Früher war ich ein eifriger Zeitungsleser. Früher, als es noch kein Internet gab. Ein paar Ältere werden sich noch daran erinnern. Wer unter 35 ist kaum noch, denn nach der Mitte der achtziger Jahre schied sich die Bevölkerung hier in zwei Gruppen:
Jene, die die neue Technologie verfluchten und sich damit NIE beschäftigen wollten, und jene Anderen, die sich Gedanken machten und deswegen eine Chance in den noch wenig entwickelten, aber aussichtsreichen Möglichkeiten der Computerei sahen.
Zeitungen, Holzmedien, kurzum: "print", wie es heute so schön knapp heißt, hat das überwiegend verschlafen und ich will darauf hier nicht weiter eingehen - als sie aus dem Winterschlaf erwachten dachten die "print"-Leute zuerst an ihre Einkünfte, steckten sich hinter die großen Parteien und bekamen - weil sie immer schön brav das berichtet hatten was diesen Parteien zum Sieg verholfen hatte - dann ihr Leistungsschutzrecht.
Wie?, fragt sich jetzt der Leser, die Presse ist doch die "Vierte Gewalt" im Staate, die sind doch unabhängig, berichten ausgewogen und vor allem gut recherchiert und deshalb "wahr".
Weit gefehlt. Das war mal näherungsweise so. Dem Grunde nach, im wörtlichen Sinne, wohl noch nie. "print" wird von Menschen gemacht. Und Menschen sind nun mal von Vorurteilen geleitet.
Im Laufe von vielen Jahren ist mein Vertrauen in die Medien ständig geringer geworden. Weil ich - viel im Internet lesend - herausfand, dass Auslassungen, Unterdrückungen, Beugung von Tatsachen, die Verwendung von emotional aufgeladenen Worthülsen und tatsächliche Lügen für die breite Öffentlichkeit ein Bild herstellen, das sich von der Realität immer weiter entfernt. 2,66 Millionen Arbeitslose? Die "in Wahrheit" 6,98 Millionen Hartz-IV-Empfänger sind? Wo ist der Aufschrei in der Presse, im Fernsehen?
Es mag sich bei vielen Medienschaffenden sogar erst nach und nach einstellen: Es läuft - wie an anderer Stelle im Leben auch - nach dem altbekannten Motto: "Wes Brot ich eß, des Lied ich sing!" Im Zwiespalt zwischen absoluter Wahrhaftigkeit und Erhalt der Einkommensbasis sind schon viele aufrechte Menschen schlußendlich weich geworden und haben den Weg der Bequemlichkeit gewählt. Nicht anecken, nicht auffallen, nicht zuerst "Hier" rufen wenn es um ungewöhnliche Themen geht - zu heiß, da kann man sich leicht die Finger verbrennen.
Allerdings: Auch 'weiße' Lügen sind Lügen, das wird immer so sein, und wer entscheidet welche Art von Lüge für welche Situation noch angemessen ist?
Das Ergebnis vernehmen und lesen wir dann tagtäglich. Die ständige Wiederholung der Verdrehungen, Falscheinschätzungen, und bewußter Lüge führt - wenn jahrelang über alle Kanäle der öffentlichen Berichterstattung gehandhabt - zu einem eindeutigen Ergebnis.
Das 'geformte' Bild wird zur Wahrheit, das Denken läuft in vorgegebenen Bahnen, was tatsächlich wahr ist bleibt als spinnerte Sichtweise von Außenseitern auf der Strecke.
"Ein Beispiel!" höre ich manche rufen. Klar, das muß sein. Stellen sie sich einen Menschen vor der 40, 50 Jahre lang B*LD gelesen hat. Denken sie ernsthaft, dass dem etwas anderes als das rechte, staatstragende Denken gelingt? OK, vielleicht leuchten dem noch die Thesen der Sozis ein, oder wenn ökologisch angehaucht die der Grünen .... aber das war's dann auch schon. Was so bequem vorgekaut wurde ersetzt das eigene Denken, das läßt man lieber sein, zu anstrengend, zu belastend, für manche gar zu hoch.
Die Amerikaner sind die Guten, die Russen sind die Bösen - und die scharen gleichgesinnte Staaten um sich, auf die dann das Freund- oder Feindbild übertragen wird.
Währenddessen breitet sich so mancher Konzern weltweit derart aus, dass Staaten alleine zu schwach geworden sind die Machenschaften zu kontrollieren. Wenn irgendwann nur noch Geld regiert - ein gutes Beispiel sind die U.S.A. - dann ist das, was so als "Spätkapitalismus" bezeichnet wird noch eine Blumenwiese gegenüber dem, was noch kommen wird.
Siehe hierzu aktuell:
‘Fake News’ in America: Homegrown, and Far From New
Posted on Dec 18, 2016
By Chris Hedges
[Abbildung: twitter]
Ha, Medienschelte, wohlan.
Ich vermisse den direkten Hinweis darauf, dass die Verleger in Deutschland ja nun auch eine eher überschaubare Gruppe sind, die vermutlich in den meisten Fällen eher bei den sogenannten Reichen und Eliten anzusiedeln sind. Die betreiben, neben dem Geschäft mit der Zeitung ja auch eine Form von Meinungsprägung, entsprechend werden die Redakteure gecastet damit die Gesinnung passt. Egal ob eher dogmatisch links oder stramm rechts, das ist gewöhnlich ja kein Zufall, was hinterher durch die Druckerpresse läuft. Über Klüngelei bei sogenannten Alphajournalisten mit den eigentlich kritisch zu begleitenden Interviewpartnern gibts in den aktuellen Blättern für deutsche und internationale Politik erhellendes, leider online nur den Anriß.
Und mal ehrlich, meist liest und abonniert man eine Zeitung eben nach eigener politischer Einnordung. Zu Schulzeiten, als ich noch ein weltoffener und weniger verbohrter Spießer war, da las ich jeden Tag aus Ausgewogenheitsgründen in der hiesigen Stadtbibliothek(für die Jüngeren: einem Ort in dem viele Texte in Papierform aneinandergereiht stehen und ausgeliehen werden können) das Sammelsurium der dortigen Tageszeitungen, das Begann bei taz, Frankfurter Rundschau und ging weiter über die FAZ bis hin zum Bayernkurier. Man merkt dabei zweierlei: Erstens, ich hatte damals tatsächlich noch ein Interesse für unterschiedliche Sichtweisen und zweitens, damals konnte es sich eine Stadt noch leisten diverse Zeitungen täglich anzubieten, heute reicht das Geld bei den Städten kaum für die schäbigen Romane die so gerne nachgefragt werden.
Zeitungen sind -in meinen Augen- lediglich Meinungsverstärker, aber selten Meinungsbilder, weil eben die Leser ziemlich genau wissen, was sie zu erwarten haben.
Hin und wieder wird man dann aber doch enttäuscht.
Als wir irgendwann einen großen Unistreik zelebrierten, und Forderungen nach autonomen Tutorien, bedingungslosem Grundeinkommen und ähnlichem diskutierten, wurde in der Presse lediglich den rein materialistischen Forderungen der Fachbereiche Jura und Wirtschaftswissenschaften Gehör geschenkt und verschafft. Deren Forderungen nach mehr Geld, stärkerer Drittmittelanbindung und mehr Professoren wurde verstärkt, gesellschaftspolitische Ansätze verschwiegen. Ich weiß noch wie mich das damals getroffen hat, gerade von meiner FR hatte ich doch mehr erwartet. Soviel zum anekdotischen Teil meines Lebens. :D
Presse ist eben immer auch ein Spiegel der herrschenden Verhältnisse, Information - und Desinformation in Einem. Viele Quellen machen es leichter sich selbst ein Bild zu formen, aber wer hat gewöhnlich die Zeit sich den ganzen Tag mit Nachrichten vollzusaugen? Leider ist auch die Notwendigkeit von Reinheit der Quellen bei vielen die heute versuchen sich ein Bild zu machen nicht mehr ganz klar. So wird immer öfter puren Behauptungen von dahinplappernden Menschen der gleiche Erkenntnisrang eingeräumt, wie solchen, die qua Profession abgegeben werden, die auf Fakten beruhen.
In diesem Zusammenhang ist übrigens mein Beitrag bezüglich der Kriminalitätsrate in den USA zu verstehen gewesen. In einem Interview wurde einer der dummen Republikaner in diesem Fall Newt Gingrich interviewt bei der diesjährigen RNC wo er auch darauf abhebt, Fakten sind nichts, Gefühle über etwas sind es.
https://www.youtube.com/watch?v=xnhJWusyj4I
Diese Tendenz, besonders ausgeprägt bei den Republikanern und ihrem Drumpf, der zwar nichts liest, aber alles hört, das Gleichgewichten von Behauptung und Meinung zu Fakten und Wissen ist ein virulentes Problem unserer Zeit, wie man am Erstarken von Esoterik und Verschwörungsseiten sehen kann. Es scheint leicht zu fallen, sich -und da stimme ich mit ihrer Aussage zum schlichten Dualismus - überein, eben stumpf auf ein Weltbild einzulassen, das möglichst einfach tut, dabei aber nichts erklärt, verbessert oder auch nur den Verdacht erregt, auf der Basis von Erkenntnis basierend auf Fakten zu sein. Brave new world.
Die nötige Distanz der führenden Publikationen zu den Entscheidern und wesentlichen Meinungsbildnern fehlt - und daraus enstehen Gefälligkeiten (wie im Link zu "Blätter für deutsche und internationale Politik im Ansatz zu lesen).
Ich lese überhaupt keine (Papier-) Zeitung mehr - die letzte die ich noch gelesen habe nur wegen der lokalen Nachrichten .... aber 60,- €uro im Quartal für 1,5 Seiten von Jungredakteueren zusammengeschustert? Das schien mir dann doch zu viel Geld. Zumal die überregionalen Informationen - aus Agenturmeldungen zusammengeschustert - im Netz schneller und umfangreicher zu finden waren.
" .. Presse ist eben immer auch ein Spiegel der herrschenden Verhältnisse .. " - und das soll nun so bleiben, ohne Widerspruch und ohne wenigstens den Versuch daran etwas zu ändern?
Wer die angeblichen Fakten der sogenannten "sozialen Netzwerke" unbesehen glaubt ist sowieso verloren, aber ein wenig Zeit, da haben Sie Recht, muß man sich schon nehmen und mehr als eine Quelle lesen um sich zu informieren bzw. wenigstens den Ansatz einer abwägenden Meinungsbildung zu gewährleisten. Schwerer, auch das sehe ich wie Sie, ist es von Jahr zu Jahr. Die Zahl der irreführenden Informationen scheint schneller zu steigen als die der zutreffenden Nachrichten.
Möglicherweise hat diese Entwicklung erst mit einer gewissen Verzögerung eingesetzt:
Wer Nachrichten verbreiten will hat sich bisher der 'alten' Medien bedient - nachdem nun die Bedeutung der 'elektronischen' Medien (und die Fertigkeit sie zu bedienen!) gestiegen sit nutzen immer mehr dieser Nachrichtenverfälscher diese Methode .... nun aber drohen diese fake-Meldungen wie eine Lawine die gründlich recherchierten Nachrichten wegzureißen und zu zerstreuen ....
Das Problem Trump ist sicher kein reines Personenproblem, sondern ein gesellschaftliches Problem - vergleichbar mit Pegida, AfD und sonstigen Randgruppen. Es wird dort nur deswegen deutlicher, weil die Zahl der Anhänger größer ist als hier. Ein wenig besser gebildet als der Bodensatz der Gesellschaft in den U.S.A. scheinen die hiesigen Bürger demnach zu sein - wo ich wohne allerdings sind Zweifel angebracht ....
PS
Das Haberfeldtreiben (ihr Link) führt zu anonymouse, hier der/ein korrekter/allgemein zugänglicher Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Haberfeldtreiben
" .. Presse ist eben immer auch ein Spiegel der herrschenden Verhältnisse .. " - und das soll nun so bleiben, ohne Widerspruch und ohne wenigstens den Versuch daran etwas zu ändern?
Mir ist nicht klar, wie man solch einen Fakt ändern will, also jenseits von YPS-Heft oder konkret?
Also legal und innerhalb der Grenzen des Systems.
Solange Presse und Medien allgemein von ein paar wenigen finanziert werden, mit Entscheidungsträgern geklüngelt und Meinung verstärkt wird, solange wird Presse eben ein solches Abbild sein. Solange Beiträge von privaten Stiftungen wie der Klassenkampfvereinigung der Arbeitgeber(Arbeitnehmer!)verbände INSM quasi als neutrale Beiträge untergehoben werden, deren Schlüsse als "dem Wohl aller" betrachtet werden, solange sehe ich da Probleme. Insofern spiegeln die Medien tatsächlich nicht das tatsächliche Bild der Gesellschaft wieder, sondern ein verzerrtes; finden dennoch soziale Kämpfe dort ihren Widerhall nur entsprechend gebrochen, in der gewollten Lesart der Kapitalgeber. Dies wird dann wiederum in die Gesellschaft getragen wo es seinerseits Wirkungstreffer erzielen kann und meist tut. Man denke z.B. an das gesamte Hartzer-Bashing im letzten Jahrzehnt in Film, Funk und Fernsehen und den Printmedien. Herrschende Ideologie wird so stabilisiert, Klassenkampf institutionalisiert ausgetragen.
Wie sie lesen konnten, sehe ich das Phänomen Drumpf auch nicht als rein personelles, sondern als Ausdruck einer gesellschaftlichen Verschiebung, dies war der Hinweis auf das bedrohliche Erstarken von Meinungen gegen Fakten, auf eine Form von Gegenaufklärung in der Wissen als überbewertet gilt. Das scheint mir eine digitale Version von Dialektik der Aufklärung zu sein. Man hat - Dank neuer Medien- zwar ungeahnte Möglichkeiten für Wissensanhäufung, Daten und Fakten parat, was einen zivilisatorischen Sprung nach vorne bedingen könnte, nutzt diese aber aus mangelnder intellektueller Fähigkeit, Zeitmangel, allgemeinem Desinteresse nicht oder kehrt das emanzipatorische Element stattdessen in ein repressives, antizivilisatorisches Medium.
Diskurse finden nicht statt, stattdessen wird den eigenen Meinungen Futter durch Claqueure zugespielt, klopft man sich gegenseitig auf die Schulter und verstärkt so das Gefühl im Recht zu sein, auch wenn die ganze Welt voll Fakten wäre, die das Gegenteil untermauern und beweisen würden. Hier schließt sich dann der Kreis von Print-und alternativen Medien. Ein Diskurs findet nicht statt und kann auch gar nicht mehr stattfinden, denn man hat keine gemeinsame Basis auf der man miteinander argumentieren könnte. Wenn Fakten gleichrangig zu Meinungen stehen, dann ist Geistheilung genauso erfolgversprechend wie evidenzbasierte Medizin und hat Religion den gleichen Erklärungscharakter wie Wissenschaft.
Hmm, der Haberfeldlink war doch im anderen Beitrag, oder?
Mein link in diesem Beitrag, der via anonymouse lief, sollte zum ganzen Artikel linken, was er zumindest auf meinem PC auch tut. *Grübel*
" .. Wenn Fakten gleichrangig zu Meinungen stehen, dann ist Geistheilung genauso erfolgversprechend wie evidenzbasierte Medizin und hat Religion den gleichen Erklärungscharakter wie Wissenschaft .. " Damit, werter Herr bloedbabbler, treffen Sie denNagel auf den Kopf! Und es schließt den Kreis zu ihrem anderen Kommentar: Es ist Nachlässifkeit gepaart mit Dummheit und dem übersteigerten Selbstwertgefühl einer Generation die in der Schule Kuschelecken hatte und deren "Leistungen" als außergewöhnlich gefeiert wurde wie trivial und altersgemäß erwartbar sie auch waren.
Die allgemeine Bildung in den U.S.A. und das Phänomen "Drumpf" stehen in direkter Beziehung. Wo "Patriotismus" oberstes Lernziel der Bildungsstätten ist muß der akademische Teil leiden bzw. bei home schooling und religiös bestimmter Schulung völlig untergehen. Ich habe solche "Ergebnisse" in den Vorlesungen dort vor mir gehabt. Ein Trauerspiel, denn das sollte angeblich eine ausgesuchte Elitegruppe aus den High School Abgängern sein ....
anonymouse
Der Hinweis darunter könnte helfen: Nur Premium accounts können zugreifen - sagt Ihnen das was?
Ach so, aber es zwingt sie doch keiner via anonymouse meinem Link zu folgen. ;-)
Der scheint nämlich ganz normal hinterlegt zu sein.
Außer sie sind schon über anonymouse drauf, dann mault er, weil er https:// nur im KostwasModus macht, glaube ich.
Jetzt habe ich es immerhin verstanden. :-)
So, ich muss jetzt mal unseren Müll im Wald entsorgen gehen.
Sie *Umweltferkel* ...! ;c)