Tattoo - wozu?


"...during the first half of the 20th cen­tu­ry tho­se ubi­qui­tous­ly visi­ble tat­toos--eagles and anchors, shields and ships, flags, dag­gers, and dancing hula girls--car­ri­ed their own spe­ci­fic set of con­flic­tu­al con­no­ta­ti­ons. Ame­ri­can cul­tu­re at the time cathec­ted the sailor's tat­too to natio­nal mili­ta­ri­stic fan­ta­sies, desi­res for the exo­tic, and the pen­ul­ti­ma­te mas­cu­li­ni­ty of rug­ged bravery."


[Hier gele­sen]

Vor­bei die(se) Zei­ten (oben).
Ein Tat­too führt bei 95% der der­glei­chen ver­un­stal­te­ten Trä­ger/-innen zu spä­ter Reue - mit ca. 20-fachen Kosten (berech­net vom Preis der Täto­wie­rung) für die Entfernung ....

Kri­tik­lo­se Hin­nah­me von Grup­pen­zwän­gen* - sei­en sie nun tat­säch­lich vor­han­den oder nur impli­ziert - macht sol­che Absur­di­tä­ten erst möglich.


* Tat­too­ing is . . . a bodi­ly code for regi­stering social forces as part of the per­son on whom the­se social forces impinge, ther­eby crea­ting a con­cep­tu­al clo­sure, a unity, out of what is, in fact, a rela­ti­on of mar­gi­na­li­ty and exclu­si­on. [Gell Wrap­ping in Images p. 27.]

Kommentare

    1. Wie zu erken­nen ist .... gebe ich im wesent­li­chen Zita­te wie­der, die an ande­rer Stel­le - kom­pe­ten­te­rer Stel­le, weil es sich um sozio­lo­gi­sche Stu­di­en han­delt - auf­ge­schrie­ben sind. 

      Soweit ich selbst Stel­lung genom­men habe:
      Wenn eine "Grup­pe" - die Sie nicht näher defi­niert haben und von deren Vor­han­den­sein ich kei­ne Kennt­nis habe - eine Auf­fas­sung ver­tritt, die der mei­nen ähn­lich ist, so bedeu­tet das noch nicht, daß ich mich die­ser "Grup­pe" zuge­ord­net habe - oder zuord­nen will.

      Es ist ledig­lich eine zufäl­li­ge Über­ein­stim­mung der Auf­fas­sun­gen .... ich bin zu sper­rig, um in eine Schub­la­de zu passen ....

    2. Nun, es ist bei Ihren Wor­ten eine Wer­tung vor­han­den. Neu­tral for­mu­liert sind sie nicht. Dadurch bezie­hen Sie Stel­lung und ver­tre­ten eine Mei­nung, die Sie mit ande­ren tei­len (was Ihnen nicht unbe­kannt sein dürf­te). Das ergibt zwar kei­ne sozi­al fest­ge­füg­te Grup­pe, um sich Schub­la­den bedie­nen zu kön­nen, aber zumin­dest, was die­sen einen Punkt an Über­ein­stim­mung betrifft, kann die­se schon als homo­gen ange­se­hen werden.

    3. Eine Wer­tung .... neh­me ich vor, stimmt! 

      Ich sehe die Gefahr der "spä­ten Reue", weil jetzt "unfer­ti­ge" Men­schen - und das hat nichts mit dem Alter son­dern mit der erreich­ten Rei­fe zu tun - sich etwas antun, weil es ver­meint­lich "dazu­ge­hört" um "dazu zu gehö­ren", das sie in weni­gen Jah­ren bereu­en wer­den .... es ist also nicht Schel­te für etwas, was ich nicht "gut" fin­de, son­dern War­nung vor etwas, was die Betrof­fe­nen jetzt noch nicht über­schau­en und daher unbe­son­nen tun ....

      Ich bin aber immer noch der Mei­nung, daß es nicht zuläs­sig ist, mich einer bestimm­ten Schub­la­de zuzu­ord­nen, nur weil ich zufäl­li­ger­wei­se in einem Punkt eine gleich oder zumin­dest ähn­li­che Mei­nung ver­tre­te - ich sage das 'mal an einem Beispiel: 
      Nur weil Sie ihr Web­log "Gru­sel­ka­bi­nett" nen­nen käme ich nicht auf die Idee, Sie für eine "Satans­braut" oder eine "Hexe" zu hal­ten oder gar zu ver­mu­ten, Sie gehör­ten (sicher) okkul­ten Krei­sen an ....

  1. Wenn wir also davon aus­gin­gen, dass die Ent­schei­dung, sich täto­wie­ren zu las­sen, pri­mär dem Grup­pen­zwang geschul­det ist, wie kön­nen wir dann sicher sein, dass die Ent­schei­dung, sich nicht täto­wie­ren zu las­sen, nicht auch einem Grup­pen­zwang (eben dem der ande­ren Grup­pe) geschul­det ist? 

    Mir scheint der Erklä­rungs­an­satz mit dem Grup­pen­zwang indes zu mecha­ni­stisch-ein­di­men­sio­nal. Der Begriffs­be­stand­teil "-zwang" impli­ziert eine Unaus­weich­lich­keit, als gäbe es kei­ne Hand­lungs­al­ter­na­ti­ven. Das geht am Kern der Sache vor­bei, denn mei­stens wird es ja doch eine mehr oder frei­wil­li­ge Ent­schei­dung eines Indi­vi­du­ums sein, sich dem Kodex einer bestimm­ten Grup­pe unter­zu­ord­nen und dies auch mit Äußer­lich­kei­ten sicht­bar zur Schau zu tragen. 

    Die Täto­wie­rung hat ihren Nim­bus als dezi­dier­tes Grup­pen­merk­mal (für Knackis oder son­sti­ge Out­casts) doch schon längst ein­ge­büßt. Kaum jemand, der sich heut­zu­ta­ge täto­wie­ren lasst, tut dies aus dem pri­mä­ren Motiv her­aus, sich damit expli­zit zu einer bestimm­ten Grup­pe zu beken­nen. Son­dern viel­mehr, um sei­ne ver­meint­li­che oder gefühl­te Indi­vi­dua­li­tät zu beto­nen. Dass er damit aber nur einem wei­te­ren Mas­sen­phä­no­men erliegt, steht frei­lich auf einem ande­ren Blatt. Aber wie gesagt, dem Nicht­tä­to­wier­ten ergeht es da kei­nes­wegs anders. Kurz­um: In die Fal­le der Kol­lek­ti­vi­tät tap­pen wir mit unse­ren sum­mier­ten Ein­zel­ent­schei­dun­gen alle­mal, ganz gleich, wie die Ein­zel-Ent­schei­dung ausfällt...

    1. Ein­gangs mei­nes Bei­tra­ges .... hat­te ich - so wie Sie es hier for­mu­lie­ren - schon dar­auf hin­ge­wie­sen, daß die frü­he­re Moti­va­ti­on für ein Tat­too nicht mehr vor­han­den ist: Das Kli­en­tel ist weni­ger homo­gen - Grup­pen­zu­ge­hö­rig­keit hat kei­nen Vor­teil mehr .... so ja auch im ver­link­ten Arti­kel (etwas umfang­rei­cher und umständ­li­cher) ausgedrückt ....

      Ich behar­re auf einem qua­li­ta­ti­ven Unter­schied von Tat­toos gegen­über ande­ren Grup­pen­merk­ma­len: Tat­toos sind irrever­si­bel* Eine bestimm­te Musik "gut" zu fin­den, in eine bestimm­te Dis­ko­thek zu gehen, bestimm­te Kla­mot­ten zu tra­gen - alles rever­si­bel, nichts stört, wenn ich mei­ne Mei­nung ändere .... 

      Wenn ich von "Zwang" spre­che - und da ist es sicher rich­tig auf die Unschär­fe des Begriffs hin­zu­wei­sen - dann mei­ne ich natür­lich nicht den unaus­weich­li­chen Zwang, son­dern den impli­zier­ten Zwang: Das Indi­vi­du­um glaubt gezwun­gen zu sein - und das reicht schon um - ver­meint­lich oder tat­säch­lich - kon­for­mes Ver­hal­ten an den Tag zu legen .... 

      Ich bin über­zeugt davon, daß sol­che Ver­hal­tens­mu­ster bewußt genutzt wer­den, um eine defi­nier­te Rei­z­ant­wort bei Jugend­li­chen (und sol­chen, die nie aus der Puber­tät her­aus­ge­wach­sen sind) zu erzeu­gen. Das Stich­wort ist "Markt­for­schung" - und es ist schon erstaun­lich, wie genau eine Ziel­grup­pe defi­niert und ange­spro­chen wer­den kann - Erschreckend!


      * (Ja, ja, ich weiß, daß man sie in mehr­fa­chen Sit­zun­gen mit Laser ent­fer­nen kann - aber Nar­ben blei­ben immer zurück!)

    2. Das Indi­vi­du­um glaubt gezwun­gen zu sein(...)

      Von wegen. Viel­mehr wähnt sich das Indi­vi­du­um völ­lig ent­schei­dungs­au­to­nom. Sie müs­sen sich ein biss­chen von den simp­len Reiz-Reak­ti­ons­mu­stern ver­ab­schie­den, wenn Sie ver­ste­hen wol­len, was da wirk­lich läuft. Grup­pen­zu­ge­hö­rig­keit ist nur einer unter meh­re­ren Aspek­ten, die Sie auf dem Schirm haben müs­sen. Min­de­stens genau­so wich­tig sind Rol­len­vor­bil­der, wie sie von Pop­mu­si­kern, Sport­lern und Fern­seh­pro­mis gelie­fert wer­den. Wenn Paris Hil­ton ihr Anal­ge­weih in die Kame­ra hält, wird das mehr Nach­ah­me­rin­nen auf den Plan rufen als wenn Man­dy Nor­mal­ver­brau­cher ihres auf dem Schul­hof präsentiert. 

      Aber wie gesagt: In die Kon­for­mi­täts­fal­le tappt jeder - der, der sich ein Tat­too ste­chen lässt genau­so wie der, der es blei­ben lässt...

    3. Mit .... Das Indi­vi­du­um glaubt gezwun­gen zu sein (...) mein­te ich kei­nen bewuß­ten, son­dern einen un(ter)bewußten Vor­gang: "unwis­sent­lich" aber den­noch durch sub­ti­le Bot­schaf­ten in den Medi­en her­vor­ge­ru­fen, nach­wir­kend, einen Wunsch zur Nach­ah­mung erzeu­gend .... ich den­ke, das ist das, was Sie als "wähnt sich ... völ­lig ent­schei­dungs­au­to­nom." - die Beto­nung auf "wähnt"!

      Inso­weit mei­ne ich, lie­gen wir durch­aus auf einer Linie ....

    4. Ja, aller­dings sehe ich die Rol­le des media­len Inputs als "Trig­ger" bestimm­ter Ver­hal­tens­wei­sen etwas dif­fe­ren­zier­ter. Es ist ja nicht so, dass jeder Rezi­pi­ent glei­cher­ma­ßen auf die sel­be Paw­low­sche Klin­gel anspringt, da spie­len ja auch noch sehr vie­le milieuspe­zi­fi­sche Fak­to­ren mit rein.

      Ich neh­me seit etwa zwei Jahr­zehn­ten eini­ger­ma­ßen regel­mä­ßig zur Kennt­nis, wie der aktu­el­le Stand in Markt­for­schung, Medi­en­re­zep­ti­ons­for­schung und benach­bar­ten Dis­zi­pli­nen (Wahlforschung/Demoskopie) ist. Und unter dem Strich wür­de ich nicht sagen, dass man heu­te so viel mehr weiß als vor 20 Jah­ren. So sehr sich auf der einen Sei­te man­ches Instru­ment ver­fei­nert hat, muss man auf der ande­ren Sei­te sehen, dass die Kon­su­men­ten und Rezi­pi­en­ten in vie­len Punk­ten unbe­re­chen­ba­rer gewor­den sind. Von zehn neu­ein­ge­führ­ten Pro­duk­ten wer­den min­de­stens neun zum Flop. Sooo ein­fach isses denn wohl doch nicht, den Ver­brau­cher zum fremd­ge­steu­er­ten Zom­bie zu machen.

    5. Die Effek­ti­vi­tät .... media­ler Beein­flus­sung läßt - vor allem von Sei­ten der Pro­du­zen­ten gese­hen - sicher noch Raum für Ver­bes­se­rung .... unbe­strit­ten ist jedoch die "Initi­ie­rung von Trends", mit der sich per­so­nell wie finan­zi­ell gut aus­ge­stat­te­te Insti­tu­te befassen.

      Ande­rer­seits gibt es immer wie­der Bei­spie­le für erfolg­rei­che Plazierungen: 
      Mobil-Tele­fo­ne, MP3-Play­er, der Ersatz von Leder­schu­hen durch Pla­stik­schu­he - bei annä­hernd glei­chen bzw. höhe­ren Prei­sen, die "Mar­ken" im Bereich der Ober­be­klei­dung, Ein­füh­rung von Eis­hockey , etc.

  2. Nach­trag zum The­ma: .... [gele­sen bei obe­have]

    " .. Fakt 3:
    Ich bin vor­hin in ein T-Shirt geschlüpft und bemer­ke soeben, daß mein Ober­arm­ta­too halb sicht­bar ist. Seit Ende letz­ten Jah­res gibts bei uns im Kon­zern Mit­ar­bei­ter­richt­li­ni­en. In denen steht ganz weit vor­ne: "Tatoos und Pier­cings sind bedeckt zu tragen". .. "

    Ein wei­te­rer Grund, sich gut zu über­le­gen, ob ein Tat­too "ange­mes­se­ner Aus­druck der Per­sön­lich­keit" ist ....

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