Goldgräberstimmung

Wenn irgend­wo auf der Welt Gold gefun­den wird, und die Chan­ce besteht danach schür­fen zu dür­fen, bewe­gen sich Mas­sen an die­se Orte, sichern sich Schürf­rech­te, und fan­gen an reich zu werden ....

Eine ähn­li­che Situa­ti­on gibt es der­zeit am Markt der Gebraucht­im­mo­bi­li­en.
Da sehen Vie­le plötz­lich die Chan­ce erheb­lich rei­cher zu wer­den und ihre Häu­ser zu einem viel höhe­ren Preis zu ver­kau­fen, als dem tat­säch­li­chen Markt­wert entspricht. 

"Ange­bot und Nach­fra­ge bestim­men den Preis einer Ware"
Da ist es doch völ­lig legal und ver­ständ­lich, wenn die Ver­käu­fer neue Wege fin­den, um ihre Häu­ser gut zu ver­kau­fen. Wäh­rend es frü­her ledig­lich ein 'Auf­schlag' auf den Preis war, den die Besit­zer selbst bezahl­ten als sie kauf­ten, ist es nun die Zeit ver­schie­de­ner alter­na­ti­ver Modelle.

Das erste Modell ist den frü­he­ren DM-Preis in einen zah­len­mä­ßig glei­chen €-Preis umzu­wan­deln, und das oft ohne dass irgend­wel­che wert­erhal­ten­den Maß­nah­men bau­li­cher Art statt­ge­fun­den hät­ten. Es sind eigent­lich 'Sanie­rungs­fäl­le', die einen Reno­vie­rungs­stau von meh­re­ren Jahr­zehn­ten haben. Wenn Bade­zim­mer aus den 80-ziger Jah­ren in ocker­gelb und k*ckbraun, geflammt und mit Bor­dü­ren neben einer 30 Jah­re alten Ölhei­zung mit kel­ler­ge­schweiß­tem Tank vor­han­den sind und trotz­dem Mond­prei­se ver­langt wer­den heißt es für Käu­fer "Ach­tung! Kosten­fal­le!" Denn eine Bade­zim­mer­re­no­vie­rung schlägt im Mit­tel mit ca. 12. bis 18.000 € zu Buche, die Ent­sor­gung der (bald nicht mehr betriebs­fä­hi­gen) Ölhei­zung samt Tank kostet unge­fähr 22. bis 24.000 €.
Das ist etwas, was noch durch Ver­hand­lung gemil­dert wer­den kann. Ein wich­ti­ges Hin­der­nis ist jedoch, dass ein ver­kau­fen­der Besit­zer stets den Wert sei­ner Immo­bi­lie über­schätzt, das 'Gefühl' ist hier der Schlüs­sel, denn es ver­stellt die Sicht auf den wah­ren Wert.

Ein ande­res Modell ist im Inter­net ver­füg­ba­re Stan­dard­wer­te für den Qua­drat­me­ter­preis von Häu­sern zu ver­lan­gen, eine typi­sche "Äpfel-mit-Bir­nen-ver­glei­chen­de Vor­ge­hens­wei­se". Dabei blei­ben häu­fig wich­ti­ge preis­be­stim­men­de Kri­te­ri­en außer Acht: Lage, Nach­bar­schaft, Erreich­bar­keit, Infra­struk­tur, Pfle­ge und Modernisierungsaufwand.
War ein Wohn­ge­biet frü­her ein­mal begeh­rens­wert, so kann es bei­spiels­wei­se durch Verlagerung/Schließung eines Ein­kaufs­zen­trums einen Wert­ver­lust geben, oder schon dadurch, dass eine frü­her vor­han­de­ne Kin­der­ta­ges­stät­te man­gels noch im Umfeld woh­nen­der Kin­der geschlos­sen und in eine Alten­be­geg­nungs­stät­te umge­wan­delt wurde.


Die aller­neue­ste Ver­si­on ist diese:
Man legt einen Preis für das Haus fest und lässt es von Inter­es­sen­ten besich­ti­gen. Dann müs­sen die­se Per­so­nen ihr wei­te­res Inter­es­se schrift­lich bekun­den und ein GEBOT abge­ben für das sie das Objekt erwer­ben wollen.
Die Höchst­bie­ten­den sind dann die neu­en Besit­zer - so min­de­stens die Theorie!

 

Bei die­sem Modell gibt es ver­schie­de­ne Pro­ble­me, die offen­bar man­chen Ver­käu­fern nicht klar sind, denn sie brau­chen sich ja nicht um eine Finan­zie­rung des gebo­te­nen Prei­ses Gedan­ken machen - das ist die sehr oft ins Cha­os und Ver­der­ben füh­ren­de Auf­ga­be der bie­ten­den Käufer!

Wel­che Fall­stricke gibt es bei einem sol­chen Modell?
  1. Belei­hungs­gren­zen der Hypothekenbanken
  2. Man­geln­des Eigenkapital
  3. Man­geln­des Einkommen
  4. Extre­me Ver­lu­ste im Fal­le eines Wiederverkaufs.

Das sind bestimmt nicht alle Grün­de war­um man Vor­sicht wal­ten las­sen soll­te. Gleich­wohl sind damit die gröb­sten Unstim­mig­kei­ten angesprochen.
Nun zu den Punk­ten im Einzelnen.

  1. Belei­hungs­gren­zen
Die Hypo­the­ken­ban­ken ver­fü­gen über eine umfas­sen­de Markt­über­sicht und lang­jäh­ri­ge Erfah­rung zu den Wer­ten ver­schie­den­ster Haus­mo­del­le in den Regio­nen des Lan­des. Sie kön­nen aus den Daten der Ver­gan­gen­heit Wahr­schein­lich­kei­ten her­lei­ten, wer wel­che Sum­men erfolg­reich oder nicht finan­zie­ren kann und wel­che Beträ­ge im Fal­le der Zah­lungs­un­fä­hig­keit der Schuld­ner aus einer Ver­stei­ge­rung von Objek­ten zu erlö­sen sind.
Dar­aus erge­ben sich für jedes Objekt Gren­zen der Finan­zie­rung - und wenn ein Bie­ter für ein nach dem vor­ge­nann­ten Modell einen unmög­li­chen Preis gebo­ten hat, nicht über gro­ße Finanz­re­ser­ven ver­fügt, dann wird es nichts mit dem Kauf und den Scha­den haben dann Käu­fer und Ver­käu­fer. Zwar nicht unbe­dingt finan­zi­el­ler Art, so doch ideel­ler Art, weil sich ihre Hoff­nun­gen nicht erfüllt haben. 

  2. Man­geln­des Eigenkapital
ist ein Miss­ver­hält­nis zwi­schen Gesamt­wert eines Hau­ses und dem Geld, was der Käu­fer flüs­sig machen kann. Eine Faust­re­gel ist bei­spiels­wei­se: Je älter die Käu­fer desto höher muss ihr Eigen­ka­pi­tal sein, min­de­stens ver­lan­gen die mei­sten Finan­zie­rer 20% des Wer­tes plus aller Kauf­ne­ben­ko­sten¹, die in kei­nem Fall in die Finan­zie­rung ein­ge­hen kön­nen. Vie­le poten­ti­el­le Käu­fer haben zwar etwas Geld gespart, indes­sen bei wei­tem nicht genug um zu kau­fen. Wenn der Preis eines mitt­le­ren Hau­ses von 120m² bei 275.000 € ange­nom­men wird, dann benö­ti­gen die Käu­fer ca. 50.000 € Eigen­ka­pi­tal aus der Kauf­sum­me. Zusätz­lich für Mak­ler, Grund­er­werbs­steu­er, Nota­ri­ats­ge­büh­ren noch (je nach Bun­des­land gleich­wohl ver­schie­den) min­de­stens wei­te­re 36.000 €. Dem­ge­gen­über ste­hen die blu­mi­gen Mak­ler­sprü­che zu den der­zeit gefor­der­ten Zin­sen, die Preis­gün­stig­keit vor­täu­schen, wo es doch für die mei­sten Kauf­wil­li­gen äußerst knapp wer­den wird. Nicht jeder Kun­de bekommt eine Finan­zie­rung mit Zin­sen unter 1% - da wer­den die Kon­ten abge­fragt und wer öfter ein­mal den Dis­po über län­ge­re Zeit genutzt hat und monat­lich nicht wenig­stens einen klei­ne­ren Betrag anspa­ren konn­te hat ganz schlech­te Kar­ten. Wer glaubt ledig­lich das Geld auf­brin­gen zu müs­sen was aktu­ell an Mie­te gezahlt wird irrt! Wie im obi­gen Bei­spiel gezeigt wer­den für ein Haus um 300.000 € wahr­schein­lich 85. bis 90.000 € an flüs­si­gem Kapi­tal gebraucht. Die Zei­ten einer Voll­fi­nan­zie­rung sind vorbei.

  3. Man­geln­des Einkommen
steht zu den bei­den ande­ren Punk­ten in Ver­bin­dung, denn wer schon Schwie­rig­kei­ten hat monat­lich ohne Pro­ble­me 'über die Run­den' zu kom­men hat meist weder das Eigen­ka­pi­tal noch das Geld die Hypo­the­ken zu bedie­nen. Selbst wenn eine Erb­schaft das benö­tig­te Kapi­tal bereit­stellt kann es für die Finan­zie­rung nicht genü­gend monat­li­ches Ein­kom­men sein, denn auch hier haben die Ban­ken Erfah­rungs­wer­te zu den Kosten die ein x-Per­so­nen­haus­halt in der Y-Regi­on des Lan­des hat - und ob genü­gend 'frei­es Geld' bleibt, um die Zah­lun­gen an die Bank lei­sten zu kön­nen. Es wer­den übli­cher­wei­se Min­dest­be­trä­ge fest­ge­legt die ein Haus­halt einer bestimm­ten Grö­ße und Per­so­nen­zahl braucht, und in die Beur­tei­lung der Kre­dit­wür­dig­keit ein­be­zo­gen. Das ist das erste KO-Kri­te­ri­um, weil viel zu knapp gerech­net wird. Gera­de bei jün­ge­ren Fami­li­en wird dazu noch der Fak­tor Fami­li­en­pla­nung zu beden­ken sein. Wenn näm­lich ein Ein­kom­men kom­plett weg­fällt kommt man­che Haus­halts­kas­se ins Minus, und auf Dau­er ist das nicht durch­zu­hal­ten und die Immo­bi­lie ist weg ....

  4. Wie­der­ver­kauf
Die Ver­lu­ste beim even­tu­ell nöti­gen Ver­kauf wer­den vor allem durch über­höh­te Prei­se beim Kauf her­vor­ge­ru­fen. Dabei ist es völ­lig gleich­gül­tig, ob das ein Neu­bau oder eine Gebraucht­im­mo­bi­lie war. Wer beim Kauf zu hoch bezahlt hat wird beim Ver­kauf ver­lie­ren. Ein Traum­haus ist mög­li­cher­wei­se nur für den Besit­zer als Betrach­ter vor­han­den, alle ande­ren Leu­te sehen ein Stan­dard­haus das viel zu teu­er ange­bo­ten wird.


Wie auf­ge­zeigt ist es also mit dem 'neu­en' Bie­ter­mo­dell für den Haus­ver­kauf, auf das sich beson­ders cle­ve­re Haus­ver­käu­fer wegen der hohen Nach­fra­ge kapri­ziert haben, nicht ganz unge­fähr­lich. Für bei­de Seiten! 
Denn was nützt es dem Ver­käu­fer, wenn rei­hen­wei­se nach und nach die Höchst­bie­ten­den weg­bre­chen, weil sie es nicht schaf­fen eine Finan­zie­rung für den über­höh­ten, nicht dem tat­säch­li­chen Objekt­wert ent­spre­chen­den Ange­bots­preis zu bekommen?
Was nützt es den Höchst­bie­ten­den, wenn sie bis an die 'Schmerz­gren­ze' gebo­ten haben und nach­her weder für eine Küche, Maler­ar­bei­ten oder eine drin­gen­de Gerä­te­an­schaf­fung Geld übrig ist?

 

PS
Was hier für die Betrach­tung zugrun­de lag waren die Über­le­gun­gen zu gebrauch­ten Immo­bi­li­en. Eine völ­lig ande­re Situa­ti­on fin­det man beim Neu­bau vor. Eine Aus­sa­ge, die wir bei meh­re­ren Fer­tig­haus­an­bie­tern gehört haben war "Also unter 350.000 € fan­gen wir gar nicht erst an über Ein­zel­hei­ten zu reden, das ergibt sich aus den Anfor­de­run­gen die durch die Ener­gie­ver­ord­nun­gen für Neu­bau­ten gel­ten!" Wenn der­glei­chen Ansa­ge nicht kam wur­de spä­te­stens im Gespräch recht schnell deut­lich: Was als "Muster­haus" unter 300.000 € dekla­riert war wur­de durch not­wen­di­ge "Son­der­wün­sche" oder "Kom­fort­stu­fen" oder ähn­lich euphe­mi­sti­sche Umschrei­bun­gen doch wie­der auf die 350.000er-Marke hochgeschoben.
"Catch 22"²,³ oder die Unmög­lich­keit fik­ti­ven Min­dest­aus­ga­ben zu entkommen. 

¹ Kauf­ne­ben­ko­sten: Mak­ler, Grund­er­werb­steu­er, Grund­steu­er, Gerichts­ko­sten, Notariatskosten.
Plus alle son­sti­gen Aus­ga­ben, die nicht unmit­tel­bar den Wert des Objek­tes stei­gern (und nie in die Finan­zie­rung ein­ge­hen!), wie Küchen, Außen­an­la­gen, Fuß­bö­den, Malerarbeiten .... 

² ³
 

Kommentare

    1. Selbst wenn kein Kauf einer Immo­bi­lie ansteht ist es doch sehr auf­schluss­reich zu wis­sen, dass der Phan­ta­sie beim Geld­ver­meh­ren kei­ne Gren­zen gesetzt sind - da braucht sich nie­mand zu wun­dern, welch nied­ri­ge Quo­te an Haus­be­sit­zern es hier­zu­lan­de gibt.

      1. Was Sie aber ver­ges­sen, ist, dass es über­all(?) zah­lungs­kräf­ti­ge Kauf­in­ter­es­sen­ten gibt, die dem Eigen­tü­mer sei­ne Immo­bi­lie lie­ber heu­te als mor­gen aus den Hän­den rei­ßen wür­den, um zu ihren eige­nen bzw. zu Gun­sten ihrer Nach­kom­men damit zu wirt­schaf­ten. War­um soll­te der Eigen­tü­mer dann nicht auch ein Maxi­mum an Gewinn anstre­ben? Zu sei­nen eige­nen oder zu Gun­sten sei­ner Nachkommen.

        1. Es ist ja nichts dar­an aus­zu­set­zen wenn man beim Ver­kauf einer Immo­bi­lie eine Ren­di­te erwirt­schaf­ten will. Aller­dings soll­te sich das in einem ver­tret­ba­ren Rah­men hal­ten - wer ein Maxi­mum 'her­aus­ho­len' will soll­te dabei über­le­gen wie es sich auch auf das eige­ne Leben auswirkt:
          Kommt man in die Situa­ti­on selbst eine Immo­bi­lie zu suchen, so schlägt die Retour­kut­sche gna­den­los zu.

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