Die Schweizer sind ja nicht gerade dafür bekannt politische Eiferer zu sein und rasche vor gründliche Entscheidungen zu stellen. Ich wünschte mir, das könnte man von vielen unserer Landesregierungen in Deutschland genauso sagen. Insbesondere die CDU/CSU geführten Länder scheinen mehr im Sinn zu haben die Koalition in Berlin zu schädigen als konstruktive Politik zu machen. Seit die Koalition regiert hört man mannigfaltige Forderungen von Seiten der Konservativen und verstärkt von deren rechtem Flügel. Immer solche Maßnahmen und Entscheidungen werden gefordert zu denen man jahrelang Zeit gehabt hätte sie in die Tat umzusetzen: Als nämlich CDU/CSU die Koalitionen der vergangenen 16 Jahre anführten .... und lieber Stillstand zu pflegen als mutige Zukunftsentscheidungen zu zu treffen wählten.
Jetzt das Maul aufzureißen und so zu tun als habe man schon immer politische Entwürfe für die Zukunft gemacht, sei allerdings irgenwie von irgendwem daran gehindert gewesen das in die Tat umzusetzen, das ist ebenso lächerlich wie erbärmlich.
Aber nun zurück zur Schweiz. Dort wurde gerade ein Referendum abgeschlossen dessen Ergebnis ich für sehr beachtenswert halte, weil ich mir davon eine Signalwirkung erhoffe, die hier bei uns im Lande zunehmend wahrscheinlicher wird, weil die Zahl der Kirchenmitglieder drastisch sinkt und der Einfluß der Kirchen damit gleichsinnig sinken sollte. Noch muß man schreiben 'sollte', denn im Endkampf um den Erhalt von Macht und Pfründen wird seitens der Religionsgemeinschaften mit härteren Bandagen gekämpft als je zuvor. Das gelingt auch deshalb, weil schon in den vergangenen Jahren der großen Koalition die Schlüsselpositionen mit treuen Religionsverteidigern besetzt wurden. Die nun 'abliefern', d.h. im Sinne der Vermischung von staatlichen mit Kirchenaufgaben Graufelder schaffen, die den Einfluß und sogar die Einflußnahme auf kirchenfernen Gebieten durch eben jene erhalten.
Worum handelt es sich bei der Abstimmng die in Luzern stattfand?
Es ging um einen Zuschuß des Kantons von 400.000 Franken für die Kaserne der Schweizergarde des Vatikan.
Die Argumentation der Freidenker lautete
".. Ein solches Projekt gehört schlicht nicht zu den Staatsaufgaben. Die Zahl der konfessionsfreien Menschen steigt gemäss der Statistik zu den Religionsgemeinschaften des Bundes rasant an. Doch dies interessiert die Regierungen anscheinend nur in wenigen Kantonen. Dem Staat werden verschiedene Aufgaben aufgetragen, die in der Verfassung und in den Gesetzen definiert sind. Um diese Aufgaben finanziell bewältigen zu können, leisten steuerpflichtige natürliche und juristische Personen Abgaben an den Staat. Die Regierungen müssen das Geld, das ihnen in diesem Rahmen anvertraut ist, zugunsten des Volkes einsetzen. Dazu gehört ganz sicher nicht, dieses in die Privatarmee des Papstes zu buttern .."
Foto: ©DEKT/ Anestis Aslanidis |
Dazu gehört auch nicht was in Nürnberg stattfinden soll und wofür bereits von staatlicher Seite und von Seiten der Stadt Nürnberg Gelder zugesagt wurden - Steuergelder, wohlgemerkt - die hierzulande ebenso gebunden sein sollten dafür zu sorgen, daß der Staat und die Städte / Gemeinden ihren Auftrag erfüllen, nämlich dem Wohl der Bürger vor allem anderen Vorrang zu verschaffen und dafür zu sorgen, daß öffentliche Mittel nicht an Entitäten verschleudert werden die nun nur noch den kleineren Teil der Bevölkerung darstellen. |
Besonders unpassend, gar erschreckend, finde ich daß die Präsidentin des Bundesgerichtshofs auf dem Bild erscheint, das die Präsentierenden der Kirchentagslosung für Nürnberg optisch darstellt. Sollte unsere Justiz, allen voran der BGH, unser höchstes Gericht, nicht unparteiisch - insbesondere in Fragen der Weltanschauungen - sein?
Es besteht doch das Gebot der Trennung von Kirche und Staat ....
oder sollte ich da etwas nicht mitbekommen haben?
Die Vorgeschichte:
- 08. Jun 2022 Schweiz; Freidenkende kritisieren Spende für Vatikan
- 30. Aug 2022 Schweiz; Kein Steuergeld für den Vatikan
- 15. Sep 2022 Schweiz; "Jemand, der stinkreich ist und bettelt, verhöhnt die Armen"
Hm, die schweizer Garde, die im Vatikan den Papst bewacht...
Nicht ganz unkompliziertes Thema in Sachen "Kompetenzen".
In der Praxis müsste sich die Kirche heutzutage eigentlich diese Garde von der Schweiz "mieten", oder eben eine eigene aufstellen, die sie selbst organisiert (also rekrutiert), verwaltet, bezahlt, verpflegt und ihnen Wohnraum zur Verfügung stellt.
In früheren Zeiten hat sich darüber niemand Gedanken gemacht, dass man eigentlich Soldaten eines anderen Landes für diese Aufgabe ausborgt, weil man annahm, der katholische Glaube würde immer so weit verbreitet sein wie in den vorherigen Jahrhunderten...
Heute wird daraus eine logistische Feinheit, wo defacto kein Zwang dazu besteht, Geld dafür auszugeben, weil sich die Zeiten einfach geändert haben.
Ich weiß nicht - in dem Punkt haben die amerikanischen Kirchengruppierungen einen kleinen Vorteil (wenn ich mich recht entsinne). Geld haben sie von ihren Mitgliedern eingenommen bzw. von großzügigen "Spendern" bzw. reichen Kirchenmitgliedern erhalten.
Alles, was die sich leisten wollen, müssen die selbst bezahlen. Der amerikanische Staat hat da keine Aufgabe darin, den Kirchen Geld zu verschaffen, sodass diese existieren können.
Einzig gibt es steuerliche Vorteile für anerkannte Glaubensgemeinschaften.
Inwieweit diese Traditionstruppe noch zeitgemäß ist wäre die erste Frage die ich mir stelle. Du weist auf die frühere Situation hin, die aber schon sehr, sehr lang her ist - war doch die Schweiz eher protestantisch ausgerichtet, die Wiege des Calvinismus.
Die Schweizergarde hatte viele Kommandanten seit ihrer Gründung 1506 - und es scheint, als ob bestimmte Adelslinien vorrangig dort als Kommandanten eingesetzt waren.
1870 hätte der Spuk fast ein Ende gehabt, doch mit Geschick erreichte Pius IX. daß der Vatikanstaat erhalten blieb und nur die päpstlichen Truppen verabschiedet wurden - die Schweizergarde blieb zum Schutz des Papstes. WIKIPEDIA sagt dazu ".. Sie sichert den Apostolischen Palast, die Zugänge zur Vatikanstadt sowie die Zugänge zur Sommerresidenz des Papstes im Städtchen Castel Gandolfo, leistet Ordnungs- und Ehrendienste und ist für die persönliche Sicherheit des Papstes verantwortlich. Die offiziellen Sprachen (Kommandosprachen) sind Deutsch, Französisch und Italienisch. Das Korps wurde im Jahre 1506 durch Papst Julius II. gegründet und ist somit das älteste noch existierende Militärkorps der Welt .."
Da diese Truppe nur den Papst und dessen 'Reich' bewacht & beschützt halte ich es für gerechtfertigt ihn dafür verantwortlich zu machen seine Truppen selbst zu bezahlen. Immerhin sind sie ebenso ein touristisches 'Denkmal' wie die Sixtinische Kapelle oder der Petersdom.
Wieso du in diesem Zusammenhang die (protestantischen) amerikanischen Sekten und ihre Gepflogenheiten einbringst ist mir nicht klar - die einzige Verbindung sehe ich in dem Hang durch Bewaffnung Bedeutung vorzutäuschen die es objektiv nicht gibt.
Ja, das ist auch ein Punkt, der etwas fragwürdig ist, weil die Schweiz später, im Zuge der Reformation, deutlich vom Katholizismus abwich (die Calvinisten interessierten sich für den Papst nicht, der spielte keine Rolle).
Also die logische Verbindung, für ihn Schutztruppen zu bereit zu stellen, fehlte.
Wenn die "erst" 1506 gegründet wurden, ergäbe sich diese Frage umso mehr, weil es zeitlich nicht sehr weit mit der Reformation allgemein auseinander liegt.
Eigentlich hätte es danach umso mehr Gründe gegeben, bereits dort schon diese Tradition zu beenden...
Nun, man wird wohl von dem schon ausgehen können, was du sagst - dass es mit bestimmten adligen Persönlichkeiten zusammengehangen haben muss, die ihre Hand bei der Weiterführung dieser Tradition hatten.
Anders ist das schlecht bei einem später vorwiegend calvinistisch geprägten Land nicht erklärbar. (Einzelne Adlige und Adelshäuser können ja ruhig noch Katholiken gewesen sein...)
Ich bringe deshalb die amerikanischen Glaubensgemeinschaften ins Spiel, weil es mir nicht gerade geläufig ist, dass diese so selbstverständlich darauf bestehen, dass der Staat sie mit Steuern miternährt - so wie das hier der Fall ist.
Eher sammeln die selbstständig unter ihren Mitgliedern - so ähnlich wie als wenn man hier einem eingetragenen Verein angehört und einen Mitgliedsbeitrag zahlt, von denen, gesammelt, der Verein dann existiert.
In dem Sinne also das Prinzip verstanden haben "wollen wir eine größere Kirche, müssen wir Geld sammeln gehen; wollen wir Security-Leute draußen an der Tür stehen haben, müssen wir das ebenso selbst bezahlen".
Wenn ich es richtig verstanden habe war und ist der Kanton Luzern 'katholisch-lastig', was erklärt warum die dortige 'Obrigkeit' dem Vatikan einen Gefallen tun möchte .... man weiß ja nie, und die Sache mit dem Ablaß (Geld gegen Paradies-Versprechen) hat ja damals dieser Luther vers**t. Nun könnten die frommen Spender für den Kasernenbau / die Renovierung möglicherweise annehmen es könne mindestens nicht schaden sich mit dem Papst gut zu stellen.
Die amerikanischen Sekten müssen in der Tat das Geld eintreiben was sie verbrauchen wollen - meist leben die 'Ältesten' oder Anführer oder Prediger da in Saus und Braus .... riesige Villen, Privatjet, Limousinen - sie machen die zahlenden Dummköpfe glauben das fördere ihr Seelenheil.
Immer wieder das gleiche Muster - egal welche Religion: Da sind Nutznießer und Ausgenutzte. Letztere glauben wenn sie Geld spenden bekommen sie es vom Herrn Gott / Jesus / sonstwem mehrfach wieder zurück.
Die Steuerbefreiung ist so interessant, daß sich Organisationen bilden die formal die Kriterien erfüllen und danach nie wieder Steuern zahlen.