"Everything happens for a reason!"
"Alles passiert aus einem Grund!" - das hörte ich kürzlich in einem Video von einem Diskussionsteilnehmer .... es ging im weiteren Gespräch dort unter, hat mich allerdings noch eine Weile beschäftigt.
Die Aussage ist falsch - mindestens in der Form, in der sie in dem vorstehenden Satz getroffen wurde.
Eine richtige Aussage wäre:
"Ich tue Alles aus einem Grund!" - eine Selbstoffebarung, die vermuten lässt, dass der Sprechende nicht imer seine wahre Absicht darstellt, sondern insgeheim eine andere Zielsatzung hat als aus dem gesprochenen Wort zu entnehmen ist.
Auch folgender Satz wäre richtig:
Menschen tun Alles aus einem Grund!"
Damit ist lediglich festgestellt, welche Bandbreite des Wollens uns begegnet und dass niemand etwas grundlos tut oder plant. Dabei wird, ganz klar, keine übergeordnete, übersinnliche, oder handelnde Kraft angenommen.
Ganz allgemein gesagt:
Was passiert ist stets reiner Zufall.
Wenn Menschen etwas tun haben sie ein Ziel - das ist der "Grund" ihres Handelns. Demnach ist "Grund" personenbezogen - abstrakt muss stattdessen "Zufall" gesetzt werden.
Der Satz lautetet richtig also:
"Everything happens by chance - unless planned by people!"
["Alles passiert aus Zufall,
sofern nicht der Plan von Menschen dahinter steht!"]
grundsätzlich kann ich dem gedankengang folgen, allerdings bleibt der begriff "zufall" viel zu verwaschen und hat in seiner omnipräsenz bei vielen argumentationen die ich höre nahezu den selben nimbus wie metaphysische kräfte, denen der "einfluss" auf irgendein geschehen zugesprochen wird: wenn "aus zufall" etwas geschieht ist es genau dieses "aus", das mich stört. denn dem zufall (sofern er tatsächlich benennbar ist, und nicht nur eine beliebige streuung beschreibt) fällt so eine gestalterische kraft & energie zu... und es macht einen geringen unterschied, hier nun statt dem wort "zufall" ein anderes wort einzusetzen: gott, brahma, astralkörper, was auch immer.
die aussage bleibt diffus... und dadurch esoterisch, also ungreifbar.
aber das ist gar nicht der kernpunkt meiner replik.
was mich stört, ist das ausblenden anderer lebewesen oder auch dinge:
denn auch tiere tun dinge aus einem grund; steine z.b. fallen aus einem grund (schwerkraft) zu boden... und wasser verdunstet wenn es heiß ist, tiere suchen schutz in höhlen und suchen nahrung... all diese dinge, die "passieren", tun dies eben nicht nur aus einem zufall, sondern wegen natürlicher gesetze (das brauche ich hier nicht weiter vertiefen) - der zufall ist nichts "zugrundeliegendes", er ist vielmehr nur eine von vielen wirkkräften, neben etlichen anderen.
der mensch vermeint sich "über" den dingen stehend; und hat damit unrecht.
ich bin sehr skeptisch, wenn man den zufall auf ein podest hebt (und gegen ein podest für den menschen, der in den letzten jahrhunderten überwiegend beweist, dass er wohl am wenigsten zielgerichtet oder organisiert agieren kann, kann gerade in den letzten monaten schön beobachtet werden; als spezies versagen wir astrein).
die unterschiedlichen wirkkräfte des lebens interagieren andauernd.
vielleicht ist der zufall eine der wesentlichsten kräfte... aber wissen wir das wirklich?
oder wünschen wir uns nur eine kraft, die everything steuert, wenn der mensch nicht grade aufpasst... und nennen sie zufall, weil das so schön beliebig klingt?
Als ich vor vielen Jahren ein Buch von Jacques Monod las, (deutscher) Titel "Zufall und Notwendigkeit", fiel es mir wie Schuppen von den Augen - und ich war fortan davon beeinflusst. In Kurzform steht in dem Buch etwa folgende Erkenntnis:
Aus mathematischen Gründen - die Mathematik berechnet durchaus *Zufälle*, die uns Nicht-Mathematikern oft beliebig, unerklärlich und willkürlich erscheinen - folgt, dass "Nichts" auf diesem Planeten, im Universum, mit einem gewissen Ziel passiert. Wenn es vielleicht auch so aussieht!
Eine umfassende Diskussion zu dem Buch findet sich dort → begleitschreiben
Ein Zitat¹, das das anders ausdrückt:
“ .."Alle Religionen, fast alle Philosophien und zum Teil sogar die Wissenschaft zeugen von der unermüdlichen, heroischen Anstrengung der Menschheit, verzweifelt ihre eigene Zufälligkeit zu verleugnen“. Dieser Kernsatz sagt alles: Zufall und Notwendigkeit im Einklang mit den Naturgesetzen, kein höherer Plan keine höhere Idee stecken dahinter und lenken das alles.. "
Ich nehme einmal die Tiere heraus, sie werden ja nicht 'ausgeblendet', nur nicht spezifisch erwähnt:
Was sie tun erfolgt auf Basis eines genetischen Programmes, d.h. ein Grundmuster ist festgelegt, das ist allerdings nicht starr, es variiert von Individuum zu Individuum innerhalb mehr oder weniger engen Grenzen. Aus diesem Programm und dem, was um das Individuum herum an Kräften (Naturgesetzlichkeiten, letztlich atomare Kräfte) wirkt, ergibt sich das Handlungsmuster - und so können von außen betrachtet zwar Handlungen als "Zielverfolgung" interpretiert werden, sie sind dennoch das Ergebnis von mehreren, 'zufällig' zusammentreffenden Kräften der Chemie (und letztlich der Physik, wenn man die Struktur der Materie betrachtet und da ist ja bekannt, dass sich der Ort, an dem sich ein Teilchen befindet nicht exakt zu bestimmen ist - weil schon die Messung dessen Eigenschaften verändert.)
In ihrem vorletzten Absatz sagen Sie es ja selbst:
Wir sind nicht gut angepasst, gerade weil wir den Zufall leugnen und ihn durch Gesetzmäßigkeiten (die wir Menschen glauben zu verstehen!) zu ersetzen versuchen. Diese Hybris ist es, die uns zugrunde richten wird.
"Zufall" ist also kein greifbares Ding, er entzieht sich einer exakten Festlegung. Was nicht bedeutet, dass wir ihn auf ein Podest heben. Er ist einfach 'da' - ihn zu leugnen oder mit menschlichem Tun zu vergleichen wäre töricht. So wie wir Menschen nun mal sind. Die Frage ob wir das 'wissen' ist letztlich für das Wirken des Zufalls egal. Er passiert, ob wir es wahr haben wollen oder nicht.
PS Hier liegt auch die Begründung vor, warum Religionen kontraproduktiv sein müssen!
¹ Zufall-Notwendigkeit-Philosophische-moderne-Biologie
ad tiere: "Was sie tun erfolgt auf Basis eines genetischen Programmes, d.h. ein Grundmuster ist festgelegt, das ist allerdings nicht starr, es variiert von Individuum zu Individuum innerhalb mehr oder weniger engen Grenzen."
das selbe trifft auf den menschen zu, ich erkenne da keinen unterschied.
und zu ihrem letzten satz: ""Zufall" ist also kein greifbares Ding, er entzieht sich einer exakten Festlegung." - das selbe sagen gläubige menschen über gott oder andere metaphysische illusionen.
es macht keinen großen unterschied, ob der begriff in mathematische ausführungen verpackt wird: es bleibt ein mythos.
ich will jedoch den zufall keinesfalls leugnen: er ist sicher ein wesentlicher faktor. aber er ist eben nicht entscheidend... denn dann wäre er keiner mehr.
Der Unterschied dabei ist, dass für das Wirken des Zufalls (beispielsweise in der Genetik) Beweis durch das Ergebnis erbracht werden kann - ich habe noch bei keiner Religion einen Beweis gesehen.
[Gern mehr, ich habe aber in einer halben Stunde eine Zahnarzttermin & muss jetzt weg]
wir verlagern die erörterung nun weg zu den grundfragen (in welchen ich gar nichts dementiere, weil sie ja recht haben) - aber das ursprüngliche zitat oben
"Everything happens by chance - unless planned by people!"
bleibt unpräzise, weil es eben nicht der mensch ist, der etwas plant, sondern eben die vielen zusammenwirkenden kräfte (gemeinsam mit dem zufall, der eine wichtige, beweisbare, aber eben keine zentrale rolle spielt) auch ihn (ebenso wie auch ein tier), dazu bringt, irgendetwas zu tun.
planung bleibt eine ebenso scheinbare hybris wie der gedanke an irgendeine andere überhöhung des menschen über irgendeine andere erscheinung der natur (worin ich die quelle jeglicher religion - und damit einhergehend die ursache für das versagen unserer spezies sehe).
es ist dieser ständige fehler, eine zentrale instanz festsetzen zu wollen, die die menschen auszeichnet. eine schwäche seit jahrtausenden, in fast allen bereichen.
kann der nicht irgendwann aufhören - dieser humanistische unsinn?
Der Teil "unless planned by people"
soll nur bedeuten, dass wir ja unserem Leben Struktur geben. Wo möglich nichts dem Zufall überlassen. Dass uns dabei manchmal der 'Zufall' in die Parade fährt und alle Planung vergebens war ist .... rein zufälliger Natur!
Sofern Sie meinten:
Auch das, was der Mensch plant sei 'zufällig', muss ich zustimmen, denn letztendlich entstammt dieser Entwurf ja einem grundsätzlichen Chaos von elektrischen Vorgängen in unserem Gehirn, über das wir nur bedingt 'herrschen'. Insoweit ist der 'schöpferische Akt' lediglich eine gezieltere Nutzung des Chaos - das Genie kann auf einer anderen Ebene als der Durchschnittsmensch denken und trotzdem ist das dahinter liegende Programm kaum verschieden.
OT
{Der Zahn ist raus - der Schmerz, der mich dazu brachte die 2 1/2-fache Tagesdosis zu schlucken, ist weg .... nun wird alles wieder gut}
ungefähr so hab ich es gemeint... ich denke, dass wir uns im grunde hier einig sind :)
schön auch, dass der zahn raus ist. ich kenne diese erleichterung sehr gut!
Ich bin jemand, der mit dem Zufall in den letzten 20 Jahren seines Lebens beruflich zu tun hatte. Er hat meine Karriere vorangebracht, Gehaltssprünge verursacht und mir einen gewissen Mythos erworben. Ich war der Mann, der die Zukunft voraussagen konnte. Ich wurde gefragt, was im nächsten Jahr passieren würde. Konkret: wie viele Fehler würden im nächsten Jahr gefunden werden, von Kunden, von Anwendern von Menschen, die ich gar nicht kannte. Im Jahr 2000 nannte ich eine Zahl von 221. Meine Grundlagen waren sehr dürftig, daher rundete ich nicht einmal auf, sondern nannte die Zahl, so wie ich sie errechnet hatte. Ein Jahr später wurde ich wieder gefragt, ohne dass man mir gesagt hätte, ob ich richtig gelegen war. Nun, als Chef der Qualitätssicherung bekam ich die Daten und stellte fest, dass es 209 gewesen waren. Ich würde mich nie trauen, mich auf eine Schwankungsbreite von ±5% festzulegen. Ich wurde danach noch oft gefragt. Ich hatte meine Methodik verfeinert und konnte auch unwahrscheinliche Ergebnisse recht genau voraussagen, was manche Menschen verblüffte.
Jetzt erzähle ich das gleiche Beispiel noch einmal für leichteres Verständnis. Habe ich einen Topf Wasser und erhitze ihn ausreichend, wird das Wasser irgendwann einmal den Siedepunkt erreicht haben. Das kann früher oder später sein. Neben der Temperatur mit der ich erhitze, spielt zum Beispiel der Luftdruck eine Rolle. Das ist ein Phänomen, welches die meisten Bergsteiger kennen.
Es ist nicht bekannt, wieviel Energie das einzelne Wassermolekül aufnimmt. Und dass sie sich zufällig bewegen, ist aufgrund anderer Messungen erkennbar. Ich habe den Begriff "zufällig" nicht zufällig gewählt.
Der Zufall ist statistisch durchaus beherrschbar. Beziehungsweise das Eintreten bestimmter zufälliger Ereignisse.
Nun ist der Begriff des "Zufalls", wie er allgemein verwendet wird, speziell zwei verschiedenen Menschengruppen zugeordnet.
Da gibt es einmal die absoluten Anthropozentriker, welche den Menschen als das Maß aller Dinge hinstellen. Dann sind in der Folge nicht nur die Menschen sondern auch der einzelne Mensch das Zielobjekt des Zufalls.
Zum zweiten gibt es jene Klasse von Menschen, die darauf stolz sind, nichts von Mathematik wissen zu wollen. "Ich war selber in der Schule in Mathematik schwach, mein Sohn. Macht nichts, wenn es da nicht ganz so klappt." Es ist ziemlich klar, dass solche Menschen gar nicht erkennen können, dass bestimmte Phänomene nur in der Gesamtheit behandelbar sind. Wie im allgemeinen fast alle Phänomene der Physik. Oder der Botanik oder der Zoologie. Was ist z.B. die Phyllotaxis? Das einzige, was der Durchschnittsmensch darüber weiß, ist die Seltenheit von vierblättrigem Klee. Und weil er selten ist, gilt er als Glückssymbol.
Über den Begriff "Zufall" zu philosophieren, ist ausgesprochen extreme Dummheit. Und es ist sehr einfach, dies darzustellen, wenn man die Ausweitung über den Menschen auf die Tiere, auf die Pflanzen, auf Planeten, auf das gesamte Universum ausdehnt. Dabei ist der Umstand, dass es eine bewohnbare Erde gibt, zwar "zufällig" im Sinne von unwahrscheinlich, aber die Konditionen, die dazu geführt haben, sind nicht zufällig, sondern waren einfach zu dem Zeitpunkt gegeben.
Wenn ich als Agnostiker überhaupt einen "quasireligiösen" Sinn sehen kann, dann ist es die Kategorie "Leben" in den unterschiedlichsten Formen. Das Leben behauptet sich und funktioniert wie ein Regelkreis. Wir können Regelkreise elektronisch nachbilden. Wir schaffen es auch die Regelkreise zu verfeinern. Mein Lieblingsbeispiel dabei sind Klimaanlagen. Die waren anfänglich so schlecht geregelt, dass sich die Menschen regelmäßgi verkühlten. Der Grund dafür war ein zweistufiges Verhalten: entweder voll heizen oder voll abkühlen. Erst mit der Zeit lernte man, die Temperaturregelung mit mathematischen Methoden zu verfeinern. Man hörte zu heizen auf, bevor noch die gewünschte Temperatur erreicht war, um ein "Überschwingen" zu vermeiden.
Man könnte also behaupten: nichts passiert zufällig. Aber das ist nur unsere verblödete Beschränkung, weil es uns verwehrt ist, (eben wegen unserer Dummheit) in größeren Dimensionen zu denken. Integralrechnung ist sowieso nur etwas für Idioten. Die Differentialrechnung beherrschen wir nur mit unserem Arsch, wenn wir Auto fahren. Da stellen wir fest, ob wir zu schnell in der Kurve sind und bremsen dann doch noch ein bisschen rechtzeitig.
Zukunftsprognosen zu machen erscheint dem Laien in der Tat wie Zauberei - wenn auch, wie Sie hergeleitet haben, umfassende Kenntnisse der dazu notwendigen Wissenschaften nötig sind. Da hat allerdings wieder nur eine begrenzte Zahl von Menschen den Zugang - und der Rest muss es entweder annehmen oder ablehnen.
Für die Fehlervorhersage haben Sie also mehrere Parameter gewählt und deren Erscheinen berechnet. Ich nehme an, das ist das 'Geheimnis' dessen nicht jedermann teilhaftig wird.
Die Definition des Zufalls fällt je nach Betrachter doch sehr verschieden aus - dankenswerterweise haben Sie das ebenfalls nochmals aus ihrer Sicht dargestellt. Letztlich ist es immer wichtig zu wissen welche der möglichen Varianten das Gegenüber im Sinn hat(-te) um nicht aneinander vorbei zu denken/argumentieren. Meist wird es wohl die anthropozentrische Sicht sein mit der man es zu tun hat. Unsere Gesellschaft ist ja erst allmählich darauf gekommen sich Gedanken zur Nutzung der Ressourcen zu machen als es die ersten Alarmzeichen gab - und zudem ist eine Abkehr davon der gängigen Marktphilosophie abträglich. Das zu bewerten verbiete ich mir an dieser Stelle, ich habe es schon häufiger zuvor benannt.
Sie schreiben " .. Man könnte also behaupten: nichts passiert zufällig. Aber das ist nur unsere verblödete Beschränkung, weil es uns verwehrt ist, .. in größeren Dimensionen zu denken .. ". Mit dem gleichen Ansatz kann man behaupten "Alles passiert aus Zufall" - und es wird Vielen genauso verwehrt sein das zu verstehen.
"DER Rest muss es entweder annehmen oder ablehnen."
Im österreichischem Fernsehen gibt es eine Serie: "Science Busters". Es ist Kabarett aber mit seriösen Wissenschaftlern. Der Leitspruch ist: "wer nichts weiß, muss alles glauben."
"Für die Fehlervorhersage haben Sie also mehrere Parameter gewählt und deren Erscheinen berechnet. Ich nehme an, das ist das 'Geheimnis' dessen nicht jedermann teilhaftig wird. "
Jedermann der interessiert ist, kann das 'Geheimnis' erfahren. Mein "erster Offizier" konnte es genauso gut anwenden, wie sein Nachfolger. Man benötigt keine höhere Mathemtik dazu. Ein bisschen gesunder Menschenverstand und Grundrechnen ist erforderlich.