen im "Neuland" essen und trinken, wollen unterhalten sein und vielleicht auch einmal Urlaub genießen.
Schon aus diesen wenigen Annahmen wird klar:
Es entstehen Interessenkonflikte.
Je mehr für einen Zweck an Fläche verbraucht wird, desto weniger steht für andere Zwecke zur Verfügung. Mehr Wohnfläche reduziert so die Landwirtschaftsfläche und die für Produktion anderer Güter - und umgekehrt.
In solchen Fällen werden die Interessen dadurch ausgeglichen, dass die Regierung Regeln erstellt, die jeder Nutzungsart ein bestimmtes Kontingent zur Verfügung stellt. Wird das unter Berücksichtigung aller Interessen gemacht sind Alle zufrieden. Werden einzelne Gruppen bevorzugt behandelt, so gibt es bald Ärger.
Nehmen wir weiter an die Regierung betreibt selbst alle Industrie und Landwirtschaft, erfüllt alle kommunalen Aufgaben (siehe oben) und betreibt auch noch die gemeinschaftlich genutzten Einrichtungen.
Bei einem stetigen Wachstum all dessen, was die Regierung betreibt, würde der Platz für die Bewohner und ihre Bedürfnisse nach und nach weniger. Schließlich könnte nur noch erweitert werden, wenn man die Bewohner enger zusammenpfercht. Oder ihre Zahl reduziert. Dann aber brauchte man wieder weniger Einrichtungen und Produktion.
Das ganze System kommt irgendwann an seine Grenzen.
Wie würde man eine solche Regierung im politischen Spektrum ansiedeln?
Welche Art von Regierung wäre das also?
Wir hätten eine diktatorische Planwirtschaft, in der die Bewohner arbeiten, zahlen und rechtlos sind.
Die Regierung schreibt vor was für sie gut und richtig ist, es gibt nur Ausnahmen für der Regierung nahe stehende Personen und Betriebe.
Soweit das Gedankenmodell.
Nun übertragen wir einmal auf das Internet.
Die Regierung besteht aus mehreren Großunternehmen, die so geschickt in Untereinheiten aufgesplittet sind, dass sie die Regelungen aus dem Kartellrecht unterlaufen.
Sie erscheinen wie kleinere Einzelbetriebe, arbeiten allerdings in einer Art erweiterter "Holding" abgestimmt miteinander - zu ihrem Nutzen. Sie verkaufen die Identitäten der Nutzer, spielen ihnen Werbung vor, bieten ihnen Waren an, unterhalten sie mit Medien jeglicher Art. Die Nutzer haben kein Mitspracherecht über die Art und Weise, wie das Internet genutzt wird. Das machen die wenigen Großen unter sich aus.
Die paar Aufpasser, die die Einhaltung der vorhandenen Regeln überwachen sollen, werden mit speziellen 'Unterstützungen' und Privilegien so zugeschüttet, dass sie völlig vergessen ihre eigentliche ordnungspolitische Arbeit zu machen.
Wir Alle sind das Volk im Neuland.
Was wir tun sollen ist klar: Konsumieren!
Was wir auf keinen Fall tun dürfen ist: Fragen stellen.
Wo führt das hin?
Neuland wird eines Tages voll sein von Angeboten und zwar so voll, dass für die Aktivitäten der Bewohner kein Platz mehr ist. Dann werden die Großen erkennen:
Sie haben selbst zerstört was (einst) ihre Existenz gewährleistete.
Wenn also - und damit komme ich zum eigentlichen Zweck dieser gesamten Allegorie - das Internet nur noch aus Werbung für irgendetwas besteht, ist für Inhalt kein Platz mehr. Es wird nicht mehr lange dauern. Schon heute sind die Seiten voll von Anzeigen. Die angeblich auf die Konsumenten zugeschnitten sind. Ein geringer Teil vielleicht - in Wahrheit werden doch die meisten Anzeigen auch den Menschen gezeigt die nicht *Zielgruppe* sind. Alles ein Riesenbluff.
Wenn das erst Mal viele genervte Internetnutzer - und vor allem die Anzeigenkunden, die für weniger 'ausgesuchtes' Publikum Jahr für Jahr höhere Beträge blechen müssen, gewahr geworden sind, bin ich gespannt auf die Reaktion.
Alles voller Werbung? Gibt es da keinen Ad-Blocker, wo die TN das Einblenden von online-Werbung ausschalten können? Selbstbestimmt ausschalten können?
Selbstverständlich gibt es die, Frau Rosenherz, dennoch wird ja Werbung ins Netz gestellt und verbraucht so Ressourcen (in Form von Bandbreite und damit natürlich benötigter Energie). Es ist doch ein Unterschied, ob ich eine Seite (wie beispielsweise diese Seite, auf der wir jetzt sind) nur mit Textinhalt und ab und zu einem Bild fülle, oder ob rund um den Text herum überall auf der Seite noch Felder vorhanden sind (und mit übertragen werden, allerdings bei 'ad-blockern' nicht angezeigt werden) in denen weitere Inhalte stecken, an denen der TN kein Interesse hat.
Dazu kommen dann noch all die Übertragungen zurück an die "Riesen", die Daten so sammeln und zuordnen ....
So besehen gebe ich Ihnen recht, am besten würde es Energie und Datensammlungen sparen, wenn wir als Blogger erst gar nicht online gehen.
@ Rosenherz
Da bin ich jetzt aber platt. Sehr interessant, was Sie da aus meinem Text herausgelesen haben.
Allerdings: Was ich gemeint habe war das Gegenteil.
Ich plädiere doch dafür die Werbung zurück zu fahren, nicht den Inhalt von Artikeln.
Werbung ist verzichtbar.
Die Gedanken und daraus erwachsende Ideen doch bestimmt nicht.
Wenn ich mich an der Stelle mal kurz einmischen darf:
Allein in technischer Hinsicht sind im Internet das Datenaufwändigste Videos und Fotos. Seiten selbst bestehen "nur" aus einer gigantischen Menge an HTML-, PHP-, JavaScript und was nicht noch alles an Befehlen - also Text. Der braucht in der Regel erst erhebliche Mengen bis er überhaupt als Datenlast bemerkbar wird.
Videos und Fotos dagegen - was ja den Großteil von Werbung im Netz ausmacht - fressen dagegen von Anfang an wie Sau, egal wie gut oder schlecht die aufgelöst sind (die mit besserer Auflösung natürlich mehr).
Allein aus dieser Sicht, wer weiß wie viel Internettraffic wegfallen würde, wenn die ganze Werbung verschwinden oder wenigstens auf ein Minimum zurückgefahren würde.
@ matrixmann
Danke - dieser Ansatz verdeutlicht noch viel besser WO die unnützen Verschwender sitzen!
Im Prinzip ist es ja wirklich so gelaufen in der Entwicklung.
Seit dem die Großen den Hauptanteil des Internets in irgendeiner Art und Weise beherrschen, seit dem ist der Platz und die Sichtbarkeit von denejenigen, die nicht in deren Vermarktungskonzepte passen oder wollen, sehr abgezählt.
Eine andere Sache, die noch mit dem ganzen unangepassten Urheberrecht zustande kommt und mit dem Bestreben der Regierungen, wissen zu wollen, was ihre Bürger machen und denken: Die Tendenz geht hin zu Retorteninhalten, die rechtlich, moralisch und in jeglicher anderer Hinsicht unbedenklich sind. Eben Urlaubsbilder, Katzenfotos und Produktplatzierungen.
So wie man das von den vorherigen Einbahnstraßen-Medien gewohnt ist. Berieselung mit Feel-good-Inhalten.
Aber keine Diskussion oder Austausch über Themen, die nicht in diesen Rahmen fallen bzw. Interessenten werden wieder genauso einsam wie vorher in ihrer spießbürgerlichen Gegend, wo sich kein zweiter findet.
Und eigentlich sollte das Internet ja genau mal dafür da sein - um Leute, Lebensgeschichten und Meinungen zusammenzubringen, die sich so in der Form so schnell nicht über den Weg gelaufen wären.
UND sie auch dabei in Ruhe zu lassen. Weil das niemanden etwas angeht, worüber sich mündige Erwachsene unterhalten - ohne konkrete Anhaltspunkte, dass dort Dinge besprochen werden, die dem Wohlergehen der Allgemeinheit zuwider laufen.
“Feel-good-Inhalte”
Das gibt mir das Stichwort nach dem ich gesucht habe!
Die nächste Stufe ist dann
“Feel-even-better-Inhalte” und schon sind wir bei den Ratgebern, den Lebenshelfern. Den Katzen-, Hunde, Hamster-, Koch- und Gartenseiten.
Dann kommen wir zu den
“Feel-better-than-even-possible-Inhalte”n.
Flugs geht es weiter mit den
‘Ich-kann-dir-zu-gesünderem-und damit-viel-längerem-Leben-Helfern’ Gesundheits- und *Wellness*-Seiten, die das Internet mit ihrem dicken Ego und lauter unbewiesenem Schrott füllen – damit die Anzeigenkunden rundum genug Platz haben sich & ihre ‘lifestyle Produkte’ anzupreisen.
Hm, und was ist mit dem Darknet? Gibt ja mehr als das „normale” Internet. Und da geht es ja auch weitaus mehr darum, als sich nur im illegalen Konsumbereich (Drugs, Waffen etc.) zu agieren.
Das 'darknet' habe ich aus zwei Gründen nicht erwähnt:
Erstens kenne ich mich da nicht aus. Zweitens habe ich - was selten vorkommt - zwar nur eine Vermutung hinsichtlich meiner Leserschaft, und die wird wohl weitgehend ebensowenig mit dem 'darknet' zu tun haben.
Das Stichwort allerdings verleitet mich dazu Sie zu fragen, ob Sie da etwas dazu einbringen möchten?
Oder ist möglicherweise unter den Lesenden ein:e Kenner:in der Gegebenheiten im 'darknet'?
Vom Grundsatz her wäre wohl das 'darknet' das Äquivalent zum Geheimdienst in unserem "Neuland" ....
Hinein ins Darknet geht es am besten mit dem Tor-Browser. Einfach installieren und los geht’s richtig anonym. Für erste Infos zu Darknet-Seiten ist immer noch die diesbezüglich wohl älteste Seite brauchbar:
https://thehiddenwiki.org
Von da aus kann man sich dann weiterhangeln (soweit die Seiten inzwischen nicht gesperrt sind).
Danke, Frau Araxe, das werde ich dann mal bei Gelegenheit ausprobieren. TOR hatte ich vor Jahren schon einmal auf dem Computer - dann wieder gelöscht, es ging mir zu langsam. Nun bin ich ein paar Jahre älter und habe (mal sehen) mehr Geduld ...
Ich habe heute "Internet konsumiert". Für mich ist es momentan noch gut, wie es ist. Und erträglich. Manche mich störende Werbeeinschaltungen kann ich durch Bezahlung ausschalten, was ich allerdings nicht tue.
Aber z.B. heute habe mehr als eine Stunde "Eisenbahn" geschaut. Filme, die in der ganzen Länge mehr als 2 Stunden dauern. Real am Führerstand des Bernina-Express. Den Matterhorn-Express mit herrlichen Aufnahmen aus dem Fenster.
Leider ist eine Video-Serie nicht mehr erhältlich. Wegen der Embargos, die gegen Russland ausgesprochen wurden, gibt es nicht mehr das Joint-Venture Google-Russische Staatsbahn. Man konnte 14 Tage live die Reise mit der Transsibirischen ansehen. Mit dem Zug in Echtzeit. Man konnte man aber aussteigen um Sehenswürdigkeiten zu besuchen.(Einzelne Zusatzfilme) Bei der Geräuschuntermalung konnte man zwischen Musik und Schwellengeräusch wählen. Ich hätte mir das "grabben" sollen. Jetzt ist es nicht mehr erreichbar.
Jetzt muss man sich selbst in die Eisenbahn setzen. Aber bei den Schweizer Bahnen werde ich das auch machen.
Das habe ich heute auf Facebook gepostet:
"
L A N G S A M K E I T
Es wird mir zwar niemand glauben, aber ich habe tatsächlich einmal gearbeitet. Und nicht einmal zu wenig. Jedenfalls musste ich eine bereits geplante Rundreise mit der Eisenbahn durch die Schweiz aus terminlichen Gründen absagen. Letztlich war das ein Glücksfall, denn das Wetter war gerade zu der Zeit, in der die Reise geplant war, fürchterlich.
Heute habe ich zwischen den Klavierübungsperioden Zeit, mir die Reisen teilweise im Internet anzusehen. Sogar in Echtzeit am Zugsführerstand. Es ist fast meditativ, wenn man die Fahrt verfolgt. Wer hat denn heute schon zwei Stunden Zeit, um so einen Film anzusehen.
Tipp: man kann aber den Film aber auch "vorspulen". Oder man gönnt sich die Zeit und knuspert sie von den unzähligen Agentenfilmen ab, die sonst das Fernsehen verstopfen.
https://www.youtube.com/watch?v=UqEUmyX0hjU
Schauen Sie doch einmal in Minute 15:15 hinein und wundern Sie sich über die Streckenführung.
"
Fasziniert schaue ich mir die Fahrt über das Kreisviadukt an! Was für eine geniale Konstruktion, um Höhenunterschiede zu bewältigen.
Wenn es notwendig gewesen wäre, hätte Ritter von Ghega auch so ein Viadukt entwerfen können. Das bei Payerbach ist ja schon schön genug. Er hat die Semmeringbahn 10 Jahre vor der Gotthardbahn gebaut. (Gleiche Steigung 2,5 %o) Aber man muss es den Schweizern lassen: Eisenbahnen bauen können sie ganz fantastisch!
Die Deutschen stehen sich selbst im Weg, wenn sie für eine Verbindung Nürnberg München 20 Jahre brauchen.
@ HKH
Vor einiger Zeit hatte ich bei youtube das so ähnlich gesehen - die Bahn zog einen so großen Kreis und der Zug insgesamt war so lang, dass er sich bei dieser Schleife selbst 'überfahren' hat .... ich muß 'mal suchen, ob ich das wiederfinde.
Da ist es →
@ HKH
Danke für den Hinweis auf diese Möglichkeit sich etwas anzusehen, was man wahrscheinlich in der Wirklichkeit nie sehen wird.
Internet zu konsumieren ist ja nicht falsch oder richtig - es ist eine andere Art sich zu nterhalten. Um die fürchte ich, wenn facebook und google mit immer mehr Werbung vollgestopft werden und dann kein Platz mehr für Inhalte bleibt ....