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Die Ausgangslage
Als ich 2005 berufsbedingt nach Hamburg zog kostete eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Eppendorf ca. 450 €uro. Heute, knapp zehn Jahre später, ist eine solche Wohnung nicht unter 650 €uro zu mieten. Ich kenne keinen Berufszweig in dem in den letzten zehn Jahren die Gehaltssteigerung 45% betragen hat - das wären pro Jahr ca. 5% Gehaltserhöhung.
In München, womöglich noch begehrter als Hamburg, Frankfurt oder Berlin, bezahlt man mittlerweile für eine Ein-Zimmer-Wohnung um die 700 €uro. Das ist selbst bei überdurchschnittlichen Einkommen ein dicker Batzen des monatlichen Budgets.
Nun hilft es nicht viel das lediglich zu beklagen. Es muß erstmal die Frage gestellt werden wodurch diese Steigerung entsteht und zweitens wie man ihr begegnet.
Wodurch also werden die steigenden Mieten in deutschen Großstädten hervorgerufen?
Die erste Antwort:
Das ist eine Frage von Angebot & Nachfrage - wenn viele Menschen eine Wohnung suchen können die Vermieter die Mieten erhöhen, es finden sich offenbar immer noch genug Mieter die das bezahlen.
Die zweite Antwort:
Wer sich eine solche Miete aus eigener Entlohnung nicht leisten kann bekommt Hilfe vom Staat - Wohngeld, zum Beispiel, ist da eine Variante. Aber wer erfüllt schon die Kriterien für den Erhalt von Wohngeld? Die Zahl der Berechtigten hält sich deswegen auch in Grenzen.
Immerhin ist es für einen kleinen Teil der Mieter genug um sich die nachgefragten, überhöhten Mieten gerade noch leisten zu können.
Die dritte Antwort:
Anleger von nah und fern sehen in den Immobilien eine lohnende Geldanlage, denn in ihren eigenen Ländern ist das Geld nicht mehr "sicher" - sie sehen die Gefahr es zu verlieren.
In einer solchen Situation ist das Risiko des Verlustes von 10 oder 20 % der Geldanlage vernachlässigbar wenn sich die Marktlage ändert, denn im schlimmsten Fall droht zu Hause ein 100%-Verlust.
Hier kommen auch die institutionellen Anleger ins Spiel. Sie suchen ebenfalls nach Anlagemöglichkeiten nachdem die gewerblichen Immobilien nicht mehr absetzbar sind und deswegen keine Rendite zu erwarten ist. Wohnungen werden immer noch nachgefragt, die Zahl der Single-Haushalte wächst - und damit die benötigte Zahl von Kleinwohnungen vor allem dort, wo noch Unternehmen angesiedelt sind die wachsen.
Wie lassen sich die Mietpreise bremsen bzw. weitere Erhöhungen stoppen?
Die erste Maßnahme: Wohn- oder Vermietzwang
Wegen der hierzulande bestehenden gesetzlichen und steuerrechtlichen Vorgaben kann es sich für Besitzer lohnen Wohnraum unvermietet "leer stehen" zu lassen - da könnte, nach dem Motto "Eigentum verpflichtet!" eine Regelung helfen die es verbietet Wohnungen über einen gewissen Zeitrahmen hinaus unvermietet zu halten. Überschreitet der Besitzer - egal ob Privatperson oder Gesellschaft - diese Fristen müßte die Kommune übernehmen und eine Vermietung vornehmen. Ziel ist hier eine Angebotserhöhung, wodurch die Nachfrage besser befriedigt werden könnte.
Die zweite Maßnahme: Ausgleichsabgabe
Außerdem könnten gesetzliche Vorgaben geschaffen werden, die fordern, dass Investoren zusätzlich zu ihrer Anlage einen Beitrag zur Infrastruktur leisten der vom Kaufpreis zum einen und vom Mietpreis zum anderen abhängig ist.
Dies beinhaltet den Gedanken, dass Menschen die in diesem Wohnraum leben einen Beitrag zum Gesamtwohl der Stadt/Region leisten, sie dem Anleger seinen Geldeinsatz durch die Mietzahlung erstatten und darüber hinaus einen Zugewinn sichern.
Die Ausgleichsabgabe auf den erhobenen Mietpreis - eventuell versehen mit einem Exponentialfaktor - bremst das Mietbegehren.
Der Anleger profitiert durch Wertsteigerung der Immobilien in einem nachfrageintensiven Markt ohne selbst einen Beitrag zu leisten - die Kosten für die Infrastrukturmaßnahmen werden nur von denen getragen, die tatsächlich dort leben und arbeiten:
Demnach handelt es sich also bei einer Zusatzabgabe auf den Kaufpreis um eine Abschöpfung des Gewinnpotenzials von Immobilien, was eine Abkühlung des überhitzten Marktes nach sich ziehen könnte.
Die dritte Maßnahme: Mißverhältnis Angebot/Nachfrage korrigieren.
Wenn es ein Mißverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage gibt wäre es sinnvoll durch vermehrte öffentliche Bautätigkeit die Situation zugunsten des Angebots zu verschieben - das allerdings durch gemeinnützige, öffentliche Institutionen, denn in der Vergangenheit hat sich ja gerade gezeigt, dass die Einbindung von auf Profit ausgerichteten Unternehmen langfristig eher zu einer weiteren Verteuerung von Wohnraum geführt haben - ohne gleichzeitig die Erhaltung und Modernisierung zeitgemäß voranzutreiben.
Nachsatz:
Selbstverständlich erhebt dieser Artikel nicht den Anspruch alle Facetten des Problems erschöpfend zu besprechen.
* update * (14.07.2014; 19:40h)
Siehe hierzu => MO 14.7., 22:00 Uhr, WDR "Wahnsinn Wohnungsmarkt"
* 2. update * (27.01.2020)
Siehe hierzu => Studie: Mieten in Münster um 40 Prozent gestiegen
Respekt vor der Gründlichkeit Ihrer Überlegungen, Herr wvs!
Aber ich finde, dass man bei der Diskussion um vermieterische Belange wie z.B. leer stehenden Wohnraum grundsätzlich unterscheiden sollte zwischen großen Vermietungsgesellschaften und Kleineigentümern von Einfamilienhäusern und Wohnungen. Mag man Vemietungsgesellschaften meinetwegen zur Vermietung zwingen! Der Kleineigentümer, der Wohnraum leer stehen lässt, versucht im Allg. sein Eigentum vor einer bestimmten Sorte Mieter zu schützen, da er sein Häuschen auch gerne noch an seine Kinder weitervererben möchte. Wieso Eigentum hier zur Vermietung verpflichten soll, erschließt sich mir nicht.
Liebe Frau iGing,
ganz unten unter dem Artikel schrieb ich - zugegeben, sehr klein gedruckt: "Selbstverständlich erhebt dieser Artikel nicht den Anspruch alle Facetten des Problems erschöpfend zu besprechen."
Dies vorausgeschickt gebe ich Ihnen Recht - man müßte unterscheiden um welche Art von Immobilie es sich handelt. Das hatte ich nicht erschöpfend durchdacht. Bei der von Ihnen beschriebenen Situation könnte z.B. der Besitzer einfach nur deswegen frei halten, weil demnächst ein Kind, Verwandter, Freund zuziehen möchte und das länger als die von mir vorgeschlagenen Monate dauern könnte (in der beispielsweise eine nötige Renovierung stattfinden könnte).