[Quelle: Münstersche Zeitung, 21.11.2008] =>
oder Halbwissen von Journalisten war ja schon öfter mein Thema. Wie gefährlich es sein kann zeigt sich wieder einmal in dem folgenden Kommentar in unserem Lokalblatt - da schwadroniert ein Herr Andreas Herholz über die Notwendigkeit der Sperrung von Internetseiten durch die Regierung mit Hilfe des Telemediengesetzes .... und das nicht etwa nur mit eigenen Zeilen - nein, er übernimmt einfach ein paar Zeilen aus der Pressemitteilung der Polizei (ohne Kennzeichnung!) .... das ist Journalismus der Spitzenklasse ...!
Damit keine Mißverständnisse aufkommen:
Ich bin, wie jeder klar denkende und psychisch gesunde Mensch, gegen Kinderpornographie - ich bin aber zugleich auch gegen jede Art von 'Zensur' im Internet und anderswo!
Nachdem sich hinsichtlich des völlig untauglichen BKA-Gesetzes nun offensichtlich doch die Vernunft durchzusetzen scheint wird an anderer Stelle eine neue Front eröffnet - was ist da besser geeignet als sich der widerlichsten Form von sexueller Deviation, nämlich der Kindepornographie als 'Vehikel' zu bedienen um einen neuen Angriff auf das Internet zu starten, dessen Regulation schon immer ein Ziel der Politik war, weil es dort einen nicht durch Bürokraten und Bremser verwalteten Bereich gibt der ihnen natürlich ein Dorn im Auge ist ....
Der Autor des Kommentares oben wäre gut beraten gewesen, anstatt die Verlautbarungen der Regierung und der Akteure in dem "Schlag gegen Kinderpornographie mittels der 'Operation Himmel'" einfach so wie verlautbart zu übernehmen, sich vorher kundig zu machen, was denn diese Aktion wirklich gebracht hat und wie dadurch die Bürgerrechte in den Schmutz getreten wurden ....
Über die rechtlichen Unzulänglichkeiten gab es umfangreiche Diskussionen deren Fazit etwa so zusammengefaßt werden kann: Ohne rechtliche Handhabe wurden Existenzen vernichtet - und das auf der Basis von dilettantischen Annahmen* hinsichtlich der Computertechnik.
Im LawBlog wird dazu ausgeführt:
" .. Die Staatsanwaltschaft Berlin meldet stolz den Abschluss der Aktion “Himmel”. Obwohl 12.570 Internetnutzer ins Visier der Fahnder gerieten und es tausende Ermittlungsverfahren mit Durchsuchungen gab, fehlt eine wichtige Information:
Wie viele Beschuldigte sind bislang wegen des Besitzes von Material verurteilt worden, das sie von den Berliner Servern heruntergeladen haben sollen?
Die Berliner Staatsanwaltschaft ist offenbar nicht einmal in der Lage, eine einzige Verurteilung in ihrem Bezirk zu belegen. .. "
Weitere Informationen zu computer- und softwarebedingten Mängeln schon in den grundsätzlichen Annahmen wurden umfassend diskutiert. Bei fefe heißt es zum Ergebnis:
" .. am Ende sind die meisten unschuldig, aber kriegen das Stigma von der Kinderporno-Hausdurchsuchung nie wieder weg. .. "....
Wie schon in der Einleitung oben angedeutet:
Es mangelt manchen Redakteuren ebenso an Kenntnissen hinsichtlich der technischen Möglichkeiten bei den Computern wie Richtern - und beide Gruppen wollen und werden das wohl nicht zugeben ....
Tja, Herr Herholz, das klingt ja nun ganz anders als das, was sie da in Ihrem Kommentar verbreiten!
Sind Sie ehrlich genug, das auch in einem Kommentar zu korrigieren?
* [Zitat]" .. Auch das Aufsuchen entsprechender Foren oder die Besitzverschaffung kinderpornografischer Dateien "aus reiner Neugier" können strafbar sein. Wenn beim Öffnen einer Internetseite Dateien automatisch temporär auf dem Rechner eines Nutzers gespeichert werden, stellt dies bereits einen Besitz im Sinne des Strafgesetzbuches dar. .. " [/Zitat]
Technisch betrachtet ist es doch so:
Viele Browser öffnen im Hintergrund bereits in einer aufgerufenen Seite vorhandene Links ("prefetch") - noch bevor der Nutzer sie aufruft oder gar ansieht. Werden also Seiten aufgerufen, die versteckte Links zu pornographischen Seiten enthalten so ist der 'user' schon 'verratzt' - denn nach der Defintion der Berliner Polizei ist das schon 'Besitz' bzw. 'Öffnen' ....
[Zitat] Zum Thema Internet-Filter
" .. die Grundprobleme solcher Mechanismen sind immer die gleichen: "Selbst, wenn der Filter anfangs nur auf Kinderpornographie zielt, vertrauen wird nicht darauf, dass es so bleiben wird", sagte ein Sprecher der australischen Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontiers Australia (EFA) kürzlich der BBC. "Er wird einer Salamitaktik unterworfen sein. Jeder, der ein bisschen Lobby-Macht hat, wird der Regierung im Nacken sitzen, damit die auch seine Lieblings-Hassobjekte im Web verbietet. .. " [/Zitat]
ja, so genau nimmt es der allgemeine Reporter nicht mehr (tat er es jemals?). Denn: Chef macht Druck, Reporter spürt hastig oder zufällig was auf, schnell schnell irgendwas draus machen und schnell schnell dem Chef vorlegen, damit der schnell schnell fein still ist. Von den sensationsgierigen und dadurch auch gerne Realitätsverdrehenden Reportern schreib ich jetzt mal nicht und ich verweise auch nicht beispielsweise auf die B:ld-Zeitung ;-)
Es ist für mich der Beweis, daß heutzutage jeder der "HIER" ruft als 'Redakteur' bei den kleinen und mittleren Blättern angenommen wird - hier bei uns läuft eine Jung-Redakteurin durch die Gegend und macht sich wichtig mit Themen, die früher nicht einmal im Anzeigen-Wochenblatt gestanden hätten ....
Reporter, Redakteure... wie sie auch immer genannt werden wollen/sollen: mehr Format... nein: überhaupt Format wär wirklich mal angebracht. Kaum einer traut oder bemüht sich, informative Themen anzupacken. Nachrichten sind meist keine Informationen mehr, sondern nur noch Unterhaltungen. Seufz. Los, traut und bemüht euch mal um die versteckten Lügen der Politiker, Wirtschaftsbosse u.a.! Betreibt doch mal Aufklärung... (lach)
Die Trivialität menschlichen Daseins kennt keine Grenzen. Warum sollte das bei den sogenannten "Meinungsbildern" anders zu sein. Die scharfe, klar konturierte Arbeit des Spiegels in den 70er und 80er Jahren, mal abgesehen von der damaligen eindeutigen politischen Ausrichtung, war hier in D Maßstab für jeden, der journalistisch arbeiten wollte.
Dann kamen z.B. Schreddelsender wie Tele 5, die abends live vom Bombardement des ersten Irakkriegs ebrichteten. Tele 5 beschäftigte damals Jung-Reporter, deren einzige Fähigkeit darin bestand, Peter Arnett simultan zu dolmetschen. Heute sind ebenselbe Typen Hauptnachrichten-Leute bei (ebenfalls Schreddelsendern wie) n-tv.
naja, simultan dolmetschen kann auch nicht jeder ;-)
ist schon richtig.
Ich erwarte aber mehr Fundament bei solch einem Job. Wie gesagt: meinungsbildend. Und mir das Geschwafel von Peter Arnett, den ich andernorts schätze, ohne eigene Meinung anzuhören: dafür schalte ich dann CNN direkt ein. Oder mittlerweile Al Jazeera, weil mir deren Meinung seit geraumer Zeit ein wichtiger Contrapunkt zum angloamerikanischen Einerlei-TV ist.
Sorry, wenn ich hier offtopic gehe. Aber die angesprochene Problematik betrifft alle Medienbereiche. Hier in D wird alles weichgespült, nichts wird mehr wirklich hinterfragt. Scheindiskussionen bestimmen das Leben. Erinnerst Du Dich an Claus Hinrich Casdorff? Vor dem hatten die eingeladenen Gäste teilweise Angst, weil er insistieren und Paroli geben konnte.
@ Frau Rabe / Herrn Hexa
Im Zeitalter der 'Sponsoren' ist es wahrscheinlich eine Art 'Selbstzensur' die verhindern soll daß man sich selbst aus Bot & Arbeit kickt .... Schuld daran ist aber vor allem die starke Konzentration der Medien die nicht - das wurde ja schon von Euch angedacht - auf Zeitung beschränkt ist, sondern mittlerweile Medien-übergreifend Einfluß nimmt ....
Bei einigen Themen - wie beispielsweise der "Inneren Sicherheit" - zeigt sich aber eine völlig distanzlose Übernahme der Agenturmeldungen und ihren Vorlagen für die tägliche Redaktionsarbeit:
Da wird der Einfachheit halber abgeschrieben - wohl deswegen, weil man glaubt dann keine Fehler machen zu können - die werden schon wissen was richtig oder falsch ist ....
Genau da setzt mittlerweile die 'umgekehrte Lobbyarbeit' der Parteien und Regierungspresseleute an:
Sie geben vor was geschrieben bzw. berichtet werden soll - wer sich nicht wohlverhält wird von weiterer Berichterstattung 'ausgeschlossen' - kein Zugang, ausgetrocknet, abgeschoben - das können sich die Wenigsten leisten, denn sie brauchen täglich etwas Neues um zu bestehen ....
So beißt sich die Katze in den Schwanz, so wird die Abwärtsspirale immer weiter gedreht, immer schneller verkommt das, was als 'Nachricht' verkauft wird zum Sprachrohr derer, die Politik gestalten (sofern man da noch von 'gestalten' sprechen kann!).
Wohin solche vermeintliche 'Berichterstattung' führt kann man an der Medienlandschaft der U.S.A. sehen. Dort sind mittlerweile über 90% der Informationen von drei großen Gesellschaften bestimmt, wovon noch zwei sich in ihrer Grundhaltung ähneln wie eineiige Zwillinge .... was da herauskommt ist Einheitsbrei, Desinformation, Stimmungsmache der übelsten Sorte (Fox) ....
Müssen wir denn immer alle Fehler der Amerikaner hier auch noch 'mal machen?