.. Ein Fünftel der jetzt 20-jährigen Südkoreaner soll für den Rest des Lebens Singles bleiben. Sinkt die Bereitschaft für feste Beziehungen oder nimmt der Trend zur Asexualität zu? Ein düsteres Bild der sexuellen Beziehungen in Südkorea malt das KIHASA②. Nach einem Bericht des Instituts werden immer mehr Männer und Frauen für den Rest ihres Lebens Singles bleiben ..
Stress durch Überbevölkerung und zuwenig Individualdistanz führen zu verringerter Fertilität & Libido - das erklärt den von KIHASA berichteten Befund. Siehe dazu auch "Proxemics"③, und dort speziell die Abschnitte zu Individualdistanz und Revierdistanz.
Was Calhoun① herausfand war ganz verblüffend:
Wächst eine Mäusepopulation in einem zur Verfügung stehenden Gebiet über eine bestimmte Individuenzahl hinaus, so entsteht eine Stresssituation, die die Fruchtbarkeit und Paarungsbereitschaft sinken läßt. Bis wieder genügend Indivdualraum vorhanden ist. Dann setzt die artspezifische Vermehrungsquote wieder ein.
So abstrakt das Thema möglicherweise auch auf den ersten Blick erscheinen mag, hat es doch praktische Bedeutung. Ich greife hier nur einen Aspekt heraus, weitere Informationen zu diesem Thema finden sich reichlich unter der Überschrift "Interkulturelle Kompetenz".
In den Kulturkreisen unseres Planeten herrschen sehr unterschiedliche Auffassungen zur Individualdistanz vor, die sich in der zwischenmenschlichen Verhaltens- und Interaktionsstruktur zeigt:
- kühl / entscheidend:
- Nordeuropa / Nordamerika (Deutschland, Norwegen, USA) - warmherzig / impulsiv:
- Lateinamerika / Südeuropa (Brasilien, Mexico, Italien, Spanien) - zuvorkommend / konfrontationsscheu:
- Asien (Vietnam, China, Japan)
Sexualität erfordert einen anderen Menschen in diese Nahzone, die "Individualdistanz", hineinzulassen. Dazu ist es notwendig Aggression zu unterdrücken. Stress durch zu häufige Erfahrung der Unterschreitung der Individualdistanz im Alltag macht aber zunehmend aggressiver - und reduziert so die Fähigkeit des Individuums "Nähe" zuzulassen. Unerwünschte und bei hoher Bevölkerungsdichte unvermeidbare Interaktion mit fremden Menschen zerrt so sehr an den Nerven, daß die Chance auf Sexualität sich zunehmend verringert.
Wenig verwunderlich ist, daß das in dem Beitrag bei 'heise' für asiatische Länder beschrieben wird: Ist doch dort die Dichte der Bevölkerung besonders groß. Das, gepaart mit der asiatischen Abneigung gegenüber Konfrontation (s.o.), ist geradezu eine 'Brutstätte' für stressbedingte Asexualität.
① John B. Calhoun; [Wikipedia; gibt's bedauerlicherweise nur auf Englisch]
② (KIHASA) [www.kihasa.re.kr Korea Institute for Health and Social Affairs ]
③ Proxemics
⑤ [Überbelegung von Zuchtkäfigen]
Unabhängig davon scheint es auch in Südkorea ein nicht zu vernachläsigendes Problem mit gezielter weiblicher Fötenabtreibung zu geben.
In Südkorea, das in Asien bei der Geschlechterselektion eine Vorreiterrolle spielte, lag die Männerzahl in einigen Städten schon 1992 bei 125 auf 100 Frauen.
Frauenmangel (gekoppelt mit einer restriktiven Prostitutionspolitik) führt in vielen Gesellschaften zu vermehrten Massenvergewaltigungen (bspw. Indien, Ägypten), also keiner zunehmenden Asexualität, sondern zu einer mehr archaischen Form. Ob darunter auch die Ehehäufigkeit leidet, entzieht isch allerdings meiner Übersicht.
#komisch jetzt geht es#
Danke für den Hinweis auf die Abtreibungspraxis - davon war in dem zitierten Beitrag nichts zu lesen. Das läßt natürlich die Schlußfolgerungen eher in der Richtung zu wie Sie sie anstellen.
Die "Ehe" im bürgerlichen Sinne ist für die jüngeren Generationen offenbar keine vorrangige Option - meine Vermutung geht dahin, daß das eine Folge von Unsicherheit in allen wichtigen Lebensbereichen ist, solchen, die eine "Familie" als Grundlage erst möglich machen. Wenn die potentiellen 'Eltern' nicht wissen ob sie im nächsten Monat noch einen Job haben und/oder die Bezahlung 'unterirdisch' ist vergeht den jungen Leuten das Kinderkriegen ....
Ägypten ist mir immer sehr fremd gewesen. Es gibt Länder, da würde ich nie hin wollen - Ägypten ist so ein Land.