Der Originaltitel lautete: "About That Non-Biologist Who Is Sure Biologists Got Biology Wrong" " .. Let’s subtitle this story, “Guy who made his career in not-biology is convinced by other not-biologists that Biology’s core theory is wrong .. ” - dazu will ich einige Anmerkungen machen.
Zuerst einmal darüber, dass ein Wissenschaftler, der auf einem, seinem Fachgebiet eine Koryphäe ist, nicht automatisch die Kompetenz hat in einem anderen Fachgebiet mitzusprechen. Schon deswegen nicht, weil angelesene Fakten zu einem Spezialgebiet der Biologie zu nichts taugen als Dilettantismus. Denn nicht umsonst dauert das Grundstudium mindestens zwei Jahre, in denen der angehende Biologe lernt, wie er sich in diesem Dschungel an Fakten für die jeweilige Fragestellung den richtigen Pfad sucht. Wer also diese Orientierung nicht hatte endet irgendwo im Nichts, irrt umher und wenn er seine Umgebung beschreibt bleiben wichtige Aspekte außen vor. Weil solche Neulinge in der Biologie mit Ambitionen ohne Grundlagenkenntnisse nicht verstehen können!
Kommen diese Nicht-Biologen aus einem naturwissenschaftlichen Fach, so sollten ihnen die Grundlagen wissenschaftlicher Vorgehensweise bekannt sein. Das ist keineswegs selbstverständlich, denn wer auf seinem (Biologie-fremden) Fachgebiet geforscht hat verliert irgendwann den Überblick über verwandte Bereiche, seine Grundlagenkenntnisse veralten und sind nach mehreren Jahrzehnten nicht besser als die von mittelmäßig gebildeten Laien.
Kommen die Nicht-Biologen wie der Herr Gelernter¹ aus einem völlig anderen Wissenschaftsfeld, etwa einer Geisteswissenschaft (wohin ich die Arbeiten des besagten Herren einstufen muss, nach allem was über ihn veröffentlicht ist), so ist schon bei der Auswahl der Literatur ein Fragezeichen zu setzen. Als Biologe traue ich mir beispielsweise nicht zu auf dem Gebiet der Informatik irgendwelche Urteile abzugeben nur weil ich ein paar Grundvorlesungen Mathematik belegt hatte, denn da fehlen mir die Grundlagenkenntnisse zu Programmiersprachen - würde ich es doch tun, so wäre es nicht mehr als das papageienhafte Nachplappern von Gedanken Anderer, deren Einschätzung dazu ich gelesen habe.
Wie es oben schon hieß:
“Guy who made his career in not-biology is convinced
by other not-biologists that Biology’s core theory is wrong .. ”
PZ Myers² hat deswegen ein vernichtendes Essay zu dem Buch von Herrn Gelernter geschrieben, das mit dem Satz endet " .. In other words, fuck off, David Gelernter, you arrogant clown .. " {Mit anderen Worten, verpiss dich, David Gelernter, du arroganter Clown.}
Die Kreationisten- und Christliche-Fundamentalisten-Szene hingegen feiert die Veröffentlichung des Biologie-Dilettanten Gelernter zur Evolution als 'bahnbrechende Erkenntnis' - endlich hat 'mal einer deren Quatsch namens "Intelligent Design" so Ernst genommen wie er vom 'Discovery Institute'³ unter die Leute gebracht wird.
¹ David Gelernter US-amerikanischer Informatiker und Kulturjournalist.
² PZ Myers US-amerikanischer Biologe. Er lehrt als Professor an der University of Minnesota in Morris.
³ Discovery Institute; Wikipedia sagt: " .. Das Institut produziert und verbreitet Medien, in denen mit vorgeblich wissenschaftlicher Methodik versucht wird, konservative und evangelikale Perspektiven zu belegen .."
Zum Weiterlesen:
- Von Pseudowissenschaften .... (14.04.2015)
Zu universitär vertretenen Pseudo-Wissenschaften;
- Mit Wissenschaft tun sich selbst Wissenschaftler schwer (01.10.2018)
Sammlung von Links zu Artikeln über Wissenschaft und den Mißbrauch von Wissenschaft;
- Wissenschaftlicher Fortschritt *update* (28.11.2018)
Die Häme der Unkundigen und Gierigen trieft aus den Zeilen ihrer öffentlichen Einlassungen .. Aktivisten werden als 'weltfremd' und 'fortschrittsfeindlich' verächtlich gemacht;
- Von Allah und Wissenschaft *update* [07.02.2019]
Der Versuch, Wissenschaft unter den Vorbehalt religiöser Kompatibilität zu stellen;
- ... eine wissenschaftliche Grundeinstellung ... (05.08.2019)
Wenn etwas für ein politisches Argument 'passend gemacht' werden soll.
Ich versuche nicht, Ihren Text zu widerlegen. Denn in Biologie kenne ich mich nicht ausreichend aus. Was Sie schreiben, klingt recht nachvollziehbar.
Sie schreiben:
"Zuerst einmal darüber, dass ein Wissenschaftler, der auf einem, seinem Fachgebiet eine Koryphäe ist, nicht automatisch die Kompetenz hat in einem anderen Fachgebiet mitzusprechen." Sie behaupten das nicht generell, Ihre Formulierung lässt Ausnahmen zu.
Ich möchte aber auf auf zweierlei Weise antworten. Ersten gibt es ein wunderbares Beispiel, wie ein "Architekt" etwas in der Elektronik "erfunden" hat, ohne das wir heute gar nicht leben könnten. Wir könnten schon, aber das Radio hat die Welt verändert. Nun hat der Architekt ein großes Interesse an Physik und Elektronik gehabt, sodass er nach seiner Emigration nach England letztlich in Birmingham für die Engländer arbeitete und die Wanderfeldröhre erfand. Ich werde nie vergessen, wie der spätere Rektor der TU Wien uns in der Vorlesung "Allgemeine Elektrotechnik" über die "Wanderfeldröhre" berichtet hat und besonderes Augenmerk darauf legte, dass es ein Architekt war, der diesen Teil entwickelt hat.
Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Kompfner
https://de.wikipedia.org/wiki/Wanderfeldröhre
Ich hatte später in meinem Leben die Gelegenheit, Nachfolgegeräte bei meinen Reparaturen zu erleben, die Klystrone.
Meine allgemeine Erwiderung, die über ein Einzelbeispiel hinausgeht, ist meine Unzufriedenheit darüber, dass ich allgemein das Urteil höre: man kann nicht alles wissen. Die Wissenschaften sind schon so in Spezialgebiete aufgeteilt, dass man nicht mehr alles überblicken, geschweige den Wissen kann.
Das halte ich nicht nur für eine unzulässige Vereinfachung. Es behindert auch das Denken, wenn ich nur mehr in abgegrenzten Bereichen "denken" darf. Ich könnte hier einige Beispiele bringen, aber das würde den Rahmen sprengen.
Ein Beispiel will ich aber nicht vorenthalten: es handelt sich um die Flechten. Sie sind doch quasi Pilze und Algen in einem, wobei sich die Betonung je nach den Umgebungskonditionen richtet. In der EDV wäre das ein sehr gutes Prinzip, das teilweise schon umgesetzt wird. Bei der künstlichen Intelligenz ist eines der berühmtesten System, Alpha-Go aus drei verschiedenen "Intelligenz-Mechanismen" zusammengesetzt. Zwei neuronale Netzwerke und eine Monte-Carlo-Simulation überwinden die Grenzen des festprogrammierten Ablaufs. Das Spiel hat sich selbst weiterentwickelt und verbessert und mit großem PR-Erfolg den besten Go-Spieler der Welt wiederholbar geschlagen.
Biologie sollte man kennen, (ich tue es leider nicht) denn von den Konstruktionsmechanismen allein der Pflanzen kann man sich einiges abschauen.
Wie Sie ganz richtig anmerken:
Es ist kein apodiktisches "Nein" für die Möglichkeit fachfremd brilliant zu sein - allerdings ist das eine sehr seltene Ausnahme. Es wird wohl zukünftig immer seltener werden, denn mit der fortschreitenden Spezialisierung ist es fast unmöglich sich gleich in mehrere Fächer vertiefend einzuarbeiten.
Ein schönes Beispiel dafür, wie es früher noch möglich war, das Sie da ausgegraben haben. Manchmal ergibt es sich ja, dass sich Wissenschaftler umorientieren und sich in ein völlig fremdes Gebiet einarbeiten. Die Gründe dafür sind mannigfaltig.
Nicht mehr denken zu dürfen steckt wohl in den wenigsten Fällen hinter diesen Abgrenzungen - ich habe es bisher noch nicht erlebt. Selbst als ich als Biologe damals noch ein paar Semester Medizin hörte, weil ich es beruflich brauchte, habe ich von den Kommilitonen oder Dozenten nie Ablehnung erfahren. Im Gegenteil, man freute sich über die Abwechslung wenn Fragen von mir kamen. Die ansonsten nie gekommen wären, weil das Denkmuster im Gebiet der Medizin das Erste ist was den angehenden Ärzten eingebläut wird.
Sieht den "Freunden" von der Kirche wieder mal ähnlich.
Allerdings, ganz so weit braucht man nicht schauen oder den Finger erheben. Inzwischen gibt es diverse moderne Ersatzreligionen wie z. B. den Feminismus oder die amerikansiche Political Correctness der "Progressives/Liberals", die sich global ausbreiten, die auch der Wissenschaft am liebsten vorgeben wollen, welche Ergebnisse sie in Bezug auf den Menschen herausbekommen sollen.
Die Religioten aus USA sind glücklicherweise hier (noch nicht?) problematisch von Größe und Einfluß, aber ihre Grundsätze schwingen schon in einigen Bereichen mit - weil sie bei den hiesigen Glaubensverfechtern Resonanz finden [Abtreibungsrecht, besonderes Arbeitsrecht].
Nun, der Feminismus hat sich nach meiner Beobachtung zum *Genderismus* gewandelt - nachdem wir von den Geisteswissenschaftlern erklärt bekommen haben, alle grundsätzlichen Erkenntnisse der Biologie zur Geschlechtseinteilung seien 'überkommen' und nicht mehr zeitgemäß.
Dass das einer der Grundpfeiler für den Untergang des Planeten ist sei der guten Ordnung halber noch angefügt.
Weil es den Standpunkt der Vordenker in unseren ach so fortschrittlichen Gesellschaften (der sogenannten 'zivilisierten Welt') aufzeigt:
Mensch an der Spitze, mit durch Menschen *erfundenen* Besonderheiten die als Privilegien, ja geradezu *Zwänge*, gedeutet werden - alle anderen Lebewesen untertan!
Dazu passt blendend *political correctness* - nicht Dinge beim Namen zu nennen, sondern:
Immer schön brav miteinander in der Sandkiste sitzen und der kleinen Erna und dem süßen Fritz keinen Sand in die Augen werfen! Und wenn es ganz hart wird mit der Kuscheldecke ab in die Kuschelecke und Benjamin Blümchen hören .... TRRÖÖÖRRÖ!
Ist in etwa, worauf ich mit den zeitgenössischen Beispielen hinaus wollte. Inzwischen gibt es eine Menge Gruppierungen, mit mal mehr, mal weniger großem Einfluss, die gern der Wissenschaft vorschreiben wollen, was Gesetz und Fakt zu sein hat, obwohl sie sich mit den jeweiligen Disziplinen relativ wenig auskennen bzw. es sogar offenkundig strikt ablehnen (offensichtlich, weil ihre Thesen damit eh widerlegt werden würden).
Unterm Strich steht jedes Mal in etwa dasselbe: Es geht immer um irgendwelche emotionale Scheiße, nicht um Fakten.
@ matrixmann
Danke für die Ergänzung & Einordnung.
Wir stimmen in dieser Sache sicher überein - zu viel Emotion, aus der Luft gegriffene Ungereimtheiten und grobe Vernachlässigung der Tatsachen.
Nachdem mir meine Frau einmal vor Jahren vorgelesen hat '. mehr als 80% der Menschen handeln aus dem Bauch heraus .' stelle ich Diskrepanzen nur noch fest - und rege mich nicht mehr darüber auf.
Es könnte auch mit dem Alter zu tun haben. Teilweise.
Ich würde behaupten, irgendwann stumpft man ab, zum eigenen Schutz.
Wessen Art es ist, der behält sich noch eine Portion Zynismus vor, mit der man sich über unsinnige Eigenarten menschlichen Denkens lustig macht, wenn einem danach zu Mute ist.